Braunschweig saniert Kanalisation
Die von der SE|BS Stadtentwässerung Braunschweig GmbH beauftragte Sanierung des unter der Salzdahlumer Straße gelegenen Kanalsystems stellte die bauausführende Strabag AG Direktion Hannover/Sachsen-Anhalt, Bereich Braunschweig, gleich vor eine Reihe von ganz unterschiedlichen Herausforderungen.
Hier sind zum einen die beengten Verhältnisse vor Ort zu nennen, zum anderen musste die Sanierung der rund 400 m langen Strecke im laufenden Verkehr erfolgen, da die Salzdahlumer Straße zu den wichtigsten Verkehrsadern Braunschweigs zählt. Hinzu kommt, dass an der als Zubringer von der naheliegenden Bundesautobahn 39 fungierenden Zufahrtsstraße unter anderem das Klinikum Braunschweig liegt, dessen Erreichbarkeit während der gesamten Baumaßnahme sichergestellt sein musste. Zudem konnte nicht ausgeschlossen werden, dass man im Zuge der Aushubarbeiten auf Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg stoßen würde. Nach sorgfältiger Abwägung der technischen Parameter entschied sich das ausführende Unternehmen für den Einsatz des Linearverbausystems von Emunds+Staudinger | Krings, einem Geschäftsbereich der ThyssenKrupp Bauservice GmbH. Eine Entscheidung, die sich insbesondere mit Blick auf die konstruktiven Merkmale des Systems anbot: Der Boden außerhalb der Baugrube bleibt weitestgehend unberührt und selbst bei grabennaher Bebauung setzungsarm.
Vollsperrung keine Option
Auf der Salzdahlumer Straße herrscht reger Verkehr. Von der nahegelegenen Autobahnausfahrt Braunschweig-Süd rollen Sattelzüge großer Speditionen stadteinwärts, ein Martinshorn kündigt einen Rettungstransportwagen auf dem Weg zu einem Einsatzort an. Im Norden führt die Straße geradewegs zum Hauptbahnhof, wer der Verkehrsachse in südlicher Richtung folgt, gelangt zum Klinikum Braunschweig. „Schon allein mit Blick auf die nahegelegene Notfall-Ambulanz des Klinikums kam eine Vollsperrung der Salzdahlumer Straße für uns nie in Frage“, bringt Dipl.-Ing. Michael Lanius von der SE|BS Stadtentwässerung Braunschweig GmbH eine grundsätzliche Anforderung auf den Punkt, die es bei der Planung der Baumaßnahme im Abschnitt zwischen Schefflerstraße und Alte Salzdahlumer Straße zu beachten galt. „Der zu erneuernde Kanal wurde damals im sogenannten Doppelstocksystem verlegt. Bei diesem System wurde der Regenwasserkanal über den Schmutzwasserkanal verlegt, um Kosten bei den Erdarbeiten einzusparen.“
Die Nachteile der Methode: Fremdwassereintrag im Bereich der Schächte und schwere Erreichbarkeit des Schmutzwasserkanals im Reparaturfall. Aus diesem Grund baut die Stadtentwässerung Braunschweig das in den 1930er- und 40-er Jahren in der niedersächsischen Großstadt verlegte System bei anstehenden Sanierungsmaßnahmen Schritt für Schritt zurück. So auch in der Salzdahlumer Straße, wo bereits im Vorfeld weitere Herausforderungen deutlich wurden: „Wegen des Verdachts auf eventuelle Kampfmittelfunde durfte der zur Sicherung der Baugrube eingesetzte Verbau zum Beispiel nicht vorlaufen“, erklärt Dipl.-Ing. Maik Skrzypek, Bauleiter bei der für die Bauausführung zuständigen Strabag AG, Bereich Braunschweig. „Zudem war eine Lösung gefragt, die sowohl setzungsarm und erschütterungsfrei als auch kraftschlüssig ist“.
