Leipzig – großdimensionierte Trinkwasserleitungen saniert
Grabenlose Erneuerungen mit Langrohrrelining
Der demographische Wandel hat auch weitreichende Folgen für unsere unterirdische Infrastruktur. Das bedeutet für die Wasserversorgung Leipzigs, dass für eine Vielzahl von Leitungen die Querschnitte verringert werden müssen, um Qualität und Quantität der Wasserversorgung auf einem hohen Niveau sicherzustellen. In Leipzig wurden mehrfach Sanierungsmaßnahmen mit duktilen Gussrohen erfolgreich realisiert.
Auf Grund der rasanten Bevölkerungsentwicklung seit 1870, Leipzig hatte Anfang des 20. Jahrhunderts bereits rund 600 000 Einwohner, wuchsen auch die Anforderungen an die Wasserversorgung immens. Der gestiegene Wasserverbrauch der Großstadt Leipzig war kurz- und mittelfristig nicht mehr aus den vorhandenen Naunhofer Wasserwerken abzudecken. Im Jahr 1905 wurde Adolf Thiem durch die Stadtverwaltung Leipzig zu hydrologischen Voruntersuchungen für ein neu zu bauendes Wasserwerk beauftragt.
Die Berechnungen gingen davon aus, dass, beginnend ab 1912, ein neues und größeres Wasserwerk für die Versorgung von Leipzig in Betrieb gehen musste. Der damals fast siebzigjährige Adolf Thiem untersuchte mit mehr als 100 Bohrungen das Ufergebiet der Mulde im Bereich Eilenburg/ Wurzen und kam zu dem Ergebnis, dass im Einzugsgebiet der Mulde zwischen den Dörfern Nischwitz und Wasewitz die erforderliche Grundwassermenge zur Verfügung stand.
Nach Vorlage der hydraulichen Untersuchungen beschloss der Leipziger Rat bereits 1907, die für die Errichtung der wasserwirtschaftlichen Anlage erforderlichen Grundstücke mit einer Gesamtfläche von mehr als 700 Hektar zu kaufen. Der Bau des Wasserwerkes, der Fassungsanlage und der Zuführungsleitung nach Leipzig wurde vorangetrieben mit dem Ergebnis, dass ab 1912 die Wasserlieferung erfolgen konnte.
Zur Versorgungssicherheit wurde in den darauffolgenden Jahren eine zweite Fernleitung errichtet, welche in großen Leitungsabschnitten parallel zur ersten Fernleitung verlegt wurde. Mit wenigen Ausnahmen bestehen beide Druckrohrleitungen aus Graugussrohren in den Nennweiten 1000/1100 und leisten seit 1912 ihren Dienst.
Nach fast 100 Jahren erlebte die Messestadt wiederum eine wesentliche Veränderung. Bedingt durch permanenten Wohnungsmangel sowie den im großen Maßstab betriebenen Braunkohletageabbau im Umfeld von Leipzig und dem einhergehenden „Überbaggern“ ganzer Ortschaften entstand die Notwendigkeit, neue Wohnungsstandorte zu bauen und medientechnisch zu erschließen. So entstand Anfang der 70iger Jahre für fast 100 000 Einwohner ein Neubaugebiet im Stadtteil Leipzig-Grünau. Als eine Hauptader zur Trinkwasserversorgung wurde eine Trinkwasserleitung in der Nennweite 1000 errichtet. Als Rohrmaterial wurde Stahlrohr verwendet.
Die beiden Fernleitungen und die Trinkwasserhauptleitung sind Teil des 3200 km langen Rohrnetzes der KWL. Über dieses engvermaschte Leitungsnetz werden mehr als 600 000 Einwohner mit frischem Trinkwasser versorgt.
Dieses lange Leitungsnetz bedarf zum Einen stabiler Erneuerungsraten, und zum Anderen steht in Leipzig, wie auch viele anderen ostdeutsche Kommunen, vor der Aufgabe, auf den demographischen Wandel zu reagieren. Die Wasserverbrauchszahlen entwickelten sich seit 1993 rückläufig und betrugen 2008 je Einwohner nur noch 89 Liter am Tag. Das bedeutet auch für die Wasserversorgung in Leipzig, dass für eine Vielzahl von Leitungen die Querschnitte verringert werden müssen, um Qualität und Quantität der Wasserversorgung auf einem hohen Niveau sicherzustellen.
Für alle Hauptversorgungs- und Fernleitungen wurden in den letzten Jahren Sanierungskonzepte auf Grund vorgelagerter hydraulischer Untersuchungen sowie sich abzeichnender perspektivischer Entwicklungen für den Großraum Leipzig erarbeitet. Bei der Wahl des Sanierungsverfahrens, welches hauptsächlich durch die erforderlichen Mindestnennweiten bestimmt wird, wurde in der Vergangenheit mehrfach die Sanierung mit duktilen Gussrohen favorisiert und letztendlich auch mit Erfolg realisiert. Nachfolgend werden zwei Beispiele eines Rohreinzugs und –einschubs von Rohren in den Nennweiten DN 900 und 600 skizziert.
