WDVS-Fassade in neuem Glanz
Sanierung einer Kindertagesstätte in Sachsen
Im Portrait der Stadt Geithain liest man, dass sich hier „Altes und Neues, Historisches und Modernes zu einer harmonischen Einheit fügen“. Ganz in diesem Sinne sollte die Sanierung der Kindertagesstätte „Wirbelwind“ zum 30. Geburtstag erfolgen. Der Fassade nur mit Pinsel und Farbe ein schöneres Aussehen zu geben, kam für die Geithainer nicht in Frage.
Es musste schon eine Verbesserung der Gebäudeeigenschaften erreicht werden. So entschied man sich für ein WDV-System mit einem Putzsystem, das den Charakter des Gebäudes und den Anforderungen der Denkmalpflege entsprach.
Original-Look
Auf den ersten Blick sieht man dem 1928 im „Heimatschutzstil“ der 20er/30er Jahre errichteten Gebäude nicht an, dass eine energetische Sanierung erfolgte. Rein äußerlich gleicht das Objekt den vielen in diesem sachlich-schlichten Stil erbauten Jugendherbergen in Sachsen aus diesem Zeitraum. Der Originalzustand des Gebäudes konnte aus vorhandenen Archivunterlagen nachvollzogen werden. Die in den 70er Jahren erfolgten Umbauarbeiten veränderten das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gebäudes, wobei aber wesentliche Gebäudemerkmale erhalten blieben. Ob nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt fügt sich der Anbau des „neuen Wintergarten“ auf der ehemaligen Terrasse optimal an das Gebäude an. Die in diesem Zeitraum ebenfalls veränderten Fenster sowie die Putzfassung konnten im Rahmen der heutigen Sanierung dem aktenkundigen Originalbefund der Bauzeit angepasst werden.
Sanierung
Die Flächen oberhalb des Polygonmauerwerks aus Rochlitzer Porphyrtuff wurden in Abhängigkeit der Fassadenstruktur im Erdgeschoss mit 40 mm Wärmedämmung unter Putzfassung und im Obergeschoss mit 30 mm Wärmedämmung unter Holzverkleidung versehen.
Im Erdgeschossbereich wurden die gewählten 40 mm Dämmplatten aus nicht brennbarer Mineralwolle sowohl geklebt als auch gedübelt. Die Dämmplatten wurden im Punkt-Wulst-Verfahren auf den gereinigten Untergrund verklebt. Die Verdübelung des Systems erfolgte mit bauaufsichtlich zugelassenen Tellerschlagdübeln.
Entsprechend den vorliegenden putztechnischen Anforderungen seitens der Denkmalpflege, d.h. vor allem die Wiederbelebung der historischen Putzstruktur und die originalgetreue Ausbildung von zurückliegenden dekorativen Fensterfaschen gemäß dem historischen Vorbild, galt es, ein geeignetes Putzsystem auf gedämmter Fassadenfläche zu realisieren. Die besondere Herausforderung bestand dabei in der Ausarbeitung von um mind. 15 mm zurückgesetzten dekorativen Faschen auf dem Wärmedämm-Verbundsystem.
Zusammenarbeit
In konstruktiver Zusammenarbeit zwischen Restaurator, Berater und Planer entschied man sich für die Putzarbeiten auf den Dämmplatten mit einem „Dickschicht-System“ gemäß gültiger Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung. D.h. zusätzlich zu der klassischen Armierungsschicht eines jeden WDVS wurde ein spezieller Unterputz aufgetragen, der einerseits eine dekorative Putztechnik ermöglicht und andererseits höhere mechanische Belastbarkeit des Putzsystems auf WDVS und durch das höhere Gewicht eine Verbesserung des Schallschutzes bewirkt.
Die Faschen und Leibungen wurden zuerst im klassischen „Dünnbettverfahren“ vorbereitet. Mit dem Auftrag des Grundputzes erstellte eine erfahrene Fachfirma aus der Region unter Verwendung von Holzlatten und vorgefertigten Holzschablonen die ursprüngliche und zurückgesetzte Form.
