„Wir wachsen als Gruppe unglaublich dynamisch …“
Tiefbau-Forum am 26.01.2023 in UlmGespräch mit Mario Hinz und Jan Spanier, Geschäftsführer der Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH, über die Entstehungsgeschichte der Muffenrohr und über das Tiefbau-Forum 2023, das am 26. Januar in Ulm stattfindet.
Mario Hinz und Jan Spanier sind Geschäftsführer der Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH.
© Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH
THIS: Willkommen bei der THIS. Wie wurde aus einem Tiefbau-Einzelhandel ein solch großes, bundesweit operierendes Unternehmen?
Jan Spanier: Die Muffenrohr ist ein traditioneller Tiefbaufachhändler, über 100 Jahre alt, aber ursprünglich auf das Badische beschränkt. Die Muffenrohr wurde dann Teil größerer Handelsunternehmen und ist heute Teil der europaweit agierenden Stark Gruppe. Bis 2017 agierte die heutige Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH regional mit unterschiedlichen Gesellschaften. Eben der Muffenrohr im badischen Raum, mit der Schulte Tiefbauhandel sowie der IBA Halberg GmbH in der Pfalz und Luxemburg.
THIS: Wie entstand daraus die heutige Muffenrohr?
Mario Hinz: Entscheidend für uns war das Jahr 2017; in diesem Jahr haben wir alle Standorte, die klassisches Tiefbaufachhandelsgeschäft unter ihrem Dach vereint haben – darunter verstehen wir Bereiche mit den Sortimentsschwerpunkt Versorgung und Entsorgung im Wasserbereich – zusammengeführt. Wir haben aus den Marken IBA, Schulte und Muffenrohr, also aus drei eigenständigen Unternehmen, die heutige Muffenrohr Tiefbauhandel geschaffen. Mit nur noch einem Namen, mit durchgängigen Prozessen und einem einheitlichen Warenwirtschaftssystem.
THIS: Drei solch traditionsreiche Unternehmen unter einem Hut – gab das nicht Knatsch?
Mario Hinz: Natürlich besteht bei solchen Zusammenschlüssen immer die Gefahr, dass sich der eine oder andere Kollege zurückgesetzt fühlt. Aber das Risiko war uns bewusst, und wir haben versucht, alle auf Augenhöhe zu bringen. Wir haben gemeinsam eine neue Unternehmenskultur und einen neuen Markenauftritt entwickelt.
THIS: Ist für die Muffenrohr-Gruppe weiteres Wachstum geplant?
Mario Hinz: Ja. Wir sind besonders stolz, das seit Mai diesem Jahr das Traditionshaus Tröger & Entenmann zur Muffenrohr gehört. Wir haben eine Vielzahl neuer besonders fachkompetenter Kollegen gewonnen - eine große Bereicherung.
Jan Spanier: Und wir lernen viel von den Kollegen der Tröger & Entenmann, zukünftig geht es eben auch gerade darum, die eingebrachte Erfahrung der neuen Kollegen für die gesamte Unternehmung zu nutzen.
THIS: Wie hat dann Stark den Weg in die Muffenrohr gefunden?
Jan Spanier: Stark ist vom Ursprung her ein dänisches Unternehmen, das 2020 die Baustoffhandelsaktivitäten vom französischen Saint-Gobain-Konzern übernommen hat. Die deutsche Tochter, die Stark Deutschland GmbH, bildet das Dach für Vertriebsmarken wie Raab Karcher oder Keramundo, aber auch eben der Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH.
THIS: Wie funktioniert das Zusammenspiel?
Mario Hinz: Ausgesprochen gut. Wir wachsen als Gruppe unglaublich dynamisch. Wir haben gemeinsam in diesem Jahr den Umsatz in Deutschland massiv gesteigert. Logischerweise auch durch Zukäufe. Aber auch international ist das Unternehmen extrem stark gewachsen. Unternehmerisches Handeln ist Teil der DNA der Stark Gruppe.
