E-Transporter mit Reichweitenverlängerung

Probefahrt mit dem VN5 des britischen Herstellers LEVC

Der im 1-Tonnen-Segment angesiedelte Transporter nutzt dieselbe Range-Extender-Antriebstechnik, die im Londoner TX-Elektrotaxi zum Einsatz kommt. Der VN5 bietet so Emissionsfreiheit und eine Gesamtreichweite von knapp 500 Kilometern.

Der VN5 Ultima kann mit 22 kW Wechselstrom oder 55 kW Gleichstrom geladen werden. Der VN5 Ultima kann mit 22 kW Wechselstrom oder 55 kW Gleichstrom geladen werden.
© Olaf Meier

Der VN5 Ultima kann mit 22 kW Wechselstrom oder 55 kW Gleichstrom geladen werden.
© Olaf Meier

Sie gehören zu London wie der Tower oder Big Ben: Die „Black Cabs“, die schwarzen Londoner Taxis. Ursprünglich entwickelt wurden sie von Carbodies – fast 70 Jahre lang lieferte das britische Unternehmen, das später in LTI bzw. LTC umbenannt wurde, diese Ikonen des Londoner Stadtverkehrs. Doch dann geriet der Hersteller in finanzielle Schieflage und wurde von Geely übernommen, zu dem heute auch Marken wie Volvo, Polestar oder Lotus gehören. Der chinesische Konzern richtete den Taxi-Hersteller völlig neu aus – was auch schon der neue Name widerspiegelt: London Electric Vehicle Company oder kurz LEVC. Zwar blieb das Unternehmen seinen Wurzeln treu und entwickelte zunächst ein Plug-in-Hybrid-Taxi für London – rund 4.300 dieser TX Taxis fahren mittlerweile in London, weitere in vielen anderen Städten Großbritanniens und weltweit. Doch LEVC wollte sich von Anfang nicht nur auf den Taxi-Markt konzentrieren. So brachte der Hersteller im letzten Jahr den Elektrotransporter VN5 auf dem europäischen Festland auf den Markt.

Genau dieses Fahrzeug steht jetzt vor uns: ein VN5 in der Top-Ausstattungsvariante Ultima. Auf den ersten Blick fällt die markante Front auf – sie wurde von dem Londoner Taxi übernommen. Doch obwohl der Transporter einige Designmerkmale mit dem berühmten Taxi gemein hat, ist der VN5 ein komplett zweckorientiert konstruierter Van mit einem 401 Millimeter breiteren Radstand und einer 110 Millimeter höheren Dachlinie.

 

Elektroantrieb mit Bordgenerator

Die Schiebetür gibt eine großzügige Ladeöffnung frei, die an der schmalsten Stelle eine Durchlademöglichkeit von 938 Millimeter bietet (an der breitesten 1.128 Millimeter). Die Schiebetür gibt eine großzügige Ladeöffnung frei, die an der schmalsten Stelle eine Durchlademöglichkeit von 938 Millimeter bietet (an der breitesten 1.128 Millimeter).
© Olaf Meier
Die Schiebetür gibt eine großzügige Ladeöffnung frei, die an der schmalsten Stelle eine Durchlademöglichkeit von 938 Millimeter bietet (an der breitesten 1.128 Millimeter).
© Olaf Meier

Der VN5 verfügt über einen batterieelektrischen Antrieb, dessen Reichweite mithilfe eines Range-Extenders deutlich erhöht wird. Dieser Bordgenerator – ein kleiner 1,5-Liter-Benzinmotor – hat keine Verbindung zur Antriebsachse, sondern lädt nur bei Bedarf die Batterie auf. Allerdings muss sich der VN5 mit seiner rein elektrischen Reichweite nicht verstecken: Fast 100 Kilometer schafft er emissionsfrei, sparsamere Fahrer können im reinen EV-Modus nach dem WLTP-Testverfahren für Stadtverkehr eine Reichweite von 122 Kilometern erreichen. Mit dem Range-Extender schafft er dann sogar eine Gesamtreichweite von 489 Kilometern. Mit dieser Kombination von Langstreckenfähigkeit und Emissionsfreiheit vor Ort ist der Brite eine interessante Alternative für Handwerker, die ihren Einsatzort häufiger weiter entfernt von ihrem Standort haben, in Innenstädten dann aber möglichst emissionsfrei unterwegs sein müssen.

