Alles andere als einseitig
Marktübersicht zu Schalungssystemen mit einseitiger AnkertechnikMittlerweile bieten viele Schalungshersteller Systeme mit einseitiger Ankertechnik an. Allen gemein ist das Grundprinzip: Weniger Arbeitsschritte sparen Zeit und
Personalkosten. Unterschiede ergeben sich bei den technischen Details.
Seit etwa 1950 wurden die ersten Holzrahmenschalungen auf deutschen Baustellen eingesetzt. In mehr als 60 Jahren hat sich in der Schalungstechnik viel getan. Stahl und Aluminium als Werkstoff von Schalungsrahmen sind etabliert, und auch in puncto Ankertechnik haben zahlreiche Innovationen die Branche geprägt. Einer der größten Meilensteine: Schalelemente von nur einer Seite aus zu ankern.
Finanzielles Einsparpotential
Worin besteht der Nutzen der einseitigen Ankertechnik? Grundsätzlich entfällt der zweite Mann auf der Stellseite der Schalung. Dies trägt auf jeder Baustelle zu Personalkosteneinsparungen bei. Die größten wirtschaftlichen und logistischen Vorteile kann das einseitige Ankern vor allem dort bringen, wo großflächige Einsätze und Takte mit erheblichen Wandlängen einen hohen Zeitaufwand auf der Stell- und Schließseite fordern. Häufig ist das im Ingenieur-, Kraftwerks- oder Industriebau der Fall. So sind bei Aufstockungen bis sechs oder gar neun Meter beispielsweise nur auf einer Seite Arbeitsgerüste und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen notwendig.
Ebenso werden Zwischenbühnen auf der Schließschalungsseite eingespart. Lange Wege bei größeren Wandlängen entfallen, wenn die Schalung nur auf einer Seite bedient werden muss. Und nicht zuletzt bringt eine einseitige Ankerung auch bei schwer zugänglichen Baustellenabschnitten Vorteile, etwa bei Schächten, Bereichen mit angrenzender Bebauung oder engen Baugruben, da immer von der leichter zugänglichen Seite geankert werden kann.
Ankerarbeiten sind aufwändig
Da Rohbaukosten einen signifikanten Anteil der Gesamtbaukosten ausmachen – laut dem Güteschutzverband Betonschalungen (GSV) etwa durchschnittlich 36 % im Hochbau1 – kommt bei Ortbetonbauten auch den Schalungskosten eine erhebliche Bedeutung zu. Denn mit Schalung verbundene Ausgaben machen einen großen Anteil an den Gesamtrohbaukosten aus. Untersuchungen zufolge beträgt der Schalungskostenanteil im Mittel etwa 30 bis 40 %2 3; deutlich mehr als bei Bewehrung und Beton, die beide mit weniger als 30 % zu Buche schlagen4. Der größte Teil mit Schalung verbundener Lohnkosten entsteht nach wie vor durch Hauptleistungen wie Ein- und Ausschalen sowie durch die Reinigung der Schaltafeln. Aus diesem Grund kommt der Effizienzsteigerung und Rationalisierung der Schalungsvorbereitung eine steigende Bedeutung zu. Einen großen Zeitfaktor stellen die Ankerarbeiten dar, insbesondere das aufwändige Einfädeln der mit Hüllrohren versehenen Anker in die Schließschalung. Nicht vergessen werden sollte, dass der gesamte Bauablauf meist von den Schalungsarbeiten bestimmt wird und diese die Krankapazitäten sehr stark binden.
Mitunter wird das Argument gebracht, dass für normale Schalarbeiten ohnehin zwei Mann nötig sind und wegen des „Leerlaufs“ der zweiten Arbeitskraft beim einseitigen Ankern auch wie bisher geankert werden könne. Es seien meist genug Arbeitskräfte auf der Baustelle, sodass die Mehrarbeit beim traditionellen Ankern nichts ausmache. Dem lässt sich entgegenstellen: Arbeitsvorbereitung und Ressourcenplanung sind immer eine Frage des Baustellenmanagements. Allein durch technische Details wie die Ankermethode lässt sich das nicht lösen.
Messbare Schnelligkeit
Um den Zeitaufwand bei Schalarbeiten messbar zu machen, werden gemeinsam vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sowie von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt regelmäßig Arbeitszeitrichtwerte erarbeitet und herausgegeben. Diese unabhängigen, auf verschiedenen Baustellen gemessenen Mittelwerte können für Rahmenschalungen beispielsweise im „Handbuch Arbeitsorganisation Bau“ des Zeittechnik Verlages in den Richtwerttabellen für Schalarbeiten nachgelesen werden5.
Auf Basis eines festgesetzten Grundrisses (Kranbaustellen) wurden für herkömmlich bzw. beidseitig geankerte Wände bei Elementhöhen von 2,70 m und zwei Ankerstellen pro Stoß Aufwandswerte zwischen 0,36 und 0,32 h/m2 gemessen. Die genauen Werte sind von den Einsatzvarianten abhängig. Bei Elementhöhen von 3,30 m und drei Ankerstellen am Vertikalstoß betrugen die Werte zwischen 0,40 und 0,36 h/m2. Inbegriffen sind alle mit dem Ein- und Ausschalen verbundenen Arbeitsschritte.
