Richtiger Anbau
zum richtigen Zeitpunkt
Anbaugeräte verwandeln Bagger und Radlader in Universalmaschinen
Baumaschinen aller Art, besonders aber Mobil- und Raupenbagger der gängigen Gewichtsklassen und Radlader bis hin zu etwa 10 t Gewicht, wandeln sich zunehmend von reinen Erdbewegungs- und Lademaschinen zu universell nutzbaren Geräteträgern. Im Internet unter www.baumarkt-online.info „Aktuelle Ausgabe“ können Sie die viel ausführlichere Langfassung dieses Artikels finden.
„Pro und Kontra“
Die sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung von Anbauausrüstungen ist stets eine Gratwanderung mit vielen Einflussfaktoren, die sich sowohl negativ als auch positiv auswirken und sogar ungünstig summieren können. Das beginnt bereits bei der Auswahl der für das Trägergerät optimal geeigneten Anbauausrüstungen. Sie sollten nicht zu schwer, nicht zu unhandlich und groß, dennoch aber möglichst kraftvoll und leistungsstark sein. Bei vielen Anbauausrüstungen, besonders welchen mit hydraulischem Antrieb, handelt es sich „nicht nur um ein Anbaugerät“, sondern um komplexe Kleinbaumaschinen mit aufwändiger High-Tech-Ausstattung. Sowohl hinsichtlich der Eigengewichte von 0,5 bis hin zu 3 oder gar 5 t als auch der Baugröße und Komponentenanzahl ist der Vergleich mit einer Kleinbaumaschine, die an Baggerausleger oder Laderhubgerüst montiert wird, durchaus gerechtfertigt. Dementsprechend großes Augenmerk sollte auf Technik, Qualität und Ausstattung der „Anbau-Kleingeräte“ gerichtet werden.
Erheblichen Einfluss üben außerdem die Wechselzeiten der jeweiligen Anbaugeräte aus. Sie hängen direkt von Art, Bauweise und Qualität des am Baggerausleger oder Radladerhubgerüst verwendeten Schnellwechslers ab. Jede Wechselzeit zum Ansetzen oder Abnehmen des Anbaugerätes ist unproduktive Arbeitszeit, in der das Trägergerät, ob Bagger oder Radlader, „tatenlos“ herumsteht, ebenso die Anbauausrüstung, und sich ein teurer Fahrer mit Montage- oder Demontagearbeit beschäftigt.
Nimmt der Wechsel einer oder mehrerer Anbauausrüstungen zu viel Zeit in Anspruch, wird das Baustellenpersonal das Ansetzen und Abnehmen vermeiden, um möglichst produktiv durcharbeiten zu können. Dies wiederum kann schnell und meist unbemerkt dazu führen, dass manche Arbeiten nicht gut oder gar nicht erledigt und andere Arbeiten „auf später“ verschoben werden. Gerade das aber darf nicht Sinn und Zweck von Anbauausrüstungen sein.
Ein weiterer Faktor ist zu berücksichtigen. Zwar können Bagger und Radlader mit Anbauausrüstungen bei vielen Arbeiten das Hinzuziehen von Spezialmaschinen oder weiteren Baumaschinen erübrigen, doch sollte bei der Planung dazu stets eine Frage im Vordergrund stehen: Lohnt es sich, eine teure, oft über 100 kW starke Baumaschine (mit entsprechendem Kraftstoffverbrauch, Betriebs- und Vorhaltekosten) und einen erfahrenen, vielleicht sogar spezialisierten Fahrer (mit hohen Lohnkosten) für diverse Nebentätigkeiten abzuziehen? Oftmals könnten ein handgeführter Verdichter, ein Minibagger oder eine Pflasterverlegemaschine statt einer großen Baumaschine mit Anbaugerät doch empfehlenswerter sein. Sicherlich ist es reizvoll, einen Bagger mit etlichen Anbauausrüstungen in ein äußerst vielseitig nutzbares „Multi-Tool“ zu verwandeln, das praktisch sämtliche Arbeiten auf einer Baustelle im Alleingang ausführen kann. In diesem Fall sollte jedoch unbedingt erwogen werden, dass der Bagger nun aber seine eigentlichen Aufgaben, nämlich beispielsweise das Grabenziehen oder Verladen von Aushub, nur noch erheblich verlangsamt erledigt, denn seine Aufgabenbereiche haben sich ja vervielfacht.
Mit anderen Worten: Viele Anbauausrüstungen auf der Baustelle erhöhen zwar den Nutzungsgrad eines Baggers oder Radladers, hemmen aber auch sein eigentliches Arbeitstempo. Soll fast ausnahmslos mit möglichst hoher Leistung und Produktivität gearbeitet werden, könnten Anbauausrüstungen daher hier hinderlich sein.