Mit dem kombinierten Ladeanschluss Typ 2/CCS ist sowohl AC- als auch DC-Laden möglich. Mit dem kombinierten Ladeanschluss Typ 2/CCS ist sowohl AC- als auch DC-Laden möglich.
© Olaf Meier

Mit dem kombinierten Ladeanschluss Typ 2/CCS ist sowohl AC- als auch DC-Laden möglich.
© Olaf Meier

Zum Laden der Batterie verfügt der VN5 je nach Ausführung entweder über ein 11 oder 22 kW Onboard-Ladegerät sowie über eine 50 kW Gleichspannungslademöglichkeit – mit ihr ist der Stromspeicher in nur 30 Minuten vollständig aufgeladen (bei 22 kW würde das 75 Minuten brauchen). Der Fahrer kann über drei Fahr-Modi das Zusammenspiel von Range-Extender und elektrischem Antrieb steuern: Im „Pure EV“-Modus wird der Range-Extender ausgeschaltet und ausschließlich elektrische Energie genutzt. Der „Smart-Modus“ schaltet automatisch zwischen der Lithium-Ionen-Batterie und dem benzinbetriebenen Range-Extender um, je nach Geschwindigkeit und Gasbetätigung des Wagens. Und im „Save-Modus“ schließlich wird der Range-Extender genutzt, um die Batterieladung für später zu speichern. Das kann vor allem für Fahrer nützlich sein, die über Schnellstraßen zur Baustelle pendeln und die elektrische Energie in städtischen Gebieten einsetzen können oder müssen.

 

Praxisorientierter und komfortabler Fahrerbereich

Der Laderaum ist 2.447 Millimeter lang und 1.574 Millimeter breit (zwischen den Radkästen 1.109 Millimeter). Der Laderaum ist 2.447 Millimeter lang und 1.574 Millimeter breit (Breite zwischen den Radkästen: 1.109 Millimeter).
© Olaf Meier

Der Laderaum ist 2.447 Millimeter lang und 1.574 Millimeter breit (Breite zwischen den Radkästen: 1.109 Millimeter).
© Olaf Meier

Ausgewählt werden die Fahrmodi über einen zentral positionierten 9-Zoll-Touchscreen, über den auch alle anderen wichtigen Einstellungen vorgenommen werden und ebenfalls das Bild der Rückfahrkamera dargestellt wird. Angenehm dabei: Der Touchscreen reagiert sehr präzise und schnell. Grundsätzlich kann der Fahrerbereich des VN5 überzeugen: Auch wenn die Materialien nicht unbedingt den Begriff „hochwertig“ verdienen, so machen sie doch einen soliden und gut verarbeiteten Eindruck. Der Fahrersitz ist ergonomisch geformt und voll anpassbar; die Lenkradsäule ist längs- und höhenverstellbar.

Auch beim Fahren – mit und ohne Last – hinterlässt der Transporter einen guten Eindruck. Auf der Autobahn ist zwar bei Tempo 130 (laut Tacho) Schluss, aber das reicht aus, um gut im Verkehr „mitzuschwimmen“. In der Innenstadt kann der VN5 seine Taxi-Gene nicht verleugnen: Mit seinem phänomenal kleinen Wendekreis von nur 10,1 Metern (zum Vergleich: ein aktueller VW Golf benötigt 10,9 Meter) kommt man um jede Ecke, und Einparken wird zum Kinderspiel.

