Das richtige Fett
Anforderungen an Schmierfette in Baumaschinen steigenGleitlager, Kugellager, Zahnkränze – Baumaschinen haben vielen Stellen, die
geschmiert werden müssen. Ein Thema, das mehr Aufmerksamkeit einfordert,
als man gemeinhin meint.
Schmierfetten kommt bei Betrieb und Instandhaltung von Baumaschinen eine wichtige Aufgabe zu. Denn wird eine Maschine oder ein Lager zu wenig oder mit dem falschen Schmierfett oder Öl betrieben, kommt es beispielsweise zu so genannten Heißläufern. Dabei werden die aufeinander laufenden Metallteile heiß, die Maschine oder das Lager blockiert. Das Schmierfett hingegen hinterlässt einen Film zwischen den Reibpartnern und verhindert so den direkten Kontakt der sich zueinander bewegenden Oberflächen. Die Reibung wird stark reduziert und es entsteht weniger Reibungswärme. Grundsätzlich bestehen Schmierfette in der Regel aus circa 80 Prozent Schmieröl, rund fünf bis zehn Prozent Eindicker und circa zehn bis 15 Prozent Additiven. Die Schmierung der betreffenden Stellen wird über das im Schmierfett enthaltene Schmieröl gewährleistet.
Trend zu Langzeitfetten
„Die Anforderungen an die Schmierfette für Baumaschinen steigen“, so Michael Scholer, Laborleiter bei Méguin (das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochter von Liqui-Moly). „Es werden längere Schmierintervalle und höhere Druckbelastungen gefordert. Zudem muss man die jeweiligen zum Teil extremen Umweltbedingungen berücksichtigen.“ Einfache Mehrzweckfette reichen laut Scholer daher nicht mehr aus. Er sieht einen Trend hin zu Spezialschmierfetten, zum Beispiel Langzeitfette mit spezieller Kalziumseife als Verdicker, die durch Verschleißschutz- und Hochdruck-Additive ergänzt werden, um so zum Beispiel eine bessere wasserabweisende Wirkung zu erzielen. Ein solches Fett ist das Meguin Langzeitfett C2LP: Durch seinen haftfesten Schmierfilm und seine wasserabweisende Wirkung ist es gerade für Maschinen und Fahrzeuge in der Bauindustrie und Landwirtschaft geeignet. Für besonders hochbelastete Bauteile wird laut Scholer dem Schmierfett als zusätzliche Komponente zudem Molybdändisulfid (MoS2) zugefügt, um eine Notlaufschmierung zu gewährleisten. Wie beim Meguin Schwerlastfett, das zur Schmierung von hoch belasteten Wälz- und Gleitlagern mit normalen bis niedrigen Drehzahlen, auch bei staubigen und feuchten Betriebsbedingungen, entwickelt wurde.
Weniger verschiedene Fette
Rainer Janz, der im Produkt- und Qualitätsmanagement der Hermann Bantleon GmbH tätig ist, sieht dagegen weiterhin Universalfette im Trend – allerdings höherwertige. „Es tauchen in der Praxis immer wieder Probleme beim Handling auf, also beim Ein- und Ausbringen der Fette. Zudem werden immer wieder Produkte verwechselt. Das sind die wesentlichen Gründe, warum immer mehr auf höherwertige Universalfette Wert gelegt wird.“ Denn so kann ein Fett für mehrere unterschiedliche Schmieraufgaben verwendet werden, die Zahl der verschiedenen bei der Wartung der Maschinen eingesetzten Sorten verringert sich. „Das verringert die Gefahr der Verwechselung und vermeidet ungewollte Vermischungen mit entsprechenden Folgeschäden.“ Bantleon bietet als universell verwendbares Langzeit-Schmierfett zum Beispiel das Avilub Spezialfett LDW: Es ist besonders geeignet für hochbelastete Schmierstellen an Baumaschinen. Der Festkörperschmierstoff verringert auch Schwingungskorrosion im Nassbereich, wie sie zum Beispiel bei der Bolzenschmierung an mobilen Baugeräten oder Teleskopauslegern auftreten kann. Auch bei längeren Stillstandszeiten schützt er benetzte Bauteile und Lagerstellen noch vor Korrosion.
