Labortests an Bentonit-Zement-Mischungen

Temperatureinfluss auf die Rheologie von Dichtwand-Suspensionen

Zur Bestimmung der rheologischen Eigenschaften von Bentonit-Zement-
Suspensionen und deren temperaturabhängigem Verhalten wurden Versuche
an unterschiedlichen Suspensionen sowie Temperaturen durchgeführt.

1 Einleitung

Beim Einphasenverfahren zur Herstellung von Dichtungswänden verbleibt die zum Aushub notwendige Stützflüssigkeit in Form einer Zement-Bentonit-Suspension (BZS) auch nach Aushubende im Schlitz. Diese Suspensionen besitzen als Frischsuspension ausreichend thixotrope Eigenschaften, um das sichere Abteufen des Schlitzes zu gewährleisten und erhärten im Laufe der Zeit durch den enthaltenen Zementanteil, siehe [1] und [2]. Eine Weiterentwicklung stellte der Einsatz von organophilen Bentoniten dar, die als Deponieumschließung oder auch in der Abwasserreinigung zum Einsatz kommen können. Dort adsorbieren sie Schadstoffe und Schwermetalle aus belasteten Sickerwässern.

Bis in die 90er Jahre wurden nur sehr wenige Untersuchungen an Zement-Bentonit-Suspensionen durchgeführt. Zu nennen sind hier v.a. Geil [3] und Schulz [4]. Die vorliegende Arbeit beruht im Wesentlichen auf Versuchen in [5]; diese Versuche wurden nochmals neu ausgewertet und mit aktuellen Versuchen erweitert. In den Untersuchungen wurden an drei unterschiedlichen Zement-Bentonit-Frischsuspensionen rheologische Versuche bei einer Suspensionstemperatur von 5°C, 10°C und 20°C, bzw. bei einer zweiten Versuchsreihe bei 5°C, 20°C und 40°C durchgeführt. Bei einer der Mischungen wurden zusätzlich 5% eines organophilen Bentonits zugegeben, um dessen Einfluss auf das Fließverhalten und den Erhärtungsprozess zu untersuchen. Die rheologischen Kennwerte der Bentonit-Zement-Suspensionen werden zur Beurteilung der Standsicherheit von Stützwänden in DIN 4126 [6] benötigt.

 

2 Beschreibung der Suspensionsbestandteile

2.1 Bentonite

Es wurden folgende Bentonite betrachtet: Tixoton CV 15 (Natrium-Bentonit, nicht mehr erhältlich), sowie Seal 80 (Natrium-Bentonit). Hauptbestandteil ist bei beiden Montmorillonit. Bentonite sind bekanntlich besonders hydrophil. Bei dem in einigen Versuchen verwendeten organophilen Bentonit handelt es sich um das Produkt Tixosorb; dieser Bentonit wird durch einen Aktivierungsprozess aus natürlichem Bentonit hergestellt. Dabei werden Metallkationen durch organische Kationen ersetzt. Tixosorb besitzt sowohl hydrohile als auch hydrophobe Eigenschaften, da etwa 50% der Kationen durch organische ersetzt werden, wodurch die Adsorptionsfähigkeit gegenüber Schwermetallen und organischen Stoffen sichergestellt werden kann.  Im Vorfeld der Versuche wurden charakteristische Kennwerte ermittelt, die zur genaueren Beschreibung und Herstellung der eingesetzten Bentonite dienen: Wassergehalt w des angelieferten Bentonits, Wasseraufnahmevermögen wA nach DIN 18121-1, Anteil der quellfähigen Bestandteile (Montmorillonitgehalt) MBF nach DIN EN 933-9, sowie die Kationenaustauschkapazität KAK nach DIN 19684-8. (siehe Tabelle 1)

 

2.2 Zement

Für die Versuche wurde der Zement CEM III/A 32,5 N verwendet. Dabei handelt es sich um einen Hochofenzement mit langsamer Anfangserhärtung. Hochofenzemente mit langsamer Anfangserhärtung eignen sich v.a. deshalb für Dichtwänden, da sie ein für den Aushub verzögertes Erhärtungsverhalten besitzen und so der Dichtwand die angestrebte Festigkeit und Erosionssicherheit geben. Der verwendete Zement hat eine Korndichte von 3 Mg/m³ und eine spezifische Oberfläche von 3300 cm²/g. Die einzelnen Bestandteile an Portlandzementklinker und Hüttensand in Massen-% verteilen sich zu 55:45.