Das korrekte Abschätzen der vielen sich gegenseitig beeinflussenden Wechselwirkungen von Qualität und Leistung des Anbaugerätes und Schnellwechslers, Maschinenauslastung und möglicher „Überforderung“ sowie das Verlangsamen aufgrund anderer Tätigkeiten mit dem Anbaugerät verlangen einen großen Erfahrungsschatz und viel Know-how.
Anbau- und Trägergerät müssen passen
Vor dem Kauf einer Anbauausrüstung sollten wesentliche Parameter der vorgesehenen Trägermaschine, ob Bagger oder Radlader, genauer betrachtet werden. Wichtig sind besonders die Tragkräfte, vornehmlich bei Baggern, bei größeren Ausladungen. Auch bei weitester Auslegerstellung und damit Ausladung sollte der Bagger die Anbauausrüstung im gesamten 360°-Schwenkbereich sicher heben können. Dies sollte auch samt Inhalt bzw. Last möglich sein. Sollen keine rein mechanisch wirkenden Anbauwerkzeuge wie Tieflöffel, Schaufel oder Reißzahn genutzt werden, sondern hydraulisch betriebene Anbauausrüstungen, sind ein oder mehrere zusätzliche Steuerkreise und eine entsprechend leistungsfähige Bagger- oder Laderhydraulik erforderlich.
Da viele Bagger und Radlader in der Basisversion nur für den Betrieb mit Tieflöffel, Standardschaufel oder Palettengabel konzipiert sind, erscheint die Investition für eine Zusatzhydraulik häufig unnötig. Doch sollen der Bagger oder Radlader bei zukünftigen Einsätzen mit einer hydraulisch angetriebenen Anbauausrüstung arbeiten können, wird eine solche „Sparsamkeit am falschen Ende“ allzu bald bereut. Wäre gleich werksseitig eine geeignete Zusatzhydraulik mitbestellt worden, könnte die Maschine nun auch andere Aufgabenbereiche übernehmen und damit eventuell weitere Maschinen und Spezialgeräte erübrigen. Deshalb empfiehlt es sich grundsätzlich, die höheren Kosten zusätzlicher hydraulischer Steuerkreise vor dem Erwerb eines neuen Baggers oder Radladers zu erwägen, auch wenn sich noch kein Einsatz abzeichnen sollte, der eine Zusatzhydraulik erfordert. Dies betrifft natürlich auch die Wahl eines passenden Schnellwechslers.
Einige hydraulischen Anbauausrüstungen wie Fräsen und Löffelseparatoren beanspruchen die Bordhydraulik im Dauerbetrieb erheblich, auch über Stunden und Tage mit Höchstleistung. Die Hydraulik des Trägergerätes muss daher für die erforderlichen Drücke und Ölfördermengen ausgelegt sein. Im ungünstigsten Fall kann der Dauerbetrieb zu Überhitzungen der Hydraulik führen, besonders bei hochsommerlichen Temperaturen. Insofern sollten die Drücke (in bar) und die Ölfördermengen (in l/min) der später eventuell gewählten Anbauausrüstungen sorgsam berücksichtigt werden, um Problemen und unliebsamen Folgekosten für Reparaturen vorzubeugen.
Wechselzeiten und
Wechselkomfort
Die wenigsten Anbauausrüstungen werden direkt an Baggerausleger oder Laderhubgerüst angebolzt. Vielmehr wird heute fast schon standardmäßig ein Schnellwechsler genutzt, um den Wechsel der Anbauausrüstungen in kurzer Zeit vollziehen zu können. Wie bereits weiter oben erwähnt, finden jedoch die eigentlichen Wechselzeiten, mit denen in der tagtäglichen Baustellenpraxis kalkuliert werden sollte, häufig keine ausreichende Berücksichtigung. Allein das Wechseln eines Zweischalengreifers verschlingt mit manueller Schlauchkupplung meist 10 bis 20 unproduktive Minuten. Verlangt das Verbinden der Hydraulikschläuche einen beträchtlichen Zeitaufwand, widerspricht das dem Sinn eines Schnellwechslers. Um diesen Zeitaufwand zu vermeiden, werden Anbaugeräte oft nicht optimal genutzt. Für nur 2 oder 5 Minuten Einsatzdauer möchte kein Baggerführer 2 x 10 Minuten schrauben müssen. Deshalb werden nun manche Arbeiten anders oder noch mit der Schaufel erledigt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass heute sehr viele Anbauausrüstungen hydraulisch bewegt oder angetrieben werden, ob Greifer, Hydraulikhammer, 4-in-1-Mehrzweck- und Schwenkschaufel, Sieblöffel, Greif- oder Brecherschaufel, Verdichterplatte, Betonknacker, Mähkorb, Grabenund Betonfräse, Schrottschere, Kehrmaschine, Erdbohrer, Betonmischer, Kalkstreuer und mehr.
