Kein ganz
normales Pflaster
Im Rahmen eines Straßenbahn-Trassenneubaus in Mannheim müssen zahlreiche Geh- und Radwege verlegt werden. Die Pflastersteine wurden ganz bewusst ausgewählt, denn sie erfüllen – obwohl sie eigentlich wie ganz normales Pflaster aussehen – einige besondere Kriterien der Planer.
Bisher wurde der öffentliche Personennahverkehr im Mannheimer Norden über große Bereiche der Stadtteile Neckarstadt-Ost, Käfertal, Waldhof und Gartenstadt nur über Busverkehre abgewickelt. Viele Einwohner waren im Einzugsbereich der Maßnahme somit noch nicht an das Stadtbahnnetz angeschlossen. Häufiges Umsteigen sowie Verspätungen im Fahrplan bei hohem Verkehrsaufkommen führten zu längeren Reisezeiten und entwickelten sich zu Hemmschwellen für einen attraktiven ÖPNV, was letztendlich nicht zum gewünschten Umstieg des motorisierten Individualverkehrs auf den ÖPNV führte. Da sich diese Probleme mit zunehmendem Verkehrsaufkommen in Zukunft noch verstärken werden, hoben die Planer der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH vor einiger Zeit das Großprojekt „Stadtbahn Mannheim Nord“ aus der Taufe. Bis Mitte 2016 wird die neue Stadtbahnstrecke 32 000 Menschen – rund einem Zehntel der Mannheimer Bevölkerung – erstmals einen direkten Zugang zum Stadtbahnnetz oder aber einen verkürzten Weg zur nächsten Haltestelle ermöglichen.
Pflaster dauerhaft barrierefrei
Bereits im Dezember 2012 erfolgte der Spatenstich des - vom Bund und dem Land Baden-Württemberg geförderten - Großprojektes. Besonderes Augenmerk legten die Planer hierbei auch auf das verwendete Betonsteinpflaster, das hier im Rahmen der Neugestaltung von Haltestellen und Gehwegen auf etwa 6.000 Quadratmetern zum Einsatz kam. Steffen Magin von der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (Abteilung Infrastruktur/Bau) schildert die Anforderungen an das zu verwendende Material: „Im Grunde handelt es sich hier um Standard-Haltestellen, für die auch alternative Pflasterprodukte in Frage kämen. Ein paar Punkte sind uns aber dennoch wichtig - insbesondere das Thema Barrierefreiheit. Damit sich der schwarze Kontraststreifen, der die taktilen Elemente einfasst gut aus der Pflasterfläche abhebt, darf das angrenzende Pflaster in der Fläche nicht zu dunkel sein. Vor dem Hintergrund der Barrierefreiheit ist es ebenso von Bedeutung, dass sich das Material sehr eben verlegen lässt und auch dauerhaft gut zu begehen bleibt. Ein weiterer Faktor: Auch wenn das Thema Belastung auf den Gehwegen und rund um die Gleisanlagen eine nicht ganz so große Rolle spielt, so ist es uns dennoch wichtig, dass die Flächen bei Noteinsätzen und Wartungsarbeiten von schwereren Fahrzeugen befahren werden können, ohne Schaden zu erleiden“, so Magin.
CombiStabil mit spezieller Abstandhaltertechnologie
Genau aus diesen Gründen setzen die Planer seit einigen Jahren bei solchen und ähnlichen Maßnahmen auf das Pflastersystem CombiStabil aus dem nur wenige Kilometer entfernten Betonwerk Pfenning in Lampertheim ein. Dieses Pflaster im Format 18x18 cm bzw. 18x30 cm wirkt auf den ersten Blick wie ein ganz normales Betonpflaster, besitzt aber dank einer speziellen Abstandhaltertechnologie spezielle Eigenschaften in Punkto Verlegung und Belastbarkeit. Verantwortlich hierfür sind Verbundelemente an den Steinen, die paarweise so angeordnet sind, dass eine Verschiebung der Steine gegeneinander verhindert wird. Die Fuge wird bei diesem System stets optimal ausgebildet und kann ihre Funktion als elastischer Puffer zwischen den Steinen sehr gut erfüllen. Weil es nur wenige punktuelle Kontakte zwischen den Steinen gibt, bleibt die gesamte Fläche langfristig elastisch.
Fuge wird immer eingehalten
Steffen Magin: „Egal wie man die Steine auch legt - die zur regelmäßigen Aufnahme von Verkehrsbelastungen notwendige Fuge wird bei diesem System immer eingehalten. Damit ist gewährleistet, dass die Fläche dauerhaft unsere Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt. Dank der einheitlich hellgrauen Oberfläche erhält der gesamte Straßenraum eine ruhige Wirkung und bildet einen guten Kontrast zu den taktilen Elementen. Die im Umfeld realisierten PKW-Stellflächen konnten aus dem gleichen Material im Farbton anthrazit realisiert werden. So sind diese Flächen optisch getrennt – dennoch wirken die Gesamtflächen dank der einheitlichen Formate wie aus einem Guss“, so Magin.
Im Juni 2016 soll das Projekt Stadtbahn Mannheim Nord fertig gestellt sein. Sachverständige haben errechnet, dass die neue Stadtbahn pro Tag etwa 3 300 Fahrgäste mehr anziehen wird als heute entlang dieser Nord-Süd-Achse im ÖPNV unterwegs sind – eine Zunahme um rund 30 Prozent. Ob sich diese Prognose bewahrheiten wird, bleibt abzuwarten - eines steht jedoch heute schon fest: Weil es sich bei dem hier eingesetzten Material eben nicht um ein ganz normales Pflaster handelt, erhalten die Mannheimer Bürger neue Gleisanlagen mit einer besonders hohen Aufenthaltsqualität – und das dauerhaft für alle Nutzergruppen.