Vor dem Aufbringen der vollflächigen klassischen Armierungsschicht eines jeden WDVS wurde hier direkt auf die werkseitig vorbeschichteten Dämmplatten ein spezieller faserarmierter Leichtunterputz in Dicke von ca. 12 mm aufgetragen. Dieser wurde rabbotiert und nach ca. 1 Woche Standzeit mechanisch entspannt. Die weitere Bearbeitung erfolgte nach fleckenfreier Abtrocknung, mind. aber nach einer Standzeit von 1 Tag/ mm Putzdicke.
Dazu erhielten Putzflächen eine Armierungsschicht mit dem für ein Wärmedämm-Verbundsystem typischen mineralisch vergüteten Armierungsmörtel und einem alkalibeständigen Armierungsgewebe. Der Oberputz wurde in Anlehnung an den historischen Befund mit einem mäßig verriebenen Glattputz mit 2 mm Körnung ausgeführt und mit einem egalisierenden Anstrich mittels einer Siliconharzfarbe im einheitlichen hellen warmen Farbton versehen.
Das Finish
Die zurückgesetzten Faschen und Leibungen der Fenster und Gebäudeöffnungen erhielten als Oberputz eine besonders feine Filzstruktur. Die geschwungenen Faschen heben sich allein durch die putztechnische Gestaltung optisch von den Wandflächen ab. Allerdings erst nach der farblichen Fassung in einem satten Grün geben sie dem Gebäude sein charakteristisches Aussehen. Die farbliche Gestaltung der Faschen und Leibungen wurde in einer historischen Leinöltechnik appliziert.
So hat man geschickt moderne und historische Materialien sowie Handwerkstechniken kombiniert. Das historische Erscheinungsbild wurde durch den Einbau neuer hochwertiger gegliederter Holzfenster ergänzt, die speziell für dieses Objekt entsprechend dem Originalzustand aus der Errichtungszeit des Gebäudes gemäß den denkmalpflegerischen Auflagen angefertigt wurden. Zusammen mit der im Obergeschoss neu auf Dämmung erstellten Holzverkleidung und der gewählten farblichen Fassung vermittelt das dem Gebäude den typischen ländlichen und naturverbundenen Charakter.
Fazit
Die fertige Fassade der KITA „Wirbelwind“ ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass der Einsatz eines Wärmedämm-Verbundsystems durchaus mit der Realisierung einer Sanierung nach strengen denkmal-pflegerischen Auflagen kombinierbar ist. Hier ging es nicht nur um die Wiederbelebung einer historischen Struktur auf WDVS („mäßig verriebener Glattputz mit Korngröße bis 2 mm“), sondern auch um die Ausbildung der charakteristischen zurückliegenden geschwungenen und farblich abgesetzten Fensterfaschen auf gedämmter Fassadenfläche.
Das überzeugende Ergebnis verdeutlicht, wie wichtig das Miteinander aller am Bau Beteiligten ist und wie ein funktionierendes Netzwerk aussehen kann. So wurde von Anfang an gemeinsam mit dem zuständigen Architekturbüro, dem Restaurator und dem Materialhersteller die Ausschreibung vorbereitet. Unter Berücksichtigung der Anforderungen der Denkmalpflege wurde der geeignete Putzaufbau ausgewählt und entsprechend den Erfordernissen konzipiert und eingesetzt. Es wurden Produkte gewählt, welche bereits Bestandteil der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung sind. Selbstverständlich sind auch andere Oberputze nach Befund oder Vorgabe der Denkmalpflege zur Oberflächengestaltung auf einem Wärmedämm-Verbundsystem möglich. Sollten diese Rezepturen nicht in der entsprechenden Zulassung geregelt sein, so kann die Zustimmung im Einzelfall bei der zuständigen Landesbaubehörde eingeholt werden.
Die fertige Fassade zeugt von einer gelungenen Umsetzungsidee für die Ausbildung der historischen Fensterfaschen auf einem WDVS mit Hilfe des Dickschicht-Systems, dank einer sorgfältigen Planung sowie der vorzüglichen und qualitativ sehr guten Ausführung durch erfahrene Fachleute aus der Region.
Hier überzeugt das Ergebnis ...