Landkabel für Offshore-Netzanbindung
Zwei Projekte erfordern derzeit den geballten Maschinen- und Arbeitseinsatz bei Bohlen & Doyen: SylWin1 und HelWin2. Das Bauunternehmen aus Wiesmoor in Niedersachsen verlegt im Auftrag von Prysmian, einem der weltweit größten Kabelhersteller und Subunternehmer von Tennet, parallel zwei Hochspannungs-Gleichstrom-Erdkabel.
Intensive Koordination
Die Bauarbeiten werden an Land zwischen Büsum und Brunsbüttel auf einer Länge von 45 km vom Fachbereich Tiefbau ausgeführt und die 17 km in der Nordsee übernimmt der Fachbereich Wasserbau des zur SAG-Gruppe gehörenden Bauunternehmens. Für beide Sektionen, die Land- sowie die Flachwasser- und Wattenmeersektion, gibt es eine jeweils recht lange Abstimmungs- und Planungsphase mit Prysmian; auch während der Ausführung ist stets Prysmian-Personal dabei.
Eigentlich sollte der Baubeginn an Land im März 2012 erfolgen. Doch es kam zu Verzögerungen – ein halbes Jahr später als geplant konnte Bohlen & Doyen erst mit den Kabel-Verlegearbeiten beginnen. Gemeinsam mit allen Beteiligten sowie dem betroffenen Landkreis wurden auch die letzten Hürden genommen – die Straßen und Wege durften ab Herbst endlich von den Baumaschinen befahren werden. Dann machte noch der lange und strenge Winter dem Bauzeitenplan einen Strich durch die Rechnung, sodass vier weitere Monate vergingen.
Spezialisierte Maschinen im Einsatz
Im Einsatz sind sechs Kolonnen mit Baggern der 25- oder 30-Tonnen-Klasse. Ihnen sind weitere Baumaschinen, darunter Radlader wie ein Cat 908H und 924H zugeordnet. Fünf Cat Kettenbagger 323EL, die von Reinhold Bosl, Zeppelin Konzernkundenleiter, und Oliver Stumpf, leitender Verkaufsrepräsentant von der Zeppelin Niederlassung Westerstede, zusammen mit den Radladern geliefert wurden, verrichten entlang der Bautrasse Aushubarbeiten für den fünf Meter breiten Kabelgraben. Ausgestattet sind die neuen Bagger mit Löffeln, die ein Trapezprofil in Form des Grabens aufweisen, um schnell beim Aushub Meter zu machen.
Hinzu kommt der Einsatz einer Vielzahl weiterer Spezialmaschinen aus dem Mietpark. So lieferte Zeppelin Rental und deren Mietstation Westerstede Cat Minibagger zwischen 1,8 und 8,0 t. Zu den weiteren Mietgeräten, auf die das Bauunternehmen zurückgreift, gehören Teleskopstapler und Pick-ups. Für das Bauvorhaben lieferte die Mietstation außerdem noch Equipment zur Baustelleneinrichtung, wie mobile Flutlichtanlagen mit Stromaggregat, Bauwagen, Bauzäune und eine Containeranlage, bestehend aus diversen Wohncontainern und Sanitärmodulen.
Die Bagger sind mit einer 3D-GPS-Steuerung von Sitech Nord ausgestattet. „Ich möchte die Steuerung nicht missen“, sagt Baggerfahrer Karsten Böhnke. Er schätzt nicht nur an der neuen Cat Baumaschine den Einsatz der 3D-GPS- Steuerung beim Bodenabtrag, sondern auch die Übersichtlichkeit der Kabine: „Ich war überrascht, welch guten Überblick der Bagger insbesondere nach hinten trotz des großen Kontergewichts erlaubt und dass der Spritverbrauch selbst bei Volllast noch top ist, wenn ich den Trapez-Löffel fülle.“ Inzwischen hat sein Cat 323EL bereits 1300 Betriebsstunden absolviert. „Mit der 3D-GPS-Steuerung sparen wir uns das Abstecken mit Pflöcken. Wir können einen Bereich von bis zu fünf Kilometer abdecken, bei Dämmerung oder in der Nacht baggern und alle arbeiten mit den gleichen Daten“, freut sich Marco Blaha, Projektleiter bei Bohlen & Doyen, über die Vorteile des Systems.
Kabel in Sandbettung
Die Tiefe des Aushubs, der in 59 Sektionen zu rund 830 m unterteilt wurde, variiert. Die geforderte Mindestabdeckung liegt bei 1,20 m – sie kann aber bis zu 1,90 m betragen. Auf einer Trommel, die per Lkw mit Tiefbett geliefert wird, passt ein 840 m langes Kabel mit einem Durchmesser von 125 mm. Aufgabe von Prysmian ist es, die Kabel miteinander zu verbinden. Das Kabel ruht auf einem Bett aus Sand mit einer Sohlenstärke von zehn Zentimetern. Das Kabel wird mit einer 30 cm dicken Sandschicht abgedeckt. Der Sand stammt aus verschiedenen Sandgruben der Region und wird mit Cat Kettenbaggern 323EL auf Dumper oder Terra Gator verladen, mit deren Hilfe dann die vorgegebene Sohlenstärke oder Abdeckschicht des Kabels hergestellt werden kann.
