DGNB Zertifizierung führt Bestandsgebäude systematisch in die Klimaneutralität

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat eine neue Version des Zertifizierungssystems für Gebäude im Betrieb veröffentlicht

Das neue System unterstützt Eigentümer, Betreiber und Nutzer von Gebäuden bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen, auf Klimaschutz ausgelegten Immobilienstrategie für ihre Bestandsbauten. Als Managementwerkzeug hilft es objektspezifisch bei der Identifikation von sinnvollen Optimierungsmaßnahmen, der Umsetzung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und dem aktiven Risikomanagement. Die Zertifizierung ist für ganze Portfolios und einzelne Gebäude anwendbar, unabhängig von deren Nutzungstyp. Gebäude, die bereits klimaneutral betrieben werden, erhalten zusätzlich zum DGNB Zertifikat die Auszeichnung „Klimapositiv“.

Klimaschutz rückt auch im Gebäudesektor zunehmend in den Fokus. Bislang fehlte jedoch ein Instrument, mit dem ein systematisches Vorgehen bei Bestandsbauten möglich ist. „Mit dem neuen Zertifizierungssystem für Gebäude im Betrieb hat die DGNB ein Werkzeug entwickelt, das genau hier ansetzt“, sagt Johannes Kreißig, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Es ermöglicht eine zielgerichtete, ganzheitliche und dennoch gebäudespezifische Herangehensweise an den Umgang mit unserem Gebäudebestand.“

Die Philosophie dahinter: Es braucht transparentes Wissen über das Gebäude und seine tatsächlichen Eigenschaften, die Nutzungssituation und die Verbrauchskennwerte. Nur so lässt sich fundiert entscheiden, welche Investitionen in welche Maßnahmen wirklich sinnvoll sind.

Übergeordnete Zielsetzung des Zertifizierungssystems ist es, Gebäudeeigentümer und Bestandshalter aktiv dabei zu unterstützen, ihre Immobilien nachweislich so zu optimieren, dass sie die Potenziale zur CO2-Reduktion auf dem wirtschaftlichsten Weg ausschöpfen und zukunftsfähig werden. Der Betreiber des Gebäudes sollte dabei zunächst in Zusammenarbeit mit den Nutzern alle Optimierungsmöglichkeiten im Gebäudebetrieb erschließen, bevor bauliche Maßnahmen zum Einsatz kommen. Betriebsoptimierung ist in der Regel kostengünstiger und bringt große Einsparmöglichkeiten mit sich. Auf diesem Niveau aufbauend sind dann die weiteren Maßnahmen zu planen und baulich umzusetzen.


Schlankes System mit neun Kriterien

Die DGNB-Betriebszertifizierung fokussiert in nur neun Kriterien auf die relevanten Themen für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb, ohne dabei an Ganzheitlichkeit einzubüßen. Es adressiert ökologische genauso wie soziokulturelle Themen, schließt aber auch ökonomische Aspekte und Risiken mit ein. Dabei sorgt das System für eine umfassende Transparenz über den aktuellen Zustand des Gebäudes und seine Betriebsprozesse, indem z.B. auch die Einflüsse aus der Nutzung adressiert werden.

Die Kriterien sind überwiegend nach dem Managementprinzip „Plan-Do-Check-Act“ aufgebaut. Damit wird die Bewertung innerhalb der Zertifizierung nicht allein auf die bereits erreichte Gebäudequalität reduziert. „Belohnt wird auch, wer sich ambitionierte Ziele setzt, daraus Strategien ableitet, diese im Gebäudemanagement implementiert und die Zielerreichung kontinuierlich nachverfolgt“, erklärt Kreißig.

Generell ist die Erhebung und Bewertung der relevanten Gebäudekennwerte zentraler Bestandteil der neuen DGNB-Zertifizierung. So ist das aus der Analyse gewonnene Wissen über die realen Verbräuche und Qualitäten des Gebäudes Grundlage für die Ableitung konkreter Verbesserungsmaßnahmen. Nur auf Basis der tatsächlichen Performance eines Gebäudes kann der nächste Optimierungszyklus sinnvoll geplant und umgesetzt werden. Dabei wird unter anderem definiert, wie die angedachten Maßnahmen zeitlich einzuplanen sind, damit sie bestmöglich in den Betriebsablauf passen und gleichzeitig kostenoptimiert sind.


