Bauen für die Landwirtschaft
Knapp 200.000 landwirtschaftliche Betriebe mit Viehhaltung gab es nach Angaben des Statischen Bundesamtes im Jahr 2013 in Deutschland. In diesem Beitrag werden klimatische, bauphysikalische und konstruktive Rahmenbedingungen zur Errichtung landwirtschaftlich genutzter Wirtschaftsgebäude, vor allem in der Schweinemast, beschrieben. Ein großer Markt für ein mittelständisches Bauunternehmen.
Dipl.-Ing. Bernd Niebuhr, Fachjournalist, Hannover
Schweine können sehr empfindlich auf Veränderungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit reagieren – mit entsprechenden Konsequenzen für den Landwirt. Bei Mastschweinen kann bereits eine Abweichung von 1 °C von der erforderlichen Idealtemperatur die gewünschte Gewichtszunahme erheblich reduzieren.
Anforderungen an den Baustoff
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, beim Neu- und Umbau von Stallgebäuden den richtigen Wandbaustoff einzusetzen. Er muss bauphysikalische, zum Beispiel wärmespeichernde Eigenschaften zur Temperaturregelung besitzen sowie statische Anforderungen wie auch Auflagen hinsichtlich Hygiene und chemischer Beständigkeit erfüllen.
Der Wandbaustoff Kalksandstein wird seit Jahrzehnten erfolgreich für landwirtschaftliche Bauten eingesetzt. Er brennt nicht und hat durch seine Masse einen optimalen Schallschutz, der auch von innen nach außen wirkt. Zudem beeinflusst er das Stallklima positiv und ist resistent gegen schädliche Einflüsse aus Stallluft und Feuchtigkeit sowie gegen mechanischen Angriff (Verbiss und Rangkämpfe) und gegen Nagetiere und Insekten.
Schwankungen der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit werden in hochgedämmten Gebäuden aus Kalksandstein sehr gut ausgeglichen, indem bei zeitweise hoher Raumluftfeuchte überflüssige Feuchtigkeit aufgenommen und durch Lüften nach außen wieder abgegeben wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Kalksandsteinmauerwerk weitgehend beständig ist gegen Gülle, zum Beispiel aus der Schweinemast.
Es stehen zahlreiche Formate für das Handvermauern wie auch für das wirtschaftliche Verarbeiten mit Versetzgeräten zur Verfügung. Sonderbauteile wie Flachstürze, Fertigteilstürze und U-Schalen runden das vielfältige und durchdachte Angebot ab.
Kalksandsteine werden innen und als Verblender auch außen verarbeitet. Die glatte Oberfläche des Mauerwerks verhindert Verletzungen der Tiere und ist die ideale Grundlage für Schutzanstriche.
Darüber hinaus ist er durch seine statisch hohe Belastbarkeit in der Lage, dynamische Beanspruchungen optimal aufzunehmen. Dies kann beispielsweise in Schweine- oder Pferdeställen notwendig sein, wo die Wände durch größere harte Stöße, wie sie beispielsweise durch Hufschlag entstehen, punktuell hoch beansprucht werden.
Stallbauten
Bei Schweineställen handelt es sich um Spezialgebäude mit einem hohen Technisierungsaufwand (Stalleinrichtung, Fütterungs- und Futterverteileinrichtungen, Heizung, Lüftung usw.), die nahezu 75% der Gesamtbaukosten erfordern. Aus diesem Grund muss das Gebäude so ausgebildet sein, dass Tiere und Inventar zuverlässig und dauerhaft geschützt sind.
Da die Grundrisse für eine Tierhaltung in Gruppen konzipiert und damit in Abteile mit separater Steuerung gegliedert werden, sind Trennwände, zwischen den Abteilen und Gängen unabdingbar. Diese stark dynamisch und statisch belasteten Buchtenabtrennungen erfordern stabile Befestigungsmöglichkeiten. An den Wänden aus massivem Kalksandsteinmauerwerk können sie sicher und dauerhaft fixiert werden, was insbesondere infolge des Bewegungs- und Beschäftigungsdrangs der Schweine unbedingt erforderlich ist. Darüber hinaus bilden Kalksandstein-Innenwände in Kombination mit KS-U-Schalen als Ringanker die statisch erforderlichen Auflager für die teilweise großen Spannweiten der Dachbinder. Dadurch ist eine Holzbinderkonstruktion mit geringeren Dimensionierungen möglich, die sich auch durch niedrigere Baukosten auszeichnet. Ein optimales Stallklima ist entscheidend für die Leistung und Gesundheit der Tiere. Hierfür sind Faktoren wie Lufttemperatur und -feuchte bestmöglichst aufeinander abzustimmen. Für die relative Luftfeuchte sollte ein Bereich zwischen 65 und 75 % angestrebt werden.
