Wohin geht’s mit ÖPP?

Öffentlich Private Partnerschaften sind kein Auslaufmodell

Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) waren vor ein paar Jahren groß im Trend. Länder und Kommunen griffen in Zeiten knapper Kassen zunehmend auf Know-how und Kapital von Bauunternehmen zurück.

Dann bremste die internationale Finanzkrise in 2008 und 2009 die Expansion. Zuletzt belasteten Wahlsiege von linken Parteien das innovative Modell. Ein „Relaunch“ der ÖPP wäre dringend erforderlich. Politisch sind die Voraussetzungen allerdings ungünstig. Die ideologischen Vorbehalte der in 2010 und 2011 gewählten rot-grünen Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bremsen die Entwicklung. Die Chefs der großen Bauunternehmen haben dagegen vernehmlich protestiert. Dr. Alexander Tesche, Vorstand von Züblin in Stuttgart, registrierte „mit Sorge die zunehmende Skepsis gegen ÖPP-Projekten auf landespolitischer Ebene“. Für die „deutliche Zurücknahme der Praxis von PPP und Generalunternehmer-Verträgen bei Vergaben der öffentlichen Hand“, wie es der Koalitionsvertrag von Grün-Rot formuliert, hat er „kein Verständnis“.

Er sehe keine wirkliche Alternative bei ÖPP-Projekten. Auch sein Kollege von Strabag in Köln, Dr. Thomas Birtel, beklagte sich ebenso über den „politischen Gegenwind aus zwei wichtigen Bundesländern“. Für ihn machen ÖPP „weiter Sinn“. Für den Straßenbauer ist es wichtig, dass mithilfe von ÖPP „auch in Zeiten knapper Kassen erhebliche Wirtschaftslichkeitsvorteile realisiert und dringend notwendige Investitionen zügiger umgesetzt werden“. Auch wegen der Stagnation in Deutschland hat die Gruppe ÖPP-Projekte in den Niederlanden, in Dänemark und Luxemburg hereingeholt. Das endgültige Auslaufen der beiden deutschen Konjunkturpakete in 2011 schraubt die öffentlichen Bauinvestitionen auf das Normalmaß zurück, das ja bekanntlich für Neubau und Instandhaltung der Infrastruktur nicht ausreicht.

 

Nur „Insellösungen“?

Der neue Präsident des Hauptverbands der Bauindustrie, Prof. Thomas Bauer, setzt offenbar andere Akzente. Anlässlich des Spatenstichs für die Autobahnverbreiterung A8 Augsburg-Ulm, das fünfte ÖPP- Projekt (A-Modell) des Bundes, meinte er, „ÖPP-Verkehrsprojekte könnten als Insellösungen das fundamentale Finanzierungsproblem, dem sich die Verkehrsinfrastrukturpolitik in Deutschland gegenübersehe, nicht lösen“. Deshalb plädiere die Bauindustrie für eine „Neuordnung der Straßenbaufinanzierung“, indem die Nutzerfinanzierung die traditionelle Haushaltsfinanzierung ersetzen solle.

Er verlangt die Ausstattung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) mit einem Recht zur eigenständigen Kreditaufnahme, sowie die Ausweitung der Autobahnmaut auch auf leichte Lkw und die Einführung einer Pkw-Vignette. Es wäre jedoch ein Fehler, sich zu sehr auf Verkehrsprojekte zu konzentrieren und dabei die ÖPP im Hochbau zu vergessen. Es gibt bereits sehr erfolgreiche Realisierungen bei Schulen, Rathäusern und Krankenhäusern. Außerdem gibt es keinen Gegensatz zwischen der Förderung von ÖPP und der Entwicklung einer neuen Straßenbaufinanzierung, die nur mittelfristig durchsetzbar wäre. Wenn die Chefs von Strabag und Züblin aktuell mehr ÖPP verlangen, muss man das einfach ernst nehmen. Bei der Jahrespressekonferenz des Hauptverbands im Juni hatte Prof. Bauer noch gesagt, man „müsse“ in Deutschland stärker auf ÖPP setzten. Er nannte dabei großeVerkehrsprojekte wie die Elbquerung und den Albaufstieg, die Modernisierung der Bundeswehr und der Schienenwege. „Schienen-ÖPP könnten- wie in Frankreich- die Lücke schließen“, sagte er.


Mehr Akzeptanz durch mehr Transparenz

Die Widerstände gegen ÖPP sind leider eine Tatsache. Sie betreffen nicht nur linke Landesregierungen, sondern auch die Verwaltung, die in einigen Bundesländern mit
ausgeprägter Staatstradition wie Bayern manchmal mauern kann. Der neugewählte Vorsitzende des Arbeitskreises ÖPP im Hauptverband der Bauindustrie, Thomas Töpfer, Vorstandsmitglied von Bilfinger Berger, bietet Politik und Verwaltung an, Transparenzstandards für ÖPP zu verfassen. Die Bauindustrie sei bereit, ÖPP-Verträge bis in die Einzelverträge zu veröffentlichen, ohne dabei allerdings das geistige Eigentum preiszugeben. „Die Kritik von Teilen der Gewerkschaften und einigen Nichtregierungsorganisationen können wir erfolgreich nur durch offene Kommunikation begegnen“, verteidigte er seine zugleich offensive wie flexible Haltung. Laut Mitteilung des Hauptverbands glaubt Töpfer auch für die nächsten Jahre an eine allmähliche Erholung des ÖPP-Markts. Mit den Zuschlägen für das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin und den Ausbau der Autobahn A 9 Hermsdorf- Schleiz hätten die ÖPP-Investitionen im Juli 2011 das Volumen von 1 Mrd. Euro überschritten. Die Bauindustrie sei optimistisch, dass die „Durststrecke von 2010“ überwunden sei. Etwas Mut täte gut. Während der Großen Koalition hatte der sozial-demokratische (!) Bundesfinanzminister Peer Steinbrück eine ÖPP-Quote von 15 % für die öffentliche Hand angestrebt; das bedeutete eine Verdreifachung gegenüber dem damaligen Stand.

Marcel Linden, Bonn

Trotz Finanzkrise(n) ist die Bauindustrie weiterhin verhalten optimistisch

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