Digital erweiterte Bautagebücher

Rechtsgrundlage für das Führen eines Bautagebuchs

Eine zwingende Rechtsgrundlage für das Führen eines Bautagebuchs ist allein der Vertrag zwischen Bauherr und Architekt bzw. Ingenieur. Eine allgemein gesetzlich vorgeschriebene Bautagebuchführungspflicht gibt es nicht. Zwar enthält die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für das Führen eines Bautagebuches im Rahmen der Bauüberwachung entsprechende Grundleistungsverpflichtungen. So ist das Führen eines Bautagebuchs bei Gebäuden (1), Ferienanlagen und raumbildenden Ausbauten (2) sowie bei der technischen Ausrüstung (3) eine Grundleistung, während des Führens eines Bautagebuchs bei Ingenieurbauwerken (4) und Verkehrsanlagen (5) eine besondere Leistung darstellt.

Jedoch wird nach dem ausdrücklichen Regelungszweck der HOAI damit allein das Preisrecht bestimmt (6). Die Inhalte der Leistung sind dem Architektenvertrag vorbehalten. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) schreibt im Vergabe- im Vertragshandbuch für die Baumaßnahmen des Bundes (VHB) 2008:

„Das Bautagebuch soll Stand und Fortschritt der Bauarbeiten sowie alle bemerkenswerten Ereignisse des Bauablaufs lückenlos festhalten. Es dient als Grundlage für Meldungen und Berichte, die über die Bauausführung zu erstatten sind, und bildet nach Abschluss der Bauarbeiten einen wichtigen Bestandteil der Bauakten ... das bloße Einsammeln und Ablegen der von den Auftragnehmern arbeitstäglich vorzulegenden Tagesberichte genügt den Anforderungen an ein Bautagebuch nicht.“ (7)

Diese Funktion des Bautagebuchs lässt sich auch bereits aus den preisrechtlichen Bestimmungen der HOAI ablesen. Danach sollen in zuverlässiger Weise Leistungen, Lieferungen, die Tätigkeiten der verschiedenen Beteiligten am Bau unter Beachtung des jeweiligen personellen und örtlichen Einsatzes festgehalten werden (8). Darüber hinaus muss es die jeweiligen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle, zögerliche Materialanlieferung, Verzögerungen des Bauablaufs sowie für den Ablauf relevante Tatbestände dokumentieren (9). Das Bautagebuch bezieht sich immer auf das gesamte Bauprojekt und ist von den sogenannten Bautageberichten einzelner Bauunternehmer oder Projektbeteiligter abzugrenzen. Haben die Vertragsparteien das Führen eines Bautagebuchs zum Vertragsinhalt gemacht, so empfiehlt es sich in die Vertragsgestaltung auch Mindestinhalt und Art und Weise der Ausgestaltung aufzunehmen. Möglich ist es, das Bautagebuch mit dem Unternehmen auch gemeinsam zu führen oder Eintragungen zuarbeiten zu lassen, die dann seitens des Architekten durch entsprechende Kontrolle gezeichnet werden (10).

Mit dem Verfassen eines Bautagebuches werden mehrere unterschiedliche Zwecke verfolgt. Der Sinn eines solchen Dokumentes ist vielseitig, es kommt insofern auf die jeweilige Rollenverteilung an.

 

1 Funktion der Dokumentation

Für die Rolle des Bauherren ist das erste Stichwort in diesem Zusammenhang: Dokumentation. Das Bautagebuch dient der Dokumentation des wesentlichen Ablaufs der Baumaßnahme. Dies erleichtert spätere Ursachenforschung bei Veränderungen am Bauwerk ohne größeren Untersuchungsaufwand (11). Das zweite Stichwort lautet: Kontrolle. Der Bauherr als Auftraggeber kann ohne ein Bautagebuch nicht prüfen, ob die Bauüberwachung – als Grund- oder besondere Leistung im Sinne der HOAI – ordnungsgemäß erledigt wurde (12). Dies ist jedoch Voraussetzung für eine eventuell vorzunehmende Honorarkürzung bei nicht ordnungsgemäß geführtem Bautagebuch (13). Der wesentliche und für die Praxis wichtigste Zweck für das Führen eines Bautagebuches ist der Beweiszweck (14). Das dritte Stichwort lautet also: Beweismittel.

Da das Bautagebuch im Idealfall das Baugeschehen – also die mannigfachen Bauvorgänge – mit allen wesentlichen Einzelheiten beweisbar festhält, kann es im Rahmen einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung als Beweismittel dienen. Zum Beispiel wenn der Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen einen Unternehmer durchsetzen möchte. Wenn Stundenabrechnungen strittig sind, können die Aufzeichnungen im Bautagebuch als Nachweis gelten (15). Für die Rolle des Architekten / Ingenieurs gelten die dargestellten Zweckrichtungen ähnlich, allerdings aus deren Perspektive. Wenn zum Beispiel der Objektüberwacher eine sorgfältige Bauüberwachung nachweisen kann, lässt sich der Vorwurf, ein Baumangel sei infolge unzureichender Bauaufsicht nicht entdeckt worden nur schwerlich aufrechterhalten (16). Verletzt jedoch der Architekt seine Pflicht zur Führung eines Bautagebuches, so kann er im Rahmen eines Bauprozesses gewährleistungspflichtig sein und dem Auftraggeber können Schadensersatzansprüche zustehen (17).