Zuverlässig und sicher
Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten des Linearverbaus von Emunds+Staudinger, mit dem man bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hatte und dessen biegesteifer Stützrahmen Setzungen außerhalb des Grabens effektiv verhindert. Statt fest positionierter Gelenkspreizen hält beim Linearverbau ein biegesteifer Laufwagen die Träger. Das stellt sicher, dass die Verbauplatten stets den gleichen Abstand zueinander behalten, und zwar zuverlässig in sämtlichen Bauphasen. Üblicherweise – so auch in Braunschweig – ergänzen sich zwei Bagger beim Ein- und Rückbau der Verbaumodule. Ein Bagger schachtet aus, stellt die Verbauelemente ein und drückt diese bei gleichzeitigem Bodenaushub nach und nach in das Erdreich. Der zweite Bagger übernimmt den Rückbau und das Verfüllen des Grabens. Schon beim Ansetzen des ersten Verbaufeldes werden die Vorteile des Linearverbausystems deutlich. Nach der Vormontage der Führungsrahmen mit den auf die vorgesehene Grabenbreite eingestellten Laufwagen wird der Graben für eine Feldlänge rund 1,25 m tief ausgehoben. Als nächster Arbeitsschritt erfolgt das Einstellen des ersten Führungsrahmens. Dann führt der Bagger die äußeren Grundplatten nicht – wie bei anderen Systemen üblich – von oben ein, sondern schwenkt die Platten seitlich, kurz über Geländeniveau in den Linearverbauträger ein. „Möglich wird diese Vorgehensweise durch die großen offenen Führungsprofile der Linearverbauträger“, erläutert ThyssenKrupp-Gebietsleiter Dipl.-Ing. Günter Serfling. Sind die Platten rechtwinklig zum Laufwagen und parallel zueinander ausgerichtet, kann der zweite Führungsrahmen über die Plattenenden eingeführt werden. Der Bagger hebt nun den Boden zwischen den Verbauelementen aus. „Der Voraushub für Platten und Schienen ist jeweils bis unmittelbar an die Innenfläche der Verbauelemente vorzunehmen“, so Serfling weiter. „Der in seiner Position verstellbare Laufwagen sowie die glatten Innenflächen des Verbaus bieten dazu ideale Voraussetzungen.“ So wird das verbleibende Erdreich unter den Platten und Schienen beim Nachdrücken der Elemente abgeschnitten und fällt in den Graben. Dadurch kommt ein guter Kraftschluss zwischen Verbau und Erdreich zustande. Der Laufwagen als biegesteife Rahmenkonstruktion sorgt zusätzlich dafür, dass sich die Grabenbreite im Gegensatz zu Verbausystemen mit gelenkig eingebauten Spreizen beim Absenken der Schienen nicht verändert. Auf diese Weise werden Setzungen vermieden.
Reibungsloser Ablauf auf der Baustelle
Im Zuge des Bauvorhabens auf der Salzdahlumer Straße, bei dem auch neue Schachtbauwerke installiert wurden, kamen acht Felder des Linearverbaus mit Doppelgleitschiene zum Einsatz. „In der Regel haben wir Modullängen mit 4 m verwendet, bei denen sich die Rohre optimal auf die Rohrsohle absenken lassen“, erklärt Strabag-Polier Sascha Mitschke. „Allerdings wurden auch kürzere Verbaueinheiten vorgehalten, mit denen man den Verbau auch bei querenden Leitungen gut anpassen konnte.“ Während der gesamten Arbeiten wurde in jeder Richtung eine Fahrspur aufrechterhalten, die Installation einer Ampel und die Reduzierung auf nur eine Fahrspur war in nur wenigen Bauphasen erforderlich. „Trotz der beengten Verhältnisse vor Ort lief alles reibungslos“, fasst Bauleiter Skrzypek die Abläufe in Braunschweig zusammen.
Auch mit der Betreuung durch den Verbauhersteller waren Bauleiter und Polier sehr zufrieden: In den ersten Tagen der Baumaßnahme war ThyssenKrupp-Gebietsleiter Serfling persönlich vor Ort, um Baggerfahrer und Arbeiter in den Umgang mit dem Verbausystem einzuweisen. Auch SE|BS-Projektleiter Lanius bestätigt: „Der Linearverbau war eine ideale Wahl, zumal wir auch unser erklärtes Ziel erreicht haben, den Straßenbelag entlang der Baugrube weitestgehend zu erhalten.“ Im November 2014 wurde das rund 1,5 Millionen Euro teure Projekt abgeschlossen.⇥■
ThyssenKrupp Bauservice GmbH
Geschäftsbereich Emunds Staudinger | Krings