Kurzliner & Co.:
Besser als ihr Ruf

IKT-Warentest „Reparaturverfahren“ mit überraschend guten Ergebnissen

Allgemein genießt die partielle Kanalsanierung einen bestenfalls zweifelhaften Ruf. Die Verfahren gelten als störanfällig im Betrieb und als nicht besonders langlebig. Der jüngste IKT-Warentest kommt hingegen zu einem positiveren Ergebnis: fünf von zwölf Verfahren erhalten die Note „gut“, vier Verfahren „befriedigend“ und lediglich drei sind „ausreichend“.

Reparaturverfahren werden in Deutschland sehr häufig eingesetzt und zwar
dann, wenn es darum geht, punktuelle
Leitungsschäden zu beheben. Dann werden sie den beiden alternativen Sanierungsverfahren, der kompletten Erneuerung und der haltungsweisen Renovierung aus Kostengründen vorgezogen. Bundesweit
werden rund 25% der Kanalschäden
mit Reparaturverfahren saniert (Renovierung: 26%, Erneuerung: 49%, DWA-Umfrage 2004).


Reparaturverfahren im Test

Grund genug für das IKT, zwölf aktuelle Reparaturverfahren vergleichend zu testen. Die getesteten Verfahren unterteilen sich in drei Gruppen:


1. Injektions- und Spachtel-/
Verpressverfahren

Janßen Riss- und Scherbensanierung, Umwelttechnik Franz Janßen GmbH

KASRO 2 Komponenten-Verpresssystem, ProKASRO Mechatronik GmbH

KA-TE / PMO-Verfahren, KA-TE PMO AG

2. Kurzliner

3P-Plus-Kurzliner, sikotec GmbH /JT-elektronik GmbH

ALOCIT Kurzliner, ALOCIT Chemie GmbH

K-LINER, Kuchem GmbH

KM-Kurzliner, KMG Pipe Technologies GmbH

Konudur Sewer Repair Kit (VP), MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG

Point-Liner®, Bodenbender GmbH

3.Innenmanschetten

Quick-Lock, UHRIG Straßen-Tiefbau GmbH

Quick-Lock mit einseitiger Aufbördelung, UHRIG Straßen-Tiefbau GmbH

Stuttgarter Hülse, Haas GmbH & Co. KG

Auftraggeber und Lenkungskreis

Finanziert wurde dieser Warentest durch die Umweltministerien der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie 24 kommunale Kanalnetzbetreiber. Vor allem letztere benötigen eine neutrale und unabhängige Beurteilung der Verfahren, um künftig ihre Kaufentscheidungen besser treffen zu können.

Die 24 Kommunen bildeten einen Lenkungskreis, der insgesamt elf Mal tagte und alle zentralen Entscheidungen traf. So legt er fest, welche Verfahren getestet werden, wie das Untersuchungsprogramm aussieht und welche Prüfkriterien zugrunde gelegt werden. Schließlich befindet er auch über die abschließende Notenvergabe.

Testprogramm

Zentrale Elemente des Testprogramms sind die Qualitätssicherung der Verfahrensanbieter und die Systemprüfungen. Zum Punkt Qualitätssicherung werden Handbücher, Schulungsmaßnahmen, Fremdüberwachung, Umweltverträglichkeitszeugnisse und DIBt-Zulassungen erfasst und bewertet.

Für die Systemprüfungen wurden in der IKT-Versuchshalle für jedes Verfahren fünf Teststrecken aus Beton und Steinzeug mit Nennweiten von DN 200 bis DN 600 aufgebaut. Typische Schadensbilder wie Quer- und Längsrisse, Ausbrüche, Scherbenbildung, Muffenversatz und undichte Rohrverbindungen wurden in die Leitungen eingearbeitet. Alle Testteilnehmer
erhielten exakt die gleichen Schadensbilder und wurden aufgefordert, diese zu reparieren.

Das Sanierungsziel lautete Dichtheit und Funktionsfähigkeit. Wie dies zu erreichen ist, wurde jedem Teilnehmer selbst überlassen, d.h. er war für Planung, Konzeption, Vorbehandlung, Reparatur und Nachbearbeitung allein verantwortlich. Als Vorgabe wurde lediglich festgelegt, dass die Reparaturen grabenlos erfolgen. Ein Zeitlimit gab es hingegen nicht.

