Südpavillon Hauptbahnhof Essen auf Glas gebaut
Geringes Gewicht und hohe Belastbarkeit durch Glasschaum-Granulat
Seit 1862 hat der Essener Hauptbahnhof viele Umbauten erlebt. Derzeit werden das Bahnhofsgebäude, die U-Bahn-Passerelle und das unmittelbare Umfeld mit den Vorplätzen und dem Busbahnhof modernisiert und umgebaut. Der in Teilen fertig gestellte Süd-Eingang wurde mit zwei acht Meter hohen Gebäudekuben auf 2300 m² komplett neu gestaltet. Um das U-Bahn-Bauwerk nicht zu sehr zu belasten, setzten die Architekten auf den Leichtbaustoff Glasschaum-Granulat als Basis.
Der Hauptbahnhof Essen gehört mit täglich 150000 Reisenden zu den größten Bahnhöfen Deutschlands. Das gesamte Areal wird bis Juni 2010 umfassend modernisiert, die Ruhrmetropole ist 2010 ein Jahr lang Kulturhauptstadt Europas. Die Renovierung umfasst die Sanierung der Bahnsteige, Gleise und Bahnsteigdächer, den Einbau neuer Personenaufzüge bis hin zur kompletten Modernisierung des Bahnhofsgebäudes mit einer Verkehrsfläche von 5100 m² und einer Ladenfläche von 5700 m². Im Rahmen dieser umfangreichern Umbaumaßnahmen der Stadt Essen, der Essener Verkehrs AG und der DB AG entsteht auch der Neubau des Südpavillons. Verantwortlicher Bauherr ist hier die Essener Verkehrs-AG, die eine Fertigstellung des Umbaus bis Juni 2010 vorsieht.
Gewichts-Stabilisierung
Die Arbeitsgemeinschaft aus mailänder ingenieur-consult (Karlsruhe) und dem Bochumer Architekturbüro dreibund Architekten realisierte seit Februar 2009 den Umbau des Südlichen Vorplatzes, den die Planer vollkommen neu strukturierten. Hier werden zukünftig das EVAG-Kundencenter, das DB-Reisezentrum und die DB-Lounge zu finden sein. Dieser Platz wird täglich von tausenden Reisenden überquert, unterirdisch verlaufen alle Nord-Süd und Ost-West Verbindungen der U-Bahn und der Essener Straßenbahn. Auf einer Fläche von 2300 m² entsteht ein einladendes Entree mit einem anspruchsvollen Bauwerk: Zwei Pavillons mit 8 Metern Höhe – beide aus Sichtbeton und Glas, die unter einem gemeinsamen Stahldach zusammengefasst sind.
Die projektverantwortlichen Planer sahen sich anfangs mit problematischem Untergrund konfrontiert, denn der bestehende Vorplatz war für eine derartige Baumaßnahme zunächst nicht ausreichend tragfähig. Der Bodenaufbau musste aber so geplant werden, dass die volle statische Tragfähigkeit gewährleistet ist. Im Klartext die Vorgabe, dass die Pavillonbebauung so leicht sein musste, dass die unmittelbar darunter befindliche Stahlbetonkonstruktion des U-Bahnbauwerkes die Lasten sicher abtragen kann. Um die vorgegebenen Belastungsgrenzen nicht zu überschreiten, sollte ein besonders leichter Baustoff zur Verwendung kommen. Die Anforderungen an das gewünschte Material: Äußerst geringes Gewicht in Verbindung mit hoher Tragfähigkeit. dreibundarchitekten setzten auf einen Baustoff, der alle relevanten Faktoren vereinte: Glasschaum-Granulat von Technopor. Ein zu 100 % aus Altglas hergestellter Dämm- und Leichtbaustoff, der mit vier wesentlichen Eigenschaften punktet: wärmedämmend, lastabtragend, drainierend und kapillarbrechend.
Schichtaufbau
Pavillon Südeingang
In folgenden Abschnitten wurde gebaut: Die Basis des Süd-Eingangs besteht aus einer herkömmlichen Betondecke, auf die vom ausführenden Unternehmen „Arbeitsgemeinschaft IHT-Raaf“tragfähige Gebäude-Fundamentroste aus Beton aufgesetzt wurden. Gegen das seitliche Eindringen von Wasser sah man für das Außenfundament eine Frostschürze mit einer Tiefe von 80 cm bis 1,50 m Tiefe unter Oberkante Gelände vor. Diese Frostschürze wurde im statisch nicht belasteten Außenbereich der Fundamente gebildet. Auf einer Einbauhöhe von 1,50 m brachten die Experten zwischen die Gebäude-Fundamente das Glasschaum-Granulat ein, das sich leicht mithilfe einer Rüttelplatte verdichten ließ.
Beim Verdichten zerbricht Glasschaum-Granulat und die einzelnen Granulat-Stücke „verkrallen“ untereinander, sie bilden ein festes Gefüge, fast wie bei einer homogenen Platte. Es entsteht ein durchgehend gleichmäßiger Kornaufbau. Die relativ grobe Oberflächenstruktur der Schaumglasbrocken bewirkt ein intensives Verkeilen untereinander, aus der die hohe Belastbarkeit in der Fläche resultiert. Gleichzeitig mit der Verdichtung entsteht eine glatte, aber zugleich durchlässige Oberfläche. Auf dem in kürzester Zeit erstellten Gründungspolster – dies ist auch bei Regen möglich – kann der Weiterbau sofort erfolgen. Technopor ist einfach aufzuschütten, schweres Baugerät ist bei diesem Materialaufbau nicht erforderlich. Der beim Vorplatz Hauptbahnhof Essen entstandene Boden war sofort begehbar, so dass sich alle weiteren Arbeiten rasch ausführen ließen: Direkt auf die entstandene Glasschaum-Schicht verlegte man eine Geotextil-Folie, um darauf die abschließende Fußboden-Betonplatte des Pavillons anzubringen.
Tragende Argumente –
dauerhaft stabil
Baumaßnahmen dieser Art stellen hohe technische Anforderungen an die statischen Voraussetzungen. Durch das geringe Gewicht von Technopor konnte die statische Belastung für den Untergrund Südbahnhof Essen äußerst gering gehalten werden. Das Granulat ist um den Faktor 10 leichter als herkömmliche Baustoffe und erfüllt die gestellten Anforderungen trotz niedrigem Aufbau mit einer besonders hohen Tragfähigkeit und Langzeitdruckfestigkeit. Der Clou sind die lange Lebensdauer des Materials, die Stabilität und die große Widerstandsfähigkeit gegenüber jeglichen Umwelteinflüssen.
[www.technopor.com]
Eva Mittner,
freie Journalistin, München,
E-Mail: Eva.mittner@gmx.de