Bei einseitiger Ankertechnik, 2,70 m Schalungshöhe und zwei bedienbaren Ankerlagen im Feld liegen die Werte für die Wände im Grundriss zwischen 0,30 und 0,20 h/m2. Bei Schalungshöhen von 3,30 m und drei einseitig bedienbaren Ankerlagen sind Aufwandswerte zwischen 0,28 und 0,18 h/m2 realisierbar. Bei geraden Wänden ohne Ecken und Anschlüsse wurden noch bessere Zeiten erreicht.
Der Vergleich der beiden Techniken zeigt: Mit einseitiger Ankerung, beispielsweise beim mehrmaligen Einsatz der Elemente als Kombination und einer Schalungshöhe von 3,30 m (drei Ankerlagen), können Zeiteinsparungen von bis zu 50 % erzielt werden. Obwohl es sich nur um Richtwerte handelt und bei unterschiedlichen Schalungssystemen eigene Messungen angebracht sind, ergibt sich eine klare Tendenz.
Anwenderfreundlichkeit und Zubehör
Alle Lösungen mit einseitiger Ankertechnik fokussieren auf Anwenderfreundlichkeit. Der einfachen Bedienung von Schalung kommt vor allem wegen der steigenden Anzahl an Subunternehmen eine wichtige Funktion zu. Einzelne Hersteller legen zudem Wert darauf, eine mit älteren Systemen kompatible Schalung zu liefern, bei der Zubehör weiterverwendet werden kann. Weiterhin ist ein Trend hin zu weniger verlierbaren Einzelteilen und optimalen Aufbewahrungsmöglichkeiten für Zubehörteile direkt an den Elementen erkennbar. Beispielsweise kann eine Ankerstelle gleichzeitig als Parkposition für den Ankerstab dienen. Auch Funktionsstreben können zu diesem Zweck genutzt werden.
Ankermethode wählen
Prinzipiell bieten alle in der Tabelle aufgeführten Systeme die Möglichkeit, zwischen einseitiger oder traditioneller Ankerung mit DW 15 oder DW 20-Stab zu wählen. Unterschiede sind zum einen bei dem zur Umstellung nötigen generellen Zeitaufwand erkennbar, zum anderen stellt sich die Frage einer möglichen Umrüstung des vorhandenen Systems auf eine Variante mit einseitiger Ankerung.
Ein Großteil der Hersteller hat die einseitige Ankertechnik bei neu eingeführten Schalungssystemen integriert. Oft sind dann Zubehörteile wie Verbindungsmittel oder Richtstützen systemübergreifend kompatibel zur Vorgängerschalung des Anbieters. Ein Hersteller gelangt auf anderem Wege zur einseitigen Ankerung: Die bisher traditionell zweiseitig zu bedienende schwere Rahmenschalung kann auf eine einseitige Benutzung umgerüstet werden. Dazu ist neues Zubehör nötig.
Eine Besonderheit aller Systeme sind die herstellerspezifischen konischen Anker, die passend zum System erworben werden müssen. Da die Ankerstäbe möglichst wenig Vorbereitung erfordern sollen, ist größtenteils eine Flanschmutter integriert. Viele der konischen Anker sind mit einen Absteck- oder Abzählsystem für die Wandstärke ausgerüstet. Hierbei ist die jeweilige Zuverlässigkeit des Systems gegen unbeabsichtigtes Verstellen der Länge am Anker wichtig. Denn im Zweifelsfall muss nach dem Umsetzen der Elemente oder des Elementverbundes im nächsten Takt geprüft werden, ob sich die Länge der Ankerstäbe verstellt hat.
Auf den folgenden Seiten werden die Schalungssysteme näher betrachtet:
• Doka Framax Xlife plus: Ein echter Sprinter
• Hünnebeck Platinum 100: Suche nach passendem Anker überflüssig
• Mayer Schaltechnik Ultramax S: Pfiffige Alternative
• Meva Mammut XT: Eine Schalung, drei Ankermöglichkeiten
– Kompatibilität: Welche/wie viele Teile des Systems sind kompatibel zu Vorgängerlösungen?
– Anzahl der Teile: Wie viele einzelne Teile, vor allem Anker, müssen vorgehalten werden?
- Zulässiger Frischbetondruck/Tragkraft Anker: In welchen Bereichen soll die Schalung überwiegend eingesetzt werden?
Soll beliebig schnell betoniert werden? Kommen häufig fließfähige Betone zum Einsatz?
– Handhabung: Wie einfach ist die Ankerung zu bedienen? In wie vielen Einzelschritten? Wie wird die Wandstärke eingestellt?
Welche Werkzeuge werden benötigt?
– Umsetzen: Stehen Teile aus dem Rahmen hervor? Können Anker beim Umsetzen an der Ankerstelle aufbewahrt werden?
Ist das bei liegendem und stehendem Transport möglich?
– Versatz: Wie viel Grad Versatz sind bei gegenüber gestellten Elemente möglich? In welche Richtung?
– Verschleißteile: Müssen Verschleißprodukte wie Dichtungen vorgehalten werden? Ist Spezialwerkzeug zum Austauschen notwendig?
– Längenverstellung: Ist es möglich, unbeabsichtigt die Wandstärke vor dem nächsten Takt am Anker zu verstellen?
– Verschmutzung: Wie verhalten sich Anker, -hülsen und Muttern bei Verschmutzungen durch Beton? Muss zwischengereinigt werden, bevor der nächste Takt betoniert wird?