Dichtheitsprüfung von Freispiegelleitungen und Schächten, Teil 3
Eigenüberwachung und GütesicherungNachdem sich die Teile 1 und 2 der Fachartikel-Reihe zur Dichtheitsprüfung mit den Voraussetzungen bzw. der Prüfung an sich beschäftigt haben, geht es im Teil 3 um die Dichtheitsprüfung einzelner Rohrverbindungen sowie deren Protokollierung.
Zum Nachweis der Dichtheit von Abwassersystemen werden unterschiedliche Verfahren mit den Prüfmedien Wasser (Verfahren „W“) und Luft (Verfahren „L“) angewendet. Geprüft werden kann dabei entweder eine gesamte Haltung, ein einzelner Haltungsabschnitt oder auch eine einzelne Rohrverbindung. Bei allen Prüfungen wird zunächst ein zulässiger Prüfmedienverlust definiert und mit den Prüfergebnissen abgeglichen. Ist der gemessene Prüfmedienverlust geringer als der nach Regelwerk zulässige bzw. im Einzelfall zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbarte Wert gilt die Dichtheitsprüfung als bestanden.
Allgemeine Bestimmungen
Ist die haltungsweise oder abschnittsweise Prüfung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen schwierig oder aufwändig, kann alternativ das Verfahren der Einzelverbindungsprüfungen, auch Muffenprüfung genannt, angewendet werden. In DIN EN 1610, Abschnitt 13.4 heißt es hierzu: „Falls nicht anders angegeben, kann die Prüfung einzelner Verbindungen anstatt der Prüfung der gesamten Rohrleitung, üblicherweise größer als DN 1000, anerkannt werden. Für die Prüfung von einzelnen Rohrverbindungen ist die Oberfläche für die Prüfung „W“ entsprechend der Oberfläche eines 1 m langen Rohrabschnitts zu wählen, falls nicht anders gefordert. Die Prüfungsanforderungen entsprechen denen nach 13.3.4 (Verfahren „W“) mit einem Prüfdruck von 50 kPa am Rohrscheitel. Die Bedingungen der Prüfung „L“ entsprechen den Grundsätzen in 13.2 (Verfahren „L“) und sind im Einzelfall festzulegen.“
Die hier geforderten, im Einzelfall festzulegenden Bedingungen für die Prüfungen mit dem Prüfmedium Luft werden in der Praxis leider zu selten vor der Prüfung getroffen. Dabei wäre dies nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, da die Prüfgeräte unterschiedliche Prüfvolumina aufweisen und das Prüfvolumen bei der Einzelverbindungsprüfung erheblichen Einfluss auf das Prüfergebnis hat. Eine Abstimmung der Kriterien vor der Prüfung vermeidet nachträgliche Diskussionen zum Thema. Da DIN EN 1610 keine weiteren Vorgaben und Anforderungen zur Prüfung einzelner Verbindungen enthält, ist es empfehlenswert, diesbezüglich ergänzend die Vorgaben des DWA-Arbeitsblattes 139 vertraglich zu vereinbaren.
Einzelverbindungsprüfung nach DWA-A 139
DWA-A 139 gibt im Abschnitt 13 „Verfahren und Anforderungen für Dichtheitsprüfungen von Freispiegelleitungen“ wichtige allgemeine Hinweise für die Durchführung der Dichtheitsprüfungen. Dabei sind u. a. folgende Festlegungen hinsichtlich der einzusetzenden Geräte beschrieben, die auch für die Einzelverbindungsprüfung einzuhalten sind:
Mindestanforderungen an die Prüfausrüstung
Kennzeichnung der Absperrelemente
Nachweis einer durchgeführten Kalibrierung
Nachweis der Dichtheit der Prüfeinrichtung
Vorgaben zur Befülleinrichtung für Verfahren „L“
Darüber hinaus enthält Abschnitt 13.4.1 weitere Angaben, die im Falle einer Prüfung einzelner Rohrverbindungen einzuhalten sind. Dies betrifft unter anderem die exakte Positionierung der Absperrelemente, die Einsehbarkeit des Prüfraumes sowie die Verwendung von Doppelpackersystemen.
Die Prüfung einzelner Rohrverbindungen stellt höhere Anforderungen an die Dichtheit des Systems als die haltungsweise Dichtheitsprüfung. Um die Anforderungen exakter aufeinander abzustimmen, sollten die Ergebnisse der Einzelverbindungsprüfung im Rahmen einer sogenannten Abweichungsbetrachtung bezogen auf die Haltungslänge bewertet werden. Hierzu gibt das DWA Arbeitsblatt 139 im Anhang H entsprechende Hinweise.
Eine Einzelverbindungsprüfung ist verglichen mit der haltungsweisen Prüfung fehleranfälliger; insbesondere dann, wenn bei der Prüfung mit Luftüberdruck das Prüfvolumen zugunsten einer kurzen Prüfzeit minimiert wird. Daher ist in der Regel die haltungs- oder abschnittsweise Prüfung – wo technisch möglich – einer Einzelverbindungsprüfung vorzuziehen.
