Baustellen: Auf die Gewerke-übergreifende Prävention kommt es an
Chemiehaltige Baustoffe machen modernes Bauen erst möglich, doch sie sind nicht ungefährlich. Der Umgang mit Gefahrstoffen wie z. B. Spezialmörtel, Epoxidharze, Polyurethane erfordert auf den Baustellen deshalb große Sorgfalt. Aber auch von Bauverfahren und Baumaschinen gehen Gefährdungen aus. Um eine Gewerke-übergreifende Prävention voranzutreiben und Erfahrungen darüber auszutauschen, trafen sich Gefahrstoffexperten aus Verbänden, Unternehmen und Regierungsstellen auf Einladung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) in Bad Vilbel.
„Die Veranstaltung dient vor allem der Zielgruppe der Sicherheits- und Gesundheitsschutz Koordinatoren (SiGeKo)“, sagte Harald Wilhelm, Leiter des Fachreferates Arbeitsschutzorganisation der BG BAU.
Als Beauftragter des Bauherrn begleiten die Experten die Planung des Bauvorhabens und den Bauablauf in der gesamten Ausführungsphase einer Baustelle. Nach einem Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan stimmen sie die Baustellenorganisation ab und klären, welche Gefährdungen für die Bauarbeiter durch die Bauverfahren, die Baumaschinen und die Baustoffe zu erwarten sind.
Auf größeren Baustellen arbeiten oft mehrere Hundert Beschäftigte verschiedener Nationalitäten aus kleinen und mittleren Firmen. Während der Arbeitgeber nur die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen seiner Firma verantwortet, müssen die Koordinatoren berücksichtigen, dass die Beschäftigten aus Firmen eines anderen Gewerkes Arbeitsstoffe einsetzen, die auch für Mitarbeiter aus Unternehmen anderer Branchen gefährlich sein können.
„Deshalb wollen wir die Koordinatoren zu Gewerbe-übergreifenden Gesundheitsgefahren, etwa durch mineralische Stäube, Abgase von Baumaschinen, Lösemitteln, Dämpfe aus Bitumen sowie Mineralwolle Dämmstoffe informieren. Außerdem müssen sie Alternativen und die notwendige Schutzmaßnahmen kennen“, sagte Bernhard Arenz, Leiter der Prävention der BG BAU.
Diese Initiative ergänzt die Beratungsleistungen der BG BAU, deren Mitarbeiter die 446.000 Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft jeden Tag mit Rat und Tat unterstützen. Zum Beispiel bei der Gefährdungsanalyse und bei der Anschaffung persönlicher Schutzausrüstung.
Dass es großen Bedarf an Fachwissen über Gefahrstoffe gibt, leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass die gewerbliche Wirtschaft mit etwa 30.000 verschiedenen Gefahrstoffen arbeitet. Viele davon werden am Bau eingesetzt. Falscher Umgang mit Gefahrstoffen kann jedoch zu erheblichen Gesundheitsschäden führen. „Mögliche Auswirkungen reichen etwa von leichten Haut- oder Augenreizungen über chronische Lungenerkrankungen bis hin zu Nervenschädigungen und Krebs“, ergänzte Arenz
1.770 Anzeigen auf Verdacht einer staubbedingten Berufskrankheit – Silikose, Siliko- Tuberkulose und Lungenkrebs auf Grund von Quarz – registrierten die gewerblichen Berufsgenossenschaften im Jahr 2010.
Baustellen und Staub sind für viele Menschen untrennbar miteinander verbunden. Baustaub ist aber nicht ungefährlich. Selbst Staub, dem keine giftigen, krebserzeugenden oder ätzenden Eigenschaften zugesprochen werden, kann zu Beschwerden der Atemwege führen.
Wie die Fachleute der BG BAU betonen, ist es jedoch möglich, die Belastungen durch Staub auf Baustellen deutlich zu reduzieren. Deshalb hat die Berufsgenossenschaft Listen von geprüften handgeführten Baumaschinen mit Geräten zum Entstauben angefertigt. Auch gibt es Produkte wie Fliesenkleber und Spachtelmassen, die beim Anmischen gar keinen Staub mehr verursachen.
Viel Staub wird leider aufgewirbelt, wenn Säcke aufgerissen, zum Anmischen von Estrich, Mörtel oder Putz ausgeschüttet und die leeren Säcke beim Zusammenlegen verdichtet werden. Die bessere Alternative ist Kleinstsilos statt Sackware einzusetzen. Ebenso gibt es Methoden, den von Fahrwegen der Baustellen aufgewirbelten Staub zu verhindern. Etwa durch das Bewässern der Wege oder durch Staubbindemittel.
Probleme und Lösungswege wie beim Baustaub gibt es auch bei vielen anderen Gefahrstoffen: Abgase von Baumaschinen, Mineralwolle-Dämmstoffe, Gussasphalt und Brandschutz sind nur einige Beispiele. Der richtige Umgang mit Gefahrstoffen, und die Auswahl notwendiger Schutzmaßnahmen sind in der Gefahrstoff-Software WINGIS definiert. Sie liefert verlässliche und verständliche Informationen für die Anwender von Bau-Chemikalien, wird regelmäßig aktualisiert und ist als CD-ROM für Mitgliedsbetriebe kostenfrei erhältlich.