Das Glück der Erde …
Erweiterung zur modernen ReitsportanlageDie Ursprünge des denkmalgeschützten Gutshofes Altwahlscheid reichen bis in die Karolinger Zeit zurück und mussten von der Planung bis zum Bauabschluss mit besonderer Sensibilität bedacht werden.
Am Rheinbogen in Neuss-Uedesheim befindet sich das Gut Altwahlscheid, das auf eine weit zurückreichende Geschichte zurückblicken kann. Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Betrieb der zu erhaltenen Anlagen beauftragte Dennis Tolles, Gutsbesitzer und professioneller Springreiter, Brüninghoff mit der Erweiterung des historischen Ensembles. Nach den Plänen von Diplom-Ingenieur Cornel Kremer aus Kaarst realisierte der Projektbauspezialist den Neubau einer großen Reithalle und Stallungen. Außerdem betreute das Heidener Unternehmen die umfangreiche Ausführung der technischen Gebäudeausstattung – insbesondere der Wasserversorgung. Diese erfolgt über eine Brunnenanlage, die bauseits organisiert wurde.
Optik und Funktionalität
Um die Gebäude sowohl optisch ansprechend als auch funktional zu gestalten, wurde ein spezielles Konzept entwickelt und umgesetzt. Anstatt eines konventionellen Massivbaus entschieden sich die Planer für eine Mischkonstruktion in Betonskelettbauweise. Das Hauptargument für diese Vorgehensweise lag in der individuellen Ausrichtung der Gebäude, von denen jedes spezielle Anforderungen erfüllen muss. Die neue Reithalle besteht – genau wie die beiden Stallungen – aus Betonfertigteil- beziehungsweise Stahlpendelstützen sowie Brettschichtholz-Bindern. Die vorgefertigten Elemente für die Halle wurden auf die Baustelle geliefert und dort montiert. Hierbei kamen auch bis zu 29 Meter lange Brettschichtholzbinder zum Einsatz. Die Vorfertigung garantierte eine termingenaue Planung und einen schnellen Baufortschritt. In nur sieben Monaten Bauzeit entstanden auf einer 7.500 Quadratmeter großen Grundfläche eine Reithalle mit 26,90 x 71 Metern, zwei Stallungen mit rund 480 Quadratmetern sowie eine 22 x 10 Meter große Mistplatte. Mit einer Bruttogeschossfläche von 1.950 Quadratmetern sowie einer Höhe von 8,40 Metern wird die weitläufige Reithalle allen Anforderungen der Nutzung gerecht und erlaubt genügend Platz für den Reitsport.
Historisches Gebäudeensemble
Angesichts der Lage des Objekts, welche historische Funde aus der Römerzeit vermuten ließ, wurden sämtliche Schachtungsarbeiten archäologisch begleitet. Die entdeckten menschlichen Überreste waren jedoch zu jung, um von historischem Wert zu sein.
Dieses Bauprojekt zeigt in besonderem Maße, dass sich Tradition und Moderne nicht unbedingt ausschließen, sondern – mit Hilfe einer bewussten Konzipierung – eine wegweisende Symbiose eingehen. Neben der hohen Funktionalität der Anlage wurde dementsprechend beim Bau Wert auf ein ansprechendes Äußeres gelegt. Dabei fällt insbesondere die Gestaltung der Fassaden auf. Um sich dem historischen Klinker des Altbestandes anzunähern, wurden Ziegelmauerwerk und Isowandprofile miteinander kombiniert. Sie geben der Reithalle und den Stallungen ein modernes und markantes Erscheinungsbild. Für das Isodach wurde die Farbe Anthrazit gewählt, um den dunkelgrauen Dachziegeln des Bestandes zu entsprechen und als optische Verbindung das ursprüngliche Gebäudeensemble zu bewahren. Die natürliche Belichtung und Belüftung erfolgt durch großflächige Fensterbänder sowie einem Dachlichtband, das sich mittig nahezu über die ganze Breite der Dächer erstreckt.
Frischwasserbrunnen
Nicht nur eine authentische Bauweise, sondern auch eine langfristige wirtschaftliche Nutzung zeichnet die neue Reitanlage aus. Aus diesem Grund haben alle Gebäude sowohl Elektroinstallationen als auch Zugang zur Wasserversorgung erhalten. Für Letztere wurde ein Frischwasserbrunnen erbaut: Brüninghoff installierte dazu Versorgungsleitungen, die die Gebäude mit dem Brunnen verbinden. Über diese Quelle werden nun die Sanitärinstallationen, die Tränken und Waschplätze für die Pferde versorgt. Ferner ist der Hallenreitboden damit optimal nutzbar, denn aufsteigendes Grundwasser wird zurückgehalten und das kontrolliert zugeführte Wasser im Boden je nach gewünschter Bodenfeuchte gespeichert – das sogenannte „Ebbe-Flut-System“. Drainagerohre werden innerhalb des Bodenaufbaus verlegt, durch die kontrolliert Wasser gespeist werden kann. Die gewünschte Bodenfeuchte kann erhalten und der Reitboden – dämpfend oder fest – eingestellt werden.
Tierwohl hat oberste Priorität
Zusätzlich zu Temperatur und Lichtverhältnissen ist für die Unterbringung und das professionelle Training der Tiere auch eine sichere Ausstattung wichtig. Um das Verletzungsrisiko für die Pferde zu reduzieren, wurden spezielle Mauerwerksecken als bauliche Anpassungen vorgenommen. Diese sind mit abgerundeten Steinen und Abdeckungen für die Tränkeninstallationen versehen. Auch praxistaugliche Anforderungen spielen eine Rolle: Zu diesem Zweck wurden sämtliche Boxen in den Stallungen mit ausziehbaren Trennwänden ausgestattet. Auf diese Weise kann eine Quermistung ermöglicht werden.
Nach Abschluss der Bauarbeiten ist das historische Gut um eine moderne Reitanlage aus großer Halle und weitläufigen Stallungen erweitert. Die denkmalgeschützten Gebäude bleiben trotz des modernen Anbaus als historische Einheit bestehen. Dennis Tolles etabliert mit diesen Maßnahmen der zukunftsweisenden Modernisierung den professionellen Pferdesport in der Region: „Die neue Halle bietet genug Platz für Wettkämpfe und Lehrgänge sowie Wertungsrichter und Publikum. Zudem hat der ‚Förderkreis Dressur Neuss‘ mit bundesweit gut 200 Mitgliedern seinen Aktivitäten-Standort zu uns gelegt.“
Brüninghoff GmbH & Co. KG
Bautafel
Bauvorhaben: Erweiterung der Reitanlage auf Gut Altwahlscheid, Neuss
Bauherr: Dennis Tolles, Neuss
Entwurfsverfasser: Dipl.-Ing. Cornel Kremer, Kaarst
Generalunternehmen: Brüninghoff GmbH & Co. KG, Heiden
Bauweise: Primärkonstruktion aus Betonfertigteil-, Stahlpendelstützen und Brettschichtholz-Bindern
Bauzeit: September 2017 bis Juli 2018