 

3 Herstellung und Untersuchung der Frischsuspension

3.1 Versuchsmaterialien

Die Versuche lassen sich in zwei Versuchsserien gliedern: Versuchsserie A mit den zwei Bentonit-Zement-Suspensionen BZS 35/200 (35 kg Tixoton + 200 kg Zement) und BZS 30/200+5 (30 kg Tixoton + 200 kg Zement + 5 kg Tixosorb) sowie Versuchsserie B mit BZS 35/200 (35 kg Seal 80 + 200 kg Zement). Die Angaben beziehen sich dabei jeweils auf 1 m³ Frischsuspension. Die Untersuchungen aus Versuchsserie A wurden in einer Klimakammer durchgeführt, während die Untersuchungen bei Versuchsserie B außerhalb stattfanden.

Die Herstellung der Suspensionen untergliedert sich in zwei Schritte. Zunächst wurde in einem zweiminütigen Mischvorgang bei niedriger Drehzahl des Dispergiergerätes der Bentonit in Wasser gerührt und 10 min dispergiert. Im nachfolgenden Schritt wurde dann der Hochofenzement in die Bentonit-Suspension portionsweise eingerührt. Für die Mischung BZS 30/200+5 wird die gleiche Vorgehensweise benutzt, jedoch wurde dem Zement vor der Vermischung mit der Bentonit-Suspension die entsprechende Menge an Tixosorb beigemengt. Um die festgelegten Suspensionstemperaturen bei Versuchsserie B zu erreichen, wurden zunächst die drei Komponenten Wasser, Bentonit und Zement auf die entsprechende Temperatur gebracht und anschließend dispergiert. Mit Abschluss des Dispergiervorganges beginnen die zeitabhängigen Untersuchungen der Frischsuspension. Berechnet wurden die einzelnen Mischungen in Form einer konventionellen Stoffraumberechnung unter Berücksichtigung der Wassergehalte der verwendeten Zusatzstoffe.

 

3.2 Versuche

Um die rheologischen Eigenschaften zu bestimmen, kamen folgende Versuchsgeräte zum Einsatz [7]:

– Kugelharfengerät zur Bestimmung der Fließgrenzen,

– Rotationsviskosimeter zur Viskositätsbestimmung und zur

Ermittlung der Scherspannung τ500

– Marsh-Trichter zur Bestimmung der Viskosität,

– Filterpresse zur Messung der Filtratwasserabgabe und

– Spülungswaage zur Bestimmung der Suspensionsdichte. Bei Versuchsserie B wurde zusätzlich noch die Wärmeleitfähigkeit gemessen.

Mit Hilfe der Spülungswaage kann die Dichte der Suspension ermittelt werden, die später für die Auswertung des Kugelharfengerätes zur Bestimmung der Fließgrenze benötigt wird. Die kleinste Fließgrenze tritt direkt nach Abschluss der Fließbewegung ein und wird als dynamische Fließgrenze dyn τF bezeichnet. Die Viskosität der Suspension kann auf zwei Arten bestimmt werden: entweder mit dem Rotationsviskosimeter oder mit Hilfe eines Marsh-Trichters. Bei der Bestimmung mit dem Marsh-Trichter wird die Auslaufzeit von 1000 cm³ gemessen, während beim Rotationsviskosimeter die Scherspannung bestimmt wird, die bei einem Geschwindigkeitsgefälle von 500 s-1 auftritt. Diese als τ500 bezeichnete Scherspannung wurde nach einer Standzeit von 10 - 15 min abgelesen. Der Filterpressversuch dient zur Prüfung der Stabilität und der Fähigkeit der Suspension zur Bildung von Filterkuchen.

