Bypass für die Riedleitung
Firma Markgraf trägt zur sicheren Versorgung der Rhein-Main-Region beiSeit mehr als 50 Jahren versorgt die insgesamt 35 Kilometer lange Riedleitung
den Ballungsraum Rhein-Main zuverlässig mit Trinkwasser. Mittelfristig soll die Versorgung durch eine redundante Leitung abgesichert werden.
Mit dem ersten Bauabschnitt auf einer Länge von rund vier Kilometer zwischen Rüsselsheim-Haßloch und Raunheim wurde im Juli 2017 begonnen. Neben der Rohrleitung gibt es auf der Trasse fünf Bauwerke (Entleerungs- und Lüftungsbauwerke) sowie die Unterdükerung der Bundesstraße 486 und der Autobahn 67. Die Querung der A 67 verläuft in einem Tunnelbauwerk. Mit dem Einbau einer Stahlleitung DN 1000 ist die W. Markgraf GmbH & Co. KG beauftragt. Das Bauunternehmen aus Bayreuth, das seit 1958 rbv-Mitglied ist, kann auf eine jahrzehntelange Erfahrung im Tiefbau verweisen und verfügt über diverse Zertifikate. Auftraggeber ist die Hessenwasser GmbH & Co. KG mit Sitz in Gross-Gerau.
Lebensader für Ballungsraum
Über die 1963/1964 in Spannbetonrohren mit einem Durchmesser von DN 1.000 bis DN 1.300 ausgeführte Riedleitung wird das Trinkwasser in den Ballungsraum Rhein-Main transportiert. Pumpen mit einer Leistung von mehr als 5.000 Kubikmeter pro Stunde fördern das Wasser in Richtung Frankfurt am Main, Wiesbaden und Rüsselsheim sowie zu Kommunen im Rheingau und Taunus. Besonders im Sommer stößt die alte Druckleitung bei täglich 120.000 Kubikmetern an Grenzen. „Aus fachlicher Sicht werden die Spannbetondruckrohre des Bautyps als zuverlässig beurteilt. Das Ausfallrisiko nimmt mit dem Alter der Leitung zu. Bautypbedingt sind Schäden oft Rohrbrüche und daher mit einer Versorgungsunterbrechung verbunden“, erklärt Daniele Caccamo, Sachgebietsleiter Anlagen- und Bautechnik bei Hessenwasser. So entschieden sich die Verantwortlichen, einen „Bypass“ zur Bestandsleitung zu legen. Einerseits, um das Risiko eines Versorgungsausfalls zu senken, und andererseits, um die mittelfristige Sanierung der Bestandsleitung zu ermöglichen. Darüber hinaus wird die Wasserversorgung der Region durch die Leitungsdopplung effizienter.
Versorgungstechnische Priorität
Parallel zur alten Druckleitung wird auf einem ersten Abschnitt von Haßloch nach Raunheim derzeit die ergänzende Stahlleitung DN 1000 mit Zementmörtelauskleidung und PE-Außenbeschichtung verlegt. Eine Parallelleitung im geringem Abstand zur bestehenden Leitung hat den Vorteil, dass der Schutzstreifen nur etwas verbreitert werden muss“, erläutert Caccamo. Da die Leitungstrasse durch einen Wald führt, trägt man den Anforderungen des Naturschutzes in hohem Maße Rechnung. Der vier Kilometer lange Abschnitt von der Behälteranlage Haßloch bis zum Bauwerk 42 bei Raunheim wurde als erster Bauabschnitt ausgewählt, da bei einer länger währenden Havarie in diesem Abschnitt die Pufferkapazität der Speicheranlage Haßloch mit einem Speichervolumen von 40.000 Kubikmeter nicht mehr versorgungswirksam verfügbar wäre. „Deshalb kommt dem Teilstück eine versorgungstechnische Priorität zu“, so Caccamo.
Schweißen als Präzisionsarbeit
Im Tunnelbauwerk unter der A 67 werden die Stahlrohrstücke in Präzisionsarbeit von den Schweißern und dem Vorrichter der Markgraf GmbH zu einem 47 Meter langen Rohrstück verschweißt. Dabei entstehen hier einige der mehr als 350 Schweißnähte des gesamten Leitungsabschnitts. „Das Verschweißen im Tunnelbauwerk ist Präzisionsarbeit“, so Schweißfachingenieur Michael Bayerlein. Die auf vier Meter abgelängten, aber 1,6 Tonnen schweren Rohrstücke müssen im Tunnel „händisch“ längs zum Einbauort transportiert und ausgerichtet werden. Hierzu setzt Markgraf einen besonderen Transportwagen ein. Eine weitere Herausforderung ist der Schutz der Bestandsleitung gewesen: „Hierauf hat der Auftraggeber besonders geachtet.“ Der zeigt sich mit der Qualität sehr zufrieden. Dem Einbau der Rohrleitung vorausgegangen war die Außerbetriebnahme und Demontage einer alten Stahlleitung DN 800 in dem Tunnelbauwerk. Sie wurde auf einer Länge von 65 Metern durch eine neue, kleinere Edelstahlleitung DN 400 ersetzt, die auf einer von Markgraf montierten Bühne verlegt wurde. Die Leitung DN 400 dient speziell der Wasserversorgung von Rüsselsheim. Berechnungen ergaben, dass die Rüsselsheimer Anschlussleitung auf DN 400 verkleinert werden kann und auch langfristig in dieser Dimension optimal bemessen ist. In dem frei gewordenen Korridor entstand auf diese Weise Platz für die neue Stahlleitung DN 1000 zur Ergänzung der bestehenden Riedleitung.
Erhöhung der Versorgungssicherheit
Bis Dezember 2018 sollen die Arbeiten am ersten Bauabschnitt abgeschlossen sein. Bei gleicher Förderleistung wird dann die alte Leitung erheblich entlastet. Gleichzeitig sinkt der Energiebedarf für die Pumpen in der Druckerhöhungsanlage Haßloch, da weniger Reibungsverluste innerhalb der neuen Stahlrohrleitung im Vergleich zur vorhandenen Betonrohrleitung entstehen. So können nach Berechnungen von Hessenwasser jährlich bis zu 815.000 Kilowattstunden Strom eingespart werden. Das entspricht dem mittleren Stromverbrauch von 300 Haushalten. Darüber hinaus ermöglicht der parallele Betrieb der zweiten Leitung, dass die Bestandsleitung mittelfristig saniert werden kann. Zukünftig soll die gesamte Riedleitung durch eine zweite Leitung ergänzt werden. „Es wird eben miteinander gebaut.“ Dann können die Beteiligten von den Erfahrungen profitieren. „Die Zusammenarbeit ist professionell, und auf Absprachen ist Verlass“, so Michael Bayerlein.