VDMA: Bau- und Baustoffmaschinenhersteller gut gerüstet für das Ende der Boomphase

Nach sechs Wachstumsjahren in Folge erwartet die deutsche Bau- und Baustoffmaschinenindustrie 2009 ein Ende der Boomphase. „Mit den Einbrüchen bei den Auftragseingängen zeichnet sich schon heute ab, dass wir gerade im Baumaschinensektor tiefe Rückschläge hinnehmen müssen“, sagte Dr. Christof Kemmann, Vorsitzender des VDMA Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen auf der Mitgliederversammlung seines Branchenverbandes am Donnerstag, den 6. November 2008 in Karlsruhe. „Aber wir sind gut gerüstet, um auch wieder einmal einen Rückschlag einstecken zu können.“
 
Noch stehen die Zeichen seiner Branche auf Wachstum. In den ersten neun Monaten 2008 sind die Umsätze der gesamten deutschen Bau- und Baustoffmaschinenindustrie gegenüber dem Vorjahreszeitraum wieder gestiegen. Das sei insbesondere der Entwicklung im Baustoffmaschinenbereich zu zollen. Bei Baustoff-, Glas- und Keramikmaschinen legten die Umsätze in diesem Zeitraum um 79 Prozent zu, davon entfielen 31 Prozent auf das Inland und satte 85 Prozent auf das Ausland. Dieser starke Anstieg ist auf Großaufträge aus dem Zementanlagenbau zurückzuführen. Bei Baumaschinen fiel das Wachstum mit insgesamt sieben Prozent deutlich geringer aus. Im Inland verzeichneten die Hersteller ein Umsatzplus von zwei Prozent und im Ausland von neun Prozent.
 
Dagegen sind im gleichen Zeitraum die Auftragseingänge bei Baumaschinen deutlich eingebrochen, und zwar über alle Segmente hinweg. Sie liegen im Durchschnitt um ein Drittel niedriger als zur gleichen Zeit des Vorjahres. Das bekommen besonders die Hersteller von Turmdrehkranen, Betontechnik und Baugeräten zu spüren, aber auch die Hersteller von Standardmaschinen wie Bagger oder Radlader. Die Baustoffmaschinen verzeichneten dagegen noch eine Steigerung ihrer Auftragseingänge um sieben Prozent.  
Wegen der Großaufträge im Zementbereich wird der Branchenverband seine Umsatzprognose vom Jahresanfang von 8,2 Prozent Plus für die Gesamtbranche in diesem Jahr sogar noch leicht überschreiten. Der Verband rechnet mit einem Umsatzplus von 8,6 Prozent auf 16,6 Milliarden Euro. Kemmann betonte, dass diese Zahlen aber nicht über die ernste Lage bei den aktuellen Auftragseingängen hinwegtäuschen dürften.  
Der Export ist das wichtigste Standbein der Branche. In den ersten neun Monaten dieses Jahres gingen Bau- und Baustoffmaschinen im Wert von rund acht Milliarden Euro ins Ausland. Das sind rund 16 Prozent mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Mit 68 Prozent Exportanteil ist Europa der größte Absatzmarkt, gefolgt von Asien (neun Prozent) und Nordamerika (sieben Prozent). Der Weltexportmarkt für Bau- und Baustoffmaschinen wächst seit Jahren stetig und lag 2007 nach Zahlen der internationalen Außenhandelsstatistik bei 76 Milliarden Euro. Deutschland hält davon einen Weltexportanteil von 14 Prozent. „Wir haben am Wachstum proportional partizipiert, während Länder wie die USA, Japan oder Großbritannien Anteile an andere Wettbewerber abgeben mussten – vor allem an die Chinesen“, stellte Kemmann fest. Die chinesischen Unternehmen haben ihre globalen Exportaktivitäten in den letzten fünf Jahren kräftig ausgebaut und ihren Weltmarktanteil in diesem Zeitraum von zwei auf sechs Prozent steigern können. Chinesische Unternehmen exportieren vor allem nach Afrika, Lateinamerika, in den Nahen und Mittleren Osten und versuchen derzeit auch in Russland erfolgreich Fuß zu fassen. In Europa und Nordamerika haben sie, so Kemmann, aber bisher noch keine nennenswerten Marktanteile erringen können.

Die allgemeine konjunkturelle Lage zeigt unübersehbare Anzeichen von Schwäche. 2009 erwartet der VDMA Fachverband Bau- und Baustoffmaschinen deshalb einen Umsatzrückgang für die Gesamtbranche von 4,6 Prozent auf rund 15,8 Milliarden Euro. Davon entfallen auf Baumaschinen 10,7 Milliarden Euro (Minus 7,5 Prozent) und auf Baustoffmaschinen 5,1 Milliarden Euro (Plus 2,2 Prozent).  
Verteilt nach Inland und Ausland ergibt sich folgendes Bild:
Die Inlandsumsätze gehen insgesamt um 13,8 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro zurück und auch die Auslandsumsätze sind mit Minus 1,8 Prozent auf 12,5 Milliarden Euro ebenfalls rückläufig.  
Die Prognose 2009 basiert auf den folgenden Annahmen:
 
-Die Unternehmen verfügen derzeit über einen überdurchschnittlichen Auftragsbestand, auch wenn im Baumaschinensektor Stornierungen von Aufträgen zu beobachten sind. Die Lieferzeiten haben sich insgesamt wieder etwas normalisiert.  
-Die rohstoffnahen Bereiche, wie die Baustoffmaschinen sind von Umbrüchen weit aus weniger bis derzeit gar nicht betroffen als der Baumaschinensektor. So ist die Bergbaumaschinenindustrie der Sektor des Maschinenbaus, der von Januar bis September 2008 das höchste prozentuale Wachstum bei den Auftragseingängen verzeichnete: real plus 43 Prozent gegenüber 2007. Gut läuft es auch im Bereich Zement, Kalk, Gips und bei den Glasmaschinen.
 
