Einfallsreiche Konzepte hochwertig umgesetzt
Wohnanlagen im innerstädtischen Bereich unterliegen zahlreichen Anforderungen. Neben den Vorgaben durch die späteren Bewohner sind dies vor allem die effiziente Nutzung des Grundstücks sowie die Einbeziehung der vorhandenen Baustrukturen und der benachbarten Grundstücke.
Sven-Erik Tornow, Baufachjournalist, Köln
So lobte die Landesregierung NRW im Jahr 2009 einen Landeswettbewerb zur konkreten Bebauung eines Standortes in Münster aus. Es ging um das Thema „Innerstädtisches Wohnen“ mit dem Schwerpunkt innovativer Planungsansätze für studentischen Wohnraum. Da es sich um einen konkreten Standort mit zeitnaher Umsetzung handelte, gab es seitens der Auslober auch weiterführende Vorgaben. So waren neben den städtebaulichen Aspekten auch die des zeitgemäßen studentischen Wohnens gefragt. Durchmischt strukturierte Gebäude sollen dabei den Wohnraum für Einzelpersonen, studentische und nichtstudentische Paare, Familien und Wohngemeinschaften in einem ausgewogenen Verhältnis bereitstellen.
Innovative Wohnkonzepte
Auf der vorgesehen Grundstücksfläche mit ca. 25.875 m² und markanten Höhenunterschieden befand sich zur Zeit des Wettbewerbes noch ein nicht mehr sanierungsfähiges Stundenwohnheim, welches abgerissen werden sollte. Aufgrund der städtebaulichen Situation mit direkt angrenzenden intensiv genutzten Dienstleistungsgebäuden ging man auch für den Neubau auch von einer dichten mehrgeschossigen Bebauung aus. Zudem sollte die neue Anlage in seiner gesamten Struktur zwischen dem östlich gelegenen Wohngebiet und dem westlich gelegenen Büronutzungen vermitteln. Der aus diesem Wettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnete Entwurf des Büros Kresings Architekten aus Münster wurde realisiert und im Juni 2014 offiziell eingeweiht. In der Auseinandersetzung mit den Vorgaben aus dem Wettbewerb gelang es dem Architekten Rainer Maria Kresing gemeinsam mit Stefan Fuchs, Guido Becker, André Pannenbäcker und Jan Tölle auf dem vorgegebenen Grundstück nicht nur eine weitere Wohnanlage zu planen, sondern ein eigenständiges, kleines Quartier.
Innerstädtisches Quartier
„Warum fühlen wir uns in mittelalterlichen Stadtstrukturen mit ihren gebogenen Straßen, bei denen man das Ende nicht sehen kann, wohl“, fragte sich Rainer Maria Kresing. „Es ist die unmittelbar sinnlich-körperliche Wirkung, ein Gefühl von Heimat im Sinne von Nestwärme. Der architektur-akademisch geprägte Kopf mag verächtlich sagen: ‚Puppenstube!’ Der Körper ruft: Hier fühle ich mich verstanden und gehalten.“ Genau diese Kleinteiligkeit und Maßstäblichkeit greift sein Entwurf für die Studentenwohnanlage Boeselagerstraße in Münster auf. Trotz der immerhin 535 Bewohner auf einer Gesamtwohnfläche von 18.000 m² entstand ein eigener, fließend asymmetrischer Stadtraum, der ein fast dörfliches Geborgenheitsgefühl vermittelt, ohne erdrückend zu wirken.
