Geschosshoch und frei gespannt
Fassadengestaltung mit KeramikbaguettesZwei Gebäude auf dem neuen Medizincampus der Universität Augsburg werden mit vorgesetzten, geschosshohen und frei gespannten Keramikbaguettes gestaltet. Sie bieten Sichtschutz und dienen zudem als unverwechselbares Gestaltungselement.
Südlich des Universitätsklinikums Augsburg entsteht ein neuer Campus für die medizinische Fakultät. Die räumliche Nähe von Fakultät und Universitätsklinikum ist dabei unverzichtbar, um im Modellstudiengang Humanmedizin Theorie und Praxis optimal zu verzahnen und eine Einbindung in den klinischen Alltag zu ermöglichen. In den nächsten Jahrzehnten entsteht so auf rund 37.000 Quadratmetern Nutzfläche ein neuer Medizincampus mit mehreren Gebäuden.
Durchdachtes Gesamtkonzept
Den städtebaulichen Auftakt bilden dabei ein Lehrgebäude und ein Forschungsgebäude in Form des Instituts für Theoretische Medizin – entworfen vom Architekturbüro BHBVT Gesellschaft von Architekten mbH aus Berlin. Das Lehrgebäude ist bereits fertiggestellt und weist mit seiner markanten Silhouette auf die unterschiedlichen Nutzungen im Inneren hin. In den ersten vier Geschossen befinden sich hauptsächlich Räume für den Lehrbetrieb sowie eine Bibliothek mit Blick auf den Patientengarten des Universitätsklinikums. In den oberen Etagen (5. bis 7. Obergeschoss) befinden sich Büroflächen für die Verwaltungsbereiche der Medizinischen Fakultät. Ein großzügiges Atrium nebst Sitztreppe im Erdgeschoss durchzieht diese Bereiche und schafft attraktive Flächen zum Selbststudium und zur Begegnung. Die Nutzfläche beläuft sich auf circa 6.400 Quadratmeter.
Die ersten Gebäude auf dem neu entstehenden Medizincampus der Universität Augsburg setzen hohe Maßstäbe für das gesamte Areal
© Rainer Taepper
Das Forschungsgebäude befindet sich derzeit noch im Bau und wird voraussichtlich 2026 übergeben. Das Leitmotiv bei der inneren Organisation dieses zweiten Gebäudes bestand darin, Räume zu schaffen, welche die Begegnung und Kommunikation anregen und zugleich eine selbstverständliche Orientierung im Gebäude ermöglichen. Der Grundriss wird dabei von zwei gegeneinander versetzt angeordneten Höfen bestimmt. Hinzu kommen ein glasgedecktes Atrium und ein begrünter Patio: der Moosgarten. Das Institut für Theoretische Medizin wird mit insgesamt rund 8.600 Quadratmetern Nutzfläche die vorklinischen Lehrstühle beherbergen, außerdem Labore, Praktikumsräume sowie einen Post-Mortem-Bereich mit Anatomie.
Keramikbaguettes als Sichtschutz und Designelement
Geschosshoch und frei gespannt: Die Keramikbaguettes verfügen über einen quadratischen Querschnitt und sind fast vier Meter hoch. Sie sind innen hohl und wurden mit einem speziellen Haltesystem befestigt
© Rainer Taepper
Zu dieser architektonischen Gesamtstrategie trägt die Fassadengestaltung in hohem Maße bei. Mit den Tonality-Keramikbaguettes – auch Terracottastäbe genannt – konnte sich die Leipfinger-Bader GmbH in der öffentlichen Ausschreibung des Staatlichen Bauamts Augsburg durchsetzen. Die geschosshohen Elemente im Format 120 mal 120 Millimeter verfügen über einen quadratischen Querschnitt und werden in einem neu errichteten und speziellen Formteilzentrum hergestellt. Die Formteile werden dabei „hängend“ produziert, so dass keinerlei Produktionsabdrücke und damit besonders hochwertige Oberflächenqualitäten entstehen. Für das neue Lehrgebäude wurden die Baguettes sehr präzise in individuellen Abständen zueinander sowie vor- und zurückspringend montiert und vor der Glasfassade platziert. Frei gespannt sorgen sie für eine luftige, unaufdringliche Verkleidung. Diese dient als Sichtschutz und zugleich als wesentliches Gestaltungselement für die Fassade. Die meisten Stäbe sind dabei weiß matt gefärbt. Einige rot glänzend glasierte Stäbe kommen nur an wenigen Stellen und wie zufällig angeordnet zum Einsatz und schaffen damit besondere architektonische Akzente. Der zweite Neubau des Gebäudeduos – das Forschungsgebäude – wurde mit identischen Terracottastäben gestaltet. Jedoch wechseln sich die weiß matten Elemente hier mit gelb eingefärbten Stäben ab.
Fest verankert
Die Terracotta-stäbe wurden direkt vor die Fassade gesetzt. So wirkt sie besonders leicht und luftig. Nur einzelne rote Highlights ergänzen dabei die überwiegend weiß gestalteten Baguettes
© Rainer Taepper
Die Montage der Terracottastäbe basiert auf einem ausgeklügelten Prinzip. Die Keramikbaguettes wurden jeweils oben in den Geschossdecken sowie an den Fußpunkten verankert. Bei dieser Konstruktions- und Montageart wurden die jeweiligen Ausdehnungen und Bautoleranzen sowie Wind- und Eigenlasten berücksichtigt. Diese werden von dem Konstruktionsprinzip aufgenommen beziehungsweise ausgeglichen. Durch die optimierte Vormontage der 3.900 Millimeter langen Formteile konnten die eigentlichen Einbauzeiten erheblich reduziert werden.
Dauerhaft farbecht
Für die Herstellung der keramischen Baguettes wurden hochwertige Tone aus dem Westerwald mit dem eigens von Tonality entwickelten Micro-Compressed-Sindered-Verfahren (MCS-Verfahren) hochfein gemahlen, unter sehr hohem Druck gepresst sowie schonend gebrannt und getrocknet. Dieses Verfahren macht sie zu einem besonders robusten und langlebigen Fassadenmaterial. So sind die Elemente temperaturwechselbeständig, frostbeständig, dauerhaft farbecht sowie UV- und witterungsbeständig. Da sich der neue Augsburger Medizincampus aktuell erst am Anfang seines Entstehungsprozesses befindet, ist es umso wichtiger, dass die Fassadengestaltung auch über die Jahre ihre qualitative Ausstrahlung bewahrt. Sowohl das Lehr- als auch das Forschungsgebäude geben dabei einen hohen baulichen und architektonischen Standard für das gesamte Areal vor.