Gute Erträge der deutschen Baukonzerne
Trotz der schleppenden inländischen Baukonjunktur haben die Baukonzerne in 2012 gut zulegen können. Ihre Bilanzen können sich meist sehen lassen. Keine der großen Baugruppen schrieb rote Zahlen. Hochtief konnte den Verlustbereich verlassen.
Damit gehören die Gemeinsamkeiten aber schon auf. Denn im Gegensatz zu den mittelständischen Baufirmen mit klassischen Bauaktivitäten, haben die Großen ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle. Am meisten aus der Reihe tanzt Bilfinger, der immer mehr zum Industrie-Dienstleister wird. Die Nummer Eins Hochtief änderte unter spanischer Führung ihre Strategie und will sich ganz auf große Infrastrukturprojekte konzentrieren. Hingegen bleibt Strabag sozusagen bei seinen Leisten als größter deutscher Straßenbauer und Züblin führend im Schlüsselfertigbau. Bauer als Tiefbauspezialist und Hersteller von Tiefbohrmaschinen bleibt auch bei seiner Doppelstrategie, die im Moment nicht rund läuft. Max Bögl bleibt als größter Mittelständler ein klassisches Bauunternehmen mit Hoch-, Tief- und Straßenbau.
Im Gegensatz zu früheren Jahren betrachten wir diesmal die Bilanzen in einem einzigen Artikel. Damit lässt sich die Performance der Großen besser vergleichen.
Hochtief wirft Ballast ab
Das Essener Unternehmen, dessen Großaktionär seit 2007 die spanische ACS ist, kommt nicht zur Ruhe. Alles ist im Umbruch. Allerdings ist das Chaos der letzten Jahre eher einer schöpferischen Unruhe gewichen. Der seit November letzten Jahres amtierende Marcelino Fernandez, ein Freund von ACS-Präsident Florentino Perez, greift durch. Die „Frankfurter Allgemeine“ betitelte ihn etwas eingeschüchtert als „Mann fürs Grobe“. Tatsache ist, dass er im Gegensatz zu seinen Vorgängern Herbert Lütkestratkötter und Frank Stieler „durchregiert“. Fernandez will Hochtief aufdie Großinfrastruktur trimmen und alles, was nicht zum Kernbereich gehört, verkaufen. Hochtief ist bereits die Nummer Eins im Infrastrukturbau weltweit. Zur Freude der Börsianer hat Fernandez schon einige Pflöcke eingeschlagen: er veräußerte das Flughafengeschäft an einen kanadischen Pensionsfonds und das Gebäude- und Energiemanagement an die französische Spie. Der Franzose überwies 250 Mio. Euro und der Kanadier 1,1 Mrd. Euro. Auch wenn der Verkauf der Flughafenbeteiligungen „keinen signifikanten Ergebniseffekt“ hat, so ist der Mittelzufluss doch hochwillkommen. Fernandez will ihn „zum Schuldenabbau und zur Stärkung des operativen Infrastrukturgeschäfts“ verwenden.
Die große australische Beteiligung Leighton, an der Hochtief 55 Prozent hält, verkaufte ihrerseits das Deponiegeschäft und die Telekomsparte. Hochtief wird sich noch von anderen Aktivitäten trennen. Laut Fernandez soll allerdings nur ein Siebtel vom Umsatz verkauft werden. „Wir wollen nicht alles abstoßen“, versicherte er. Eine Zerschlagung von Hochtief, über die vor kurzem bei Konkurrenten noch Gerüchte schwirrten, scheint aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Vor allem seitdem der Aktienkurs von Hochtief gestiegen ist und derjenige von Leighton abseifte. Andererseits hat die Muttergesellschaft ACS in 2012 einen Nettoverlust von 1,9 Mrd. Euro erzielt, der allerdings von Sondereffekten geprägt ist. In 2012 gelang Hochtief der Turnaround. Auf den Verlust vor Steuern von 127 Mio. in 2011, den Leighton eingebrockt hatte, folgte ein Gewinn vor Steuern von 546 Mio. Der Konzerngewinn erreichte 158 Mio. nach einem Minus von 160 Mio. Für Fernandez blieb die „Ergebnisentwicklung hinter den Erwartungen zurück“. Er fügte noch hinzu: „Mit bösen Überraschungen werden wir Schluss machen“. 2013, sagte er, werde ein „Übergangsjahr“ zu deutlich höherer Ertragskraft.