2 Rechts- und Prozesssicherheit

Über die Form und den Inhalt des Bautagebuchs enthält die HOAI keine Bestimmung. Zwar besteht die Auffassung, dass es „selbstverständlich“ in Schriftform zu führen sei (18). Diese Meinung überzeugt jedoch schon deshalb nicht, da die HOAI gerade keine Form anordnet. Insofern gilt der Grundsatz, dass ohne gesetzliche Regelung Formfreiheit besteht (19). Es kann also grundsätzlich in schriftlicher Kalenderform, in fortlaufenden aufeinander folgenden schriftlichen Berichten oder durch EDV geführt werden (20). Der Grundsatz der Formfreiheit wird jedoch durch Vorschriften der öffentlichen Auftraggeber in aller Regel eingeschränkt. Diese schreiben meist ein bestimmtes Formblatt zur Verwendung für das Bautagebuch vor. Der Architekt ist jedoch ohne vertragliche Vereinbarung nicht verpflichtet bestimmte Muster zu verwenden (21).

Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung kann das Bautagebuch als Privaturkunde (22) in den Prozess eingeführt werden, wenn es unterschrieben ist. Die Beweiskraft erstreckt sich zunächst einmal nur darauf, dass die Erklärung vom jeweiligen Aussteller stammt. Zu beachten ist jedoch, dass es hierdurch nicht schon die Vermutung der Richtigkeit für sich hat (23). Wegen der Bedeutung des Bautagebuches als Beweismittel hat der Auftraggeber ein Recht auf Information über die Eintragungen sowie Anspruch auf Übergabe einer Kopie des Bautagebuches (24). Es obliegt jedoch den Parteien vertraglich zu vereinbaren, zu welchem Zeitpunkt der Objektüberwacher das Bautagebuch zu übergeben hat. So ist die tägliche oder wöchentliche Übergabe einzelner Tagesblätter oder die komplette Übergabe nach der Baufertigstellung möglich (25). Da es auch für den notwendigen Inhalt des Bautagebuches keine gesetzlichen Vorschriften gibt, gilt zunächst einmal das was die Parteien vertraglich vereinbart haben. Er orientiert sich jedoch nach dem Nutzen eines solchen Dokumentes (26). Deshalb sind die Beschreibung der Bauleitertätigkeit, von Bauablaufstörungen sowie sonstige wesentliche Ergebnisse festzuhalten.

 

3 Das Digitale Erweiterte

Bautagebuch (DEBt)

Durch die vom Lehr- und Forschungsgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführte Entwicklung eines Digitalen Erweiterten Bautagebuches (DEBt) kann das Führen eines Bautagebuches wesentlich erleichtert werden. Das DEBt – als Dokumentationsmittel – bietet die Vorteile einer übersichtlichen und klassifizierten Darstellung der erhobenen Daten, gegenüber herkömmlichen Arten der Dokumentation. Auch ist es möglich, dass – durch ein Berechtigungssystem – alle am Bau Beteiligten zumindest beschränkte Zugriffsrechte auf Daten erhalten und diese je nach Zugangsberechtigung nutzen können.

 

4 Rechtliche Besonderheiten

des DEBts

Das DEBt weist rechtliche Besonderheiten auf, die es im Rahmen seiner Nutzung zu beachten gilt. Zwar kann das DEBt arbeitstäglich ein Protokoll des Bauablaufes erzeugen, dass dann in Gestalt eines Ausdruckes wie ein „klassisches“ Bautagebuch von den Beteiligten unterschrieben wird, jedoch ist bei einer solchen Einsatzart der Vorteil, der gerade wegen der Digitalisierung gewonnen werden soll, merklich gering (sog. Medienbruch). Eine derartige Nutzung des DEBt überzeugt deshalb nicht, da es weiterhin ein papierbasiertes Bautagebuch wäre.

Wesentlich interessanter und eine tatsächliche Neuerung ist die Nutzung des DEBt in papierloser Form, mittels digitaler Signatur. Hieran sind dann jedoch – Stichwort: Beweismittel des Bautagebuches – rechtliche Um ein Höchstmaß an Rechtssicherheit zu erreichen ist die so genannte qualifizierte elektronische Signatur (27), bei der Verwendung des DEBt zu fordern. Ein elektronisches Dokument ist ein Beweis durch Augenschein, welches durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei in den Prozess eingebracht wird (28). Vorteil der qualifizierten Signatur ist es, dass die Echtheit des Dokuments nur durch Tatsachen erschüttert werden kann. Rechtstechnisch gesehen, entsteht ein Anscheinsbeweis für die Echtheit des elektronischen Dokuments (29).

Die Anmerkungen und Quellenangaben finden Sie unter:

www.baumarkt-online.info

Hierbei will man ein Höchstmaß
an Rechtssicherheit erreichen

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