Nachhaltigkeit beginnt beim Werkstoff
Wie BG-Graspointner die Linienentwässerung optimiertDie Baubranche ist ressourcenintensiv und gehört zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen. Im Hinblick auf die Klimaschutzziele liegt hier ein großer Hebel. Der österreichische Entwässerungsspezialist hat dies früh erkannt – und reagiert.
Modernste High-Tech-Fertigung mit nachhaltigem CO2-Fußabdruck – das Stammwerk im österreichischen Oberwang
© BG-Graspointner
In Deutschland ist BG-Graspointner bislang nur wenigen bekannt – zu Unrecht, denn der Entwässerungsspezialist aus Österreich ist in 37 Ländern erfolgreich aktiv und im vergangenen Jahr feierten die rund 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits das 60jährige Firmenjubiläum. Seit zwei Jahren ist das Unternehmen in Deutschland mit einer eigenen Vertriebsgesellschaft präsent und das auf Anhieb sehr erfolgreich. Im Interview sprechen Klemens Wiese, Group Managing Director, und Andreas Biedermann, Geschäftsführer der BG-Graspointner Deutschland GmbH, über Hintergründe, Perspektiven und das Schlüsselprodukt: BG-Filcoten.
Im vergangenen Jahr hat BG-Graspointner sein 60jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Wie hat sich das Unternehmen von einem klassischen Betonwerk zu einem Spezialisten für innovative Linienentwässerungen entwickelt?
Treibende Kraft hinter dem internationalen Erfolg: Klemens Wiese, Group Managing Director bei BG-Graspointner
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Klemens Wiese: In den 1970er-Jahren hat sich unser Fokus von Betonfertigelementen für den Hochbau auf Lösungen für den Tief- und GaLaBau verlagert. Hintergrund war eine Diversifikationsstrategie während der Öl- und der damit verbundenen Hochbau-Krise 1974. Wir entwickelten technische Innovationen im Bereich der Linienentwässerung. Zum Beispiel waren unsere Entwässerungsrinnen mit eingebautem Gefälle zu dieser Zeit eine absolute Neuheit in Österreich. Damit waren wir sehr erfolgreich, sodass wir in den 1990er-Jahren zuerst ins europäische Ausland expandieren konnten und später nach Nordamerika sowie in den Mittleren Osten und nach Indien. Heute sind wir in 40 Ländern auf der ganzen Welt aktiv, in einigen davon sogar als Marktführer. Unser Produktportfolio umfasst ein breites Spektrum von Entwässerungssystemen: von unserem klassischen Betonsystem BG-Classic über unser Stahlrinnenprogramm BG-Flex bis hin zu unserem nachhaltigen Rinnensystem aus Hochleistungsbeton, BG-Filcoten.
Vor zwei Jahren ging BG-Graspointner in Deutschland mit einer eigenen Vertriebsgesellschaft an den Start. Wie kam es dazu?
Führt die neue Ländergesellschaft in Deutschland: Andreas Biedermann, Geschäftsführer BG-Graspointner Deutschland
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Andreas Biedermann: Unsere Produkte kommen in hiesigen Entwässerungsprojekten bereits seit Jahren zum Einsatz. Der Vertrieb unseres Rinnenprogramms BG-Filcoten lief allerdings auf dem deutschen Markt bis Mitte 2022 exklusiv über die Firma Birco. Als Markenhersteller haben wir den Anspruch, auf allen Kernmärkten selbst aktiv zu sein. Deshalb haben wir uns zum 1. Juli 2022 auch in Deutschland mit einer eigenen Vertriebsgesellschaft aufgestellt. Seitdem steht unseren deutschen Kunden das gesamte Sortiment von BG-Graspointner zur Verfügung. Die neue Organisation in Deutschland schafft mehr Kundennähe und ermöglicht eine schnelle und effektive Beratung aus erster Hand – das liegt uns sehr am Herzen. Durch die strategische Ausrichtung können wir Händler und ausführende Unternehmen aus dem Tief- und GaLaBau sowie Architekten und Planer bei ihren Projekten viel besser unterstützen, sei es durch Planungsleistungen oder durch Beratung in puncto nachhaltiges Bauen. Und die Resonanz ist sehr positiv! Zudem zeigen uns die Gespräche mit unseren Kunden, dass ökologisch optimierte Produkte immer gefragter sind. Hier sind wir mit BG-Filcoten sehr gut aufgestellt. Die Zahlen bestätigen das: Wir konnten unseren Umsatz im zweiten Jahr auf dem deutschen Markt bereits verdoppeln.
Wie alles begann – 1963 gegründet, produzierte das Unternehmen zunächst Mauersteine und Betonfertigteile
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Nachhaltigkeit hat einen hohen Stellenwert in Ihrem Unternehmen. Können Sie das näher erläutern?
