Hochwasserrückhaltebecken Niederorschel

Spundwände aus Kunststoff

Die Kunststoffspundwände „DuoLock®“ gibt es als Mono- und Coexprofilen. Während Monoprofile ausschließlich aus Regenerat hergestellt werden, wird bei Coexprofilen die äußere Schicht aus Neumaterial („Virginmaterial“) gefertigt. Durch die Verwendung von Neumaterial lässt sich die äußere Schicht projektspezifisch mit speziellen Eigenschaften wie Farbgebung und UV-Beständigkeit versehen

Der Rohstoff für Kunststoff-Spundwände ist ein Regenerat aus der Fensterrahmen-Produktion und verfügt über konstante Eigenschaften. Dank der durchweg homogenen Qualität sind die Materialkennwerte für das Produkt konstant und liefern zusammen mit den geometrischen Abmessungen alle für eine Dimensionierung notwendigen Kennwerte.

Grundsätzlich ist die Kunststoffvariante in allen Bereichen einsetzbar, in der auch die traditionelle Stahlbohle Verwendung findet. Auch der Einsatz von Ankerlagen oder Aussteifungen ist möglich. [1]

Die klassischen Anwendungsbereiche sind:

– Flussbettstabilisierung, Dammsicherung und Erosionsschutz von Fließgewässern,

– Sicherung von Ufern, Kanälen, Bächen etc.,

– Landgewinnung in Gewässern (Straßen, Wege, Fangedämme etc.),

– Sicherung von Uferbereichen mit schwankendem Wasserstand, um Ausspülungen zu verhindern,

– Verstärkung von Flankenschutz-Bauwerken durch Unterbrechung der Sickerlinie,

– Kerndichtung in Dichtungsbauwerken, insbesondere bei Deichsanierungen.

Der größte Anwendungsbereich liegt im Dichtungsbau, insbesonders beim Bau von Vertikalabdichtungen. Beim Dammbau wird durch eine vertikale Abdichtung (Kerndichtung) der Aufbau einer Sickerlinie zeitlich verzögert. Im Hochwasserfall wird so das Aufweichen des Dammes (Wassersättigung) mit möglichen Brucherscheinungen für den Zeitraum des Hochwasserereignisses verhindert. Die statische Anforderung der Spundwand tritt hierbei im Vergleich zur erforderlichen hydraulischen Dichtwirkung in den Hintergrund und ist durch Spundwände aus Kunststoff problemlos erfüllbar.

Neben dem Vorteil der extrem langen Beständigkeit des Kunststoffes gegen chemische Angriffe resultiert die Wirtschaftlichkeit auch aus dem geringen Profilgewicht und der einfachen Verarbeitung.

Spundwände aus Kunststoff lassen sich grundsätzlich wie die traditionellen Spundwände aus Stahl im Vibrations-, Ramm- oder Eingrabungsverfahren in den Boden einbringen.

Bei Böden, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für ein direktes Rammen ungeeignet sind, können die Kunststoffspundwände mithilfe einer Mutterbohle (gleiche Geometrie wie die Kunststoffbohle) aus Stahl eingebracht werden. Die Mutterbohle kann entweder vorlaufend oder mitlaufend verwendet werden.

Bei der vorlaufenden Variante wird die Mutterbohle über das Spundwandschloss mit der Kunststoffbohle zu einer Doppelbohle verbunden. Der Boden wird durch die Mutterbohle profilgerecht aufgelockert und die Kunststoffbohle gleichzeitig im vorher aufgelockerten Bereich eingebracht. [3]

Wird die Mutterbohle mitlaufend verwendet, so werden zunächst die Mutterbohle und die Kunststoffbohle zu einer Bohle verbunden. Am Kopf der Mutterbohle wird die Kunststoffbohle durch Holzkeile temporär an der Mutterbohle befestigt. Am Fußpunkt werden die beiden Bohlen durch 2 – 4 Metallklammern miteinander verbunden. Die Stahlklammern dienen zum einen als Verbindungselement, zum anderen als Rammschuh. Nach dem Ziehen der Mutterbohle verbleiben die Metallklammern im Boden.

