Staubarm Arbeiten – so geht‘s
Rückblick auf den Fachkongress „Bauen im Bestand 2023“Bei fast allen Bautätigkeiten im Bestand entsteht teils hochgefährlicher Staub. Wie man sich durch staubarmes Arbeiten schützt, zeigte der Fachkongress „Bauen im Bestand“ am 7. und 8. November 2023 in Duisburg.
Zum Ausklang des ersten Kongresstags ging es per Stirnlampenführung in die verwinkelten Höhen und Tiefen des Landschaftsparks Duisburg, dem Veranstaltungsort des Fachkongresses für Bauen im Bestand.
© Oliver Kugel / Bauverlag BV GmbH
Der Fachkongress Bauen im Bestand im November 2023 fand im Landschaftspark Duisburg-Nord statt. Der Landschaftspark ist auf dem Gelände eines ehemaligen Hüttenwerks im Duisburger Norden entstanden. Bis zur Stilllegung im Jahr 1985 wurden hier Spezialroheisensorten erzeugt, etwa für die Herstellung von Gussteilen für den Maschinenbau. Seit 1994 steht das Gelände als Landschaftspark für Besucherinnen und Besucher offen.
In dem ehemaligen Hüttenwerk sind unter anderem ein Klettergarten, ein Tauchgasometer und viele Rad- und Wanderwege entstanden. Eine Aussichtsplattform auf einem ehemaligen Hochofen bietet einen einmaligen Ausblick über das Ruhrgebiet. In der Gebläsehalle des ehemaligen Hüttenwerks ist ein großer Theatersaal entstanden, der Saal und das dazugehörige Foyer werden vielfach als Event- und Veranstaltungsort genutzt. Für die Vorträge und die Ausstellung des Fachkongresses Bauen im Bestand bot die Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord den passenden Rahmen.
In Bestandsgebäuden lauert Asbest
Geht es um das Bauen im Bestand, spielt Asbest nach wie vor eine große Rolle – auf dem Kongress in Duisburg stand der Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen daher ebenfalls im Fokus. Seit Oktober 1993 gilt in Deutschland ein Verbot für die Herstellung und Verwendung von Asbest, 2005 folgte das EU-weite Verbot. Die meisten Bestandsgebäude in Deutschland wurden allerdings vor 1995 gebaut, sie können also potenziell asbesthaltige Baustoffe enthalten.
Nicht nur in alten Faserzementplatten, sondern auch in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern in Bestandsgebäuden kann Asbest enthalten sein. Werden Asbeststäube bei Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten freigesetzt und eingeatmet, können Krankheiten wie Asbestose oder Lungenkrebs verursacht werden – die noch immer zu den häufigsten Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft gehören: Im vergangenen Jahr wurden der BG Bau 2.414 neue Verdachtsfälle asbestbedingter Berufserkrankungen gemeldet. 3.376 Versicherte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft sind in den vergangenen zehn Jahren infolge einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben.
Einblicke in aktuelle und kommende Vorschriften
Dr. Georg Hilpert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales war nicht nur als Referent, sondern auch im Publikum gefragter Ansprechpartner zum Thema gesetzliche Regelungen.
© Stephan Thomas / Bauverlag BV GmbH
„Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir es nicht schaffen, die hohen Zahlen von asbestbedingten Todesfällen in der Bauwirtschaft zu reduzieren“, betonte Dr. Georg Hilpert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinem Eröffnungs-Vortrag auf dem Fachkongress. Die Gefahrstoffverordnung solle bis April 2024 angepasst und aktualisiert werden, erklärte Hilpert.Unter anderem sei es ein Ziel, die Auftraggeber bzw. die Auslöser von Bauaufträgen zukünftig stärker in die Informationspflicht zu nehmen.
Die „Branchenlösung Asbest beim Bauen im Bestand“ dient in der Übergangszeit als Handlungshilfe vor allem für Arbeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern. Sie beruht auf den Eckpunkten der geplanten Asbestregelungen der Gefahrstoffverordnung und zeigt Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten. Demnächst soll die Handlungshilfe um weitere, tätigkeitsspezifische Arbeitsblätter ergänzt werden. Erhältlich ist sie über die BG Bau-Website.
Gemeinsam in die bunte Nacht
Impressionen von der Stirnlampenführung.
© Eugen Schmitz / Bauverlag BV GmbH
Am Abend des ersten Kongresstages wurden Stirnlampenführungen über das Gelände des ehemaligen Hüttenwerks angeboten. Dabei konnte man den früheren Produktionsvorgang des Roheisens direkt am Hochofen des ehemaligen Hüttenwerks kennenlernen und die bei Nacht bunt und eindrucksvoll beleuchteten Industrieanlagen bestaunen.
Fachliche Unterstützung durch die BG Bau
Dipl.-Geogr. Norbert Kluger, Leiter der Abteilung „Stoffliche Gefährdungen“ der BG Bau, betonte, wie wichtig staubarmes Arbeiten für die Gesundheit der Beschäftigten auf der Baustelle ist.