Bauausführung Fernleitung
Thallwitz-Canitz
Im Rahmen der Umsetzung des Vorhabens mussten folgende Randbedingungen beachtet und eingehalten werden:
Entsprechend den örtlichen Verhältnissen und der Sanierungstechnologie „Einschieben“ wurden 3 Pressgruben sowie 4 Zielbaugruben errichtet. Die Baugrubensicherung erfolgte entsprechend den statischen Erfordernissen komplett mit Spundbohlen. Die Einschübe der duktilen Gussrohre DN 900 wurden in 4 Einzelmaßnahmen von den unterschiedlichen Pressgruben vorgenommen. Dabei betrugen die Einschublängen ca. 50 m, 125 m und 232 m. Der längste Abschnitt wurde mit 289 m realisiert.
Rohre mit Außenschutz
im Einsatz
Wegen des kleineren Muffenaußendurchmessers der Tyton-Steckmuffe gegenüber der längskraftschlüssigen BLS-Steckmuffe wurde das auf der Muffe schleifende Einschieben als Sanierungstechnologie gewählt. Zum Einsatz kommen dabei Rohre aus duktilem Gusseisen nach DIN EN 545 [1] mit der Tyton-Steckmuffen-Verbindung. Innen haben die Rohre eine Zementmörtel-Auskleidung (ZM-A). Da der zwischen Altrohr und Neurohr verbleibende Ringraum nach der Druckprüfung auf der Baustelle mit einem alkalischen Dämmer verdämmt wird, wurde für die Rohre der Außenschutz Zink-Überzug (200 g/m²) mit Epoxidharz Deckbeschichtung gewählt.
Die zulässige Einschubkraft bei Rohren aus duktilem Gusseisen DN 900 mit der Tyton-Steckmuffen-Verbindung beträgt gemäß dem Buderus-Handbuch „Grabenloser Einbau duktiler Gussrohre [3] 4330 kN (433 t). Dabei ist kein Sicherheitswert berücksichtigt. Dieser muss den örtlichen Gegebenheiten, d. h. insbesondere den Kurvenradien und Abwinkelungen angepasst werden. Er ist mit der Anwendungstechnik des Rohrherstellers abzustimmen (Tabelle 1 Einschubkräfte).
Zur Vorbereitung der Sanierung wurde die Altleitung DN 1100 mittels Wasserhöchstdruck mit 1000 bar komplett gereinigt und sämtliche Inkrustationen beseitigt. Die Technologie erwies sich gegenüber der Reinigung durch Kettenschleudern als äußerst effektiv und zeitsparend. Obwohl im Sanierungsabschnitt keine nennenswerten Lageabweichungen der Altleitung zu verzeichnen waren, erfolgte im Anschluss an die Reinigung die Befahrung der gereinigten Rohrleitung sowie die Kalibrierung der Leitung durch ein Rohrstück mit dem Außenmaß der einzuschiebenden GGG-Rohre. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Es wurden sämtliche Inkrustationen entfernt, das Rohrstück konnte problemlos durch die jeweiligen Sanierungsabschnitte geführt werden und die Altleitung stand metallisch blank zur Sanierung mittels GGG-Rohren DN 900 bereit.
Zur Optimierung des Einschubvorganges sowie zur Reduzierung der Einschubkräfte, wurden einige größere Muffenspalten und Absätze im Bereich der Sohle ausgeglichen. Der eigentliche Rohreinschub erfolge in sehr kurzen Bauzeiten. Die durchschnittlichen Montage- und Einschubzeiten, je Tyton-Rohr mit einer Länge von 6 m, lagen unter 10 Minuten. Bedingt durch das Einschieben der Rohre - schleifend auf der Muffe - mussten alle Muffen mechanisch mit entsprechenden Blechkonen geschützt werden. Beim längsten Einschub von fast 290 m und einen Rohrstranggewicht von ca. 93 t wurden an der Presse Kräfte von 558 kN (55,8 Tonnen) gemessen.
Nachdem die komplette Rohrleitung eingeschoben war, erfolgte die Verbindung der Rohrleitung in den einzelnen Baugruben mittels entsprechender Formteile sowie an Pressgrube 2 auch mit einem Pass- und Ausbaustück als Einbauhilfe. Im Bereich der parallel verlaufenden Fernleitung wurde zur Optimierung des Betriebes ein kompletter Klappenkranz mit 4 Klappen DN 800 mit Umführung sowie einer Verbindungsarmatur in DN 600 realisiert. Da immer eine Fernleitung in Betrieb sein musste, erfolgte die Ausführung in zwei Bauabschnitten. Die Lagesicherung der Leitung wurde mit entsprechenden Widerlagern vorgenommen. Für die Bemessung der Widerlager war in Abstimmung mit den Bauherren ein maximaler Betriebsdruck von 6 bar zu berücksichtigen. Die Druckprüfung für den sanierten Leitungsabschnitt der Fernleitung Thallwitz-Leipzig wurde am 05.10.2009 erfolgreich abgeschlossen.
