Die Zukunft des Bauens zeigt sich in der Antarktis

Bau einer britischen Forschungsstation

Wie das Bauen der Zukunft konkret in der Praxis aussehen kann, zeigt das Beispiel eines ganz besonderen Bauprojektes, das unter anderem mit Software von Autodesk erst möglich wurde: Der Bau einer Forschungsstation in der Antarktis.

In den 1970er Jahren entstanden auf der antarktischen Insel Adelaide sechs Gebäude, die Forscherinnen und Forschern als feste Orte für ihre Untersuchungen dienten. Hier beschäftigten sich die Forschungsteams mit Gletscherforschung, Meteorologie, Geologie und Biologie und untersuchten so unterschiedliche Aspekte des Klimawandels. Ihre Erkenntnisse wurden und werden in der ganzen Welt verwendet und stellen eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Klimaschutzmaßnahmen dar. Die Fortsetzung der Forschung ist also essenziell, die Gebäude hatten allerdings das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Deshalb beschloss die British Antarctic Survey (BAS), das nationale Polarforschungsprogramm Großbritanniens, ein 10-Jahres-Bauprogramm bei dem nicht nur die alten Gebäude abgerissen werden sollen, sondern sowohl ein 4.500 Quadratmeter großes Zentralgebäude als auch neue Infrastrukturen wie eine Werft für das zugehörige Forschungsschiff und das Schiff selbst gebaut werden sollen. Die BAS legt bei diesem Bauvorhaben großen Wert auf Nachhaltigkeit in allen Belangen: Die Station soll bis 2030 emissionsfrei sein, weshalb die Dächer des Gebäudes mit Sonnenkollektoren ausgestattet werden. Die für den Bau aufgewendete Menge an Ressourcen wie beispielsweise Schiffsdiesel oder Stahl soll deutlich gesenkt werden (Schiffsdiesel um 25 Prozent, die für die Werft verbaute Stahlmenge um 50 Prozent). Aufgrund der Wetterbedingungen vor Ort mussten außerdem bereits im Design des Gebäudes Lösungen für besondere Herausforderungen wie Schneeverwehungen, die mitunter Türen und Wände des Gebäudes versperren könnten, und Windabweiser gefunden werden. Insgesamt hat das Projekt einen Wert von 340 Millionen Euro, finalisiert werden soll es bis 2026.

Schwierige Baubedingungen vor Ort

Um die Umsetzung dieses besonderen Projektes kümmert sich ein Team aus Experten, das in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe setzten musste. Es gibt keinerlei Modell oder Muster, an dem sich die Kooperationspartner orientieren können, außerdem ist die Bauzeit aufgrund der klimatischen Bedingungen in diesem Teil der Welt zeitlich stark begrenzt: Die Bausaison dauert nur jeweils von November bis April, wobei vor Baubeginn die Baufläche zunächst noch von Schnee befreit werden muss. Außerdem kämpfen die Teams mit felsigen, gefrorenen Böden, permanentem Wind mit teilweise hohen Windgeschwindigkeiten und Platzkapazitäten, die so begrenzt sind, dass sich nur 50 Personen gleichzeitig auf der Baustelle bewegen können. Die benötigten Geräte und Materialen können nicht unmittelbar eingesetzt werden, sondern müssen zunächst einen Reinigungsprozess durchlaufen, um die Integrität des Ökosystems vor Ort nicht durch fremde Lebensformen durcheinanderzubringen.