THIS: Nun richtet Muffenrohr regelmäßig das Tiefbau-Forum aus. Sie sind nicht der einzige Großhändler mit einer Hausmesse. Aber ich kenne keine andere Veranstaltung mit vergleichbarer Größe. Wie haben Sie das geschafft?
Mario Hinz: Am Anfang war es eine klassische Hausmesse, damals noch in Neu-Ulm. Bereits im zweiten Jahr haben wir angefangen, parallel zum klassischen Ausstellungsthema Fachvorträge anzubieten, die sich mit aktuellen Fragen und Herausforderungen unserer Branche beschäftigen. Zum 19. Tiefbau-Fachforum, das am 26. Januar stattfindet, sind über den Tag 28 Fachvorträge vorgesehen, die in vier Vortragssälen stattfinden.
THIS: Nicht gerade wenig. Wie nehmen Ihre Kunden dieses Konzept an?
Jan Spanier: Hervorragend; es ist ja gerade diese Mischung aus Wissensvermittlung, Kommunikationsplattform zwischen Händler, Ausstellern, Bauausführenden, die den Reiz der Veranstaltung ausmachen.
THIS: Wie viele Besucher erwarten Sie?
Jan Spanier: Wir sind ursprünglich mit nur wenigen hundert Besuchern eher klein gestartet und dann stetig gewachsen. Beim letzten Fachforum konnten wir am Ausstellungstag über 2.500 Besucher begrüßen. Darauf sind wir alle ziemlich stolz.
THIS: Was sind hier die Vortragsthemen? Gibt es einen roten Faden?
Mario Hinz: Die Idee ist, alles offen zu gestalten, jedes Thema zuzulassen – solange der Fokus auf dem Tiefbau liegt. Wir wollen bewusst eine offene Diskussionsplattform anbieten und nicht einschränken. Wenn man einen Blick auf das aktuelle Programm 2023 wirft, sieht man aber schon, dass sich zwei, drei Themen herauskristallisieren, die besonderes Gewicht haben.
THIS: Welche sind das?
Mario Hinz: Da ist zum einen das Thema „Digitalisierung“, eben auch die Digitalisierung im Planverfahren, in der NES-Erfassung und der NES-Nachverfolgung; ein großer Schwerpunkt. Ein starker Block beschäftigt sich mit dem Thema „Regenwassermanagement“. Hier wird es in erster Linie um das Prinzip „Schwammstadt“ gehen. Hier merkt man doch, dass einige Partner und Hersteller auf dieses Konzept setzen und dabei sind, es weiterzuentwickeln. Ein weiterer Punkt wird der Umgang mit „Starkregenereignissen“ sein – ein Thema, das durch die Flutkatastrophe im Ahrtal sicherlich an Aktualität und Bedeutung gewonnen hat.
THIS: Starkregenereignisse, Schwammstadt – das sind Themen, die mit dem Klimawandel verbunden sind. Werden diese Themen abstrakt abgehandelt, oder handelt es sich um Vorschläge zu konkreten Maßnahmen?
Jan Spanier: Sowohl als auch. Christian Fechtig vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) e.V. wird einen Vortrag halten. Dort gibt es eine Initiative zum Thema Starkregen-ereignisse.
Mario Hinz: Man muss es einfach sagen: Hier ist Deutschland sehr schlecht aufgestellt. Der BDB hat dazu eine Studie entwickelt, die auf dem Tiefbau-Forum vorgestellt wird. Wir arbeiten dort als Muffenrohr sehr aktiv im Arbeitskreis Tiefbau mit. Aber wir werden auch einzelne Projektvorträge haben. Ein Vortrag beschäftigt sich mit einer Maßnahme im Ahrtal, wo eben thematisiert wird, wie man mit der Situation zukünftig umgehen möchte, etwa beim Thema Bebauungspläne in den klassischen Gefährdungsgebieten.