 

Professionelle Ladekapazität

Über den Wahlhebel wird nicht nur die Fahrrichtung gewählt, sondern auch die Stärke der Rekuperation in drei Stufen. Über den Wahlhebel wird nicht nur die Fahrrichtung gewählt, sondern auch die Stärke der Rekuperation in drei Stufen.
© Olaf Meier

Über den Wahlhebel wird nicht nur die Fahrrichtung gewählt, sondern auch die Stärke der Rekuperation in drei Stufen.
© Olaf Meier

Dabei ist der VN5 alles andere als ein Kleintransporter: Seine Ladekapazität von bis zu 5,5 Kubikmetern macht es möglich, problemlos zwei Euro-Paletten (1.000 x 1.200 Millimeter) zu laden. Die Nutzlast beträgt dabei bis zu 778 Kilogramm für unsere Variante. Der Transporter ist mit einer großen Seitentür ausgestattet (durch die eine Palette seitlich eingeladen werden kann) sowie mit einer 60/40 geteilten Hecktür. Acht Verzurrösen im Laderaum sorgen für eine einfache Ladungssicherung. LEVC kooperiert zudem mit verschiedenen in Europa führenden Zulieferern, sodass der VN5 mit Regalsystemen, Dachgepäckträgern, Lichtbalken und anderen maßgefertigten Modifizierungen ausgestattet werden kann. Zu den autorisierten Partnern gehören Bott, Sortimo, Modul-System und Paneltex.

 

Fazit

Alle wichtigen Fahrzeugfunktionen werden über den Touchscreen gesteuert. Alle wichtigen Fahrzeugfunktionen werden über den Touchscreen gesteuert.
© Olaf Meier

Alle wichtigen Fahrzeugfunktionen werden über den Touchscreen gesteuert.
© Olaf Meier

Das Konzept des VN5 überzeugt: Mit seinem Antriebskonzept, seiner Manövrierbarkeit, seinen Fahreigenschaften und seinen Transportkapazitäten. Seine robuste Aluminium-Monocoque- und SMC-Struktur (SMC steht für ein Gemisch aus Harz und Carbon- oder Glasfaser) verspricht eine hohe Langlebigkeit. Eine Wartung ist alle 40.000 Kilometer fällig, und LEVC gibt eine Garantie von fünf Jahren/240.000 Kilometern auf das Fahrzeug und von acht Jahren/240.000 Kilometern auf die Batterie. Unser Testfahrzeug kostet 58.750 Euro (exkl. MwSt.), die günstigste Variante ist für 53.750 Euro zu haben.

London EV Company Ltd.

www.de.levc.com

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 03/2011

Neues vom Transportermarkt

2011 kommen die ersten Elektro-Transporter auf den Markt

Elektrotransporter gehen in Serie Bereits im letzten Jahr ist der Verkauf des Ford Transit Connect Electric in den USA angelaufen, in diesem Jahr wird Ford den Elektrotransporter auch in Europa...

mehr
Ausgabe 7-8/2011

Und alles begann vor 40 Jahren in London …

40 Jahre Schlauchlining in Europa – 40 Jahre Insituform

Es war die Idee und technische Entwicklung des englischen Ingenieurs Eric Wood, einen mit Kunstharz getränkten Schlauchliner vor Ort in eine Leitung zu einem neuen Rohr im Rohr auszuhärten, um die...

mehr
Ausgabe 08/2022

Keramikfassaden-Highlight im Londoner West End

Die Keramikfassade am The Mansion, London, beweist sich in Form, Farbe, Glasur und Schnitte.

www.nbk.de London fasziniert immer wieder durch den Kontrast historischer Bebauung zu innovativer moderner Architektur. In diese Betrachtung reiht sich die Wohnanlage The Mansion in der Marylebone...

mehr
Ausgabe 06/2009

Transporter für den Aufschwung

Neuheiten aus dem Bereich der leichten Nutzfahrzeuge

Auch die Nutzfahrzeughersteller spüren die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. So musste die Branche alleine im deutschen Markt im Januar ein Zulassungsminus bei Transportern von 31 Prozent gegenüber...

mehr
Ausgabe 10/2020

Entspanntes Gleiten

Nissan Elektrotransporter e-NV200
Die Nutzlast des Kastenwagens liegt je nach Ausf?hrung zwischen 503 und 667 Kilogramm.

Innovative Ideen der Oberflächengestaltung mit traditionellem Handwerk verbinden – das ist das Motto, nach dem Volker Kempen mit seinem Team für kreativ gestaltete Räume sorgt. Der Maler- und...

mehr