6. Fachkongress für Absturzsicherheit 2022 in Gelsenkirchen & Oberhausen
Absturzsicherheit am Industriedenkmal
Rund 120 Teilnehmer kamen zum Fachkongress für Absturzsicherheit am 29. und 30. November nach Gelsenkirchen. Der Fachkongress fand dieses Jahr in der Veltins-Arena statt, die sonst als Bundesligastadion und Veranstaltungshalle genutzt wird. Im Fokus des Kongresses stand die Sanierung und Neubeschichtung des Gasometers in Oberhausen, die 2021 abgeschlossen wurde. Eine Exkursion zum Gasometer rundete den Fachkongress ab.
Der Gasometer Oberhausen war diesjähriges Exkursionsziel beim 6. Fachkongress für Absturzsicherheit. Die aufwendigen Sanierungsarbeiten für das Industriedenkmal fanden unter strengsten Sicherheitsauflagen statt.
© Stockhausen Fotodesign
Der Gasometer in Oberhausen ist mit 117,5 m Höhe ein beeindruckendes Industriedenkmal. Seit 1994 wird der ehemalige Gasspeicher als Ausstellungs- und Veranstaltungsort genutzt. Die Außenhülle, das Dach und Tragwerk des Bauwerks sind in Stahlbauweise errichtet – und wiesen in den vergangenen Jahren einige Korrosionsschäden auf. Daher entschied sich der Bauherr für eine denkmalgerechte Komplettsanierung, um das Bauwerk vor weiteren Schäden zu bewahren.
Industriekletterer bauten tonnenschwere Treppen ab
Da der Gasometer Oberhausen denkmalgeschützt ist, war das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen erschwert. Daher mussten viele Aufgaben von hochspezialisierten Höhenkletterern ausgeführt werden.
© Dirk Böttger/Gasometer Oberhausen GmbH
Das Büro Lindner Lohse Architekten BDA aus Dortmund erstellte das Sanierungskonzept für den Gasometer. David Auerbach, geschäftsführender Partner bei Lindner Lohse Architekten, stellte auf dem Fachkongress für Absturzsicherheit das Sanierungskonzept vor. Um die Außenhülle des Gasometers zu sanieren, mussten Anbauteile wie Treppen und Ausbläser demontiert werden – diese Arbeit übernahmen Industriekletterer der Firma Höhenhandwerk. Wie die seilgestützten Montagearbeiten in schwindelerregender Höhe abliefen, stellte Höhenhandwerk-Inhaber Peter Peilert auf dem Kongress vor. Sein Betrieb war mit Industriekletterern bei jedem Wetter vor Ort, um die tonnenschweren Treppen von der Gebäudehülle zu demontieren. Nach dem Abbau der Anbauteile begann die Sanierung der Fassade.
30.000 m² umfassendes Fassadengerüst
Der Gasometer wurde für die Sanierung vollständig eingerüstet. Dafür nutzten die Gerüstbauer ein 30 000 m² umfassendes Fassadengerüst. Zum Teil waren bis zu 50 Gerüstbauer für die Montage vor Ort. Das Gerüst wurde mit einer weißen Plane verhüllt, um das Verwehen von Rost und Farbresten beim Abstrahlen der Außenhülle zu verhindern. Die alten Farbschichten der Fassade des Gasometers strahlte die Spezialfirma Rodopi mit Feststrahltechnik und unter Unterdruck ab. Dabei fielen rund 3500 t Strahlschutt an, die abgesaugt und entsorgt werden mussten – unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Für die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften während der Sanierung war Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) Klaus-Dieter Wolf zuständig, der auf dem Fachkongress die Umsetzung des Arbeitsschutzes bei der Sanierung vorstellte.
Nach Entfernen der alten Farbschichten erhielt der Gasometer einen neuen Anstrich, bestehend aus einer Grundierungs- und Zwischenschicht aus 2K-Epoxidharz-Zinkstaub und zwei Deckschichten aus 2K-Polyurethanharz. Der Farbton für die abschließende Schicht wurde in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz gewählt: ein brauner Grundton mit oxydrötlicher Einfärbung, versetzt mit Eisenglimmer für den Korrosionsschutz. Die Treppen des Gasometers wurden braun gestrichen.
Spezialroboter entfernten Farbschichten auf dem Dach
Auf dem geneigten Dach des Gasometers wurden die einzelnen Farbschichten mithilfe von Spezialrobotern entfernt, die mit einem Hochdruck-Wasserstrahlverfahren arbeiten. Im Inneren des Gasometers wurden die 24 Fachwerkträger des Daches manuell entrostet – die Handwerker arbeiteten dabei von einer speziellen Arbeitsplattform aus in 110 m Höhe im Inneren des Gasometers. Dabei war es für die Handwerker entscheidend, sich gegen Absturzunfälle zu sichern. Im September 2021 wurden die Sanierungsarbeiten abgeschlossen.