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Dipl.-Geogr. Norbert Kluger, Leiter der Abteilung „Stoffliche Gefährdungen“ der BG Bau, verdeutlichte in seinem Vortrag auf dem Kongress in Duisburg, dass Quarz- und Asbeststäube für den Menschen besonders gefährlich seien. Wer jahrelang Quarzstaub ausgesetzt sei, könne an einer Staublunge oder Silikose erkranken. Hohe Konzentrationen an Quarzstaub treten beispielsweise auf, wenn auf der Baustelle Pflastersteine trocken geschnitten oder Löcher in Betonbauteile gebohrt werden. „Tätigkeiten oder Verfahren, bei denen Beschäftigte alveolengängigen Quarzstäuben ausgesetzt sind, sind als krebserzeugend nach TRGS 906 eingestuft“, sagte Norbert Kluger in seinem Vortrag. Staubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 5 µm werden als A-Stäube (alveolengängige Stäube) bezeichnet. Diese gelangen zum größten Teil bis tief in die Lunge. Seit April 2014 liegt der Grenzwert für A-Stäube bei 1,25 mg/m³, der Beurteilungsmaßstab für Quarzstaub liegt mit 0,05 mg/m³ sogar noch niedriger.
Staubarmes Arbeiten ist möglich
„Staubarmes Arbeiten mit Absaugung schützt Anwender und hält Baustellen sauber“, brachte es Norbert Kluger auf den Punkt. Mit einfachen Maßnahmen lasse sich eine staubarme Arbeitsumgebung auf der Baustelle schaffen. Dazu gehören eine Stauberfassung am Werkzeug oder an der Maschine, Bau-Entstauber, Luftreiniger und Staubschutzwände. Die BG Bau fördert die Anschaffung solcher Schutzmaßnahmen für ihre Mitgliedsbetriebe. Außerdem bietet sie Online-Fortbildungen zum Thema Staubvermeidung und Schulungen zu Grundkenntnissen für den Umgang mit Asbest nach TRGS 519 an.
Bauen im Bestand – eine Analyse
Christine Buddenbohm, Geschäftsführerin beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), wies in ihrem Vortrag auf die enorme Bedeutung des Bestandsbaus für den Wohnungsmarkt hin.
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Christine Buddenbohm, als Geschäftsführerin beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) für den Bereich Unternehmensentwicklung zuständig, wies in ihrem Vortrag auf die enorme Bedeutung des Bestandsbaus für den Wohnungsmarkt und das Baugewerbe hin. Über 80 % der Wohnungen seien Bestandsbauten, und die Schaffung neuen Wohnraums durch Sanierung, Umbau oder Umwidmung vorhandener (Wohn-)Gebäude überwiege bei Weitem den Möglichkeiten, die durch den Neubau von Wohnraum erreicht werden können. Gerade deshalb sei auf Baustellen in Bestandsgebäuden besondere Sorgfalt geboten.
Materialanalyse vor der Sanierung
Nicht nur Handwerker müssten sensibilisiert werden, sondern auch Bauherren, betonte Andrea Bonner, Leiterin des Sachgebiets Sanierung und Bauwerksunterhalt der BG Bau.
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Wie man die Gefährdung durch Schimmelpilzbefall erkennt, einordnet und beseitigt, erläuterte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Schimmelpilzsanierung e.V., Stefan Betz.
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Dr. Oliver Nicolai vom Bundesverband Farbe, Gestaltung und Bauwerksschutz möchte Besitzer, Auftraggeber und Veranlasser von Bautätigkeiten stärker in die Informationspflicht nehmen.
© Stephan Thomas / Bauverlag BV GmbH
Sollen Arbeiten im Bestand stattfinden, ist vorab eine genaue Recherche und Materialanalyse unerlässlich. Nicht nur Handwerker müssten für den Umgang mit Staub und Asbest sensibilisiert werden, sondern auch Bauherren, betonte Andrea Bonner, Leiterin des Sachgebiets Sanierung und Bauwerksunterhalt der BG Bau, auf dem Kongress.
Die künftige Gefahrstoffverordnung sehe konkrete Informations- und Mitwirkungspflichten von Auftraggebenden als „Veranlasser“ von Bautätigkeiten vor. Der Bauherr einer Sanierung müsse vorab erkunden, ob Gefahrstoffe im Gebäude enthalten oder zu vermuten seien, wenn das Gebäude vor 1993 errichtet wurde. Stellt man fest, dass Asbest im Bestand enthalten ist, müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Arbeitsbereiche, in denen asbesthaltige Baustoffe zurückgebaut werden sollen, müssen von anderen Bereichen abgeschottet werden, damit Asbest nicht verschleppt wird.
Wie man die Gefährdung durch Schimmelpilzbefall richtig erkennt und einordnet, konnten die Kongress-Teilnehmer vom Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbands Schimmelpilzsanierung e.V., Stefan Betz, erfahren. Sein sehr praxisbezogener Vortrag erläuterte verschiedene Formen der Schädigung sowie die richtigen Wege zur problemlosen Beseitigung.