Klemens Wiese: Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Firmenkultur. Mit unseren Produkten, den eingesetzten Materialien und der Herstellung wollen wir einen möglichst geringen CO2-Fußabdruck hinterlassen. Dafür haben wir bei BG-Graspointner 2022 einen eigenen Geschäftsleitungsbereich „Technologie und Nachhaltigkeit“ aufgebaut. Seit 2023 werden alle Nachhaltigkeitsthemen in der Gruppe von einem Sustainability Manager koordiniert. Aus unserer Sicht beginnt Nachhaltigkeit beim Werkstoff, das hat auch mit unserer Firmengeschichte zu tun: BG-Graspointner hat seine Wurzeln im Betonfertigteilbau. Durch unsere langjährige Erfahrung im Umgang mit dem Werkstoff Beton sind uns die Herausforderungen rund um den Rohstoffverbrauch und die CO2-Emissionen natürlich bewusst. Auf der anderen Seite ist Beton wegen seiner Vielseitigkeit und Stabilität im Bauwesen unverzichtbar, auch für uns als Rinnenhersteller. Also muss der Werkstoff selbst nachhaltiger werden. Daran entwickeln und forschen wir seit Jahren, unter anderem in mehreren Forschungsprojekten zum Beispiel mit der TU Graz.
Sich einfach neu erfinden – der Fokus auf Entwässerungsrinnen ab 1974 markiert einen zentralen Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte
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Andreas Biedermann: Schon vor 14 Jahren haben wir mit unserem Hochleistungsbeton Filcoten HPC (High Performance Concrete) einen Baustoff entwickelt, der einen wesentlich niedrigeren Rohstoffverbrauch, ein deutlich geringeres Gewicht und keine umweltschädlichen und gesundheitsschädigenden Rezepturbestandteile hat. Mit diesem Material-Dreiklang konnten wir den CO2-Fußabdruck unserer Rinnenprodukte mehr als halbieren. Im Produktionsprozess setzen wir auf eine umweltschonende Auswahl der Rohstoffe, maximale Vermeidung von Abfällen und den ausschließlichen Einsatz von Ökostrom. Dafür wurden wir 2021 vom Oberösterreichischen Energiesparverband mit dem Energie Star ausgezeichnet. Seit 2017 analysieren und optimieren wir zudem den ökologischen Fußabdruck unserer Produkte systematisch schon beim Start der Entwicklung. Dafür nutzen wir PCF-Berechnungen (Product Carbon Footprint) und verifizierte Ökobilanzen. Auch die Schadstofffreiheit unserer Bauprodukte wird durch externe und unabhängige Prüfinstitute nachgewiesen, ebenso wie ihre Ressourcenschonung und Recyclingfähigkeit.
Das monolithische Rinnensystem BG-Filcoten one mit integriertem Rost aus Filcoten HPC bietet maximale Robustheit bis Belastungsklasse F900. Das spezielle S-Line-Design der Einlaufschlitze sorgt für eine hohe Entwässerungsleistung
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Der Name ist nun schon mehrfach gefallen: BG-Filcoten. Was verbirgt sich dahinter?
Klemens Wiese: Die Entwicklung von BG-Filcoten markiert bis heute eine der wichtigsten technischen Innovationen in unserer Unternehmensgeschichte. Seinen Anfang nahm sie zu Beginn der 2000er-Jahre: Den Markt für Entwässerungsrinnen teilten sich damals die schweren Beton-Rinnen und die leichteren Polymerbeton-Rinnen, die wegen ihrer glatten und widerstandsfähigeren Oberfläche sehr erfolgreich waren. Mit seinen ökologischen Leitideen legte Friedrich Graspointner, der Sohn unseres Firmengründers und heutiger Managing Director, die Marschroute für die Entwicklung eines nachhaltigen Entwässerungsprodukts fest: maximale Leistung und minimale Umweltbelastung. Grundbaustoff sollte Beton sein, aber ohne Einsatz von Chemie und Kunststoffen. Außerdem: Maximale Ressourcenschonung und Recyclingfähigkeit. Der von uns entwickelte Hochleistungsbeton vereint den mineralischen Aufbau der Beton-Rinnen und die perfekten Oberflächen der Polymerbeton-Rinnen und das, ohne deren Nachteile in Kauf zu nehmen. Das war die Geburtsstunde von Filcoten HPC. 2010 begannen wir mit der Produktion in Österreich und dem konsequenten Ausbau des Produktprogramms für alle Anwendungen. Heute, rund 20 Jahre nach der ersten Idee, steht das Rinnen-System BG-Filcoten für nahezu die Hälfte unseres Umsatzes. Es erfüllt technische Höchstleistungen und setzt in ökologischer Hinsicht bis heute Maßstäbe.
Lösungen für jede Anforderung – mit dem Produkt-Portfolio von BG-Graspointner lässt sich alles entwässern, von der privaten Hofeinfahrt bis zum Logistikzentrum
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Wie sehen diese ökologischen Vorteile konkret aus?