THIS: In diese Richtungen ist viel verschlafen worden, und trotz ausreichender Erkenntnisse mangelt es an erforderlichen Konsequenzen.
Jan Spanier: Da können wir zustimmen; es wurde viel geredet, aber nur wenig gemacht. Doch wir sehen inzwischen durchaus einen Wandel. So werden diese Kriterien in Ausschreibungsverfahren nach und nach vergaberelevant.
THIS: Welche Rolle spielt die Themen Klima und Umwelt bei Ihnen bzw. bei der Muffenrohr Tiefbauhandel GmbH?
Jan Spanier: Wir sind schon seit geraumer in Richtung CO2-neutral unterwegs. Wir müssen uns diesem Thema stellen; nicht nur aus idealistischem Handeln, sondern aus auch klaren wirtschaftlichen Interessen.
Mario Hinz: Wir haben uns mit der Envistra, einer der führenden Agenturen im Bereich der Ermittlung des CO2-Footprints, zusammengetan; man fängt natürlich damit an, erst einmal zu verstehen, wie hoch der eigene Ausstoß ist und wie er sich zusammensetzt. Wir beschränken uns hier an der Stelle auch nicht nur auf den CO2-Ausstoß, sondern wir gehen weiter in den Bereich Nachhaltigkeit, etwa bei der Reduzierung unseres Wasserverbrauchs und unseres Abfallaufkommens.
THIS: Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen?
Mario Hinz: Wir wissen heute exakt, wie viel CO2 die Muffenrohr emittiert, und haben die ersten Schritte bereits eingeleitet. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren den gesamten Flurförderpark, also alle Stapler ausgetauscht und elektrifiziert.
Momentan sind wir dabei, eine Bestandsaufnahme sämtlicher Heizungssysteme im Unternehmen zu tätigen. Dabei unterscheiden wir nicht, ob wir in eigenen oder in angemieteten Immobilien sind. Wir gehen auch dort in die Vorleistung, wenn es anders nicht möglich ist.
Jan Spanier: Als erste schnelle Maßnahme haben wir sämtliche Standorte mit digitalen Thermostaten ausgestattet. Wenn Sie an 46 Standorten alle Thermostate austauschen müssen, ist das viel Geld – eine Investition 50.000 Euro, um CO2 und Energie zu sparen.
Des Weiteren haben wir bis 2030 die komplette Elektrifizierung der Dienstwagenflotte beschlossen. Aktuell gehen wir die Lieferlogistik an, hier suchen wir noch nach wirtschaftlich vertretbaren Lösungen.
THIS: Gibt es da praktikable Lösungen?
Mario Hinz: Ehrlicherweise muss man sagen, dass es bis heute noch keine wirtschaftlich und ökologisch überzeugende Lösung gibt. Wir planen – vermutlich Anfang nächsten Jahres – den ersten wasserstoffbetriebenen LKW in einem Testversuch in Betrieb nehmen und schauen, ob der für uns dann wirklich sinnhaft im Einsatz ist.
THIS: Ziehen die Kollegen mit?
Jan Spanier: Durchaus; wir sind ja vom Fach, und jeder kann sehen, was passiert. Also versuchen wir momentan auf ganz vielen Feldern aktiv zu werden, um diese Ziele zu erreichen.
Mario Hinz: Manchmal sind es ganz einfache Themen: Wir haben zum Beispiel mit den Kollegen zusammen unsere zehn goldenen Regeln für einen nachhaltigen Berufsalltag aufgestellt. Das sind dann oft die alten Tugenden, die wir einfach so aus den Augen verloren haben – dass man zum Beispiel beim Lüften die Fenster nicht ständig angekippt lässt, sondern dass man stoßlüftet, und die Fenster halt dann wieder schließt; dass man das Licht ausschaltet, wenn man das Büro länger verlässt; dass im Lager tagsüber die Beleuchtung nicht brennt, wenn es draußen hell genug ist.