Durch achtsames Verhalten Absturzunfälle vermeiden
Nachbericht zum 8. Fachkongress für AbsturzsicherheitÜber 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten den 8. Fachkongress für Absturzsicherheit im Oktober 2024 in Dortmund. Neben der Planung und Montage von Absturzsicherungen auf Dächern mit Photovoltaikanlagen ging es auf dem Kongress um die Frage, wer bei Absturzunfällen haftet.
Der Fachkongress für Absturzsicherheit fand dieses Jahr in der Energiehalle und der benachbarten Stahlhalle der DASA-Arbeitswelt-Ausstellung in Dortmund statt. Die DASA gibt auf einer Fläche von insgesamt 13.000 Quadratmetern und in sechs Ausstellungsbereichen Einblicke in verschiedene Arbeitswelten. Der Ausstellungsbereich „Bauhandwerk“ zeigt beispielsweise, wie Lärm, Staub und Hitze zu Belastungen bei der Arbeit führen und wie man solche Gefährdungen und damit Unfälle auf der Baustelle vermeidet. Wie sich Absturzunfälle durch vorausschauende Planung und sichere Systeme vermeiden lassen, war eines der zentralen Themen des Fachkongresses für Absturzsicherheit 2024.
Highlights und Fachvorträge
Wie digitale Tools die Planung von Absturzsicherungen auf Flachdächern vereinfachen und dabei helfen können, gesetzliche Vorgaben einzuhalten, zeigte Thomas Reykers von ABS Safety in seinem Vortrag auf dem Fachkongress. Der Hersteller bietet mit dem „ABS Lock Book“ ein digitales Tool zur Flachdachplanung an und stellte auf dem Kongress eine Auswahl seiner Systeme, Produkte und digitalen Lösungen zur Planung und Montage von Absturzsicherungen vor.
Systeme zur Absturzsicherung für Flachdächer mit Photovoltaik-anlagen stellte auch die Innotech Arbeitsschutz GmbH auf dem Kongress vor. Der Hersteller bietet ein großes Sortiment an Systemen für die Absturzsicherung bei der Montage und Wartung von PV-Anlagen an, dazu gehören unter anderem Gerüstsysteme für den kollektiven Schutz sowie verschiedene Seilsicherungs- und Schienensysteme.
Unachtsames Verhalten kann zu Absturzunfällen führen
In dem Impulsvortrag „Helden der Arbeitssicherheit“ wurde das Thema Arbeitssicherheit aus psychologischer Perspektive betrachtet. Der Vortrag wurde gemeinsam von Marcus Morlinghaus und Dr. Renate Mayer konzipiert und von Paul M. Brannt vom „Theater Interaktiv“ präsentiert. Dabei stellte der Referent dem Publikum die Frage: „Wie viele von Ihnen achten täglich darauf, Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und Absturzsicherung umzusetzen, fahren aber auf der Autobahn häufig zu dicht auf oder fahren Fahrrad ohne Helm?“ Jeden Tag würden 70 Menschen bei Straßenverkehrsunfällen in Europa ums Leben kommen, erklärte Brannt. Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts kamen in Deutschland 2023 insgesamt 2839 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben – das sind fast acht Todesfälle pro Tag. Die Statistik zeigt, dass die Gefahr von Unfällen im Straßenverkehr hoch ist. Dieser Gefahr sei man sich aber häufig nicht bewusst, aus Gewohnheit, Routine oder Unachtsamkeit achte man nicht immer darauf, sich sicher zu verhalten, so Brannt. Auf der Baustelle könne unachtsames Verhalten oder ein falsches Sicherheitsgefühl aus der Gewohnheit heraus ebenfalls schnell zu Unfällen führen.
Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist gestiegen
Insgesamt 96.153 Arbeitsunfälle verzeichnete die BG BAU 2023 auf Baustellen in Deutschland. Damit ist die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle im Vergleich zu 2022 zwar um mehr als drei Prozent zurückgegangen – die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist jedoch leicht gestiegen: 76 Beschäftigte kamen 2023 bei Arbeitsunfällen auf Baustellen ums Leben – das sind zwei Menschen mehr als im Jahr zuvor. Absturzunfälle, herabfallende oder kippende Bauteile gelten dabei laut der BG BAU als Hauptursachen für tödlich verlaufende Arbeitsunfälle in der Baubranche. Prof. Dr.-Ing. Marco Einhaus, Leiter des Sachgebiets Hochbau in der Abteilung Prävention der BG Bau, erklärte in seinem Vortrag am zweiten Kongresstag, dass es bei Arbeiten auf Dächern besonders häufig zu Durchsturzunfällen komme, etwa durch ungesicherte Lichtkuppeln oder Dachöffnungen.
Absturzsicherheit im Dachdeckerhandwerk
Wie sich Absturzunfälle auf Steil- und Flachdächern vermeiden lassen, darum ging es in einem Dialogvortrag am zweiten Kongresstag mit Dirk Sindermann, Geschäftsführer von Bedachungen Sindermann aus Dortmund, und Stephan Thomas, Chefredakteur des Magazins dach+holzbau. Dirk Sindermann erklärte, dass das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Absturzsicherung im Dach-deckerhandwerk in den vergangenen Jahren gestiegen sei. In seinem eigenen Betrieb in Dortmund spiele das Thema Absturz-sicherheit eine große Rolle. Neben Gerüsten, Dachrandgeländern und Seilsicherungssystemen für Arbeiten auf Flachdächern nutzen die Mitarbeiter von Dirk Sindermann beispielsweise häufig Hubarbeitsbühnen statt Leitern für den Zugang zum Dach, was zu einer körperlichen Entlastung und weniger Unfallgefahr führt.
Wie man eine belastbare Gefährdungsbeurteilung zur Vermeidung von Absturzunfällen erstellt, zeigte der Sicherheitsingenieur und Jurist Donato Muro in seinem Vortrag.
Jochen Mittenzwey, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Berlin, verdeutlichte anhand von realen Rechtsfällen in seinem Vortrag, wer im Falle eines Absturzunfalls haftet und somit zur Verantwortung gezogen wird.
Jost Organista, Geschäfts- und Ausbildungsleiter der PSAgA-Akademie NRW Ruhr, hielt zum Abschluss des Fachkongresses einen spannenden Vortrag zum Thema „Blitze – die unsichtbare Gefahr“. Dabei berichtete Organista nicht nur von einer eigenen Blitzschlagerfahrung in Australien, sondern zeigte auch, wie sich hier in Deutschland eine lokaldynamische Gefährdungsbeurteilung erstellen lässt.
Neben den Fachvorträgen gab es auf dem Kongress auch eine Praxisvorführung: Nach einer theoretischen Einführung in das Thema Höhenrettung durch Hauptbrandmeister Tobias Stroth demonstrierten die Spezialisten der Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr Dortmund in der Stahlhalle der DASA Rettungsübungen, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit viel Spannung beobachtet wurden.
Fachausstellung ermöglichte Austausch und Netzwerken
Der Fachkongress für Absturzsicherheit wurde dieses Jahr erneut vom Bauverlag mit den Redaktionen dach+holzbau und THIS in Kooperation mit der BG Bau ausgerichtet. Die Ausstellung zum Fachkongress bot viele Möglichkeiten zum Austauschen für die Teilnehmerinnen, Teilnehmer und Kongresspartner. Dabei präsentierten die Kongresspartner ABS Safety, Grün GmbH, Innotech Arbeitsschutz GmbH, Wilhelm Layher GmbH & Co. KG und die Preising GmbH & Co. KG ihre Systeme und Produkte zur Absturzsicherheit und standen für Fragen bereit, ebenso wie ein Expertenteam der BG BAU. Mehr Informationen zum Kongress finden Sie online unter www.kongress-absturzsicherheit.de.