Ein etwas ratloser Aktionärsvertreter rief Fernandez auf der Hauptversammlung zu: „Wir wissen nicht, ob Sie die Lösung oder das Problem sind“. Hochtief Asia Pacific, die Sparte mit Leighton, konnte in 2012 das Ergebnis um fast 700 Mio. Euro wenden, von einem Verlust vor Steuern von 285 Mio. auf ein Plus von 411 Mio. In 2013 will Leighton das operative Ergebnis steigern. Bei Hochtief Americas mit Turner und Flatiron ergaben sich Verluste im Tiefbau; das Ergebnis vor Steuern sank um die Hälfte, von 142 Mio. Euro in 2011 auf 63 Mio. Die dritte Division Hochtief Europe blieb operativ „deutlich unter den Erwartungen“, obwohl vor Steuern ein Gewinn von 29 Mio. einen Verlust von 9 Mio. im Vorjahr ablöste. Es mussten die hohen Abschreibungen für die Hamburger Elbphilharmonie verdaut werden. Im ersten Quartal 2013 konnte der Konzern ein Vorsteuerergebnis von 123 Mio. vorlegen gegenüber einem Minus von 92 Mio. vor einem Jahr. Unter Herausrechnung des Ergebnisbeitrags von Airport dürfte, so Fernandez, in 2013 der Gewinn vor Steuern 600-680 Mio. und der Konzerngewinn 180-220 Mio. erreichen. Wie gesagt, ein Übergangsjahr.
Bilfinger kämpft gegen die schlechte internationale Konjunktur an
Im Gegensatz zu Hochtief, wo lange die Hölle los war, herrschen bei Bilfinger fast paradiesische Zustände. Der Gewinn ist höher. Und Roland Koch, der Vorsitzende des Vorstands und ehemalige Ministerpräsident von Hessen, führt den Dienstleistungskonzern mit ruhiger Hand. Aber, so warnt er, der Margendruck im gedrückten internationalen Industriegeschäft, dem Schwerpunkt der Gruppe, nimmt zu. Das erste Quartal 2013 brachte eine faustdicke Überraschung: das bereinigte Ebita (Ergebnis vor Goodwill-Abschreibungen, Zinsen und Steuern) sank um 18 % auf 56 Mio. Euro und das bereinigte Konzernergebnis gar um 31 % auf 29 Mio. Die schlechte Witterung beeinträchtigte nicht nur die Division Construction (Bauinfrastruktur), sondern auch Industrial Services.
Einen solchen Ergebnisrückgang, auch wenn er nur ein Quartal betrifft, hat man in Mannheim schon lange nicht mehr gesehen. Koch sagte denn auch, dass das „Erreichen der Gewinnziele herausfordernder“ geworden sei. Es gäbe „nicht mehr viele Reserven“. Dennoch hält er an seiner Prognose eines Ergebnisanstiegs in 2013 fest. Bilfinger, gab er zu, sei zu Europa-lastig: hier, wo aktuell manche Problemländer liegen, erzielt die Gruppe über 80 % ihres Umsatzes. Seit seinem Antritt vor zwei Jahren hat Koch mehr als 20 Firmen, vor allem auch in Übersee, hinzugekauft. In der „Kriegskasse“ befinden sich noch üppige 850 Mio. die für Akquisitionen parat stehen. 2012 war ein exzellentes Jahr: das Ebita der Gruppe stieg auf einen Rekordwert von 466 Mio. (+17 %), das Ergebnis vor Steuern aus fortgeführten Aktivitäten auf 381 Mio. (+15 %) und der Nettogewinn aus fortgeführten Aktivitäten erreichte 277 Mio. (+25 %). Die Ebita-Marge des Konzerns verbesserte sich von 5,1 % auf 5,6 %. Das höchste Ebita erzielte die Sparte Industrial Services (206 Mio.), gefolgt von Power (123), Building und Facility (106), Concessions (41) und Construction (25). Nur das Ebita von Construction sank. In 2013 sollen alle Sparten außer Building und Facility ein höheres Ebita hinlegen, sagte Koch auf der Bilanz-Pressekonferenz im März voraus. Auch Bilfinger hat einen strategischen Verkauf eingeleitet und kündigte die Trennung von Concessions mit einem Portfolio von noch 16 Objekten an. Grund: PPP-Projekte laufen vor allem in Nordamerika und Australien gut und gerade von diesen Märkten hat sich Bilfinger als Baugruppe verabschiedet. Einem Journalisten, der einen ambitionierteren Kurs forderte, konterte Koch, der Kapitalmarkt halte die Strategie von Bilfinger für „ambitious but achievable“. Standard & Poor’s stellte Bilfinger im letzten Oktober ein, so Koch, „erfreulich gutes“ Investment Grade Rating von BBB+ mit stabilem Ausblick aus.