Klimaschutzfahrplan und DGNB-Auszeichnung „Klimapositiv“

Aus dem so angestoßenen Prozess leitet sich ein projektindividueller Klimaschutzfahrplan für das Gebäude ab, mit dem der Weg in die Klimaneutralität bis spätestens 2050 beschrieben wird. Dieser ist Teil des Kriteriums „Klimaschutz und Energie“, das mit einem Anteil von 30 Prozent an der Gesamtbewertung das am stärksten gewichtete innerhalb der Zertifizierung ist.

In diesem Kontext wird auch die CO2-Bilanz gebäudespezifisch erfasst. Diese bezieht sich immer auf ein konkretes Betrachtungsjahr. Gegenübergestellt werden einerseits die verursachten Treibhausgasemissionen, die aus den Energieverbräuchen der Gebäudenutzung resultieren. Und andererseits die Emissionen, die durch eigene Energiegewinnung am Standort und deren Export vermieden werden.

Gebäude, die schon jetzt eine CO2-Bilanz von Null oder kleiner Null erreichen, erhalten zusätzlich zum DGNB-Zertifikat in Platin, Gold, Silber oder Bronze die neue DGNB-Auszeichnung „Klimapositiv“. Diese ist jeweils für das betrachtete Jahr gültig.


Geeignet für Einzelgebäude und Portfolios

„Einfach anfangen ist ein wichtiges Credo beim Klimaschutz – und genau das ist mit dem neuen System möglich“, so Kreißig. „Es gibt Orientierung und schafft Transparenz über die wirkliche Qualität eines Gebäudes und die durch die Nutzung verursachten Verbräuche und Emissionen.“ Auf dieser Grundlage lässt sich mit dem praktisch anwendbaren Managementinstrument eine nachhaltige, zukunftsfähige und auf Klimaschutz ausgelegte Immobilienstrategie entwickeln.
Dabei ist das neue Zertifizierungssystem nicht nur für Leuchtturmprojekte geeignet. Gerade für das Portfoliomanagement von Bestandshaltern, etwa aus der Immobilien- oder Wohnungswirtschaft, große Unternehmen oder Kommunen, kann es wirksam eingesetzt werden. Schließlich ermöglicht es eine Vergleichbarkeit zwischen Einzelimmobilien, senkt Betriebskosten und Investitionsrisiken.


Neues System für alle Gebäudenutzungen und international anwendbar

In den vergangenen Monaten hatten zahlreiche Interessenten aus der Immobilienwirtschaft das neue System auf die praktische Nutzbarkeit erprobt und entsprechend kommentiert. „Wir haben viel positives Feedback erhalten“, sagt Johannes Kreißig. „Der Tenor: Das neue DGNB System für Gebäude im Betrieb bringt echte Mehrwerte für die Entwicklung einer nachhaltigen Immobilienstrategie und für ein kontinuierliches Gebäudemanagement auf dem Weg hin zur Klimaneutralität.“

Anders als die bisherige Version aus dem Jahr 2016 ist die neue Fassung des DGNB-Systems für Gebäude im Betrieb für alle Nutzungstypen anwendbar. Auch die Zertifizierung von Projekten im Ausland ist möglich. Wie bisher auch ist die DGNB-Zertifizierung für Gebäude im Betrieb für drei Jahre gültig. Eine Rezertifizierung über das Monitoring von Verbrauchsdaten ist jährlich möglich und mit geringerem Aufwand sowie weniger Kosten verbunden.

Um zusätzlich die Auszeichnung „Klimapositiv“ fortlaufend erhalten zu können, müssen jährlich die entsprechenden Daten aus der CO2-Bilanzierung zur Prüfung an die DGNB übermittelt werden. Sowohl zur CO2-Bilanzierung als auch für die Erstellung eines Klimaschutzfahrplans stellt die DGNB den Anwendern der Zertifizierung kostenfreie Tools zur Verfügung.

Die nächsten Praxismodule „Bestandsgebäude zukunftsfähig machen“ finden am
24.März in Frankfurt und am 7.Mai in München statt.Eine Anmeldung ist online über www.dgnb-akademie.de möglich.

x

Thematisch passende Artikel:

DGNB veröffentlicht neue Version des Zertifizierungssystems für Sanierungen

„Der nachhaltige Umgang mit dem Gebäudebestand zählt zweifelsfrei zu den wichtigsten Aufgaben unserer Zeit. Nur wenn es uns gelingt, die enormen Potenziale zur Minderung der CO2-Emissionen unserer...

mehr