Unzulängliche Wareneingangskontrolle führt zum Verlust von Gewährleistungsrechten
Lieferungen von Baustoff-Herstellern oder -Händlern unterliegen nicht dem in der Baubranche verbreiteten Werkvertragsrecht, sondern orientieren sich meist an den kaufrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Handelsgesetzbuchs (HGB). Bei gewerblichen Bauherren gilt also die Anlieferung von Bauprodukten in nahezu allen Fällen als Rechtsgeschäft zwischen Kaufleuten; dies gilt erst recht, wenn – was der Regelfall sein dürfte – ein Bauunternehmer Materialien auf eigene Rechnung bestellt.
§ 377 HGB verlangt vom Käufer im kaufmännischen Verkehr, die Ware unverzüglich nach Anlieferung durch den Verkäufer auf Mängel zu untersuchen und diese anzuzeigen. Die korrekte Wareneingangskontrolle obliegt also in der Regel dem Bauunternehmer. Der Bauherr selbst ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die von seinem Bauunternehmen bestellten und verbauten Materialien in regelmäßigen Abständen zu untersuchen. Wenn der Bauherr allerdings selbst der Besteller ist, dann trägt der Architekt die Untersuchungs- und Rügepflicht, wenn er sowohl für die Bauüberwachung und die Vergabeleistung beauftragt wurde.
Grundsätzlich muss der Käufer die Ware einer genauen Untersuchung unterziehen und gegebenenfalls sogar besondere betriebliche Einrichtungen oder Fachkenntnisse zur Prüfung vorhalten. Wie umfangreich und detailgenau der Wareneingang untersucht wird, hängt jeweils vom Einzelfall ab und wird durch die Branche und den Handelsbrauch bestimmt. So muss beispielsweise Zement, selbst wenn er direkt auf der Baustelle verbaut wird, umgehend auf Abbindezeit und Raumbeständigkeit geprüft werden. Die Betonfestigkeitsprüfung ist wiederum bei erprobten Mischverhältnissen nicht notwendig. Bei regelmäßigen sogenannten Sukzessivlieferungen, wie Kies, muss der Käufer zumindest stichprobenhafte Untersuchungen durchführen.
„Die Auswirkungen einer unterlassenen Untersuchung sind enorm“, erläutert Florian Herbst, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Mitglied der ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltverein. „Werden Mängel nicht rechtzeitig angezeigt, dann gilt die Ware als genehmigt und auch die Folgeschäden des Mangels sind nicht mehr regressfähig.“
In der Regel müssen Mängelanzeigen innerhalb von ein bis zwei Tagen nach Lieferung erfolgen. Dies gilt allerdings nur für die „offenkundigen Mängel“. Andere sogenannte „erkennbare Mängel“, die der Käufer nur aufgrund von komplizierten Untersuchungen erkennt, kann er noch innerhalb einer Woche anzeigen. Mängel, die bei diesen Untersuchungen nicht festgestellt, aber später entdeckt werden, sollte der Käufer dem Lieferanten umgehend anzeigen. Für diese „verdeckten Mängel“ gilt eine Frist von ein bis zwei Tagen nach Entdeckung.
ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltverein e.V.