Im Focus der Öffentlichkeit
Transparenz der Entscheidungen
bei öffentlich-privaten Kooperationsprojekten
Die öffentlich-privaten Kooperationsprojekte, zu denen vor allem die PPP-Projekte zählen, sind in der Regel von einer Komplexität geprägt, die selten Anwendung typisierter Projektorganisations-Strukturen zulässt. Dennoch könnten die Projektpartner sich an den Richtlinien orientieren, denn sollte die Kooperation nicht wie geplant laufen, gibt es einiges zu erklären.
Öffentlich-private Kooperationen gewinnen in der heutigen Zeit bei der Realisierung öffentlicher Bauvorhaben zunehmend an Bedeutung. Gründe dafür sind die Erwartungen der Öffentlichen Hand, aufgrund langfristig angelegter Kooperationen mit der Privatwirtschaft, öffentliche Einrichtungen durch die gesamtheitliche Lebenszyklus-Betrachtung nicht nur mit geringeren Kosten schneller und früher, sondern auch in höherer Qualität bereitstellen zu können (1). Der Vergabewettbewerb schafft für den Bieter die Anreize, den Bau und Betrieb des Vorhabens effizient zu planen und zu finanzieren und die Effizienzvorteile unmittelbar in sein Angebot einfließen zu lassen. Der Auftraggeber, der einen fairen Vergabewettbewerb schafft, erhält „best value for money“. Die Erreichung der genannten Vorteile von PPP hat jedoch eine wesentliche Voraussetzung, nämlich die Auswahl des privaten Partners in einem fairen und transparenten Vergabeverfahren (2). Auch angesichts der stetig wachsenden Haushalts- und Liquiditätsengpässe der Öffentlichen Hand werden öffentlich-private Kooperationen vermehrt eingesetzt. Diese Engpässe führen zu einer Veränderung der traditionellen Bereitstellung von öffentlichen Infrastruktureinrichtungen durch Kommunen, Bund und Länder. Ihr Investitionsvolumen bzw. ihre Investitionstätigkeit ist seit 1992 aufgrund ihrer engen Kapitaldecke nahezu kontinuierlich rückläufig (3). Zudem spielen Kapazitäts- und Kompetenzprobleme eine wichtige Rolle bei der Vergabe alternativer Realisierungsformen, denn die angespannte Finanzlage der Öffentlichen Hand hat zu einer Reduzierung des Personals in Planungs-, sowie in Hoch- und Tiefbauämtern geführt, so dass es oft den Kommunen für komplexe Bauprojekte an qualifiziertem Personal fehlt.
Ein weiterer Aspekt ist die Vermeidung von Kostenspitzen. Durch das Outsourcing öffentlicher Aufgaben über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie an private Auftragnehmer werden Kosten dauerhaft planbar und erleichtern somit der Öffentlichen Hand eine bessere Kostenkontrolle.
Doch nicht selten führen konvergierende Ziele, Probleme in der eindeutigen Vertragsgestaltung und Fehler in den Projektinitiierungsphasen zu unerwarteten Schwierigkeiten. Um die Erfolgschancen der öffentlich-privaten Kooperationsprojekte zu erhöhen, empfiehlt der Bund die Anwendung und Einhaltung eigens dafür entwickelter Vorgaben und Richtlinien, die in Form von Leitfäden zusammengefasst sind. Die Leitfäden beinhalten eine Vielzahl an Maßnahmen, Handlungsempfehlungen und Muster-Organisationsstrukturen für die einzelnen Phasen derartiger Projekte.
