Richtig ticken
Zeitmesser unter der Lupe
Wer richtig ticken will, besitzt mehrere Armbanduhren. Gerade wenn man sich beruflich auf Baustellen herumtreiben muss. Auch wandelte sich das Uhrenimage vom Zeitmesser zu einem
Lifestyle-Accessoire. Ob rund, eckig, bunt oder betörend. Hauptsache sie fällt auf. 45 mm Durchmesser? Kein Problem. Viele Uhrenhersteller fühlen sich als Architekten einer neuen Zeit.
Sie wachsen
Eine der auffallendsten Entwicklungen im Design von Männer-Armbanduhren (tragen auch Frauen gern) war ihr stetiges Wachstum. Mit besserer Ablesbarkeit unter erschwerten Bedingungen hat das aber nichts mehr zu tun. Früher lag der Gehäusedurchmesser bei 34 bis 38 Millimeter, nun liegen die Dimensionen der aktuellen Modelle zwischen
39 und 45 Millimetern.
Amerikaner und Araber mögen dies besonders. In China jedoch, dem immer wichtiger werdenden Markt,bevorzugen die Männer kleinere Uhren. Ob Understatement oder schmalere Handgelenke dafür der Grund sind, weiß man nicht so genau. Auf jeden Fall sollen die großen Armbanduhren nicht noch größer werden, heißt es in Fachkreisen. Weniger große Uhren mit dezentem aber praktischem Design finden trotzdem ihr Publikum. Dafür sorgen u. a. stilbildende Menschen wie der Modeschöpfer Tom Ford. Überhaupt: Modemarken wie Esprit, Bruno Banani oder Puma profitieren von ihrem hohen Bekanntheitsgrad und bringen eigene Uhrenlinien heraus. So erreichen sie treffsicher ihre Zielgruppe. Den trendbewussten Trägern ist wichtig, dass ihre Uhr modisch und kleidungskompatibel ist.
Bau-Design
Unser Metier – der Bau – lieferte den Uhrenherstellern zahlreiche Impulse. Dem Leitgedanken des Dessauer Bauhaus folgend, das nämlich die Form der Funktion zu folgen habe, entwickelte der Gropius-Schüler
Max Bill für das Unternehmen Junghans einen Uhrenklassiker, der seit fast 50 Jahren nahezu unverändert gebaut wird.
Für den Betrachter ist dieser Zeitmesser ein gelungenes Zusammenspiel von freier und angewandter Kunst. Strenge und fließende Formen wechseln einander ab. Klare Konturen, feine Linien. Nur die Zeit zeigen. Nichts mehr. Aber das auf einen Blick. Junghans aus Schramberg im Schwarzwald war um 1900 der größte Uhrenhersteller der Welt und machte zuletzt 1990 mit der funkgesteuerten Uhr Furore.
Deutsche Qualität
Höher- und hochpreisige deutsche Qualitätsuhren sind wieder im Kommen. Dazu tragen die sprichwörtliche Wertarbeit, mechanische Uhrwerke (im Fachjargon Kaliber genannt) und klangvolle Namen wie Lange & Söhne und Glashütte bei. Uhren ab 3000 Euro gelten als Kapitalanlage.
Konfrontiert wird der Verbraucher mit neuen Materialien. Silikon, Keramik, Titan, Holz oder Superluminova rückten klar in den Vordergrund. Kautschuk und Silikon als Material
für das Uhrenarmband, weil es reißfest, strapazierfähig und hautfreundlich ist. Keramik punktete bei Lünetten und Gehäuse. Titan bleibt beliebt, weil es leicht und
antiallergisch ist. Für Zifferblätter und Gehäuse kommt der Rohstoff Holz verstärkt zum Einsatz. Reichlich Verwendung findet die Leuchtmasse Superluminova.
Bei den Gehäusen geben Edelstahl und Rosegold weiter den Ton an. Glas- und Glitzersteinchen haben ihren Zenit überschritten.
Akzente setzen
Feines Weiß, leuchtendes Orange oder giftiges Grün setzen farbliche Akzente auf dem Zifferblatt. Innovation kann auch heißen,Krone und Bedienelement auf der anderen, sprich linken Seite anzubringen. Elemente trendbewusster Gestaltung setzte der Schweizer Uhrenproduzent Edox in seiner Dynamism-Linie um: Drehbares Chronographenwerk und Nummerierung der Sonderserie auf der rechten Seite. Nutzwert oder Optik – der Träger entscheidet was ihm wichtig ist. Der Puls der Zeit liefert Ideen für kommende Neuheiten. Heutige Uhren zeigen wo wir uns befinden, sie sagen das Wetter vorher, messen Gezeiten und führen Berechnungen aus. Die Uhr der Zukunft öffnet vielleicht Türen,
ist Fernbedienung oder dient uns als persönlicher, mit dem Arzt vernetzter Gesundheitsassistent. „Du hast eine Uhr – ich hab die Zeit“, an diesen Spruch aus einer Indien-Reportage werde ich denken, wenn ich mal wieder nach der Tageszeit gefragt werde und auf meine Uhr schaue. Gibt es Wertvolleres als Zeit zu haben?
Dem Glücklichen schlägt keine
Stunde ... (Schiller, Wallenstein)