Modulares Bauen mit Betonfertigteilen
Rückkonsumzentrum auf neuem LevelDie Stadt Delmenhorst bei Bremen hat sich auf die Fahnen geschrieben, einen entscheidenden ersten Schritt zur Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“) zu gehen – mit einem in der ersten Jahreshälfte 2024 neu errichteten Wertstoffhof.
Der neue Wertstoffhof strebt an, künftig das RAL-Gütezeichen „Rückkonsumzentrum“ (RKZ) tragen zu können. Verliehen wird dies vom unabhängigen Institut RAL (u.a. bekannt als Vergabestelle des Blauen Engels) an öffentliche oder private Annahmestellen für Alt-Produkte. Hierfür müssen die Kriterien der umfassenden Güte- und Prüfbestimmungen erfüllt werden. Abfallvermeidung und Wiederverwendung spielen hierbei eine ebenso zentrale Rolle wie eine intensive Abfallberatung der Bürger-innen und Bürger. Kernstück des Wertstoffhofes auf dem rund 5.300 Quadratmeter großen Gelände bildet heute das Modulo-System mit einer wettergeschützten Annahme der Wertstoffe auf zwei Ebenen. Die Lego-Bauweise mit Betonfertigteilen bietet für den Betreiber dabei einige bedeutende Vorteile.
Mit ihren rund 30 Jahren war die bisherige Annahme-stelle ins Alter gekommen und somit ein Neubau notwendig. Ziel der Stadtwerkegruppe Delmenhorst war es, künftig den Anteil werthaltiger Produkte zu erhöhen, um Deponien und Verbrennungsanlagen zu entlasten und die Umwelt zu schonen. Volker Czerner, Gruppenleiter Abfallannahmestellen der Abfallwirtschaft Delmenhorst GmbH erläutert die Maßnahme: „Fast alle Altprodukte können künftig im RKZ abgegeben werden – und das auf einem großzügigen Areal, wo die Anlieferung wesentlich komfortabler möglich sein wird als bei den bisherigen Annahmestellen. In der modernen Anlage sollen alle ankommenden Abfälle und die darin enthaltenen Wertstoffe in den Kreislauf zurückgeführt werden.“
Modulo-Wertstoffhof in nur vier Tagen montiert
Im Zentrum der Überlegungen standen bei den Planern neben der Bauzeit vor allem Aspekte der Kundenfreundlichkeit, wie z.B. eine schnelle Abwicklung ohne Wartezeiten, sowie die optimale Ausnutzung des vorhandenen Raums. Aus diesem Grund entschied sich der Betreiber für eine Rampenanlage – realisiert mittels der flexiblen Modulbauweise „Modulo“: Insgesamt 98 im Fertigteilwerk Kleihues in Emsbüren monolithisch hergestellte Fertigteile gelangten mit 46 Lkw-Fuhren auf die Baustelle. Sie wurden vor Ort auf tragfähigem Boden aufgestellt und konstruktiv miteinander verbunden. Die Wandstärken der Elemente betragen 14 Zentimeter, die Deckenstärken 23 Zentimeter. Alle Elemente wurden mit einer Länge von 3 Metern geplant. Die Höhen variieren dabei zwischen 0,50 Meter und 2,60 Meter. Die maximale Spannweite beträgt 4 Meter. In Summe bestehen die Elemente aus etwa 700 Tonnen Beton. Der große Vorteil der Modulbauweise: Die eigentliche Montage der Betonelemente nahm nur vier Tage in Anspruch. Unmittelbar nach der Montage kann sofort mit der Einrichtung der Unterseite, dem Einbau von Fenstern und Türen, den Leitplanken, der Beschilderung und dem Abdichten der Fugen zwischen den Elementen begonnen werden. Weil ein Kran und anderes schweres Gerät nur kurzzeitig eingesetzt werden müssen, können andere Gewerke fast parallel zur Montage der Elemente stattfinden.
Vorteil: doppelte Bodennutzung
Volker Czerner erläutert, warum man sich in Delmenhorst für die Baurealisierung durch Modulo entschieden hat: „Durch die modulare Bauweise mit vorgefertigten U-förmigen Betonelementen wird eine doppelte Bodennutzung ermöglicht. Die an der Unterseite hohlen Betonelemente werden nach unseren Wünschen ausgestattet, u.a. mit Theken, Schulungsräumen, Lagermöglichkeiten und Verkaufsräumen. So reduzieren wir die Flächenversiegelung und nutzen die knappen Bodenflächen optimal aus. Zum anderen wird der zusätzliche Platz ganz im Sinne des Gütezeichens Rückkonsum genutzt. So bieten wir den Bürgern künftig ein größeres Servicespektrum an. Beratungsleistungen, z.B. zur Abfallvermeidung, werden hier im Vordergrund stehen, aber auch das Angebot an recycelten Waren und Grundstoffen wird ausgebaut. Neben Kompost werden wir künftig auch andere Produkte anbieten, die aus zuvor eingelieferten Garten- und Bioabfällen gewonnen werden.“
Hohe Flexibilität und Rückgabegarantie
Doke van Niekerk, Technischer Leiter von der Modulo Wertstoffhöfe GmbH aus Stadtlohn, erklärt: „Unter dem Podest wurde die Schadstoffannahmestelle integriert. Hierfür wurden vor der eigentlichen Montage der Betonfertigteile acht Auffangwannen – ebenso Betonfertigteile aus dem Hause Kleihues – in den Boden eingelassen. Außerdem sorgt die modulare Bauweise für maximale Flexibilität: Nichts wird unwiderrufbar mit dem Untergrund verbunden. Dies ermöglicht zum Beispiel eine Anpassung, Erweiterung oder Umsiedlung an einen anderen Standort. Auch eine Rückgabe der Betonelemente ist möglich – hierfür bietet Modulo sogar eine Rückgabegarantie. Auch eine Wiederverwendung der Elemente bei anderen Projekten ist denkbar, wenn z.B. gesetzliche, politische, demografische oder andere Gründe dies erfordern“, so van Niekerk. Eine weitere Besonderheit: Zu- und Abfahrtsrampen sowie die obere Ebene sind mit einem Antirutschprofil mit Waffelmuster versehen. Beide Rampen haben Bodenheizung, um die Sicherheit der Besucher auch in den Wintermonaten zu gewährleisten. Ebenfalls wurde das komplette Podest überdacht, um den Besuchern und Mitarbeitern größtmöglichen Komfort bieten zu können. Eine PV-Anlage auf dem Dach erzeugt Strom zum Betrieb des modernen Wertstoffhofs.
RAL-Gütezeichen „Rückkonsumzentrum“
Die Investitionskosten des Projektes belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro. Bei der Abfallwirtschaft Delmenhorst GmbH gibt man sich optimistisch, dass man nach Fertigstellung die für den Betrieb notwendige Zertifizierung erhält: „Wenn die Prozesse an unserem neuen Wertstoffhof so ablaufen, wie wir uns das vorstellen, dann sollte dem Prädikat Rückkonsumzentrum nichts mehr im Wege stehen“, so Volker Czerner. „Wir freuen uns darauf, dass die Stadt Delmenhorst ihre Vision der Wertstofferfassung auf einem neuen Level verwirklichen kann.“