Diese Leitfäden haben jedoch nur einen Empfehlungscharakter. Die Vertreter der öffentlichen Hand haben bei solch komplexen Vergaben weitestgehend freie Hand bei der Schaffung der Organisationsstruktur und bei der Vertragsgestaltung. Diese Möglichkeit ist angesichts der technischen, finanziellen und organisatorischen Vielschichtigkeit der öffentlich-privaten Zusammenarbeit auch unbedingt notwendig. Allerdings bringt sie viele weitere Einflussmöglichkeiten und Faktoren ins Spiel, deren Auswirkungen sehr oft schwer abzuschätzen sind. So z.B. stehen oft die Wünsche der Auftraggeber, eine möglichst umfassende und an manchen Stellen bis ins Detail durchdachte Lösung zu erzielen, den Optimierungsmöglichkeiten der Auftragnehmer und den Einschränkungen der vertraglichen Vereinbarungen gegenüber. Auch der politische Wille kann insbesondere bei den Vorzeige-Projekten eine wichtige Rolle spielen, da solche Projekte schnell auf der kommunalen, Landes- oder gar Bundesebene für Aufmerksamkeit sorgen. Wenn Prestige und Machbarkeit nicht im Einklang stehen, sollte man Probleme erwarten.
Beispiel Elbphilharmonie
Hamburg
Die Elbphilharmonie Hamburg ist wahrscheinlich das derzeit am meisten diskutierte und daher das wohl bekannteste
öffentlich-private Kooperationsprojekt in Deutschland. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein reines PPP-Projekt, sondern um ein so genanntes PPP-Projekt der zweiten Generation (4), da dieses Projekt eine Mischform aus öffentlich-privater Kooperation und Investorenprojekt darstellt. So wird der Bau und Betrieb der Philharmonie als öffentliches Bauvorhaben mit dem Bau und Betrieb eines kommerziellen Bereichs bestehend aus Hotel, Gastronomie, Parkhaus und Wohnungen verbunden.
Das große öffentliche Interesse an diesem Projekt hat viele Gründe, die leider nicht allein auf seine markante und außergewöhnliche Architektur zurückzuführen sind. Vor allem Kostensteigerungen und terminliche Verzögerungen haben das Projekt in den Focus der Öffentlichkeit gerückt und bewirken dadurch eine hohe politische und gesellschaftsspaltende Brisanz.
Die Elbphilharmonie, da es auch Elemente einer Investoren-Projektentwicklung beinhaltet, ist zwar kein gewöhnliches PPP-Projekt. Nichtsdestotrotz unterliegt es als ein öffentlich-privates Kooperationsprojekt mit Lebenszyklus-Ausrichtung ähnlichen Tendenzen, wie auch andere öffentlich-private Partnerschaften, und weist weitestgehend ähnliche Rollenverteilung, Abläufe und Abhängigkeiten auf. Das rechtfertigt und verlangt sogar einen Vergleich der Projektabwicklung in Hamburg mit der entsprechenden Leitfäden der PPP-Task-Force der Bundesregierung.
Dieser Vergleich (5) führt zum Schluss, dass das hanseatische Vorzeigeprojekt von Anfang an zahlreiche, darunter gravierende Differenzen zu dem Werk der PPP-Leitfäden aufweist. Stellvertretend für diese Abweichungen werden hier die Ausschreibungsbesonderheiten und die Organisationsstruk-
tur betrachtet.
Lebenszyklusbetrachtung
Bei der Vergabe von PPP-Lebenszyklusprojekten werden in aller Regel sehr komplexe, langfristige Leistungspakete nachgefragt, deren Ausgestaltung relativ weitgehend den Bietern überlassen werden soll. Bei solchen großen Leistungspaketen und komplexeren Bau- und Dienstleistungen, wie sie typisch für PPP-Modelle sind, ist die out-
putorientierte Leistungsbeschreibung der inputorientierten vorzuziehen, um das Planungs- und Innovationspotenzial des Wettbewerbs nutzbar zu machen und den Bietern Spielräume zur Optimierung der Leistungen u. a. hinsichtlich technischer Aspekte zu geben (6).