Heterogene Bodenverhältnisse
Die Trasse hat eine Breite von rund 20 m. Erst wird der Mutterboden mit Baggern wie dem Cat 323EL abgetragen. Der Mutterboden wird in Mieten zwischengelagert und die Miete wird angedrückt, um zu verhindern, dass der Boden wieder herunterrieselt oder sich bei Schlagregen zu sehr mit Wasser aufsaugt. Schließlich wird der Aushub dagegen gelehnt. Die Bodenklassen sind auf der 45 km langen Baustelle sehr unterschiedlich. Der erste Abschnitt weist bedingt durch das Wattenmeer ausschließlich sandige Böden auf. Sie werden von moorigen Böden abgelöst. Insbesondere Richtung Brunsbüttel ist der Boden stark aufgeweicht. Die Folge: ein Mehraufwand, der Zeit beansprucht.
Verstärkter HDD-Einsatz
Grundwasser tritt bereits ab 30 Zentimeter auf, sodass eine Wasserhaltung erforderlich ist. Dazu werden ein Drainagesystem gelegt und Pumpen angeschlossen, die das Wasser fördern, um so einen Fortgang der Arbeiten zu gewährleisten. Sieben Bohrgeräte in unterschiedlichen Größen sind auf der Baustelle im Einsatz. Bohrungen werden vor allem zur Kreuzung von schwierigen oder schützenswerten Oberflächen verwendet. Die Trasse kreuzt eine Vielzahl von Straßen und Gewässern, sodass das horizontale Bohrverfahren, kurz HDD genannt, häufig angewendet wird. Dabei handelt es sich um gesteuerte Horizontalbohrungen, mit deren Hilfe etwa Kabelschutzrohre unterirdisch und grabenlos verlegt werden können. Um die HDDs kümmern sich eigene Bauleiter und Poliere, die wie alle anderen den Bauzeitenplan stets im Blick behalten.
Jeden Abend finden sich alle Projektverantwortlichen ein, um den Tagesfortschritt durchzusprechen. Am Morgen wird der Auftraggeber auf den neuesten Stand gebracht. Jeder Schritt am Korridor, links und rechts entlang der Kabeltrasse, den Straßen und Wegen, wird exakt dokumentiert und festgehalten. Worauf das Baustellenteam kontinuierlich achten muss: die Baumaschinen, wie die neuen Cat Geräte, entsprechend ihrem Bodendruck einzusetzen – die Kabel müssen besonders schonend für die Umwelt verlegt werden. Weil die Arbeiten in umweltsensiblen Bereichen des Küstenschutzes erfolgen, werden bei den Baumaschinen biologisch abbaubare Öle und Schmierstoffe verwendet. „Der Naturschutz hat oberstes Gebot. Wir stehen hier mitten im Fokus. Unsere Arbeiten werden penibel kontrolliert“, weist Bauleiter Johann Hollwedel von Bohlen & Doyen hin. Bohlen & Doyen muss sich strikt an das vorgegebene Bodenschutzkonzept halten.
Ausgeklügeltes Wege- und Verkehrskonzept
Ein eigenes Wege- und Verkehrskonzept wurde ausgearbeitet – nur ausgewiesene Wege dürfen befahren werden – es liegt in jedem Fahrzeug und in jeder Maschine aus. Freie Fahrt haben Maschinen, deren Gewichte die Vorgaben einhalten oder logischerweise unterschreiten. Ein eingeschränkter Aktionsradius folgt für Maschinen, die knapp über den Vorgaben liegen. Für die dritte Kategorie ist zwangsläufig eine Baustraße aus Baggermatten oder Stahlplatten erforderlich, um diese Geräte auf der Trasse einsetzen zu können.
Auf der Baustelle sind regelmäßig Tennet-Mitarbeiter unterwegs, um zu prüfen, ob die Arbeiten den Sicherheitsanforderungen genügen und ob der Zeitplan eingehalten wird. Einmal pro Woche erstellt der Auftraggeber ein Protokoll zur Baustellenbegehung. All das dient dazu, potenzielle Gefahren auszuschalten. Oberstes Ziel ist es: die Baustelle unfallfrei abzuwickeln. Im Hinblick auf die Baumaschinentransporte werden Anschlagmittel und Ladungssicherheit regelmäßig überprüft.
Zeppelin Baumaschinen GmbH
Netzanbindung für Windparks
Die erste 864 Megawatt starke Netzanbindung realisiert TenneT im Projekt SylWin1. Um die Windparks in der östlichen Nordsee anbinden zu können muss bis zum Höchstspannungsnetz eine Distanz von gut 200 Kilometern überbrückt werden. Die etwa 70 Kilometer westlich von Sylt gelegenen Windparks können über die Netzanbindung SylWin1 zukünftig große Mengen Windstrom ins deutsche Stromnetz einspeisen. Die Kabelverbindung umfasst rund 160 km Seekabel und 45 km Landkabel. Die Seekabeltrasse im Küstenmeer sowie das Landkabel verlaufen parallel zur Trasse für das Projekt HelWin1. Mit dem Projekt HelWin2 wird eine 690 Megawatt starke Netzanbindung für Windparks nahe Helgoland umgesetzt. Es ist der dritte Anschluss in der östlichen Nordsee. Damit wird zunächst der Offshore-Windpark Amrumbank West angebunden. Die Trasse verläuft von der Konverterstation in Büttel 45 km über Land bis zur Küste und vom Anlandepunkt in Büsum weitere 85 km zur Konverterstation auf See.