Trotz modernster Schnellwechsler kann das Anschließen all dieser hydraulischen Anbauausrüstungen ebenso umständlich wie zeitraubend sein und bei jedem Wechsel wegen des Verbindens und Trennens der Leitungen 10 bis 20 min beanspruchen. Anders gestaltet sich das mit einem Schnellwechsler, der auch alle Hydraulikleitungen automatisch verbindet, was die Wechselzeiten auf nur 10 bis 15 s reduziert.
Außerdem verbessert sich der „Komfort“ für das Wechseln der Anbauausrüstungen drastisch. Bisher musste der Fahrer für jeden An- und Abbau hydraulischer Anbaugeräte die Kabine verlassen, häufig ölverschmierte und verschmutzte Hydraulikschläuche mit den Händen anschließen oder abkuppeln und wieder einsteigen. So manches Mal tropft beim Ausrüstungswechsel Hydrauliköl aus den Leitungs- und Schlauchenden, das den Boden verunreinigt. All dies ist nicht gerade angenehm und erfordert oft auch das – ebenfalls unproduktive – Reinigen der Hände und Schuhe. Erschweren Regenwetter, Schnee oder Dunkelheit das Anschließen oder Abkuppeln, vermeiden viele Fahrer aus verständlichen Gründen den Ausrüstungswechsel, verschieben dadurch wichtige Arbeitsphasen und lassen ihren Bagger oder Radlader möglicherweise unnötig unproduktiv arbeiten.
Aus diesen Gründen trägt eine automatische Hydraulikkupplung am Schnellwechsler auch unmittelbar zur besseren Nutzung von Bagger bzw. Radlader und Anbauausrüstung bei. Der nun häufiger durchführbare Wechsel der Anbaugeräte gestaltet viele Arbeitsabläufe effizienter und erhöht die Produktivität. Durch die Investitionen in teure Anbauausrüstungen mag es sich sogar lohnen, den Bagger zeitweise als stationäres Hydraulikaggregat einzusetzen. Dabei können sich durchaus neue Arbeitsweisen ergeben, wenn beispielsweise durch den schnellen An- und Abbau eines Löffelseparators im Kanalbau Boden aufbereitet wird. Mit einem Schnellwechsler, der die Hydraulikleitungen automatisch verbindet, ergeben sich weitere Vorteile: Die Verschmutzungsgefahr der Hydraulik reduziert sich, da die Leitungen schmutzgeschützt miteinander verbunden werden. Beim manuellen Verbinden ist hingegen das Risiko hoch, dass Verschmutzungen in die geöffneten Hydraulikanschlüsse gelangen und das Hydrauliksystem kontaminieren.
Außerdem befinden sich beim automatischen Verbinden der Hydraulik keine Schlauchleitungen mehr im unmittelbaren Gefahrenbereich, werden demnach nicht beschädigt und können auch nicht mehr abreißen. Letztlich ist auch die Verletzungsgefahr des Fahrers beim Ausrüstungswechsel nicht mehr gegeben. Der Markt bietet derzeit schon über ein halbes Dutzend derartiger Schnellwechselsysteme, die die Hydraulikanschlüsse automatisch verbinden und trennen, beispielsweise von Engcon, Lehnhoff, Liebherr, Nado, OilQuick, Riedlberger und Wimmer. Die meisten Systeme wurden für Bagger konzipiert, wobei die Spannweite vom Minibagger bis zum 130-t-Großbagger reicht. Außerdem gibt es einige wenige solcher Schnellwechsler für Radlader, so von OilQuick, die aber aufgrund der Kinematik des Hubgerüstes in breiterer Bauweise ausgeführt sind.
Außergewöhnliche
Anbauausrüstungen
Zumeist werden mit dem Begriff Anbauausrüstung hinlänglich bekannte und bewährte Werkzeuge assoziiert, beim Bagger beispielsweise Hydraulikhammer und Betonknacker, beim Radlader Staplergabel und Kehrmaschine. Doch das Spektrum der Anbauausrüstungen aller Art wächst und wächst, denn erst in den letzten Jahren werden sowohl Bagger als auch Radlader als echte Vielzweckgeräte erkannt, als universell nutzbare „Multi-Tools“.