Um dem Ansatz des langfristigen Lebenszyklus der PPP-Projekte gerecht zu werden und das sich durch die Ganzheitlichkeit der Perspektive ergebende Potential auch wirtschaftlich zu Geltung kommen zu lassen, sollen die Ausschreibungen solcher Projekte funktional sein und den Raum für kreative und neuartige Lösungen der Bieter zulassen. Diesen Anforderungen wird eine detaillierte Ausschreibung der Leistung nicht gerecht, denn ist eine Leistung detailliert vorgegeben, z.B. die Beschaffenheit der Fassade, ist an diesem Punkt das Optimierungspotential des Auftragsnehmers praktisch erschöpft. Das betrifft in diesem Fall nicht nur die Kosten der Fassade selbst, sondern auch die gesamte Bauphysik des Gebäudes und, daraus resultierend, die Betriebskosten. Eine solche Abweichung vom Prinzip der Lebenszyklusbetrachtung sollte öffentliche Hand mit triftigen Argumenten erklären können.
Konfliktpotential
Der wirtschaftliche Erfolg von PPP-Projekten hängt unter anderem davon ab, dass Teile der Planung und Konzeption der Leistungen, und damit auch ein Teil des planerischen Risikos, auf die Bieter übertragen werden, um deren Sachverstand und unternehmerische bzw. technische Kreativität im vollen Umfang auszunutzen (7). Die PPP-Vergabeverfahren verfolgen die Absicht, die Planung und die Ausführung in einer Hand zu belassen und somit die Anzahl der Schnittstellen erheblich zu reduzieren. Der öffentliche Auftraggeber hat so nur einen Ansprechpartner für alle technischen Fragen der Umsetzung.
Der private Auftragnehmer hingegen kann sein technisches Know-how schon früh in der Planungsphase wirkungsvoll einbringen und ist für die Steuerung der Planung verantwortlich. So wird die Qualität, Vollständigkeit und Rechtzeitigkeit der Planung sichergestellt und der Weg über den Auftraggeber erspart. Nicht der Auftraggeber, sonder der Auftragnehmer haftet so für die Folgen der Planungsmängel und -Engpässe. Gerät der öffentliche Auftraggeber hingegen in die Zwickmühle zwischen dem Generalplaner und dem Ge-
neralunternehmer, entsteht gefährliches Konfliktpotential und das langfristig angelegte Projekt wird schon am Anfang gestört. Auch in diesem Fall soll sich die öffentliche Hand der Folgen der Auswahl der Organisationsstruktur bewusst sein.
Fazit
In den oben aufgeführten wichtigen Punkten hat sich der öffentliche Auftraggeber in Hamburg wesentliche Abweichungen von den PPP-Leitfäden geleistet. Bei solchen Voraussetzungen sind Streitigkeiten und unerwünschte Folgen der Abwicklung leider oft vorprogrammiert. Die Untersuchung hat bestätigt, dass die Schritte und Maßnahmen des Beschaffungsprozesses, die eine erhebliche Differenz zu den wohl überleg-
ten Ausführungen der PPP-Leitfäden aufweisen, einem erhöhten Risiko von Insuffizienzen unterliegen und infolgedessen die Erfolgschancen des Projekts sinken. Es nicht generell negativ zu sehen, das der Auftraggeber die Möglichkeit hat, die Organisationsstruktur den Bedürfnissen eines konkreten Projekts anzupassen. Jedoch gerät er schnell bei jeder Abweichung von der empfohlenen Verhaltenslinie in Erklärungsnot, denn die PPP-Leitfäden sind auf die Risiko- und Konfliktminimierung und somit auf reibungslosen und optimierten Projektablauf ausgerichtet. Diese Leitfäden sollten als eine einheitliche Messlatte zum Vergleich verschiedener projektspezifischer Organisationsstrukturen und einzelner Abläufe dienen. Jede Abweichung von der allgemein optimalen Struktur bedarf einer begründeten und gut überlegten Erklärung. Im Endeffekt ist der öffentliche Auftraggeber gut beraten, vor jedem Schritt einen Blick in die Leitfäden zu werfen und eigene Intentionen damit zu vergleichen.
Dipl.-Ing. Vitali Kochkine, Institut für Baubetriebslehre Universität Stuttgart, Fax: 0711-685-56161,
vitali.kochkine@ibl.uni-stuttgart.de,
Die PPP-Leitfäden sind auf die Risiko- und Konfliktoptimierung ausgerichtet