Wieder ein außergewöhnlich hoher Gewinn bei Strabag
Für Dr. Thomas Birtel, Vorstand der Strabag AG in Köln, war es die zehnte und zugleich die letzte Bilanz-Pressekonferenz an der Siegburger Straße. Wehmütig kündigte er seinen Wechsel an die Spitze der Muttergesellschaft Strabag SE in Wien an. Dort löst er als Vorsitzender des Vorstands Hans Peter Haselsteiner ab, Gründer und Hauptaktionär der Gruppe. In letzter Zeit hatte die SE Probleme mit der Akquisition einiger Projekte. Überhaupt sieht es in Österreich nicht gut aus: die Nummer Zwei des dortigen Baumarkts, die Alpine Bau aus Salzburg, musste Insolvenz anmelden. Mit seiner kompetenten und stillen Art ist Birtel bestimmt der geeignete Mann, um Kurs zu halten. Auch in Köln war Birtel, nach einer mitunter turbulenten Vergangenheit, ein ruhender Pol. Peter Kern, der kaufmännische Vorstand, wird in Zukunft die Bilanz erläutern. Für die Wiener SE ist es geradezu ein Segen, dass sie zwei so solide Töchter wie die Strabag AG und die Züblin AG in Stuttgart hat. In 2012 stieg das Vorsteuerplus von Strabag überraschenderweise um 10 % auf 129 Mio. Euro. Der Konzerngewinn kletterte gar um 28 % auf 122 Mio.
„Gedopt“ wurde das Ergebnis durch einen Sondereffekt, den Verkauf der DSP in Tschechien, die einen Ertrag von 42 Mio. einbrachte. Strabag veräußerte außerdem den Deponiebauer Heilit Umwelttechnik (HUT), der mit dem eigentlichen Geschäft von Strabag, dem Straßenbau, nichts zu tun hat; hier wird der Ertrag erst in 2013 bilanzwirksam. Wegen des HUT-Effekts wird das Ergebnis auch in 2013 auf dem hohen Niveau vom letzten Jahr bleiben. Ab 2014, so Birtel, werde sich die Ergebnislage wieder „normalisieren“. Wegen des DSP-Verkaufs verdoppelte sich das Ergebnis vor Steuern der Sparte Verkehrswegebau auf 95 Mio. (+111 %). Das Segment Beteiligungen Österreich, das die 35 %-Beteiligung an der BHB beinhaltet, die in Ost- und Nordeuropa engagiert ist, erzielte einen planmäßigen Rückgang um die Hälfte auf 33 Mio. Das Segment Übrige Bausparten, das, ohne neu zu akquirieren, das auslaufende Hoch- und Ingenieurbaugeschäft abwickelt, wies einen um 40 % höheren Gewinn von 19 Mio. aus. Hingegen stieg das Minus der Service-Betriebe von 6 Mio. auf 10 Mio. Im 1.Quartal sank die Leistung stark um 13 % auf 477 Mio. Nach dem Ende des langen Winters ist die Produktion durchgestartet. Einmal mehr monierte der Strabag-Chef die Unlust der öffentlichen Hand, mehr Geld in die Straßenreparaturen zu stecken. „In Köln, so sagte er, müssen Sie mit dem Geländewagen fahren“.
