Fachkräfte für die Zukunftsaufgaben der Bauwirtschaft gewinnen

Markus Böll, Präsident der Bauwirtschaft Baden-Würtemberg

Gastkommentar von Markus Böll, Bauunternehmer und Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, über die Aufgaben der Baubranche und über Möglichkeiten, verstärkt Fachkräfte für die Bauwirtschaft zu gewinnen

Nachhaltiges, klimafreundliches und ressourcenschonendes Bauen. Ausbau der Digitalen Netze, Erneuerung der Infrastruktur, Sicherung der Energieversorgung – das sind die Megaaufgaben der Zukunft. Doch dafür brauchen wir dringend mehr Baufachleute. Nicht nur Spezialisten, sondern auch Arbeitskräfte, die auf den Baustellen tatkräftig mit anpacken.

Fachkräfte sind Mangelware

Laut Verbandsumfrage klagen mittlerweile 78 % unserer Mitgliedsbetriebe, dass ihre Bautätigkeit durch fehlende Mitarbeiter derzeit am stärksten behindert wird. Das geplante Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung könnte hier einen sinnvollen Weg aus der Misere bieten; die Bauwirtschaft Baden-Württemberg hat dazu konkrete Vorschläge gemacht. So könnte man beispielsweise ausländische Arbeitskräfte mit einfachen Kenntnissen anwerben und hier zu Fachkräften qualifizieren. Wir sahen im Zuge der Flüchtlingswelle 2015, dass viele potenzielle Bewerber aus dem Ausland unsere hohen Qualitätsanforderungen nicht erfüllen können. Auch langwierige Sprachkurse zu Beginn stellen eine große Hürde dar.

Pragmatische Lösungen sind notwendig

Schon heute existieren in der Bauwirtschaft vernünftige Programme wie etwa ‚Berufsstart Bau‘ oder ‚Teilqualifizierung Bauwirtschaft‘. Die sollten wir in angepasster Form auch bei der Qualifizierung ausländischer Arbeitskräfte nutzen.

Im Zuge dieser Programme könnte man beispielsweise gering qualifizierte Erwachsene über 25 Jahre probeweise für ein halbes Jahr nach Deutschland holen, um zu prüfen, ob sie geeignet sind. Die Bewerber werden direkt von den Baufirmen eingestellt, dafür gibt es Lohnkostenzuschüsse. Parallel bekommen sie in unseren Baubildungszentren praktische Qualifikationen vermittelt.

Anreize setzen

Ein weiterer Vorschlag für mehr Fachkräfte wäre ein sogenannter Respektzuschlag, der etwa in Form eines Steuerfreibetrages den Arbeitnehmern mehr Netto vom Brutto lässt. Wir denken da – ähnlich wie bei den Pflegekräften – an eine Art Bonus, der anerkennt, was unsere Mitarbeiter tagtäglich schultern. Diesen finanziellen Anreiz sollte der Staat leisten.

Aber egal, ob man es Freibetrag, Bonus oder Respektzuschlag nennt, alles zielt in dieselbe Richtung – nämlich, die enorme steuerliche Abgabenlast der Beschäftigten zu reduzieren. Denn selbst unsere guten Löhne am Bau gleichen die hohen Abzüge nicht aus.

Schwarzarbeit bekämpfen

Die Menschen müssen aber auch bei einfacheren Tätigkeiten von ihrer Arbeit leben können. Ein zusätzlicher Steuerfreibetrag würde hier sicherlich für mehr Attraktivität gerade im handwerklichen Bereich sorgen können.

Damit hätte man außerdem ein weiteres Instrument, um die Schwarzarbeit zu bekämpfen. Zudem könnte man den Konsum ankurbeln. Der volkswirtschaftliche Nutzen wäre unterm Strich sicher höher als der vermeintliche Steuerausfall.

Bauwirtschaft Baden-Württemberg e. V.

www.bauwirtschaft-bw.de

Über den Autor

Markus Böll ist Bauunternehmer und Geschäftsführender Gesellschafter der Böll Bauunternehmung GmbH in Schriesheim so wie der Müller Bau GmbH in Heidelberg. Bereits seit 1999 setzt er sich tatkräftig für die Interessen der Bauwirtschaft in zahlreichen Verbandsfunktionen ein, etwa als Vorstandsmitglied, Stellv. Obermeister bzw. Obermeister der Bau-Innung Heidelberg (1999 bis 2014), als Vorsitzender der Bau-Innung Rhein-Neckar (2014 bis heute) oder als Präsident der Bauwirtschaft Nordbaden (2008 bis 2017). Seit 2018 ist er Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg.

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