Das richtige Fett wählen
Überhaupt ist eines der am häufigsten auftretenden Fehler bei der Schmierung der Lager von Baumaschinen, dass das falsche Fett eingesetzt wird. Denn Baumaschinen sind nun einmal mitunter sehr extremen Umweltbedingungen ausgesetzt, wie Feuchtigkeit, Staub, Schmutz, hohen Temperaturunterschieden im Sommer und Winter, aber auch zwischen Anfahr- und Arbeitstemperatur, unterschiedlichen Druckbelastungen oder auch korrosiv wirkenden Stoffen. „All diese Kriterien erfordern je nach Schwerpunkt auch spezielle Schmierfette“, betont Michael Scholer.
Sonderfall offenes Getriebe
Noch mal multipliziert werden die Belastungen bei offenen Getrieben, wie sie in Steinbrüchen oder Betonwerken häufig vorzufinden sind. Hier bietet Castrol mit dem halbflüssigen (thixotropen) Gel-Schmierfette Molub-Alloy 8031 eine interessante Lösung: Das Fett enthält einen anorganischen Nicht-Seifen-Verdicker. Diese laut Unternehmensangabe ausschließlich BP zur Verfügung stehende Technologie ermöglicht die Herstellung von Schmierstoffen, die im Ruhezustand eine feste Struktur aufweisen. Unter Druck „verflüssigt“ sich der gelartige Schmierstoff und verteilt sich leicht und gleichmäßig auf den Zahnflanken der Getriebe. Dabei wird Wärme abgeführt und Verschmutzungen werden entfernt. Schmutz und Staubeintrag sind für Rainer Janz von Bantleon eher geringe Einflussfaktoren bei der Schmierstoffwahl. „Meist hilft entsprechendes Nachschmieren, doch man sollte vordergründig die Ursache in den Fokus nehmen und hier Lösungsansätze prüfen.“ Also lieber das Lager vor Schmutzeintrag schützen, als ständig nachzuschmieren.
Das richtige Fett wählen
Welches Schmierfett eingesetzt werden sollte, kann man den technischen Mindest-
anforderungen der Lagerhersteller entnehmen. „Wir empfehlen stets einen systematischen Ansatz, um ungewollte Wechsel-
wirkungen zu vermeiden“, so Rainer Janz. „Alle beteiligten Komponenten müssen schließlich im System funktionieren.“ Michael Scholer empfiehlt daher, immer wieder zu überprüfen, ob die richtigen Fette eingesetzt werden. Das umfasst die Verdickerart, die unter anderem Einfluss auf die Einsatztemperaturgrenzen und auch auf das Druck-Korrosionsschutzverhalten hat. Zudem muss die Grundölviskosität und -zusammensetzung in Abhängigkeit von der Drehzahl des Lagers und der Temperaturbelastung richtig gewählt werden. „Um den Temperaturbelastungen standhalten zu kön-
nen, müssen oft auch synthetische Grundölkomponenten verwendet werden“, erläutert der Méguin-Laborleiter weiter. Schließ-
lich beeinflusst die Additivierung die Ei-
genschaften: Müssen Hochdruckadditive, Reibwertminderer oder Korrosionsschutz zugesetzt sein? „Und nicht zu Letzt muss überprüft werden, ob die Schmiermenge ausreicht“, nennt Scholer einen simplen, aber wichtigen Aspekt der Lagerwartung.
Rechtzeitig schmieren
Neben der Verwendung des richtigen Schmierfetts ist aber besonders ein Punkt wichtig, wie Rainer Janz betont: „Die Einhaltung der Schmier-
fristen sind zwingend und maßgeblich für Prozesssicherheit und Maschinenlebensdauer. Bei Schmierstellen, die nicht von einer zentralen Schmieranlage abgedeckt werden, macht sehr oft die Verwendung von automatischen Einzelpunktspendern Sinn.“ Bantleon bietet so einen Schmierstoffspender an. Mit ihm kann die Entleerung stufenlos eingestellt werden, bis zu 12 Monate versorgt er die Schmierstelle mit Fett. Die dadurch erzielte Vermeidung einer Über- oder Unterversorgung reduziert die Schmierstoffkosten und erhöht die Standzeit der Maschine. Der Einsatz des Spenders ist in einem Temperaturbereich von minus 20 bis plus 50 Grad möglich.
Dipl.-Ing. Olaf Meier, Mönchengladbach
Ein häufiger Fehler: Das falsche Fett eingesetzt!