Variantenreiche Kleinteiligkeit
Kern des Entwurfes sind vier Baublöcke mit gleicher Grundform. Sie bilden keine regelmäßigen Rechtecke, die kurzen Seiten sind unterschiedlich lang, dadurch fehlen rechte Winkel. Allein durch diese individuelle Verschiebung entsteht eine gewisse Dynamik. Aber auch die Anordnung der vier Blöcke untereinander wirkt eher wie „wahllos hingeworfene Puzzlestücke“, so Rainer Maria Kresing. Sie sind bewusst asymmetrisch angeordnet. So entstehen an manchen Stellen enge Durchgänge, an anderen Stellen offene, unvermutete Plätze. „Das Spiel mit den Gegensätzen – hier Enge und Weite – ist typisch für die Studentenwohnanlage“, so Rainer Maria Kresing weiter. Analog zu den Städten der Gründerzeit gibt es nicht die klare Trennung zwischen öffentlichen und privaten Bereichen, sondern viele Abstufungen und dynamische Übergänge. Zudem umschließen die vier Blöcke eigene Innenhöfe, wie bei einer klassischen Quartier
bebauung. Sie bilden als ruhige private Zone einen Rückzugsbereich, sind zugleich aber auch Gemeinschaftsort für die Bewohner des Quartiers. Weiter unterteilen sich die vier Baukörper in je ein Haupt- und je ein Hinterhaus. Daraus ergeben sich Nischen, Winkel, Aufweitungen und Verengungen. Da die Gebäudehöhe der Haupthäuser entlang der Hauptwege variiert, entstehen optische Verbindungen zwischen den Innenhöfen und den öffentlichen Außenbereichen. Maximal viergeschossig angelegt, wirken die Blöcke in Höhe und Blicktiefe verschachtelt und kleinteilig.
Ansprechende Farbigkeit
Intensive Farben an den Fassaden der Blöcke unterstreichen die positive Grundstimmung der Anlage. Tomatenrot, Sonnengelb, Grasgrün und Yves-Klein-Blau kombiniert mit weißen Faschen um die Fenster assoziieren eine freundlich südländische, entspannte Atmosphäre. Mit den entstandenen Wohnräumen sowie den intimen und öffentlichen Orten entstand nicht ein Zweckbau zum befristeten Schlafen und Studieren, sondern ein gemeinschaftlicher Lebensraum, in dem man sich beheimatet fühlt. Je nach Zimmeranzahl und Nutzung variieren die Wohnflächen zwischen 25 m² und 180 m². Neben 1-, 2- und 3-Zimmerwohnungen werden auch Gruppenwohnungen mit je fünf integrierten Appartements angeboten.
Alle Häuser sind im Passivhausstandard – KfW Effizienzhaus 40/Passivhaus 40 – errichtet und bieten somit neben dem Lebenskomfort auch einen hohen Wohnwert bei reduzierten Nebenkosten.
Um die hohen Anforderungen hinsichtlich des wärmebrückenfreien und luftdichten Baus zu erfüllen, wurden umfassenden Maßnahmen getroffen. Hinzu kam eine enge Zeitplanung bei der Realisierung. Die Heijmans Oevermann GmbH aus Münster übernahm die Erstellung des gesamten Rohbaus. Dieser wurde in einer Kombination aus Unika Kalksandstein Planelementen und Filigrandecken aus Beton errichtet.
Hochwertiges Mauerwerk
Zum Einsatz kamen Unika Planelemente in den Dicken 11,5 cm in RDK 1,8, 15 cm in RDK 2,0, 17,5 cm in RDK 1,8 und 20 cm in RDK 2,2. Zudem verwendete man für Schachtabmauerungen die Bauplatte Unika BP 10 in RDK 1,2. Bereits im Vorfeld der Baumaßnahme fertigten die KS-Spezialisten von Unika entsprechende Wandverlegepläne auf der Basis des Gebäudeentwurfes an. Denn Unika Planelemente ermöglichen eine umfassende Material- und Baustellenablaufoptimierung. Alle Kalksandsteine wurden aus dem nahegelegenen Werk Unika Kalksandstein Westfalen GmbH in Haltern am See, abgestimmt auf den Baustellenablauf, geliefert (Kontakte und Internetadressen siehe Kasten Bautafel).
