Knattern in rauem Gelände
Trial – ein tolles Erlebnis
Wer nichts ausprobiert, verpasst im Leben viele tolle Erfahrungen. Also melde ich mich zum Trial-Wochenende an. Auf leichten Motorrädern lernt man, sicher und elegant schwieriges Gelände zu meistern. Organisiert werden sie von Trial-Spezialist Elmar Heuer von Rüden der auch das gesamte Equipment stellt. Ein Führerschein ist nicht erforderlich, Stehvermögen hingegen schon.
Ich gleite in den kniehohen linken Lederstiefel, spüre die schützende Polsterung, schließe mit einem kräftigen Ruck die elastischen Schnallen. Auch der rechte gibt sicheren Halt. Hose, Brustpanzer, Knie- und Ellenbogenschoner und Handschuhe vervollständigen meine Ausrüstung. „Dieser Helm müsste Dir passen“, meint Elmar. Im Sport ist man per Du per und Kameradschaft verbindet uns Trial-Aspiranten.
Einweisung
Mit Petra, Christina, Daniel, Nils und den anderen bilden wir einen Halbkreis. Elmar begrüßt uns, erklärt Tagesablauf, Trainings, Fahrtechnik. Alles baut aufeinander auf. Ziemlich respektlos nennt er die Honda CRF 230 und seine fünf Honda 4RT mit den feuerroten Schutzblechen „Mopeds“. In zwei Tagen von 0 auf Hundert – lacht der Trainer und deutet auf Hindernisse und Hügel. Doch Stress wird nicht aufkommen. Bescheiden beginnt´s. Ich reibe meine Augen – mein Trial-Moped hat keine Sitzbank. Alles passiert im Stehen. Kickstarter ausgeklappt, Elmar wirft die Hondas an. 20 PS brabbeln im Leerlauf vor sich hin. Ich stehe auf den Pedalen, Knie leicht gebeugt. Hände am Lenker. Locker bleiben, denke ich und blicke nach vorn auf die geteerte Übungsstraße. Zeige- und Mittelfinger meiner linken Hand umgreifen den Kupplungshebel. Zwei Finger meiner Rechten krümmen sich um den Handbremshebel. Kupplung leicht kommen lassen - aber bremsbereit sein. In Schrittgeschwindigkeit drehen sich die Räder. Durch ein winziges Drehen meines rechten Handgelenks nach unten könnte ich beschleunigen.
Sicherheit über alles
Die folgenden zehn Minuten geht Elmar neben mir. In einer Hand ein Ende der roten Sicherheitskordel. Das andere Ende mündet in einer Kappe am Lenker. Dort sitzt der Unterbrecher-Mechanismus, der beim Ziehen der Kordel sofort den 250 ccm-Motor stoppt.
Als ich mich sicherer fühle, darf ich allein rollen, die Sicherheitskordel ums Handgelenk. Koordination ist Trumpf. Hütchen-Slalom, Wenden, Blick voraus. Ich trainiere rechtzeitig die Fußbremse zu finden und mit dem Spann des linken Fußes sauber die Gänge zu wechseln. Nach einer viertel Stunde Training endlich Pause und Fahrerwechsel. Meine Handgelenke vibrieren. „Locker lassen“, mahnt Elmar vorsorglich. Seine Botschaft kommt gut rüber. Er macht vor, erklärt, gibt Sicherheit. Den Begriff Trial (von to try = versuchen) hatten vor 70 Jahren die unerschrockenen Engländer geprägt. Für die war es eine Mut- und Geschicklichkeitsübung, mit dem Motorrad abseits befestigter Wege möglichst elegant unterwegs zu sein. Kein leichter Job, denn die damaligen Maschinen waren schwer und unflexibel.
Trial-Virus springt über
Petra buchte den Kurs, weil sie den Motorradführerschein macht. Doch ihr fehlen Fahrgefühl und Sicherheit. „In der Fahrschulen hat man dafür kaum Zeit. „Die Fahrlehrer lassen uns lieber die Regeln pauken“, stellt sie resignierend fest.
Christina besitzt eine eigene Sherco 4.5i Cross-Maschine in Pink , nennt sie Wüstenkuh und hat mit ihr schon Afrika unsicher gemacht. Von Elmar will sie die hohe Kunst des Trialfahrens lernen und sich noch ein paar Tricks abgucken.
Nils, ein schlaksiger Schüler kommt mit seinem Papa. Der hat keinen Bock mehr mit seinem Motorrad nur auf Asphalt zu fahren und nutzt den Unterricht, um Geländeerfahrungen zu sammeln. Wenn der Trial-Virus auch auf den Filius überspringt hat man es gegenüber der Mama einfacher, das Zweirad-Hobby auszuleben – hofft er.
Bereits am Nachmittag hat Elmar uns fit fürs grobe Gelände gemacht. Feinfühlig das Gas dosieren. Geschickt das Gewicht verlagern. Erst die sanften, welligen Hügel, dann flache Hindernisse, für die Mutigeren am folgenden Tag sogar Treppenstufen. Hoch und runter. Das Vorderrad entlasten. Ein winziger Gasstoß, das Gewicht verlagern. Voller Körpereinsatz. Meine Brille beschlägt. Auf meinem Rücken krümeln sich Reste frischer Erdklumpen, die das Reifenprofil hochschleuderte. Trial kann süchtig machen, stellen die Teilnehmer fest. Nur wenige bieten diese hohe Schule des Motorsports, können Balance, Stil und Technik fast tänzerisch miteinander verweben wie Elmar. Der 48jährige aus Havixbeck bei Münster unterrichtet seit 25 Jahren. Machte sich vor 16 Jahren mit der Trialschule selbständig. „Es fing an mit Trialkursen für junge Menschen die ihre Mofas frisiert hatten und von der Polizei erwischt wurden. Als Therapie sollten sie bei mir lernen wie man Spaß haben kann ohne Speed. Meine Trialkurse schulen Koordination und Konzentration, sie dienen dazu Grenzerfahrungen zu sammeln, und Spaß zu haben.“
Frauen lieben leichte Maschinen
Seine heutige Klientel ist 14 bis 74 Jahre alt. Eine Körpergröße von 1,45 m ist erforderlich. Die Kurse finden auf privatem Trialgelände in ganz Deutschland statt. Elmar bietet auch Schul- und Feriencamps im Ausland sowie Einzelunterricht. Mit einem Gewicht von knapp 73 Kilo sind die Trial-Maschinen gut beherrschbar und deshalb auch bei Frauen so beliebt.
Jan Westphal
Trialkurse schulen Koordination und Konzentration