Um die betrieblichen Belastungen von 15 Jahren zu simulieren, wurde nach Abschluss der Arbeiten eine Hochdruckreinigung mit 15 Spüldurchgängen je Reparaturstelle durchgeführt. Bei der anschließenden Begutachtung waren bei vielen Reparaturstellen leichte bis deutliche Spuren der Reinigung erkennbar.

Funktionsfähigkeit

Bei den Kurzlinern war im Regelfall die Oberfläche, zumindest im Sohlbereich, leicht angeraut. In Einzelfällen lagen auch Glasfasern frei oder es waren Materialablösungen und Risse entstanden. Ebenfalls wurden an einzelnen Kurzlinern Ringspalte oder Kanten in den Randbereichen gemessen.

In der Gruppe der Injektions- und Spachtel-/Verpressverfahren waren bei der Janßen Riss- und Scherbensanierung sowie dem KASRO 2 Komponenten-Verpresssystem teilweise Materialablösungen entstanden. Zwar sind diese Materialablösungen i.d.R. für die Dichtwirkung der Reparatur unbedenklich und lassen sich entfernen, jedoch können sie Abflusshindernisse bilden.

Beim KA-TE PMO Verfahren, bei dem i.d.R. nur die Schadstellen mit Harz verfüllt werden, waren nur an wenigen Stellen kleine Kanten an den Rändern der Harzkörper entstanden.

An der Stuttgarter Hülse, bei der nach Herstellerangaben ein falsches Schlossraster zu einer mangelhaften Verspannung der Manschette geführt hatte, wurden z.T. erhebliche Spülschäden in Form von Einbeulungen festgestellt. Zusätzlich hatten sich durch die Harzreste an einigen Manschetten teils deutliche Kanten gebildet.

Die in zwei Ausführungs-Varianten getestete Quick-Lock-Manschette lieferte unterschiedliche Ergebnisse: Bei dem zuerst getesteten Modell ohne Aufbördelung wurden nach der HD-Spülung an einigen Manschetten defekte Zahnleisten des Schlossrasters festgestellt. Dies führte zu einer nachlassenden Verspannung der Manschette mit entsprechender Verringerung des Innendurchmessers und Undichtigkeiten. Die nachfolgend getestete Manschette mit einseitiger Aufbördelung wies derartige Schäden nicht auf. Bei beiden Varianten können im Überlappungsbereich des Bleches je nach Spaltbildung Kanten von einigen Millimetern entstehen.

Dichtheitsprüfungen

Sämtliche Reparaturstellen wurden vor und nach der Hochdruckreinigung mit Wasserinnendruck auf Dichtheit geprüft. Es wurde mit sechs aufsteigenden Druckstufen zwischen 0,05 bar und 0,5 bar und Prüfzeiten zwischen 15 und 30 Min. geprüft.

In der Gruppe der Injektions- und Spachtel-/Verpressverfahren waren bei der „Janßen Riss- und Scherbensanierung“ und dem KA-TE PMO-Verfahren alle bewertungsrelevanten Reparaturstellen bis mindestens 0,1 bar dicht. Bei der höchsten Druckstufe waren dann noch sechs von zwölf Reparaturstellen (Janßen Riss- und Scherbensanierung) bzw. 12 von 15 (KA-TE PMO – Verfahren) dicht. Beim KASRO 2 Komponenten-Verpresssystem hingegen waren acht von zwölf Sanierungskörpern bei keiner Druckstufe dicht. Hier waren bei der Sanierung Schwierigkeiten beim Verpressvorgang aufgetreten, sodass einige Schadstellen nicht vollständig mit dem Sanierungsharz verfüllt worden waren.

Auch in der Gruppe der Kurzliner waren die Ergebnisse der Dichtheitsprüfung sehr unterschiedlich. Der 3P-Plus-Kurzliner und der KM-Kurzliner liegen mit einer Dichtheits-Quote von 11/12 bzw. 9/11 Reparaturstellen deutlich über dem Durchschnitt. Der Kurzliner „Konodur Sewer Repair Kit (VP)“, bei dem Schwachstellen innerhalb des GFK-Laminats zu Undichtigkeiten führten, bestand nur in zwei von zwölf Fällen die Dichtheitsprüfung bis zur höchsten Druckstufe. Die weiteren drei getesteten Kurzlinerverfahren liegen im Mittelfeld.

