Neue Abgasstufe: Herausforderung für Baumaschinenhersteller
Die Einführung der Abgasemissionsstufe III B ist für die Baumaschinenhersteller eine Herausforderung. Der Aufwand ist enorm. Viel Geld und Entwicklungskapazitäten sind nötig. Für die Abnehmer bedeutet das höhere Preise und teilweise mehr Effizienz auf der Baustelle. Der VDMA hält eine weitere Verschärfung für „nicht sachdienlich.“
Bei der Wirtgen-Group, dem größten Straßenbaumaschinenhersteller der Welt, wird zur Zeit kräftig umstrukturiert. Dort wo früher eine neue Walze oder Fräse von der Bandstraße lief, sind es jetzt meistens zwei. „Wir haben“, sagt Dr. Günter Hähn, „praktisch eine Verdoppelung des Produktionsprogramms“. Die Stückzahlen hätten sich halbiert und der Aufwand nahezu verdoppelt. „Wir müssen alle Maschinen anpassen. Und das kostet viel Geld.“ Wovon der für den Bereich Technik zuständige Geschäftsführer der Wirtgen GmbH spricht, sind die Auswirkungen der seit Anfang dieses Jahres in Europa und den USA geltenden Abgasnormen. Etwa ein Drittel, bis die Hälfte aller Entwicklungskapazitäten innerhalb der Gruppe, schätzt Hähn, seien über viele Monate – und bis auf weiteres – mit diesem Thema befasst. Aufwand und Kosten seien enorm.
Ähnlich wie Wirtgen geht es praktisch allen Herstellern von Bau- und Baustoffmaschinen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und auch den USA. Seit Beginn dieses Jahres müssen mobile Neumaschinen mit mehr als 130 und weniger als 560 KW, die in den USA oder Europa verkauft werden, der Abgasstufe III B beziehungsweise der US-Norm Tier 4 Interim entsprechen. Ab dem 1. Januar 2012 gilt das dann auch für die Leistungsklassen zwischen 57 und 130 KW und ein Jahr später sind die kleineren Maschinen mit 37 bis 56 KW betroffen. Für die Hersteller bedeutet das erheblichen Aufwand. Daran können auch die Ausnahmeregelungen nur wenig ändern.
Maschinendesign komplett geändert
„Wir mussten“, sagt Thomas Weber, Geschäftsführer der Volvo Construction Equipment Germany GmbH, „das Design unserer großen Radlader komplett ändern“. Volvo arbeitet, um die Grenzwerte für die Partikel- und Stickoxidemissionen einzuhalten, wie viele andere Anbieter auch mit einer Kombination aus gekühlter Abgasrückführung und Partikelfilter. Um diese Systeme im Motorraum unterzubringen muss, wie auch bei Verwendung von SCR-Techniken zur Verminderung der Stickoxidemissionen, zusätzlicher Platz geschaffen werden. Und das geht nur, indem große Teile des Maschinendesigns verändert werden. Die Entwicklungskosten, so Weber, seien sehr hoch. Was sich der Volvo-Manager, ähnlich wie Wirtgen-Geschäftsführer Hähn wünscht, ist eine „realistische Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen und daraus resultierende praxisgerechte Lösungen“. Die Relation müsse stimmen. Weber verweist darauf, dass von den Produkten, die auch Volvo anbiete, jährlich insgesamt nur etwa 30 000 neu auf den deutschen Markt kämen. Im Vergleich mit den Zulassungen neuer Autos und LKWs sei das eine verschwindend geringe Zahl. Entsprechend niedrig liege auch der Anteil von Baumaschinen an der gesamten Schadstoffbelastung.
Stufe IV gilt ab 2014
Mit der Einführung der Stufe III B ist das Thema Abgasgesetzgebung für die Bau- und Baustoffmaschinenindustrie jedoch noch lange nicht beendet. Schon ab 2014 soll, wieder zeitlich gestaffelt nach Motorleistung, die Stufe IV gelten. Die Veränderungen, die dafür nötig seien, so Benedict Dunkelberg, Geschäftsführer der zur Mecalac-Gruppe gehörenden Ahlmann Baumaschinen GmbH, seien jedoch weniger gravierend und teuer als bei der Stufe III B. Der Manager hält es für durchaus möglich, dass einige Unternehmen die Flexibilitätsregelung voll ausschöpfen und anschließend sofort Maschinen auf den Markt bringen, die den Anforderungen der Stufe IV entsprechen. Dunkelberg: „Wir werden die Herausforderungen meistern und unseren Kunden ein vernünftiges Produkt anbieten.“ Wie praktisch alle anderen Baumaschinenhersteller plädiert der Geschäftsführer für möglichst viel Flexibilität bei der Umsetzung der neuen Normen. Den Firmen müsse ausreichend Zeit für die Einführung der Maschinen zur Verfügung stehen.
Während die Hersteller noch alle Hände voll damit zu tun haben ihre Maschinen auf die Stufe III B umzurüsten, wird in Brüssel bereits über eine Stufe V diskutiert. Wann und ob sie kommen wird und wie lange die Stufe IV damit letztlich in Kraft bleibt, können jedoch weder die verantwortlichen Beamten noch Politiker sagen. Die Motorenhersteller, so Frank Diedrich, der in Brüssel die Interessen der Bau- und der ebenfalls von der Regelung betroffenen Landmaschinenhersteller im VDMA vertritt, fordern einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Wie lange es jedoch wirklich sein werde, wisse heute noch niemand. Diedrich: „Das war bei den bisherigen Stufen auch so.“ Die europäischen Bau- und Landmaschinenhersteller jedenfalls erteilen der Einführung weiterer Abgasstufen eine klare Absage. VDMA-Geschäftsführer Schmid: „Eine weitere Verschärfung der Gesetzgebung hält die Industrie weder aus umweltpolitischen noch aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten für sachdienlich.“