Eine zusätzliche Einbringhilfe ist das Spülen. Mithilfe von Wasserdruck wird das fest gelagerte Gestein unterhalb der Mutterbohle aufgelockert, um so den notwendigen Spitzendruck zu reduzieren.Das Eingraben ist eine Variante zur Installation von Kunststoffbohlen bei sehr steinigen oder felsigen Böden, wenn eine Rammung aufgrund der schwierigen Bodenverhältnisse nicht wirtschaftlich ist. Die Spundwände werden in einem ausgehobenen Graben installiert. Der verbleibende Aushubraum wird anschließend mit geeignetem Material verfüllt und verdichtet. Alternativ können Dichtwände aus Kunststoffspundwänden im Sinne herkömmlicher Dichtungsschlitzwände bei minimierter Breite kostengünstiger hergestellt werden. Das Einbringen der Spundwände erfolgt in offener Bauweise durch das Fräsen eines Schlitzgrabens. Dieser Graben wird mittels Tiefenfräse bis zu 6m auch in schwereren Böden geöffnet. Die Fräse lässt sich durch den Einsatz von verschiedenen Fräswerkzeugen auf den Boden einstellen.  Dabei läuft hinter der Fräse eine Gleitschalung, während der Aushubboden seitlich neben dem Graben gelagert wird. Durch das geringe Gewicht der Kunststoffspundwände können diese per Hand in den Schlitzgraben eingestellt werden. Der übrige Spalt wird z.B. mit einer Bentonit-Zement-Suspension aufgefüllt. Die Kostenersparnisse sind nicht nur auf den geringeren Materialeinsatz zurückzuführen, sondern auch auf die hohe Geschwindigkeit der Herstellung mittels Tiefenfräse.

Geotechnische Verhältnisse Projekt HRB Niederorschel

Nach [4] werden die Baugrundverhältnisse am Standort oberflächennah durch holozäne Auesedimente in Form von wechselnd konsistenten, jedoch überwiegend gering tragfähigen Tonen gebildet, die zudem in ihrer vertikalen und horizontalen Mächtigkeit schwanken. Unter den holozänen Tonen treten gut durchlässige holozäne Auekiese sowie mitteldicht gelagerte pleistozäne Flusskiese auf.

Ab Tiefen von 2,8 bis 4,6 m unter Gelände bilden Schichten des mittleren Buntsandsteins das Liegende. Dort wird die Tonstein-Sandstein-Wechsellagerung in Form von zersetztem bis entfestigtem Tonstein / Sandstein erbohrt.

Der obere Grundwasserleiter wird durch die holozänen und pleistozänen Flusskiesablagerungen (Porengrundwasserleiter) gebildet. Im Liegenden der holozänen und pleistozänen Kiesschichten wird der Grundwasserstauhorizont durch den Zersatz- und Verwitterungshorizont des mittleren Buntsandsteines gebildet. [4]

Aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse ist für die geplante Herstellung des Hochwasserrückhaltebeckens mit gründungstechnischen Mehraufwendungen zur Unterbindung der Unterläufigkeit zu rechnen. Aufgrund der zu erwartenden hydraulischen Kommunikation zwischen dem Vorfluter und dem geplanten Rückhaltbecken ist zur Vermeidung von Unterläufigkeiten und Sohlaufbrüchen entlang des geplanten Absperrdammes sowie in den Randbereichen der Einbau einer Dichtwand z. B. aus Spundwandprofilen erforderlich.

Angaben zum Projekt und Projekt­anforderungen Projekt HRB Niederorschel

Aus statisch konstruktiver Sicht sind keine Anforderungen an das Spundwandprofil zu stellen. Eine Bemessung ist nicht erforderlich, da die Spundwand über die Tiefe beidseitig gleichen Ruhedruck erfährt. Gegebenenfalls unterschiedliche Dammauflasten infolge unterschiedlicher Böschungsneigung wasser- und luftseitig erhöhen den Ruhedruck nur unwesentlich und sind vernachlässigbar. Die horizontalen Verschiebungen infolge dieser Seitenlasten sind zu gering, um einen aktiven Erddruck- bzw. passiven Erddruckzustand zu erzeugen und eine nennenswerte Beanspruchung der Dichtwand aus DL-Spundbohlen hervorzurufen. 

Für die Rammarbeiten kann von folgenden Einschätzungen

ausgegangen werden:

– Leichte Rammung: Auesedimente

– Mittelschwere Rammung: Auekies, Sandstein / Tonstein

– Schwere bis schwerste Rammung: Flusskies, Sandstein / Tonstein

Für die Ausführung sind weiterhin zu berücksichtigen:

– Mindesteinbindetiefe > 0,5 m in den Sandstein/Tonstein

– Oberkante Spundwand bis mindestens 0,40 m unter OK Dammaufstandsfläche

– Systemdichtigkeit kf < 10-8 m/s

– Ausführung nach DIN EN 12063 – Spundwandkonstruk­tionen

Für die Auswahl des Profils ist somit die Beanspruchung aus dem Einbauzustand maßgebend. Es wird empfohlen, das Profil DL300/5.5 einzusetzen.