Das Vortragsprogramm rundete Dr. Oliver Nicolai vom Bundesverband Farbe, Gestaltung und Bauwerksschutz ab. Er erläuterte umfassend die Herausforderungen, denen Verbandsmitglieder, Bauunternehmen und Handwerksbetriebe Tag für Tag bei Arbeiten in Bestandsbauten und beim Umgang mit Asbest gegenüberstehen. Seine eindringliche Bitte an die vorschriftengebenden Stellen war, Besitzer, Auftraggeber und Veranlasser von Bautätigkeiten stärker in die Informationspflicht zu nehmen. Diese könnten nicht erwarten, dass die bauausführenden Unternehmen Verantwortung, Risiko und Kosten für den Umgang mit Asbest allein trügen, zumal ihnen keine Informationen über die vorhandene Bausubstanz vorlägen. Manchmal reiche schon der Hinweis auf das Baujahr eines Gebäudes, um auf eine potenzielle Gefährdung hinzuweisen und den Beteiligten einen sicheren Umgang auf der Baustelle zu ermöglichen.
Begleitende Fachausstellung als Informationsquelle für die Umsetzung staubarmer Arbeitsmethoden
Anfassen, ausprobieren – Anpacker und Mitmacher konnte am Stand von Hilti praktische Erfahrungen sammeln.
© Stephan Thomas / Bauverlag BV GmbH
Alle Aussteller standen in den Vortragspausen für weitere Informationen oder den Erfahrungsaustausch mit Anwendern bereit. So wurde beispielsweise eine Auswahl an Personen- und Materialschleusen in der Fachausstellung zum Kongress von der Deconta GmbH gezeigt. Der Hersteller stellte außerdem eine Staubschutztür vor, mit der sich Räume in einen abgeschotteten Sanierungsbereich umwandeln lassen. Die „Smart Door“ ist für alle gängigen Standardtüren verwendbar und lässt sich auch mit einer Personenschleuse kombinieren.
Schutzausrüstung und Akku-Werkzeuge mit Absaugung
Staubarmes Arbeiten ist problemlos und einfach möglich – das zeigten Hersteller wie Milwaukee in der begleitenden Fachausstellung.
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Sabrina Würsch, Global Product Managerin bei Hilti, stellte das Exoskelett „EXO O1“ vor. Es soll bei Überkopf-Arbeiten entlasten.
© Stephan Thomas / Bauverlag BV GmbH
Der Hersteller Milwaukee zeigte in der Ausstellung zum Kongress im Foyer der Gebläsehalle sein neues Sortiment an persönlicher Schutzausrüstung (PSA) für die Baustelle. Außerdem stellte Milwaukee ein großes Sortiment akkubetriebener Elektrowerkzeuge vor. Neu im Sortiment ist ein 350-mm-Akku-Trennschleifer für das Schneiden von Stahlbeton. Der „MX Fuel“-Akku-Trennschleifer wird ohne Benzin betrieben und erzeugt dadurch keine Emissionen. Außerdem ist er leiser als vergleichbare, benzinbetriebene Trennschleifer und erzeugt weniger Vibrationen. Um den Staub beim Schneiden von Stahlbeton zu binden, verfügt der Trennschleifer über eine integrierte Wasserzufuhr. Passende Akku-Sauger und Absaugsysteme präsentierte Milwaukee ebenfalls.
Hilti, als Werkzeug-Systemanbieter bekannt, informierte rund um das Thema staubarmes / staubfreies Arbeiten. Vom anlegbaren Exoskelett, dass Rücken und Schultern bei Überkopf-Arbeiten deutlich entlastet, über zahlreiche große und kleine staubabsaugende Werkzeuge bis zu Absauggerätschaften in unterschiedlichsten Größen gab es viel zu sehen.
Schüler informieren sich über staubarmes Arbeiten
Berufsschüler des Hans-Schwier-Berufskollegs aus Gelsenkirchen besuchten den Fachkongress Bauen im Bestand und informierten sich aus erster Hand in der Fachausstellung über staubarme Arbeitsmethoden.
© Stephan Thomas / Bauverlag BV GmbH
Insgesamt 135 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten den Kongress Bauen im Bestand im Landschaftspark Duisburg-Nord. Am zweiten Tag des Fachkongresses kamen außerdem knapp 70 Schüler und Schülerinnen des Hans-Schwier-Berufskollegs zum Kongress, um sich über Methoden zur Staubminimierung beim Bauen zu informieren. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern erkundeten sie die Fachausstellung zum Kongress. Mithilfe eines Fragebogens setzten sie sich aktiv mit dem Thema Staubvermeidung auf der Baustelle auseinander; unter den jugendlichen Teilnehmern wurde zum Abschluss eines informativen Tags ein neues Samsung-Smartphone verlost.
Der Fachkongress „Bauen im Bestand“ im Landschaftspark Duisburg-Nord wurde vom Bauverlag mit den Redaktionen dach+holzbau, bauhandwerk, THIS und Bundesbaublatt in Kooperation mit der BG Bau ausgerichtet. Weitere fachliche Unterstützung erfolgte durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, den Zentralverband Deutsches Baugewerbe und durch die IG Bau. Unterstützt wurde der Kongress von den Partnerunternehmen Hilti, Milwaukee, Bomag, Deconta, Husqvarna und Starmix.