Ähnlich weit liegen die Prüfergebnisse der drei geprüften Innenmanschetten auseinander: Bei der Stuttgarter Hülse, für die laut Herstellerangaben irrtümlich ein falsches Schlossraster-Maß verwendet worden war, waren 13 von 15 sanierte Schäden in allen Druckstufen undicht. Dagegen wurde bei der Quick-Lock-Manschette mit einseitiger Aufbördelung die Dichtheit an neun von zwölf Reparaturstellen bis einschließlich 0,5 bar und an einer bis 0,1 bar nachgewiesen. Bei der Quick-Lock-Manschette ohne Aufbördelung waren nach der Hochdruckspülung fünf von zwölf Reparaturstellen bei Druckstufen zwischen 0,05 bar und 0,5 bar dicht.

Testergebnisse

Insgesamt zeigt sich, dass eine erfolgreiche Kanalsanierung mit Reparaturverfahren grundsätzlich möglich ist. Jedoch sind deutliche Qualitätsunterschiede erkennbar. So reichen die Noten in jeder Verfahrensgruppe von „Gut“ bis „Ausreichend“. Bewertet wurden die Systemprüfungen in den IKT-Teststrecken (Gewichtung 85 %) sowie die Qualitätssicherung der Verfahrensanbieter (Gewichtung 15 %).

Das beste Ergebnis in der Gruppe der Injektions- und Spachtel-/Verpressverfahren und zugleich das beste Ergebnis im gesamten Test erzielt das KA-TE PMO Verfahren mit der Note „Gut“ (1,6), gefolgt von der Janßen Riss- und Scherbensanierung mit der Note „Gut“ (2,3). Das neu entwickelte KASRO 2 Komponenten-Verpresssystem weist noch deutlichen Optimierungsbedarf auf und erhält nur ein „Ausreichend“ (4,0).

In der Gruppe der Kurzliner liegen der KM-Kurzliner und der 3P-Plus-Kurzliner mit jeweils der Note „Gut“ (2,2) an der Spitze. Im Mittelfeld liegen mit einem „befriedigenden“ Prüfergebnis der K-Liner (Note 2,8), der ALOCIT Kurzliner (Note 2,9) und der Point-Liner® (Note 3,1). Der Kurzliner Konudur Sewer Repair Kit (VP) konnte als Neuentwicklung mit deutlichem Optimierungsbedarf nur ein „Ausreichend“ (4,2) erzielen.

Eine ähnliche Notenspanne zeigt sich bei den Innenmanschetten: Ein „Gutes“ Prüfergebnis liefert die modifizierte Quick-Lock-Manschette mit einseitiger Aufbördelung (2,2), während die zuvor getestete Quick-Lock-Manschette ohne Aufbördelung mit „Befriedigend“ (3,1) benotet wird. Deutliche Schwächen zeigt die Stuttgarter Hülse (Note 4,3), die in der jetzigen Form nicht mehr für Abwasserkanäle angeboten, sondern lt. Hersteller jetzt in Kombination mit einem Kurzliner eingesetzt wird.

Insgesamt zeigen alle Verfahren unterschiedliche Stärken und Schwächen. Die drei Verfahren, die nur mit „Ausreichend“ bewertet wurden, sind in dem hier geprüften Entwicklungsstand kaum für den Praxiseinsatz zu empfehlen. Allerdings haben die Hersteller der drei Verfahren bereits auf die Testergebnisse reagiert, sodass Weiterentwicklungen eingeleitet wurden und die Verfahren nicht mehr in der getesteten Form angeboten werden.

Kreislauf der Produktverbesserung angestoßen

Ziel des IKT-Warentests ist es, die Qualität der Reparatur-Verfahren vergleichend zu bewerten, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und gleichzeitig einen entsprechenden Marktdruck aufzubauen, damit diese Potenziale von den Anbietern genutzt werden. Der Kanalnetzbetreiber als Kunde gibt vor, welche Qualitätsanforderungen an die Produkte gestellt werden und wie die Produkte vor diesem Hintergrund zu bewerten sind.

Vier der zwölf getesteten Verfahren wurden aufgrund der Prüfergebnisse im Test bereits vom Markt zurückgezogen bzw. durch ein modifiziertes System abgelöst oder es wurde von einer bevorstehenden Markteinführung abgesehen. Bei zwei der Verfahren wird bereits eine Alternative auf dem Markt angeboten, die zwei weiteren Verfahren werden derzeit verbessert.

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