Züblin toppt alle
Züblin macht keine Negativschlagzeilen, legt dafür aber Rekorde hin. 2012 war das „erfolgreichste Geschäftsjahr in der Unternehmensgeschichte“, hob Vorstand Dr. Alexander Tesche bei der Bilanz-Pressekonferenz hervor. Das Ergebnis vor Steuern verbesserte sich „deutlich über Planung“ genau um die Hälfte, von 80 Mio. Euro in 2011 auf 119 Mio. Das Ebit legte um 43 % auf 115 Mio. zu und der Nettogewinn stieg um 34 % auf 87 Mio. Die Leistung nahm stark um 13,3 % auf 3,1 Mrd. zu. Die Auslandsaufträge gingen zurück: Züblin konzentriert sich auf den Kupferbergbau in Chile und auf den Städtebau und Verkehrsprojekte in den Golfstaaten, alles solvente und politisch stabile Länder. Die Leistung nahm überproportional im Hochbau zu; beim Ingenieurbau und den Werken nahm sie nur leicht zu. Der Schlüsselfertigbau trägt zu 69 % zur Leistung bei, vor dem Ingenieurbau (24 %) und den Werken (7 %). In der Zukunft soll besonders der Ingenieurbau wachsen. Einmal mehr gab Züblin nicht die Segmentergebnisse bekannt, obwohl die Konzernschwester Strabag gerade das tut. Die Eigenkapitalquote stieg von 22 % auf zufriedenstellende 24 % im Konzern; in der AG blieb sie zu niedrig. Tesche betonte, die Mitarbeiter hätten „mit gewohnt schwäbischer Beharrlichkeit“ zum Erfolg geführt. In Deutschland ist Züblin seit Jahren die Nummer Eins im Hoch- und Ingenieurbau. Tesche dazu: „ Wir haben die Marktführerschaft stetig ausgebaut“.
Bauer kann Fesseln nicht sprengen
Schon seit mehreren Jahren gelingt es dem Spezialtiefbauunternehmen und Hersteller von Tiefbohrmaschinen Bauer nicht, sich aus einer Zwangslage zu befreien: das Bausegment leidet unter der weltweiten Flaute und die Kunden der Maschinen investieren nicht. Professor Thomas Bauer wiederholte auf der Bilanz-Pressekonferenz unverdrossen, die Gruppe sei „strategisch gut aufgestellt“. Er fügte allerdings etwas resigniert hinzu: „Wir müssen mit den Ergebnissen zufrieden sein“. Das Ergebnis vor Steuern erreichte nur noch 38 Mio. Euro gegenüber 48 Mio. in 2011 und 58 Mio. in 2010. Das Ebit sank in 2012 um 13 % auf 71 Mio, das Nettoergebnis um 24 % auf 24 Mio. Die Dividende wurde um 20 Cent auf 30 Cent gekürzt. In den zwei größten Divisions war die Entwicklung gegenläufig. Die Bausparte steigerte die Leistung um 8 % auf 657 Mio. Dank des Verkaufs eines Immobilienentwicklungsprojekts konnte das Ebit um 22 % auf 22 Mio zulegen. Im Segment Maschinen lief es anders herum: die Leistung gab um 6 % auf 596 Mio. nach und das Ebit sackte um 36 % auf 34 Mio. ab. Geschuldet sei dies der Zurückhaltung der Investoren. Das Segment Resources entwickelte sich positiv: die Leistung nahm um ein Viertel auf 264 Mio. zu und das Ebit gewann 39 % auf 15 Mio. Leider gibt es noch immer hohe Verluste bei Brunnen in Jordanien, während Oman und der Bergbau sehr gute Ergebnisse lieferten.
Max Bögl bietet wenig Berichtenswertes
Als fünftes deutsches Bauunternehmen noch vor Bauer gehört die Oberpfälzer Familienfirma durchaus in unsere Betrachtung. Andererseits geizt sie weiterhin mit Informationen. Die Bauleistung, den Auslandsanteil und die Beschäftigtenzahl gibt die Pressestelle über den Daumen gepeilt heraus. Immerhin teilt der Bundesanzeiger mit, dass in 2011 die Max Bögl Bauunternehmung, ein Teil des Gesamtkonzerns, ein Ergebnis vor Steuern von 26 Mio. erzielte. Der Gewinn der gesamten Gruppe dürfte also weit höher gewesen sein.
FirmenBauleistung Veränderung Anteil Ausland Ergebnis Beschäftigte
in Mio. Euro in Prozent an der Leistung vor Steuern Jahres-
in Prozent in Mio. E (in durchschnitt
Klammern Vorjahr)
1. Hochtief,
Essen 29.683 +15,1 92,9 546 (-127) 79.987
2. Bilfinger,
Mannheim 8.635 +1,8 61,4 381 (331) 63.790
3. Strabag,
Köln 4.377 -2,8 47,5 129 (117) 12.200
4. Züblin,
Stuttgart 3.075 +13,3 33,1 119 (80) 12.044
5. Max Bögl,
Neumarkt 1.600 0 30 26 (1) 6.000
6. Bauer,
Schrobenhausen 1.446 +5,4 73,1 38 (48) 10.253
(1) Ergebnis vor Steuern 2011 der Max Bögl Bauunternehmung, Teil des Gesamtkonzerns, laut Bundesanzeiger.