-Der Wechselkurs federt einige Nachteile ab, mit denen die deutschen Unternehmen zu kämpfen haben. Die europäische Industrie genießt derzeit mit dem sinkenden Euro gegenüber dem aufgewerteten US Dollar, dem Yen und dem Won einen preislichen Wettbewerbsvorteil. „Ob das nachhaltig ist, können wir heute nicht seriös sagen, aber im Moment profitieren wir von dieser Situation“, stellte Kemmann fest.  
 
-Die weltweiten Bauleistungen im Infrastrukturbau bleiben stabil, da diese Projekte in der Regel schon unter Dach und Fach sind. Der Fachverband geht davon aus, dass einzelne Staaten, wie beispielsweise jetzt auch Deutschland, diese Projekte noch vorantreiben werden, um die Konjunktur anzukurbeln.  
-Der weltweite Bedarf an privatem und gewerblichem Wohnungsbau, insbesondere in den Schwellenländern, ist unverändert groß. Die Industrie hofft, dass die Folgen der Finanzkrise in den Schwellenländern nicht zu deutliche Bremsspuren hinterlassen werden.
 
 
Insgesamt erwartet Kemmann eine Phase restriktiven Finanzierungsverhaltens, das sich negativ auf die Geschäfte der Branche auswirken wird. Wie lange diese Phase andauere, könne niemand wissen, so Kemmann. Das wird davon abhängen, ob, wie und wann die Instrumente der Politik im Kampf gegen die Finanzkrise greifen werden.  
Die Rezession auf wichtigen Baumärkten wie den USA, Spanien, Großbritannien und Frankreich macht der Branche darüber hinaus zu schaffen.  
Eine positive Trendwende für die Bau- und Baustoffmaschinenbranche sehen die Konjunkturexperten des Fachverbandes allerfrühestens in der zweiten Jahreshälfte 2010.
 
Die Suche nach qualifiziertem Personal gestaltet sich für die mittelständisch geprägte Bau- und Baustoffmaschinenindustrie schwierig. Fast alle Unternehmen suchen Ingenieure. Sie befinden sich bei den Absolventen im harten Wettbewerb zu anderen attraktiven Arbeitgebern, wie zum Beispiel der Automobilindustrie. Laut einer Umfrage des Fachverbandes unter seinen 300 Mitgliedern im August/September 2008 sehen die meisten der Firmen im Ingenieurmangel eine Wachstumsbremse für das eigene Unternehmen und glauben, dass ihm so Geschäftschancen entgehen. Auch das sich nun abzeichnende Ende der Boomphase werde das Problem nicht beheben, so das Ergebnis der Umfrage. Innovationskraft und Qualitätsbewusstsein seien die Stärken des Maschinen- und Anlagenbaues, auf denen weltweit auch seine gute Marktposition fußt. Um diese zukünftig absichern zu können, insbesondere gegenüber dem erstarkenden chinesischen Wettbewerb, braucht die Branche gut ausgebildete Fachkräfte und Ingenieure. Sein Fachverband habe deshalb, eingebettet in andere VDMA Aktivitäten, in diesem Jahr eine große „Nachwuchs-Initiative“ gestartet, so Kemmann. Ziel sei es, die Branche, die vielfältigen Karrieremöglichkeiten und die attraktiven Arbeitgeber bei jungen Menschen bekannter zu machen.

Produktpiraterie ist eine Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der Bau- und Baustoffmaschinenindustrie. Laut einer VDMA Umfrage vom April 2008 entstehen dem gesamten Maschinenbau sieben Milliarden Euro Jahresumsatzverlust durch Produktpiraterie. Unternehmen müssten eine umfassende Abwehrstrategie wählen, die sowohl rechtliche Schutzvorkehrungen als auch organisatorische und technische Maßnahmen sowie eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit beinhalte. Der VDMA erhöht über seine Büros in Berlin und Brüssel deshalb den Druck in Richtung Bundesregierung und Europäische Union, entschlossener gegen Produktpiraterie aufzutreten. Ein Erfolg ist der vom VDMA seit Jahren geforderte China IPR SME Helpdesk. Er ist seit Mai 2008 Anlaufstelle für betroffene Unternehmen vor Ort. Mit der Kampagne Pro Original werben die Unternehmen des Maschinenbaus bei potenziellen Kunden, den Mehrwert von Originaltechnologie angemessen zu würdigen und die Risiken von Nachahmerprodukten zu erkennen.

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