Fertigteilbauweise erspart Hilfsbrücke
Der Bau von Unterführungen unter Bahngleisen erfolgt in der Regel mit Ortbeton. Hierbei müssen zunächst Hilfsbrücken eingebaut werden, bevor der Erdbau beginnen kann. Beim Bau einer Bahnunterführung im westfälischen Hamm setzten die Verantwortlichen statt der Ortbetonbauweise auf den Einsatz von Rahmenfertigteilen.
Schon lange war die schmale Unterführung in der Östingstraße den Verantwortlichen der Stadt Hamm ein Dorn im Auge. In Ermangelung eines separaten Weges, konnten Fußgänger und Radfahrer diese Engstelle bisher nur mit großem Risiko passieren. Aus diesem Grund entschieden sich die Planer im Jahre 2010 für den Bau einer Fuß- und Radwegunterführung unter der eingleisigen Bahnlinie, die den Hammer Rangierbahnhof mit dem Hauptbahnhof verbindet. Statt die aus einem Fachwerk-Stahlüberbau bestehende alte Brücke mit ihren massiven Unterbauten abzureißen und zu verbreitern, zogen es die Planer der Bahn vor, unmittelbar neben der bestehenden Brücke eine separate Unterführung ausschließlich für den Fußgänger- und Radverkehr zu bauen.
Rahmenfertigteile als Alternative zur Ortbetonbauweise
Um vom letzten Zug Freitagmittag bis zum ersten Zug Montagmorgen auszukommen, setzten die Planer der DB Netz AG dabei ganz bewusst auf den Einsatz von Betonfertigteilen, denn die Voraussetzungen hierfür - wie ein ausreichend fester Untergrund und kein hoch anstehendes Grundwasser – waren an der Östingstraße dafür gegeben. Somit konnte auf den aufwändigen Einsatz von Hilfsbrücken verzichtet und damit viel Zeit gespart werden. Was in der Regel ein halbes Jahr gedauert hätte, konnte auf diese Weise an nur einem Wochenende fertiggestellt werden.
Bauzeit halbieren und Kosten sparen
Die Arbeiten verliefen dabei in mehreren Phasen: Nachdem zunächst ein Teil des Gleisbettes entfernt wurde, erfolgte mit Hilfe von Baggern der Bodenaushub. Anschließend brachte ein 500-Tonnen Mobilkran 14 Fertigteile mit einem Gewicht von bis zu 34 Tonnen an Ort und Stelle. „Logistisch war dies eine echte Meisterleistung“, betont Marc Weißgräber von der B-H-Bau GmbH aus Ettlingen, die den Auftrag für die Bahn ausführte. „Denn aufgrund des engen Zeitfensters von nur 65 Stunden, mussten die Schwertransporter mit den Fertigteilen der Firma Kleihues Betonbauteile GmbH & Co. KG aus Emsbüren sich hier die Klinke in die Hand geben. Dank der guten Zusammenarbeit mit den Monteuren der Firma Kleihues verlief die Montage der Rahmenprofile, die im Kontaktverfahren hergestellt wurden aber reibungslos. Nach dem Versetzen wurden die Profile mit Epoxidharz verklebt, miteinander verspannt und kraftschlüssig für den Endzustand eingebaut. Der große Vorteil dieser Bauweise liegt darin, dass wir die Fertigteile unmittelbar nach dem Einbau wieder hinterfüllen und die Gleise wieder draufsetzen konnten. Damit wurde die Bauzeit im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise halbiert und eine Menge Kosten gespart“, so Weißgräber.
Fertigteile bieten hohe Qualität
Neben der geringeren Beeinträchtigung des Bahnbetriebes bietet diese Bauweise aber noch weitere Vorteile: „Fertigteile werden unter kontrollierten Bedingungen und laufenden Qualitätskontrollen im Werk produziert“, erklärt Marc Weißgräber. „Hierdurch ergibt sich im Vergleich zur Ortbetonbauweise oft eine bessere Betonqualität, die auch optische Vorteile bietet. Außerdem sind durch den Einsatz von Fertigteilen deutlich weniger Arbeitsschritte erforderlich. Dies vereinfacht das ganze Bauvorhaben und reduziert auf diese Weise mögliche Fehlerquellen.“
Der Einbau der Unterführung erfolgte Ende März 2015. Gute 67 Stunden nach Sperrung des Gleises am 27.3. konnte bereits ein erster Zug über die Unterführung rollen.