Maßgenau vorkonfektioniert
Unika Planelemente lassen sich schnell und einfach von Ein- oder Zwei-Mann-Teams, unterstützt durch Versetzgeräte, vermauern. Das Zusammenspiel der maßgenauen Vorkonfektionierung mit der einfachen und rationellen Versetztechnik führt zu einer spürbaren Beschleunigung des Baufortschritts. Dies war insbesondere aufgrund des sehr engen Zeitfensters für die Erstellung der Studentenwohnanlage in Münster von Vorteil. Zeitweise waren dort bis zu 12 Minikräne zum Versetzen der Planelemente im Einsatz. Zudem können dank der Wandverlegeplänemögliche Fehlerquellen bereits im Vorfeld entdeckt und beseitigt werden. Die in den Plänen enthaltenen exakten Flächenangaben ermöglichen darüber hinaus verlässliche Prognosen über die Bauzeit, wodurch der gesamte Bauablauf noch besser koordiniert werden kann.
Unika Planelemente sind in unterschiedlichen Wanddicken, Elementhöhen, Rohdichte- und Druckfestigkeitsklassen sowie mit oder ohne Nut erhältlich. Zu den standardmäßig am häufigsten angeforderten Wanddicken zählen 15 cm, 17,5 cm und 24 cm; geringere oder größere Dicken sind aber ebenfalls verfügbar. Bei der Elementhöhe ist zwischen 498 und 623 mm zu wählen. Unika Planelemente werden standardmäßig in den Rohdichteklassen 2,0 und 2,2 sowie in der Druckfestigkeitsklasse 20 angeboten. Regional sind sie auf Anfrage auch in der Rohdichteklasse 1,8 und 2,4 und der Druckfestigkeitsklasse 28 lieferbar.
In Kombination mit einem hocheffizienten WDVS und passenden Fensterrahmen samt Verglasung konnte der geforderte Wärmeschutz der Hüllfläche von U ≤ 0,15 W/m²K problemlos erfüllt werden. Gleichzeitig bietet das massive Mauerwerk aus Kalksandstein einen hervorragenden Schallschutz, der durch entsprechende Fenster und Türen unterstützt wird.
Als weitere energetische Maßnahme verfügt jeder Bau über eine geothermische Anlage mit je drei Sonden in bis zu 120 m Tiefe.
Zukunftsfähige Wohnanlage
Damit erfüllt die neue Wohnanlage in Münster nicht nur optisch sondern auch technisch modernste Standards und bietet mit einem Mietpreis von € 5,40/m² (Nettokaltmiete) attraktiven Wohnraum gemäß den Kriterien des sozialen Wohnungsbaus. Zudem ermöglicht die neue Anlage dank konsequenter Barrierefreiheit das Nebeneinander von Studenten, Familien und Älteren. Mit der vorhandenen Substanz und dem städtebaulichen Konzept ist die Wohnanlage selbst für die Zeiten ab 2020, denn von dort ab sollen die prognostiziert die Zahl der Studierenden zurückgehen, ein ansprechendes Wohngebiet mit einer sehr gesunden Infrastruktur.⇥■
Bauherr: Studentenwerk Münster AöR, Münster
Architekt: Kresings GmbH, Dipl.-Ing. Rainer Maria Kresing, Münster, Stefan Fuchs, Guido Becker, André Pannenbäcker, Jan Tölle
Bauleitung: Bernd Hafkenscheid, Ernst Schuppe
Bauunternehmer: Heijmans Oevermann GmbH, Münster
Material:
– 150 m² Unika PE d=11,5 in RDK 1,8
– 3.790 m² Unika PE d=15 in RDK 2,0 – 11.085 m² Unika PE d=17,5 in RDK 1,8
– 6.980 m² Unika PE d=20 in RDK 2,2
– Unika BP 10
Hersteller: Unika Kalksandstein Westfalen GmbH, Haltern am See
Kontakt: www.unika-kalksandstein.de www.unika-westfalen.de