Um thixotrope Phänomene auszuschließen wurde die Suspension vor jeder Messung im Versuchsbehälter aufgerührt.

 

3.3 Versuchsergebnisse

Alle Ergebnisse werden in Abhängigkeit von der Standzeit graphisch dargestellt. Die Diagramme in Bild 1 bis Bild 4 zeigen beispielhaft für die Mischung 35/20 (Tixoton CV 15) den Einfluss der Temperatur auf die rheologischen Eigenschaften. Die beiden anderen Suspensionen zeigten qualitativ ähnliche Verläufe.

– Fließgrenzenbestimmung mittels Kugelharfengerät

Bei den Versuchen zeigte sich, dass die Fließgrenzen mit steigender Temperatur und zunehmender Standzeit ansteigen (Bild 1). Dies ist bedingt durch das Quellen des Bentonits, wie in [4] beschrieben.

– Scherspannung τ500 mittels Rotationsviskosimeter

Die Anfangsviskositäten der Suspensionen mit organophilem Bentonit BZS 30/200+5 liegen in allen Temperaturstufen etwa 15 % unterhalb der Werte für die Vergleichssuspension BZS 35/200 aus der Versuchsserie A, siehe Bild 2.

– Viskositätsbestimmung mittels Marsh-Trichter

Die Auslaufzeit der Frischsuspension liegt bei etwa 50 s, wobei die Mischung mit 5 % Tixosorb (BZS 30/200+5) etwas unterhalb der BZS 35/200 aus Versuchsserie A lag. Auch hier steigen die Auslaufzeiten aufgrund des zunehmenden Quellens des Bentonits [4] mit zunehmender Temperatur und Standzeit, siehe Bild 3.

– Filtratwasserabgabe

Bei Temperatursteigerung kann auch eine Zunahme der abgegeben Filtratwassermenge verzeichnet werden. Wie in [4] erläutert, ist dies vermutlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass Wasser bei niedrigeren Temperaturen eine höhere Viskosität hat und deswegen weniger Wasser durch den Filterkuchen gepresst wird.

– Wärmeleitfähigkeit

Die Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit zeigte sich durch eine mit steigender Temperatur fallender Tendenz, siehe Bild 4.

 

4 Schlussfolgerungen

Die Frischsuspensionen weisen in ihren physikalischen Eigenschaften ein ausgeprägt temperaturabhängiges Verhalten auf. Mit zunehmender Temperatur und zunehmender Standzeit steigen i.d.R. auch die entsprechenden Werte der rheologischen Parameter. Sowohl konventionelle Zement-Bentonit-Suspensionen als auch Suspensionen mit organophilen Bentoniten zeigen das gleiche Verhaltensmuster; eine im bautechnischen Sinne unvorhersehbare negative Auswirkung durch Zufügen von organischen Kationen ist also nicht erkennbar. Es zeigt sich außerdem, dass der Anteil an konventionellem Bentonit die für das physikalische Verhalten maßgebende Größe ist und sich somit die Wirkung von organophilen Anteilen erst nach Erhärten in schadstoffabsorbierender Form bemerkbar macht. Das Ansteigen der rheologischen Kennwerte mit zunehmender Temperatur ist darauf zurückzuführen, dass durch das Zuführen thermischer Energie der Bentonit schneller quillt und die Viskosität der Suspension ansteigt, vgl. auch [4].

Autoren:

Dr.-Ing. Andreas Becker

Fachgebiet Bodenmechanik und Grundbau

Technische Universität Kaiserslautern

D-67663 Kaiserslautern

Dipl.-Ing. Elisabeth Seibel

Fachgebiet Bodenmechanik und Grundbau

Technische Universität Kaiserslautern

D-67663 Kaiserslautern

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Christos Vrettos

Fachgebiet Bodenmechanik und Grundbau

Technische Universität Kaiserslautern

D-67663 Kaiserslautern

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