Nach Vorliegen der Hygienefreigabe konnte in das vorhandene Leitungssystem eingebunden werden. Damit waren die Vorraussetzungen geschaffen, um die restlichen Arbeiten an der zweiten Fernleitung zu realisieren.
Bauausführung Trinkwasser-
leitung DN 1000 Leipzig-Grünau
Der Sanierungsabschnitt befindet sich in Leipzig-Grünau zwischen der Brünner
Straße und Schönauer Straße und ist ca. 1200 m lang. Bedingt durch den Rückgang des Wasserverbrauchs, den demographischen Wandel sowie die Maßnahmen des Stadtumbaus vor Ort kann und muss aus hydraulischen Betrachtungen die Nennweite auf DN 600 verringert werden. Die Sanierungstechnologie wurde durch eine Vielzahl von Einflussgrößen und Randbedingungen bestimmt. Wesentlich dabei waren:
Da die genaue Trassenführung der vorhandenen Leitung nicht 100 %ig feststellbar war, entschied sich der Bauherr zum Einzug von Rohren DN 600 mit der längskraftschlüssigen BLS-Steckmuffen-Verbindung nach DIN EN 545 [1].
Innen haben die Rohre eine Zementmörtel-Auskleidung. Der Außenschutz besteht aus einem Zinküberzug (200 g/m²) mit einer Epoxidharz-Deckbeschichtung.
Die Vorbereitung der Altleitung für die Sanierung wurde wie bei der vorstehend beschriebenen Maßnahme nach den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes GW 320 [2] durchgeführt. Die BLS-Steckmuffen-Verbindung DN 600 hat gemäß Buderus-Handbuch „Grabenloser Einbau von duktilen Gussrohren“ eine zulässige Zugkraft von 1525 kN (152,5 t), siehe Tabelle 2 Einzugskräfte. Bedingt durch die Baulänge von 6 m, konnten die Baugruben, welche zur Montage der Rohrleitung notwendig waren, verkürzt und damit die Tiefbaukosten gesenkt werden. Als weiterer wesentlicher Vorteil erwiesen sich die sehr kurzen Montagezeiten der BLS-Verbindung, welche nach Einarbeitung des Baustellenpersonals in der Regel unter 20 Minuten lagen.
Für den gesamten Sanierungsabschnitt wurden 18 Baugruben errichtet. In 17 Rohreinzugsvorgängen wurde durch die Baufirma eine Gesamtstrecke von 1070 m duktile Gussrohre mit BLS-Schubsicherung montiert und in die im Vorfeld gereinigte und kalibrierte Rohrleitung eingezogen. Bedingt durch die recht komplizierte Leitungsführung – viele Richtungsänderungen, Einbauten, seitliche Anschlüsse – stellte die Maßnahme hohe Anforderungen an alle Beteiligten.
Zur Aufrechterhaltung der Versorgung wurde die Leitungsverlegung in zwei Teilabschnitten realisiert. Nach erfolgter Druckprüfung und Spülung der Leitung erfolgte die Wiederinbetriebnahme des realisierten Teilabschnittes mit anschließender Einbindung der abgehenden Versorgungsleitungen. Der Ringraum zwischen Altleitung und neu verlegter Rohrleitung DN 600 wurde verdämmert und in der letzten Bauetappe erfolgte der Rückbau der Baugruben mit anschließender Herstellung der oberirdischen Infrastruktur. Die vorgesehene Bauzeit für die Gesamtbaumaßnahme von April bis September 2009 konnte eingehalten werden.
In diesem Beitrag werden 2 Sanierungsmaßnahmen beschrieben. Es handelt sich bei beiden Maßnahmen im Sinne des Wortes jedoch nicht um Sanierungen, sondern um grabenlose Erneuerungen mit dem Langrohrrelining. Unabhängig vom Zustand und dem Verhalten der Altleitungen sind die erneuerten Leitungen, was die technische Nutzungsdauer und die kalkulatorische Abschreibung betrifft, neuen konventionell im offenen Rohrgraben eingebauten Leitungen gleichzustellen. Gegenüber einer Erneuerung im offenen Rohrgraben wurden beträchtliche Kosteneinsparungen erzielt. Duktile Gussrohre in unterschiedlichen Ausführungen haben bei beiden Maßnahmen ihre sehr gute Eignung für grabenlose Erneuerungen bewiesen. In beiden Fällen hat die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten einen rei-
bungslosen Bauablauf gewährleistet. Die vorgesehenen Bauzeiten wurden einge-
halten.n