Selbstkletterschalung für längste Schrägseilbrücke der Welt
Hohe Arbeitssicherheit, schneller Baufortschritt
Schnell und sicher nach oben heißt die Devise beim Bau der gut 320 m hohen Pylone für die längste Schrägseilbrücke der Welt im russischen Vladivostok. Erfolgreich dabei im Einsatz: Selbstkletterschalungen aus dem Hause Harsco, mit denen einer der beiden Pylone inklusive der 70 m hohen Vorlandpfeiler erstellt wird.
Es ist ein Brückenprojekt der Weltrekorde: Mit 1104 m Spannweite wird die „Russky Island“- Brücke die längste Schrägseilbrücke der Welt – und gleichzeitig auch die höchste. Bis auf 320,9 m Höhe wachsen derzeit die beiden Pylone in den Himmel. In einer Rekordbauzeit von nur 43 Monaten will das russische Bauunternehmen SK MOST das ehrgeizige Projekt realisieren. Terminverschiebung ausgeschlossen, denn zum APEC-Gipfel (Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft) Ende 2012 muss die vierspurige Straßenbrücke eröffnet sein. Sie überquert den „östlichen Bosperus“ und verbindet die fernöstliche Hafenstadt Vladivostok mit der zur Stadt gehörigen Insel Russki. Hier wird der Wirtschaftsgipfel auf einem neu errichteten Universitätsgelände stattfinden. Die Herstellung des inselseitigen Pylons und der rund 70 m hohen Vorlandpfeiler erfolgt mit dem modular aufgebauten Selbstkletterschalsystem SCF (Self Climbing Formwork) von Harsco. Eingesetzt werden 2 x 22 SCF-Konsolen am Pylon und 2 x 8 SCF-Konsolen zum Klettern der Vorlandpfeiler. Das SCF-Expertenteam in Ratingen hat bei der technischen Planung alle Register gezogen, um den Baufortschritt zu beschleunigen und gleichzeitig ein Höchstmaß an Arbeitssicherheit zu garantieren. Das gilt in besonderem Maße für die beiden Klettereinheiten am Pylon.
Zeitraubende Umbauten gibt es nicht: Das Schalungs- und Bühnenkonzept ist optimal abgestimmt auf die sich verjüngende und zudem geneigte Pylongeometrie. Die verlangt an der Basis einen Grundriss von 7,8 m x 13 m bei 2 m Wandstärke, oben hingegen sind es 7,1 x 7 m bei 0,7 m Wandstärke. Auch auf die Einbauteile für die Schrägseile ist der Bühnenaufbau abgestimmt. Ergebnis der intensiven Konstruktionsplanung: Während der gesamten Bauphase braucht lediglich eine einzige Arbeitsbühne aus der SCF-Konstruktion herausgenommen werden. Das geschieht in einer ohnehin geplanten Baupause. Alle anderen Anpassarbeiten wie auch die Klettervorbereitungen lassen sich erledigen, ohne sonstige Arbeitsabläufe unnötig aufzuhalten. Dabei berücksichtigter Sicherheitsaspekt: Alle erforderlichen Anpassungen an Bühnen und Schalung erfolgen stets in sicherem Arbeitsumfeld. Schutz vor Kälte, Schnee, Eis und Regen Um Mensch und Material vor den extremen Witterungsbedingungen zu schützen, ist die Selbstkletterschalung komplett eingehaust und besitzt ein modular aufgebautes, manuell bewegbares Dach, das sich bei Bedarf punktuell öffnen lässt. Die Kompletteinhausung sichert nicht nur ein gefahrfreies Arbeiten selbst in großer Höhe, wo enorme Windkräfte wirken. Sie ermöglicht auch eine Klimatisierung des Arbeitsraums, damit selbst bei Außentemperaturen von -35 Grad Celsius der Beton abbinden bzw. nachbehandelt werden kann.