Prüfung, Verfahren „L“
Die Prüfzeit bei der Prüfung mit Luft ist abhängig von der Art des eingesetzten Prüfgerätes. Bei Prüfgeräten, deren Prüfraum über den gesamten Rohrquerschnitt uneingeschränkt ist, können die Prüfzeiten der Tabelle für die haltungsweise Dichtheitsprüfung entnommen oder nach den zugehörigen Gleichungen berechnet werden. Bei Prüfgeräten mit ringförmigen Prüfraum, berechnet sich die Prüfzeit in Abhängigkeit des ringförmigen Prüfraumvolumens (V) und der Wandfläche des Prüfraumes (A).
Während der Prüfung ist der Prüfraum wasserfrei zu halten. Über eine Referenzmessung an einem „optisch dichten“ Rohrstück neben der zu prüfenden Rohrverbindung ist im Vorfeld sicherzustellen, dass die Prüfapparatur einerseits und die Kontaktfläche zwischen Absperrelement und Rohrwand andererseits dicht ist. Nach Aufbringen des Prüfdruckes ist eine Beruhigungszeit von mindestens 30 Sekunden abzuwarten, in der sich die Luft- der Rohrwandungstemperatur angleicht. Die Prüfung sollte folgendermaßen durchgeführt werden:
Reinigung des Prüfabschnittes und ggf. Absperrungen möglicher Zuflüsse (Wasserfreiheit)
Testen des Prüfgerätes auf Funktionsfähigkeit
Durchführung der Referenzmessung
Positionierung des Prüfgerätes
Aufbringung des Prüfdruckes und Abwarten der Beruhigungszeit
Messung des Druckverlustes
ggf. bei nicht bestandener Prüfung: Abweichungsbetrachtung nach Anhang H
Prüfung, Verfahren „W“
Für die Prüfung mit Wasser gelten für den Wasserzugabewert, den Prüfdruck und die Ersatzrohrlänge (1,0 m) die Vorgaben der DIN EN 1610 bzw. Abschnitt 13.3 des DWA-A 139 für die haltungsweise Dichtheitsprüfung. Bei Betonrohren mit DN größer 1000 kann die Prüfzeit in Abstimmung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer von 30 auf 10 Minuten verkürzt werden. Die Wasserzugabemenge beträgt in diesem Fall dann 0,035 l/m2 bzw. 0,05 l/m2 bei zementgebundenen oder zementausgekleideten Rohrleitungen. Bei kleineren Durchmessern würde eine Verkürzung der Prüfzeiten schnell zu Prüfkriterien führen, die für die Baustellenpraxis ungeeignet sind.
Protokollierung
Nach Abschnitt 13.5 des DWA-A 139 ist für jede einzelne Prüfung einer Rohrverbindung unmittelbar nach Beendigung der Prüfung von dem Aufsicht Führenden ein Prüfprotokoll anzufertigen und dieses durch Unterschrift zu bestätigen. Dies gilt auch im Falle einer nichtbestanden Prüfung. Im Einzelnen muss das Protokoll Angaben zu den folgenden Punkten enthalten:
Objektbezogene Daten (u. a. Prüfort, Straßenname, Auftraggeber, Auftragnehmer etc.)
Bestandsdaten des zu prüfenden Objektes (u. a. Prüfabschnitt, Nennweite, Werkstoff, Kanalart etc.)
Prüfbezogenen Daten (u. a. Angaben über die Prüfvorschrift, Prüfdruck, Datum, Uhrzeit, Prüfzeit etc.)
Darstellung des Messergebnisses (u. a. grafische Darstellung des Druckverlaufes, Angaben über die gemessene Druckdifferenz bzw. zulässige Wasserzugabe etc.)
Zusammenfassung
Undichtheiten in Leitungen und Kanälen können – über die Verunreinigung von Boden und Grundwasser hinaus – auch deren Nutzungsdauer verkürzen bzw. Standsicherheit gefährden. Daher ist deren Dichtheit über eine entsprechende Prüfung mit dem Medium Wasser oder Luft nachzuweisen. Die Dichtheitsprüfung einzelner Rohrverbindungen stellt im Vergleich zur haltungsweisen Prüfung andere und in der Regel weitergehende Anforderungen an Qualifikation und Ausstattung eines Unternehmens.
Im Rahmen der Baustellen- und Firmenbesuche bewerten die Prüfingenieure der Gütegemeinschaft Kanalbau die unterschiedlichen Arbeits- und Verfahrensweisen der Gütezeicheninhaber bei der Dichtheitsprüfung von Einzelrohrverbindungen sowie deren Dokumentation. Derzeit führen die beauftragten Prüfingenieure jährlich fast 4.000 unangekündigte Baustellenbesuche im Rahmen der Gütesicherung Kanalbau durch.
Die Gütesicherung RAL-GZ 961 bietet dem Auftraggeber somit Orientierung bei der Bewertung der fachlichen Eignung von ausführenden Unternehmen, auch in Bezug auf die vergleichsweise komplexe Prüfung einzelner Rohrverbindungen.