Andreas Biedermann: Filcoten HPC ist mit Druckfestigkeiten von mehr als 90 NM extrem belastbar und auch besonders langlebig. Diese Materialeigenschaften machen wir uns in der Konstruktion zu Nutze. Wir können sehr dünnwandige Querschnitte realisieren und damit bis zu 70 Prozent Gewicht einsparen. Für die Herstellung der BG-Filcoten Rinnen benötigen wir deutlich weniger Rohstoffe als für konventionelle Betonrinnen, konkret: bis zu 70 Prozent weniger Sand und Kies, bis zu 51 Prozent weniger Wasser und bis zu 55 Prozent weniger Zement. Das wiederum bedeutet eine massive Einsparung an CO2-Emissionen: Bei unserer BG-Filcoten one urban Rinne sind das fast 63 Prozent!
Eine Erfolgsgeschichte und auf dem deutschen Markt wohlbekannt – seit ihrer Markteinführung wächst die BG-Filcoten Familie stetig weiter
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Klemens Wiese: Diesen hohen ökologischen Anspruch setzen wir im Übrigen auch bei der Produktion an: Hier konnten wir durch den Einsatz modernster Fertigungstechnologien entscheidende energetische Einsparungen realisieren. Durch die Nutzung der Produktionsabwärme und den Einsatz von Wasserkraft und Biomasse sparen wir jährlich bis zu 40.000 Liter Heizöl ein. Die BG-Filcoten Rinnen produzieren wir bereits seit zehn Jahren mit 100 Prozent Ökostrom aus Wasserkraft, Biomasse, Sonnen- und Windenergie. Unser Stammwerk in Oberwang haben wir inzwischen komplett auf die Produktion von BG-Filcoten Rinnen umgestellt. Allein dadurch haben wir 2023 rund 45 Prozent CO2-Äquivalente eingespart, verglichen mit der Produktion herkömmlicher Beton-Rinnen. Dass unsere jahrelangen Bemühungen, möglichst umwelt- und ressourcenschonende Produkte zu entwickeln, vor zwei Jahren mit dem renommierten Energy Globe Award ausgezeichnet wurden, macht uns Stolz. Gleichzeitig spornt uns die Auszeichnung an, die nächsten Schritte in die Zukunft zu gehen.
Mit dem nachhaltigen Rinnensystem BG-Filcoten aus Hochleistungsbeton lassen sich knapp zwei Drittel CO2-Emission einsparen
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Zukunft ist ein gutes Stichwort: Was sind die nächsten Entwicklungsschritte bei BG-Graspointner?
Klemens Wiese: Natürlich lassen sich konventionelle Kastenrinnen nicht grenzenlos weiter optimieren, das ist uns durchaus bewusst. Gleichzeitig treibt uns die Begeisterung für ökologisch optimierte Produkte weiter an. Unsere Forschungsabteilung ist ständig damit beschäftigt, unsere Produkte und Herstellungsprozesse weiter zu optimieren. Der Fokus liegt aktuell auf der monolithischen Bauweise der Rinnen. Mit dem Wegfall von Stahl- oder Gussrosten lässt sich die ökologische Performance der Rinnen noch weiter verbessern. Das gilt ganz besonders für den CO2-Fußabdruck. Das lässt sich ganz gut an einem Beispiel zeigen: Durch den Einsatz von 500 Laufmetern unserer monolithischen BG-Filcoten one (NW 200) lassen sich gegenüber einer herkömmlichen Kastenrinne aus Beton – zum Beispiel unserer BG-Classic (BGZ-S SV G, NW 200) – 18.850 Kilogramm CO2-Äquivalent einsparen. Das entspricht einer Fahrt mit einem 40-Tonner Lkw von ca. 17.500 Kilometern oder, wenn Sie mit einem Diesel-Pkw unterwegs sind, von fast 76.000 Kilometern.
Nachhaltig innovativ – die monolithische Entwässerungsrinne one urban ist das jüngste Mitglied der BG-Filcoten Familie und das Ergebnis jahrelanger konsequenter Produktoptimierung
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Andreas Biedermann: Die Idee einer monolithischen Entwässerungsrinne haben wir in der Produktfamilie BG-Filcoten one umgesetzt: Dafür werden seit 2018 alle Bauteile komplett aus Filcoten HPC hergestellt, das heißt, Rinne und Rost sind aus einem Guss. Jüngstes Mitglied dieser Produktfamilie ist die BG-Filcoten one urban, die wir Anfang des Jahres auf den Markt gebracht haben. Hier haben wir zusätzlich die Einlaufoberfläche optimiert und die Statik durch eine spezielle Trapezform verbessert. Die hohen Standards sind geblieben: Unser neues Entwässerungssystem ist, wie alle anderen Produktsysteme aus der BG-Filcoten Familie auch, extrem langlebig, zu hundertprozentig recyclingfähig und baubiologisch unbedenklich. Als Spezialist für nachhaltige Entwässerungssysteme machen wir uns aber natürlich auch Gedanken über den Einsatz unserer Produkte. Deswegen ist auch das Thema Regenwassermanagement bei BG-Graspointner hochaktuell. Zurzeit sind wir dabei, diesen Bereich für den deutschen Markt aufzubauen.
Entwässert Plätze und Straßen weltweit – BG-Filcoten Entwässerungsrinnen sind international gefragt
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BG-Graspointner GmbH