Das sogenannte Bauen im Bestand setzt ganz eigene Prioritäten. Perfekte Planung und maßgeschneiderte Problemlösungen sind das A und O für das Gelingen solcher Projekte. So auch beim Komplettumbau Kölner Hochhauses „maxCologne“ im Stadtteil Deutz.
Der direkt am Rhein liegende ehemalige Firmensitz der Deutschen Lufthansa aus dem Jahr 1969 wird derzeit zu einer Büroimmobilie mit 45 000 m2 Mietfläche in Neubaustandard verwandelt. Mit der Planung und Materiallieferung für die anspruchsvollen Schalungsaufgaben hat die bauausführende Hochtief Construction AG die Experten von Harsco Infrastructure beauftragt.
Die Aufgaben für die Schalungsplaner sind vielfältig und höchst anspruchsvoll, denn das aus den Bauteilen Turm, Riegel und Sockel bestehende Bürohochhaus „maxCologne“ wird bis 2012 vollständig entkernt, umgebaut und vergrößert. Sämtliche neuen Bauteile werden in Massivbauweise mit Unterzugdeckensystemen und Stahlbetonstützen herstellt. So wird der 95 m hohe Gebäudeturm im Nord- und Südbereich erweitert und in den Ebenen 16 bis 19 aufgestockt. Es werden Deckenflächen ausgeschnitten und die Ränder neu betoniert. Über dem U02 und dem E01 ist der Einbau zusätzlicher Decken geplant. Außerdem müssen diverse Decken- und Wandflächen hergestellt werden. Schalungstechnisch besonders anspruchsvoll: der nachträgliche Einbau eines Aufzugsschachtes über 20 Etagen, dessen Betonage unterhalb der Bestandsdecken erfolgt. Der Gebäuderiegel – die sogenannten Rheine-
tagen – wird ebenfalls in Teilen erweitert und um aufwändige Decken-Auskragungen ergänzt, die teils von geneigten Stahlbetonstützen aus Sichtbeton abgefangen werden. Die Schalungsaufgaben im Einzelnen:
n Deckenränder (b = 35 cm) mit Hilfe objektbezogener Deckentische ergänzen,
n Abfangung von Decken um Unterzüge ergänzen,
n Herstellung einer halben neuen Decke in Ebene 06,
n Herstellung einer komplett neuen Decke in Ebene 07,
n Herstellung gerader und schräger Sichtbetonstützen,
n diverse Erweiterungsflächen im Süd- und Nordteil.
Vergleichsweise einfach gestalten sich die Schalungsaufgaben am Bauteil Sockel, der zum großen Teil abgerissen wurde. Hier entsteht als Neubau eine Tiefgarage mit drei Ebenen. Schalungstechnische Besonderheit: Wegen der direkten Nachbarschaft zum Rhein werden in die Treppenhäusern der Tiefgarage Bodenkanäle mit Wassersperren betoniert.
Produktpalette kreativ nutzen
Wegen der Vielfältigkeit der Aufgabenstellungen nutzen die Planer von Harsco Infrastructure nahezu die komplette Produktpalette des Unternehmens: Von der handbedienbaren Rasto-Wandschalung über den innovativen Stahlrahmen-Deckenschaltisch Topmax und objektbezogene H20-Deckentische bis hin zur Fassadenschalung ist alles im Einsatz, womit sich die einzelnen Aufgabenstellungen wirtschaftlich und vor allem sicher lösen lassen. Lösungen von der Stange sind bei diesem Einsatz allerdings weniger gefragt. Vielmehr Ideenreichtum und die geschickte Kombination von Standardkomponenten zu Sonderlösungen, die bei diesem Projekt rund 60 Prozent der Schallösungen ausmachen. Beim Bauen im Bestand liegen die Tücken halt vielfach im Detail.
Entsprechend hoch ist der zeitliche Aufwand, den die Schalungsplaner in die Entwicklung, Abstimmung und zeichnerische Umsetzung ihrer Lösungen stecken. Seit September vergangenen Jahres sind bei Harsco Infrastructure rund 100 Pläne entstanden, Einzelstatiken erstellt und für die Süderweiterung am Bauteil Riegel eine prüffähige Statik erarbeitet worden. Zudem findet fast jede Woche auf der Baustelle eine Planungsabstimmung statt. Dabei geht es stets nicht nur um das technisch Machbare, sondern auch um die sicherste Möglichkeit der Bauteilerstellung.