Einbringverfahren/Zusätzliche Maßnahmen Projekt HRB Niederorschel

Das Einbringen der Kunststoffspundbohle ist aufgrund des Werkstoffes in den meisten Fällen nur mithilfe einer mitlaufenden Mutterbohle möglich. Für das Projekt wird eine spezielle Halte- und Führungsvorrichtung aus Stahl (Mutterbohle) angefertigt, die es ermöglicht, die Kunststoffspundwände kontrolliert in das Erdreich zu bringen. Die Mutterbohle wird aus Stahl in Form der Kunststoffspundwand nachgebildet (in diesem Fall DuoLock® DL300/5.5). Bei jedem Rammvorgang wird die Mutterbohle hinter der eigentlichen Kunststoffbohle mitlaufend eingerammt und anschließend wieder gezogen.

Einbringhilfe Mutterbohle und Vorbohren

Die Verwendung einer Mutterbohle hat folgende Vorteile:

– Die gesamte Rammenergie des Einbringgerätes wird über den Stahl ins Erdreich übertragen.

– Die Kunststoffbohle wird an der Mutterbohle mitgeführt und ist daher keiner direkten Rammenergie ausgesetzt.

– Das lotrechte Einrammen der Mutterbohle ist am Kopf kontrollierbar (ein Abdriften aufgrund von Rammhindernissen wäre sofort sichtbar).

– Da die Mutterbohle nach jedem Rammvorhang gezogen wird, ist eine Beschädigung der Mutterbohle und damit der Kunststoffbohle am Ende eines jeden Rammvorganges sichtbar.

Am Fuß der Mutterbohle werden speziell angefertigte Metallklammern angebracht. Diese dienen zum einen als Rammschuh. Außerdem verhindern sie, dass beim Einrammen Boden zwischen die Kunststoffbohle und die Mutterbohle eindringt,  die-
se auseinanderdriften und – im schlimmsten Fall –  Schlosssprengungen zur Folge haben.

Auch beim Rammen von Kunststoffspundwänden kann es pas­­sieren, dass die Kunststoffbohle in Richtung der vorher gerammten Bohle abdriftet, weil sie dem geringeren Widerstand des aufgelockerten Bereiches der vorher gerammten Bohle folgt. Durch Einsatz einer Rammführung kann dieser Effekt verhindert werden. Diese erforderliche Rammführung wird ebenfalls projektbezogen gefertigt.

Bei grundsätzlich nicht bzw. schwer rammfähigen Böden ( z.B. Flusskiesablagerungen oder überkonsolidierte tertiäre Tone) ist es empfehlenswert, die Rammtrasse vorzubohren.

Durch das Vorbohren ergeben sich folgende Vorteile:

– Der Boden wird über die gesamte Rammtiefe aufgelockert.

– Rammhindernisse können schon vor dem eigentlichen Rammvorgang erkannt werden.

– Die kalkulierte Leistung des Kunststoffspundwand-Rammens kann unter normalen Umständen voll erreicht werden.

– Die Gefahr von Rammhindernissen und damit einhergehenden Schlosssprengungen wird auf ein Minimum reduziert.

– Die hydraulisch nötige Einbindung in die vorgesehene dichtende Bodenschicht wird deutlich vereinfacht und beschleunigt.

Dichtwirkung

Die einzelnen Bohlen der Kunststoffspundwand (Dicke 5.5 mm) können als technisch wasserdicht angesehen werden. Wie bei allen Spundwandkonstruktionen ergibt sich die Durchlässigkeit des Kunststoffspundwand-Systems durch die Schlösser.

Grundsätzlich setzen sich Spundwandschlösser durch den Eintrag von Feinstkorn zu. Der Wasserstrom in Richtung der Schlösser trägt Feinsandanteile aus dem Erdreich aus und setzt sie im Schloss ab, wodurch im Normalfall eine ausreichende Dichtwirkung erreicht wird [5,6].

Ist trotzdem eine vollständige Wasserdichtigkeit gefordert, lässt sich dies mithilfe polymerer Quellbänder erreichen. Diese werden in das Schloss eingeklebt und vervielfachen ihr Volumen in Kontakt mit Wasser. Durch diese Quellbänder wird eine zusätzliche Dichtigkeit des Gesamtsystems erreicht, die die geforderte Dichtigkeit im Allgemeinen übersteigt.