Massives Mauerwerk aus Kalksandstein hat infolge des Wärmespeicherprinzips „Wärmespeicherung–Wärmeabgabe“ stabilisierenden Einfluss auf das Raumklima. Es reduziert Wärme- und Feuchteschwankungen und trägt somit zu einem wärmetechnisch guten Stallklima bei, im Sommer wie auch im Winter. Das ausgeglichene Temperaturniveau unterstützt damit das physische Wohlbefinden, die Gesundheit und das optimale Wachstum der Tiere. Die Kalksandstein-Außenwandkonstruktionen mit vorgehängter, hinterlüfteter und gedämmter Fassade sowie zweischaliges, gedämmtes Mauerwerk verhindern darüber hinaus die Bildung von Kondenswasser im Stall und bieten höchste Frostbeständigkeit.
Futter- und Festmistlager
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bildet die Grundlage für das Bauen von Entmistungskanälen. Danach müssen Lagerbehälter und Kanäle, die Flüssigmist beinhalten, gegen das angrenzende Erdreich zum Beispiel mit wasserundurchlässigem Beton errichtet werden. Bei der Bauausführung für die Kanaltrennwände innerhalb der Betonwanne sind zahlreiche Möglichkeiten gegeben, Kalksandstein wirtschaftlich und funktionsfähig einzusetzen.
Sie haben die Vorteile, dass
– Schalungsarbeiten nicht erforderlich sind und
– die oberste Steinlage Unebenheiten sehr gut ausgleichen kann – eine Voraussetzung für ein exaktes, wackelfreies Liegen der Spaltenböden.
Des Weiteren können die massiven Wände auch als Auflager für den Stallfußboden genutzt werden. Stationäre Anlagen zum Lagern von Futter und Festmist haben die gleichen rechtlichen Anforderungen zu erfüllen wie Behälter und Kanäle für Flüssigmist. Das bedeutet, Boden und Gewässer dürfen nicht durch austretende Jauche etc. beeinträchtigt werden. Auch hier sind die Bodenplatten wasserundurchlässig auszuführen.
Für die Wände gilt generell, dass sie wegen der Anschüttbelastung von Futter oder Festmist statisch bemessen werden müssen. Grundsätzlich ist eine Abdichtung des massiven Kalksandsteinmauerwerks mit geeigneten bauchemischen Produkten in Geltungsbereichen des WHG erforderlich.
Hallen für Maschinen und Geräte
Die Technisierung in der Landwirtschaft erfordert große Hallen, in denen die teuren Maschinen und Geräte abgestellt und gewartet werden können. Üblicherweise werden diese Hallen als statisch freitragende Binderkonstruktionen in Holz oder Stahl errichtet. Seit vielen Jahren bewähren sich Wandausfachungen aus Kalksandstein-Mauerwerk bei landwirtschaftlichen Hallen, weil es mit seinem hervorragenden Schallschutz Arbeitsgeräusche durch handwerkliche Tätigkeiten und Maschineneinsatz zuverlässig senkt. Die massiven Wände bieten zudem einen sicheren Schutz gegen Einbrüche und bei Bränden, denn Kalksandsteine sind nicht brennbar und der Baustoffklasse A 1 nach DIN 4102 zugeordnet.
Stallhygiene und chemische Beständigkeit
Regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren bilden die Basis für die Gesundheit der Tiere, denn neben dem richtigen Stallklima spielt die Reinhaltung eine große Rolle in der Nutztierhaltung. Beides erfordert glatte Wandflächen, die auch der wiederholten Einwirkung von Wasser und Desinfektionsmitteln zuverlässig widerstehen und unempfindlich sind gegenüber der ständigen Belastung durch die in der Stallluft enthaltenen Gase in Verbindung mit Staub und hoher Feuchte. Kalksandstein-Mauerwerk bildet mit seiner glatten Oberfläche einen ausgezeichneten Untergrund für Anstriche, Beschichtungen oder Fliesen. In Schweineställen sollten die Wände generell bis zu einer Höhe von ca. 1,25 m durch toxisch unbedenkliche Anstriche oder Beschichtungen geschützt werden.
Umfangreiche praxisnahe Untersuchungen belegen die Beständigkeit von Kalksandstein gegenüber Düngemitteln und aggressiven Substanzen, wie sie in der Landwirtschaft vorkommen. Die Untersuchungsergebnisse decken sich mit den jahrzehntelangen Erfahrungen, die in der Praxis mit massiven KS-Wänden in der Landwirtschaft gesammelt wurden.⇥■
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