Sicherheit an erster Stelle
Die Hochtief-Bauleiter sind sich einig: „Sicherheit hat für uns hier auf der Baustelle höchste Prioriät. Darum haben wir uns beispielsweise beim Bau der Erweiterungsflächen für den Einsatz der Harsco-Fassadenschalung entschieden.“ (Motiv 7409). Bei diesem speziellen Einsatz, bei dem der Turm an der Nord- und Südseite um 475 m² erweitert wird, dient die Fassadenschalung als absolut sichere Fassadeneinrüstung über zwei Etagen. Die einzelnen Elemente der Harsco-Fassadenschalung bestehen in diesem Fall aus 12 m hohen vertikalen Stahlriegeln (zwei jeweils 6 m lange 140er Doppel-U-Profile, die per Kupplung verbunden sind), die mit horizontal angeordneten Gerüstrohren zu einer Absturzsicherung ergänzt sind.
Weil mit dieser Konstruktion stets zwei der jeweils 4 m hohen Etagen gleichzeitig eingerüstet sind, kann in der unteren Etage bequem und sicher ausgeschalt werden, während gleichzeitig im darüberliegenden Geschoss die Einschalarbeiten (Deckenflächen und Stützen) stattfinden. So geht es Takt für Takt über 20 Etagen bis auf 85 m Höhe. Als Deckenschalung für den Erweiterungsbereich wird die trägerlose Modulschalung Topec eingesetzt; die Unterzüge werden mit der Holzträgerschalung Topflex hergestellt.
Eine ganz typische Herausforderung für das Bauen im Bestand ist sicherlich der bereits erwähnte nachträgliche Einbau des Aufzugsschachtes im Hochhaus. Um hierbei ein versetztes Arbeiten zu ermöglichen, haben Bauleitung und Schalungsplanung eine besondere Vorgehensweise entwickelt. Während ein erster Schalsatz im EG zunächst den Abbruch einer Decke abwarten musste, kletterte ab dem 5. OG bereits eine zweite komplette Wandschalungsvorhaltung. Dazu wurden Stahlträger über die vorhandene Schachtöffnung gelegt und mit Türmen aus ID15-Rahmenstützen eine neue Schalebene erstellt. Bei der Wandschalung handelt es sich um eine handbedienbare Rasto-Schalung, die bequem von Stockwerk zu Stockwerk transportiert werden kann und sich optimal zum Betonieren unterhalb der Bestandsdecken eignet.
Doch nicht allein der Turm, auch das Bauteil Riegel wird grundlegend umgebaut: Beispielsweise werden alle Deckenränder um 35 cm nach außen erweitert. Für diese Deckenrand-Erweiterungen werden H20-Deckentische eingesetzt, die exakt an die vorhandene Bauwerksgeometrie angepasst sind. Sie lassen sich bequem und sicher mit der Umsetzgabel auf- und umsetzen.
Für die Süderweiterung am Bauteil Riegel haben die Schalungsplaner von Harsco Infrastructure die Planung der benötigten Deckenschalung erarbeitet. Die neuen Decken werden an vorhandenen hängenden Stahlverbundstützen unter die bestehenden auskragenden Decken gehängt. Eine besonders knifflige Angelegenheit, weil die Summation der Lasten aus allen drei Deckenebenen sowie die beim Betonieren auftretenden Horizontalkräfte abgeleitet werden müssen. Die Lösung: Durch Rückverankerung werden die Horizontalkräfte in die Bestandsdecken geleitet. Die Vertikalkräfte werden von einem Traggerüst aus ID15-Türmen (Rahmenstützen) aufgenommen, das bei diesem Einsatz mit Stiellasten von bis zu 45,8 kN beaufschlagt wird.
Positives Fazit
Mittlerweile ist die Planung für die schwierigsten Rohbau-Aufgaben am Kölner Hochhausumbau erfolgreich abgeschlossen. Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen, worin die besonderen Herausforderungen eines solchen Projekts liegen. Die Anpassung an den Bestand verlange vor allem eine besonders aufwändige, detaillierte Planung, so die Harsco-Schalexperten. Praktikable Lösungen könnten nur in ganz enger Zusammenarbeit mit der Baustelle entstehen. Dabei gelte es, schnell und flexibel auch auf geänderte Abläufe zu reagieren. „Das Bauen im Bestand mit seinen kniffligen Aufgabenstellungen erfordert über die komplette Bauzeit einen engen Schulterschluss zwischen Baustelle und Schalungsplanung!“, bestätigen die Hochtief-Bauleiter.
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Vielfältig und höchst anspruchsvoll sind die Aufgaben der Schaler