Proberammung / Testfeld

Eine Proberammung wird vorgenommen, um die vorhandenen Gerätschaften und Spezialanfertigungen (Mutterbohle, Rammführung etc.) in situ zu testen und ggf. zu optimieren, wobei die allgemeinen Randbedingungen am Standort der Proberammung denen des Standortes am Hauptgewerk weitgehend entsprechen sollten. Zudem können damit vorab aufkommende Fragen der am Bau beteiligten Personen/Firmen/Behörden erläutert und geklärt werden.

Ein Testfeld dient ausschließlich als Nachweisführung der erzielbaren hydraulischen Dichtwirkung, und daher ist eine Proberammung Bestandteil eines Testfeldes. Prinzipiell kann wie nachfolgend beschrieben vorgegangen werden, wenn beispielsweise eine abzuriegelnde wasserführende Schicht von einer wasserundurchlässigen Schicht (Einbindeschicht der Spundwand) unterlagert wird.

Ein ca. 3 m x 6 m großer Kasten wird aus Kunststoffbohlen und unter Zuhilfenahme von speziellen Eckprofilen hergestellt. Der Boden im Kasten wird bis zur wasserundurchlässigen Schicht entfernt (Herstellung einer Baugrube) und die entstandene Baugrube anschließend auf Dichtigkeit geprüft. Hierzu werden Grundwassermessstellen außerhalb des Kastens zum Nachweis des hydraulischen Systems angelegt sowie das Wassers aus dem Inneren des Kastens abgepumpt. Sofern die Baugrube über vorgegebene und der Aufgabenstellung entsprechende Zeiträume trocken bleibt, ist eine ausreichende Dichtwirkung projektbezogen nachgewiesen. [7]

Monitoring

Grundsätzlich ist bei Spundwänden kein Monitoring der Dichtwirkung erforderlich. Projektbezogen können auf beiden Seiten der Spundwand Grundwassermessstellen eingerichtet und die jeweiligen Wasserpegel beobachtet und interpretiert werden.

Literatur

[1] Busse M.: „Spundwände aus Kunststoff – Innovative Lösungen für den Tiefbau und für den Wasserbau“, 29. Fachtagung „Die sichere Deponie – Sicherung von Deponien und Altlasten mit Kunststoffen“, Würzburg 2013
[2] Schröder, J., Klapperich, H. „Innovative Lösungen in der Umweltgeotechnik – Spundwände aus Kunststoff: Konzept und Entwicklung“, 6. Symposium Umweltgeotechnik & 7. Freiberger Geotechnik-Kolloquium „Ressourcen & Geotechnik“, Freiberg 2013
[3] Schröder, J., „Spundwände als Dichtungs- und Stabilitätselement im Deichquerschnitt und am wasserseitigen Deichfuß (Kunststoff Spundwände)“, 7. DeichTage der „Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)“, TAGUNG 08.-09. Oktober 2013, Leipzig
[4] Stolze, S., „Geotechnischer Ergänzungsbericht zum Bauvorhaben: Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens im Bereich der Ohne in der Gemeinde Niederorschel“, iBEG-mbH, Mühlhausen 12.07.2012
[5] National Engineering Handbook Part 654, Technical Supplement 14R, Design and Use of Sheet Pile Walls in Stream Restoration and Stabilization, August 2007
[6] Piyush K. Dutta U.S. Army Corps of Engineers, Uday Vaidya University of Alabama at Birmingham, „A STUDY OF THE LONG-TERM APPLICATIONS OF VINYL SHEET PILES“
[7] Department of the Army U.S. Army Corps of Engineers Washington, DC 20314-1000, RETAINING AND FLOOD WALLS, Engineer Manual 1110-2-2502, September 1989

Vorteil für die Umwelt

Ein wesentlicher Vorteil gegenüber der traditionellen Stahlspundwand ist, dass der verwendete Kunststoff nicht korrodiert. Stahlspundwände werden entsprechend ihren Umgebungsverhältnissen (ähnlich Expositionsklassen bei Beton) dahingehend dimensioniert, dass ein Wanddickenverlust infolge  Korrosion pro Jahr der Funktionsdauer mit in den Querschnitt einkalkuliert und letztlich eine Metallkontamination des Grundwassers akzeptiert werden muss. Aktuelle Gesetzmäßigkeiten wie die EU-WRRL (Europäische Wasserrahmenrichtlinie) untermauern diesen Umweltgedanken. So gilt ab Mitte Januar 2013 die neuste Fassung dieser Richtline, wonach jegliche Art von Grundwasser geschützt werden muss. [2]

x

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