Die SCF-Einheit besteht aus insgesamt sieben Arbeitsebenen mit einer Gesamthöhe von 19 m: Die beiden oberen Ebenen werden für die vorlaufenden Bewehrungsarbeiten genutzt. Besonderheit: Nicht nur die außen liegenden Plattformen, sondern auch die innerhalb des Pylons liegenden sind als vollwertige Arbeitsbühnen ausgelegt. So können die Bewehrungsarbeiten zeitsparend und sicher sofort nach dem Betonieren weitergehen. Auf den beiden darunter liegenden Ebenen wird die Schalung bedient. Von hier aus erfolgt auch bei Bedarf die Beheizung der Betonoberfläche. Um den Arbeitsfluss zu beschleunigen, befinden sich auf der Schalungsebene zudem separate, auskragende Materialplattformen, die per Kran bedient werden können. Drei Nachlaufbühnen komplettieren die kletternde Pfeilerfabrik, die durch verschweißte Stahlkonstruktionen ihre extreme Steifigkeit erhält. Diese Nachlaufbühnen ermöglichen es, den Beton für zwei komplette Takte unter dem gerade betonierten Takt vor Wettereinflüssen zu schützen und die Oberfläche bei Bedarf zu beheizen. Umgerechnet in die Taktzeiten bedeutet das: Der Beton ist nach dem Betonieren für fast drei Wochen vor Witterungseinflüssen geschützt. Außerdem können Ausbesserungsarbeiten an der Betonoberfläche in beheizter Umgebung ausgeführt werden – ein unschätzbarer Vorteil bei den klimatischen Bedingungen.
Nicht nur alle Anpassarbeiten an der Selbstkletterschalung, sondern auch die Klettervorbereitungen für die insgesamt 72 Takte (jeweils 4,5 m Betonierhöhe) lassen sich zeitsparend erledigen. Darauf haben die Techniker bei der Konstruktion ebenfalls besonderes Augenmerk gerichtet, denn der enge Zeitplan erlaubt keine Verzögerungen. Durch die klare räumliche Trennung – Bewehrungsarbeiten auf den oberen beiden Ebenen, Schalungs-und Kletterarbeiten darunter – behindern sich die Arbeitsabläufe nicht.
Während oben die Bewehrungsarbeiten abgeschlossen werden, kann unten die Schalung abgefahren und gereinigt werden, die Kletterschuhe werden montiert und die Kletterschienen in den nächsten Takt gehoben und verankert. So können die SCF-Bühnen sofort nach Abschluss der Bewehrungsarbeiten in den nächsten Takt geklettert werden. Direkt nach dem Klettern wird die Schalung geschlossen und der nächste Takt betoniert. Und sofort nach Abschluss des Betoniervorgangs beginnen bereits die Bewehrungsarbeiten für den nächsten Takt.
SCF-Konsole: hohe Tragkraft, nur ein Ankerpunkt
Der gesamte Bühnenaufbau mit allen genannten Möglichkeiten und Vorteilen wird besonders durch die außergewöhnlich hohe Tragkraft der Harsco-SCF-Konsole von gleichzeitig 150 kN Vertikalkraft und 100 kN Horizontalkraft ermöglicht. Ein Produktvorteil, den das Bauunternehmen SK MOST bei diesem Projekt optimal nutzen kann. Ebenso wie ein weiteres Merkmal der SCF-Konsole: Wegen der speziellen Geometrie des Pylons – insbesondere der kontinuierlichen Verjüngung – klettern nur 6 der 22 eingesetzten Konsolen senkrecht nach oben. Alle anderen Konsolen klettern mit (teils mehrfach wechselnden) Querneigungen von bis zu 5 % aus der Senkrechten. Dabei kommt die SCF-Konsole– trotz ihrer hohen Tragkraft – mit nur einem Ankerpunkt pro Konsole aus. Der richtige Einbau der Ankerkonen gestaltet sich dadurch besonders einfach: Die Konen für eine SCF-Bühne brauchen „nur“ im richtigen Abstand auf einer horizontalen Linie liegen und müssen nicht als Konenpaare präzise im Winkel eingemessen werden. Ein aufwändiges Neu-Einrichten der Konsole bei jeder Winkeländerung oder Ungenauigkeit beim Einrichten der Schalung ist nicht nötig. ⇥n