  Geplant sind u.a. ein 4.500 Quadratmeter großes Zentral-gebäude, aber auch neue Infrastrukturen wie eine Werft für das zugehörige Forschungsschiff
© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

Geplant sind u.a. ein 4.500 Quadratmeter großes Zentral-gebäude, aber auch neue Infrastrukturen wie eine Werft für das zugehörige Forschungsschiff
© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

Effiziente Zusammenarbeit durch digitales Modell: Ramboll, Sweco und BAM als Partner des BAS

Ramboll übernimmt die Rolle des technischen Beraters, weitere Kooperationspartner des BAS sind das Ingenieurbüro Sweco und BAM als Baupartner. Um die knappe Bauzeit optimal auszunutzen und keine unnötige Zeit mit Absprachen und Koordination zu verbringen, arbeiteten die beteiligten Akteure von Anfang an mit einem zentralen digitalen Modell. Dieses wurde über die cloudbasierte Autodesk BIM360-Software bereitgestellt und bot den Teams jederzeit Zugriff auf alle Informationen und Projektdaten. Durch den Einsatz dieses digitalen Tools wurde ganz automatisch die Einheitlichkeit von Daten und Strukturen gewährleistet.  Dies vereinfachte nicht nur Abstimmungsprozesse signifikant, es bot den Unternehmen in wirklich allen Phasen von der Planung, über die Umsetzung bis hin zu Operationsprozessen Unterstützung. Ergänzend nutzten die Teams Autodesk Revit. Dieses ermöglicht eine Vielzahl von Optionen zur präzisen 3D-Modellierung von Formen, Strukturen und Systemen unter Verwendung parametrischer Methoden. Die integrierten Analysewerkzeuge erlauben Projektmanagern die Bewertung von Draufsichten, Ansichten, Bauteillisten, Schnitten und Plänen sowie die Integration von Optimierungsvorschlägen. Des Weiteren unterstützt es den nahtlosen Austausch und die Verknüpfung häufig genutzter BIM- und CAD-Dateiformate wie IFC, 3DM, SKP, OBJ und andere, um die Zusammenarbeit der verschiedenen beteiligten Akteure zu erleichtern.

 
© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

Virtuelle Baggerfahrten als Übung

Neben den Vorteilen für die Zusammenarbeit eröffnet die Nutzung digitaler Tools mit KI-Funktionalitäten in diesem besonderen Bauprojekt aber noch ganz andere Möglichkeiten. Die Teams kreierten ein digitales Spiel, bei dem die Spieler den in der realen Welt diffizilen Aushub um die Zugstangen, aus denen die Werft bestand, üben konnten. Auf diese Weise konnten Prozesse trainiert werden ohne vor Ort zu sein, was einerseits Sicherheit im Bauablauf gibt, das Tempo erhöht und die Kosten senkt, andererseits aber auch für mehr Nachhaltigkeit etwa bezüglich der Ressourceneffizienz sorgt. Dies wirkt sich positiv auf die Projektergebnisse aus und sendet gleichzeitig ein wichtiges Signal aus der Praxis in Richtung Nachwuchskräfte. Im "State of Design and Make Report", für den Autodesk jährlich Führungskräfte aus Architektur, Ingenieur- und Bauwesen, Produktentwicklung und Fertigung sowie aus der Medien- und Unterhaltungsbranche befragt, gaben diese an, dass Nachhaltigkeits-bemühungen des eigenen Unternehmens „einen sehr starken Einfluss“ auf die Arbeitgeberattraktivität bei der jungen Generation hätten. Der Einsatz von digitalen Lösungen führt damit nicht nur zu mehr Effizienz und Ressourcenschonung in den Projekten selbst, er steigert die Attraktivität der gesamten Branche und ist damit ein Ansatz für die Lösung des Fachkräftemangels.

  Durch Nutzung digitaler Tools konnten Prozesse trainiert werden, ohne vor Ort zu sein, was einerseits Sicherheit im Bauablauf gibt, das Tempo erhöht und die Kosten senkt, andererseits aber auch für mehr Nachhaltigkeit etwa bezüglich der Ressourceneffizienz sorgt
© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

Durch Nutzung digitaler Tools konnten Prozesse trainiert werden, ohne vor Ort zu sein, was einerseits Sicherheit im Bauablauf gibt, das Tempo erhöht und die Kosten senkt, andererseits aber auch für mehr Nachhaltigkeit etwa bezüglich der Ressourceneffizienz sorgt
© Pete Bucktrout, British Antarctic Survey (BAS)

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