Geothermie für Hotel im Zillertal
Für den Betrieb der Wellness-Anlagen, aber auch für die Klimatisierung und die Warmwasserbereitung im Erweiterungsbau nutzt das Stock resort in Tirol vorhandene Erdwärme. Neun 400 m tiefe, mit ThermoCem PLUS verfüllte Erdwärmesonden reduzieren den Gasverbrauch des Hotels um rund 80 Prozent.
In Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit hat das Stock resort in Tirol eine Vorreiterrolle übernommen. Seit Mitte des Jahres wird ein Erweiterungsbau des Hotels durch neun 400 Meter tiefe Erdwärmesonden mit Erdwärme versorgt. Die Abwärme der Wäscherei und anderer Gebäudeteile wird wieder in den Untergrund geleitet. Bereits seit 1983 setzt das Hotel konsequent auf die Entwicklung komfortabler Anlagen, die Erholung und Fitness miteinander verbinden. Nun kommt die Energie für die wohlige Wärme der behaglichen Gemächer und der ganzjährig beheizten Außenpools umwelt- und ressourcenschonend aus der Tiefe. „Gut eine Megawattstunde[1] thermische Leistung pro Jahr wird hier aus der Tiefe gewonnen“, erläutert Professor Dr. Ingo Sass vom Fachgebiet Angewandte Geothermie der TU Darmstadt, der die geothermischen Planungen für das Gesamtprojekt verantwortet. Außerdem wurde er von der österreichischen Bergbaubehörde als Betriebsleiter akzeptiert. Denn bei Tiefenbohrungen dieser Größenordnung tritt die Montanbehörde mit eigenen Vorschriften auf den Plan. „Bei Einfamilienhäusern wird meist nach einem geologischen Gutachten das Bauvorhaben vom Wasserwirtschaftsamt und örtlichen Instanzen freigegeben“, weiß Roland Satzger vom Unternehmen i+R geotech GmbH, das die Bohrungen in Finkenberg ausgeführt hat.
Gute Fachplanung ist entscheidend
Ingo Sass hält einen Fachplaner für Geothermie in jedem Fall für sinnvoll. Ein anspruchsvolles Bauvorhaben wie die Erweiterung des Hotels sei ohne entsprechende Fachplanung überhaupt nicht zu meistern. Sein Institut hat im Vorfeld in diesem verkarsteten Gebirge eine Pilotbohrung vorgenommen, um die Verhältnisse im Untergrund zu erkunden. Zudem kann die TU damit den gesamten Bauablauf und darüber hinaus die langfristigen Auswirkungen des Eingriffs planerisch begleiten. Die Sonde, mit Glasfaserkabel und Messsystem ausgestattet, übermittelt den Wissenschaftlern dauerhaft Daten für die Überwachung der Anlage und weitergehende Forschungen bezüglich der Nachhaltigkeit des Systems sowie der Veränderungen im Untergrund. Außerdem ersparten die Messungen bei der Pilotbohrung drei bis vier Bohrungen; alle anderen konnten gezielt und nahe beieinander gesetzt werden. Mit dem Ausbau der Erkundungsbohrung konnte gleichzeitig nachgewiesen werden, dass die Bohrungen auch im verkarsteten Gebiet sicher abgedichtet werden können. So sind Gefährdungen angrenzender Quellen ausgeschlossen. Auf dem sehr begrenzten Grundstück reichen neun Bohrungen im Abstand von etwa zehn Metern für den gewünschten Wärmeertrag aus. In 400 m Tiefe herrschen rund 20 °C. Bei den Verhältnissen im Untergrund vor Ort ergibt das für die Temperatur der Trägerflüssigkeit, die oben ankommt, im Mittel 15 °C. Eine Wärmepumpe macht diese Energie für die Heizungs- und Klimaanlage des Hotels nutzbar.
Hochleistungsbaustoff eingesetzt
Das ausführende Unternehmen i+R geotech GmbH aus
Vorarlberg ist auf den Einbau von Erdsonden spezialisiert. „90 Prozent der Neubauten hier nutzen Erdwärme“, schildert Projektleiter Roland Satzger die Situation. Während für Einfamilienhäuser meist kürzere Sonden reichen, war die Herausforderung beim Hotel im Zillertal weitaus anspruchsvoller. Für ein Loch bohrte i+R geotech mit dem Imlochhammerbohrverfahren mittels Kompressor und Druckluft drei bis vier Tage lang in das Erdinnere. Nach Abschluss der Bohrarbeiten und Einbringen der Sonden wurde kontinuierlich mit dem Verfüllbaustoff ThermoCem PLUS verpresst, so dass ein kraftschlüssiger und thermophysikalisch effizienter Anschluss entstehen konnte, der entsprechende hydraulische Dichtigkeit aufweist. „Normale Erdwärmesonden sind in der Regel 80 bis 120 m tief“, erläutert Ingenieur Christof Pufahl von HeidelbergCement, Bereich Geotechnik. „Hierfür gibt es eine große Auswahl an Baustoffen auf dem Markt. Eine Tiefe von 400 m grenzt die Auswahl der Baustoffe allerdings drastisch ein.“ So hat HeidelbergCement insgesamt 40 t ThermoCem PLUS nach Österreich geliefert, einen hydraulisch abbindenden Fertigmörtel mit den entsprechenden Eigenschaften. „Natürlich ist die gute Wärmeleitfähigkeit des Verfüllbaustoffs gefragt, aber es kommt auch auf seine Verarbeitungseigenschaften an. Denn aufgrund der besagten Tiefe sind die Druckverhältnisse beim Verpressen enorm“, erläutert Christof Pufahl. „Passt der Verarbeiter nicht auf, können die Erdwärmesonden kollabieren und plattgedrückt werden, was wiederum den Verlust der Sonde bedeutet.“ Also war bei diesem Bauvorhaben eine relativ geringe Suspensionsdichte gefordert, wie sie ThermoCem PLUS mit 1,5 t pro Kubikmeter im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen mit rund 2,0 t pro Kubikmeter aufweist, gute Fließfähigkeit und keine Sedimentation von Inhaltsstoffen, die zu Stopfern führen könnten. Das ausführende Unternehmen hat den hydraulisch abbindenden Fertigmörtel ThermoCem PLUS fachgerecht eingebaut und vier Hauptleitungen bis zum Hotel geführt. Dort hat der zuständige Installateur den Wärmetauscher sowie die Anlage für Warmwasser, Heizen und Kühlen angeschlossen. Das Hotel reduzierte durch diese Investition seinen Gasverbrauch um rund 80 Prozent. Die Wärme aus der Tiefe steht nun dauerhaft und ressourcenschonend zur Verfügung.
HeidelbergCement AG
Spezialbaustoffe für Tiefenbohrungen
Neben dem Produkt ThermoCem PLUS hat HeidelbergCement angepasste Rezepturen im Programm, die hinsichtlich ihrer technischen Eigenschaften (Suspensionsdichte, Fließfähigkeit, aber auch Frühfestigkeitseigenschaften) auf Erdwärmesondensysteme bis 800 Meter abgestimmt sind. In der Vergangenheit durchgeführte Projekte lagen sogar bei einer Tiefe von bis zu 2.500 Metern. Die darstellbaren Wärmeleitfähigkeiten liegen projektspezifisch zwischen 2,0 und 4,0 W/mK.