So entwickelte die Decker Arbeitsbühnen GmbH aus Limburg/Lahn ausgeklügelte Anbau-Hubarbeitsbühnen, die einfach am Schnellwechsler eines Baggers oder Radladers montiert werden. Trotz nur geringer Eingriffe in die Bordhydraulik der Maschine wird die Bühne stets automatisch horizontal geführt. Bagger oder Radlader dürfen sogar von der Bühne aus mit Schrittgeschwindigkeit verfahren werden und können so durchaus eine angemietete, selbstfahrende Hubbühne ersetzen. Besonders vorteilhaft ist die Geländetauglichkeit eines Baggers als Trägergerät, der sich so zu einer standsicheren Gelände-Hubbühne wandelt. Die Decker-Hubbühne DP800/B wurde zum Schnellwechsleranbau für Bagger ab etwa 9 t Gewicht konzipiert und bietet bis zu 14 m Arbeitshöhe (12,2 m Plattformhöhe) und 10 m Reichweite. Unterflur werden 5 m erreicht. Die 1,35 x 1,0 m messende Hubbühne trägt maximal 200 kg Last, also zwei Personen oder eine Person und Werkzeuge.
Mit entsprechenden Anbauausrüstungen übernehmen konventionelle Raupenbagger sogar die Bodenstabilisierung. Gemeint sind damit aber nicht bereits bekannte Spezialschaufeln, die den Boden aufnehmen, durchmischen und währenddessen Bindemittel einmischen, sondern eine neuartige Anbauausrüstung der finnischen Firma Allu, bei uns vertreten durch Allu Deutschland aus Bünde. Mit der Anbauausrüstung, bestehend aus einer stabilen Führungssäule und einem Fräs- und Mischkopf, führen Raupenbagger die Bodenstabilisierung bis in 5 m Wirktiefe durch. Ein Bindemittelbehälter folgt dem Bagger auf einem separaten, geländegängigen Raupenunterwagen, wobei das Bindemittel durch einen Schlauch zum Ausleger und dort zur Anbauausrüstung gefördert wird.
Das neue Allu-System eignet sich besonders zur Stabilisierung weicher Böden, um Setzungen zu reduzieren und die Stabilität des Bodens zu erhöhen. Im Gegensatz zu üblichen Methoden wie Säulenstabilisierung oder Bodenaustausch kann die Massenstabilisierung mit der Anbauausrüstung eine schnelle und kostensparende Alternative darstellen. So lassen sich Lehm, Torf, Schlamm oder weiche Böden in feste und stabile Bodenschichten verwandeln. Das System ist sogar auf nicht begehbarem, schlammigem Gelände einsetzbar, da der Bagger mit der Ausrüstung weit reichen kann. Die Stabilisierungsmethode ist auch bei kontaminierten Böden sinnvoll, weil Giftstoffe innerhalb des Bodens eingekapselt werden und so eine weitergehende Kontamination des umliegenden Geländes verhindert wird.
Bagger und Lader werden
zur Fräse
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten bieten sich, sofern Bagger, Radlader oder kompakte Raupenlader mit einer Anbaufräse arbeiten, die es in folgenden Bauarten gibt:
n Beton- und Felsfräsen,
n kombinierte Misch-Fräsen-Löffel,
n Asphaltfräsen,
n Grabenfräsen und Radsägen,
n Schneefräsen.
Sämtliche Anbaufräsen, gleich für welchen Einsatzzweck, werden hydraulisch von der Bordhydraulik der Trägermaschine angetrieben. Viele Fräsenmodelle verfügen über umwechselbare Schneidwerkzeuge, um sie unterschiedlichen Bodenbedingungen besser anpassen zu können, teilweise auch über umwechselbare Fräsköpfe. Die Drehzahlen und Fräsleistungen werden üblicherweise durch den hydraulischen Antrieb stufenlos geregelt.
Sowohl Bagger als auch Rad- und kompakte Raupenlader bieten beim Fräsenbetrieb interessante Einsatzmerkmale. Durch ihren hydrostatischen Fahrantrieb sorgen Rad- und Raupenlader für einen stufenlos regelbaren Fräsenvortrieb und damit für optimale Anpassung an die jeweiligen Einsatzbedingungen. Viele Fräsen, ob Grabenfräsen und Radsägen oder Asphaltfräsen, sind am Schnellwechsler des Laders seitenverschiebbar und können daher auch randgenau oder sogar außerhalb der Laderbreite arbeiten.
Bei Mobil- und Raupenbaggern gestattet die Auslegerkinematik vielfältige Bewegungen der Anbaufräse und entsprechend große Reichhöhen und -weiten oder auch Arbeitstiefen unterflur. Mit seitlich am Auslegerstiel schwenkbaren Anbaufräsen kann mittels Baggerausleger und geschwenktem Oberwagen sogar weit neben der Baggerspur gefräst werden. Dies ist mit keiner andere Maschine möglich, auch nicht mit selbstfahrenden Fräsen und bietet Vorteile beim Fräsen von Gräben neben der Straße.
Dipl.-Ing. H.-H. Cohrs,
Grube/Holstein
Nutzungsgrad versus Arbeitstempo