Die Teilnehmenden des Fachkongresses für Absturzsicherheit konnten sich am 30. November im Rahmen einer Exkursion ein eigenes Bild vom Gasometer in Oberhausen machen – sowohl von der Ausstellung im Inneren als auch von dem sanierten Dach.
Veranstaltungsort: die Veltins-Arena
Bei der Führung durch die Veltins-Arena lag das Augenmerk auch auf der aufwendigen, von SEH Engineering entworfenen Dachkonstruktion
© SEH Engineering
Der 6. Deutsche Fachkongress für Absturzsicherheit fand in der Veltins-Arena statt. Neben einer ausführlichen Stadion-Führung wurde auch die aufwendige Dachkonstruktion in Augenschein genommen, die vom renommierten Stahlbau-Spezialisten SEH Engineering entworfen und 2001 fertig gestellt wurde.
Typische Absturzunfälle
Den Keynote-Vortrag auf dem 6. Deutschen Fachkongress für Absturzsicherheit hielt Prof. Dr.-Ing. Marco Einhaus von der BG BAU. Sein Thema war die Analyse von Absturzunfällen und die daraus erforderlichen Ableitungen für gesetzliche Vorschriften.
© Bauverlag
Neben der Sanierung des Gasometers gab es auf dem Fachkongress weitere Vorträge zum Thema Absturzsicherheit: Prof. Dr.-Ing. Marco Einhaus von der BG Bau stellte Absturz-Unfallanalysen und daraus abgeleitete Regelwerksanpassungen vor. Er betonte, dass es vor allem für kleine Handwerksbetriebe schwierig sei, alle Vorschriften zur Arbeits- und Absturzsicherheit zu kennen. Umso wichtiger seien unabhängige Informationen, welche die BG Bau beispielsweise über ihre Website anbiete. Dr. Einhaus verwies auf die „Bausteine“ der BG Bau, Sicherheitshinweise zu Arbeiten auf Baustellen in komprimierter Form und in 18 Sprachen. Außerdem biete die BG Bau ein E-Learning zur Fachkunde Absturzprävention an, das vom eigenen PC aus durchgeführt werden könne.
Die zahlreichen Spezialisten und Spezialistinnen für Absturzsicherheit erwartete ein spannendes und abwechslungsreiches Vortragsprogramm.
© Bauverlag
Dr. Florian Schrammel, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, informierte in seinem Vortrag über das Thema Absturzsicherheit und Betreiberverantwortung. Aktuelle Rechtsfälle zu Absturzunfällen und deren gerichtliche Bewertung stellte Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger vor. Die Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht sensibilisierte die Teilnehmenden für Haftungsfragen und sorgte für lebendige Diskussionen.
Abschließend ging es um das Thema Absturzsicherheit in der Praxis bei Hochhausbaustellen, vorgestellt von Dipl.-Ing. Björn Kaas, Sicherheitsingenieur und Leiter der Arbeitssicherheit beim Bauunternehmen Porr GmbH & Co. KGaA.
Ausrichter, Partner und Förderer des Kongresses
Austausch unter Fachleuten: Stephan Thomas, Chefredakteur der Fachzeitschrift dach+holzbau, im Gespräch mit Anke Templiner und Prof. Dr.-Ing. Marco Einhaus, beide BG BAU.
© Bauverlag
Der 6. Deutsche Fachkongress für Absturzsicherheit wurde ausgerichtet vom Bauverlag mit den Fachzeitschriften dach+holzbau und THIS Tiefbau. Hochbau.Ingenieurbau. Strassenbau sowie starker fachlicher Unterstützung durch BG Bau und zahlreicher Industriepartner.
Die begleitende Fachausstellung bot zusätzliche Informationen und Produktdemonstrationen für die vielen Fachbesucher.
© Bauverlag
Die Partner und Förderer des Kongresses zeigten in einer begleitenden Fachausstellung in der Veltins-Arena ihre Produkte und Services zur Absturzsicherheit. Die Partner und Förderer des Kongresses 2022 sind: Wilhelm Layher GmbH & Co. KG, ABS Safety GmbH, Grün GmbH, Innotech Arbeitsschutz GmbH, Tinez Workwear und der Peri Vertrieb Deutschland GmbH &Co. KG.
Der nächste Fachkongress für Absturzsicherheit ist für den Herbst kommenden Jahres geplant.