INTERVIEW

„Prozessoptimierungen bringen ein enormes Verbesserungspotential“

Interview mit Manfred Wendt, Geschäftsführender Gesellschafter, Johann Bunte Bauunternehmung

tHIS: Guten Tag, Herr Wendt. Herzlichen Glückwunsch noch mal zur Auszeichnung „Bauunternehmen des Jahres 2014“.

Manfred Wendt: Der Dank gebührt nicht mir, sondern unseren Mitarbeitern in den Büros und auf den Baustellen. Unsere Mitarbeiter leisten erstklassige Arbeit, und es freut mich, dass diese tolle Leistung so honoriert wurde.

Es  geht auch nicht darum, eine neue Urkunde in den Firmenflur zu hängen. Wir waren alle positiv überrascht, wie groß die Resonanz darauf war, und wer uns dazu beglückwünschte. Damit hätte ich nicht gerechnet.

tHIS: Es freut uns, das zu hören. Als ich Sie das erste Mal

auf die Teilnahme am Wettbewerb angesprochen hatte,
wirkten Sie dagegen eher etwas zurückhaltend.
Wieso eigentlich?

Manfred Wendt: Nun ja, unsere Erfahrungen mit der Presse – vielleicht sollte ich einschränken: mit der Nicht-Fachpresse – waren nicht durchgängig positiv.

tHIS: Sie sprechen vom Jade-Weser-Port?

Manfred Wendt: Ja. Da hat es eine schwierige Situation zu
überwinden gegeben, und viele Journalisten hatten nichts Besseres zu tun, als ohne korrekte Kenntnisse der Situation reflexhaft einen Schuldigen zu benennen. Das war dann natürlich der Bauunternehmer und damit erst mal wir.

Und wenn dann versucht wird, einen falsch dargestellten technischen Sachverhalt richtigzustellen, wundert man sich schon darüber, dass die technischen Feinheiten des Sachverhaltes weniger interessant sind für die Presse als eine Aussage für eine fette Schlagzeile.

tHIS: Wenn ich mich recht erinnere, wurde der Jade-Weser-Port doch wie geplant fertig?

Manfred Wendt: Ganz genau. Wenn wir uns bei anderen Großprojekten umschauen, ist der Jade-Weser-Port eine positive Ausnahme. Wir hatten erhebliche technische Probleme und Schäden, die wir mit hohem Aufwand und Einsatz lösen konnten. Die Baumaßnahme wurde pünktlich und ohne Verzug an den Auftraggeber übergeben. Da haben unsere Leute einen Riesen-Job gemacht.

tHIS: Mir fällt auf, dass Sie viel von Ihren Mitarbeitern
reden, dass war ja auch in München bei der Preisverleihung Ihr Thema – Stichwort „Bauen persönlich“. Was hat es mit dem Slogan auf sich?

Manfred Wendt: Wir haben die letzten Jahre eine positive Entwicklung genommen, sind expandiert. Das wäre ohne die Qualität und Arbeit unserer Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund haben wir für unsere Mitarbeiter eine Beteiligungsgesellschaft gegründet.

tHIS: Wie sieht das Modell aus?

Manfred Wendt: Mitarbeiter, die schon längere Zeit im Unternehmen sind, zahlen dort über Gehaltsumwandlung 360 Euro pro Jahr dort ein und stellen das Geld dem Unternehmen zur Verfügung.

Wir möchten die Mitarbeiter mit einem unkritischen Stück ihres Vermögens am Unternehmenserfolg teilhaben lassen. Sie sind dann nach einem bestimmen Rechenmodell am Unternehmensergebnis beteiligt. Im Normalfall verzinst sich das von den Mitarbeitern eingesetzte Kapital pro Jahr mit 6 Prozent, wenn es gut läuft, mit 8 Prozent.

Johann Bunte ist ein im besten Sinne konservatives Familienunternehmen. Die Gesellschafter sind keine gesichtslosen Aktionäre, sie sind Familie, sie verstehen das Unternehmen als Familie, und sie tragen diese Firma im Herzen. Aber bei dem, was wir bauen: die Straßen, die Brücken, die Gebäude etc. stehen doch die Mitarbeiter im Vordergrund. Deshalb haben wir, mit ausdrücklicher Unterstützung der Familieneigner, diese Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft gegründet. Das wird auch von unseren Mitarbeitern sehr gut angenommen.

tHIS: Der Preis „Bauunternehmen des Jahres“ wird ja an Bauunternehmen vergeben, die intern besonders gut aufgestellt sind, die mit modernen Management-Methoden und Prozessen arbeiten. Die TU München, die sich auch Ihr Unternehmen anschaute, vergab für Johann Bunte hervorragende Noten.

Manfred Wendt: Das hat uns auch sehr gefreut, dass unsere
enorme Arbeit so honoriert wird. Bau ist ja, für sich betrachtet, eine dezentrale Geschichte: Wir bauen ja kein Schiff in der Halle, keine Autos am Fließband, sondern Projekte z. B. im Straßen-, Wasser-, Bahn-, Brücken-, Ingenieur- und Rohrleitungsbau auf ganz Deutschland verteilt. Jede Baustelle ist ein kleines Unternehmen im Unternehmen.

tHIS: Wie bringt man das alles unter einen Hut?

Manfred Wendt: Wenn Sie zehn Niederlassungen haben, gibt es eine, die etwas zuerst macht. Und eine positive oder negative Erkenntnis ist ja ein Zugewinn. Wichtig ist, diese Erkenntnis überall möglichst zeitgleich aufleuchten lassen, und eine Erfahrung – ob in der Einkaufslogik, bei einer Vertragsbedingung, mit einem Werkstoff oder einer Verarbeitungsmethode – möglichst schnell anderen zur Verfügung stellen.

Nicht der Größere schlägt den Kleineren, sondern der Schnelle schlägt den Langsameren. Ziel ist, dass wir möglichst früher an allen Standorten gleichzeitig in einer Situation sind, dass sich das Mehrwissen mit einem optimierten Preis, in besserer Qualität, in günstigeren Einkaufssituationen vereinigen lässt, um damit nach vorne zu kommen.

Wir haben früh erkannt, dass man mit Hilfe von Prozessoptimierungen – Einkauf ist da ja nur ein Beispiel, zentrales Vertragsmanagement ist ein anderes, Projektsteuerung, Arbeitsvorbereitung – viel von einer Niederlassung auf die andere übertragen kann. Für so ein Bauunternehmen wie wir, das ja in vielen Fällen dezentral arbeitet, bringt das ein enormes Verbesserungspotential. Wenn man das nicht nutzt, muss man es irgendwie schaffen, mehr Gewinn zu machen als andere, um das auszugleichen. Und das ist nicht einfach.

tHIS: Wo liegen die größten Schwierigkeiten?

Manfred Wendt:  Es handelt sich ja nicht immer nur um positive Erfahrungen. Es tut sich keiner schwer, positive Dinge weiterzugeben. Hier der tolle Verhandlungserfolg, dort ein besseres Material oder eine bessere Verfahrensweise gefunden, die deutliche Vorteile bringt – so etwas wird gerne preis gegeben.

Das Thema läuft aber auf der anderen Strecke genauso: Da geht etwas schief. Das Schiefgehen kostet mindestens so viel Geld, wie durch das bessere Gelingen an Kosten eingespart werden kann. Daher gilt es, Fehler unbedingt zu vermeiden. Und das gelingt auch dadurch, das negative Erfahrungen weitergegeben werden.

Und oft steckt der Teufel in Details, die, für sich betrachtet, die auf den ersten Blick keine so hohe Wichtigkeit haben. Z. B. wenn bei der Qualitätskontrolle im Erdbau der Laborant es nicht geschafft hat, genügend Plattendruckversuche zu machen, und es wurde schon wieder eine Lage übergeschüttet, und letztendlich passt alles und geht gut. Das ist, für sich betrachtet, kein Thema. Doch nur, weil es diesmal gut gegangen ist, muss es das nächste oder übernächste Mal nicht auch gut gehen. Also schauen wir nicht nur, ob genügend Raupen und LKWs vorhanden sind, hat, sondern auch, ob genügend Prüfer vor Ort sind. Dafür müssen die Mitarbeiter sensibilisiert werden.

Das führt dann dazu, dass der Bauleiter auch darauf Wert legt, und sagt, ich habe einen Laboranten zu wenig, ich kann so nicht arbeiten, ich riskiere Qualitätsmängel. Da gibt es viele kleine Dinge, die da in der Summe zusammenkommen und dann etwas darstellen, so dass weniger Qualitätsmängel und Fehler passieren. Das ist ein kontinuierlicher Prozess, den es bedarf, weiter zu verfolgen.

tHIS: Werden solche Themen akzeptiert?

Manfred Wendt: Inzwischen schon, immer besser. Selbst wenn es nicht immer ganz einfach ist, die Bereitschaft der Mitarbeiter dafür zu wecken, aus Fehlern Gelerntes anderen zur Verfügung zu stellen. Denn das beinhaltet natürlich auch, gemachte Fehler zu dokumentieren.

Menschlich gesehenen ist dies eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, denn die Neigung bei jedem Betroffenen ist natürlich, einen Fehler erst einmal unter die Decke zu kehren. Hilfreich für alle übrigen Einheiten ist, mitzubekommen, woran der Fehler lag und wo nicht aufgepasst wurde.

tHIS: Wie kriegt man diese Bereitschaft hin?

Manfred Wendt: Dafür ist eine sehr gute Harmonie und ein sehr gutes Betriebsklima erforderlich. Es muss offen zugehen, es darf nicht gleich sanktioniert werden. Bereitschaft erfordert Verständnis. Mitarbeiter müssen „mitgenommen“ werden, statt sie auszugrenzen. Es muss klar gemacht werden, dass es auch eine zweite Chance gibt, oder vielleicht auch eine Dritte. Das ist ja auch durchaus von Vorteil für das Unternehmen, denn,  wer den Fehler begangen hat, der hat ja seine Lektion gelernt.

Wir haben es geschafft, eine Basis für die Identifikation für die vielen Mitarbeiter zu schaffen, die an dem Wohl des Unternehmens interessiert sind. Da gibt es nicht, Sie gestatten den Ausdruck, diese „Scheißegal“-Stimmung. Hier zählt das Ehrgefühl, etwas Gutes zu erreichen, und alle wissen, dass wir hier nicht unpersönlich miteinander umgehen. Dieses ist ein kontinuierlicher und anspruchsvoller Prozess. Wir sind schon weit fortgeschritten und befinden uns auf einem sehr guten Weg.⇥■

www.johann-bunte.de

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