Duktile Guss-Rohrsysteme: Nachhaltig überlegen

Vor etwa 150 Jahren wurde in Europa die städtische Versorgungsinfrastruktur für Gas und Trinkwasser beinahe ausschließlich mit Gussrohren aufgebaut. Ein wesentlicher Teil der heutigen Versorgungsnetze stammt noch aus jener Zeit. In den Jahren hat sich das Gussrohr-System entscheidend weiterentwickelt: die Herstellverfahren haben sich den gestiegenen Anforderungen an Maßhaltigkeit, Wanddickenverminderung, Wirtschaftlichkeit angepasst.

Auch die Verbindungstechnik wurde sicherer und einfacher. Der Siegeszug des Gussrohrs vom damaligen Graugussrohr bis hin zum modernen duktilen Gussrohr spiegelt Industriegeschichte wider und zeigt eindrücklich die Qualitäten und die vielen unübersehbaren Vorteile des duktilen Gusseisens, das wie kein anderer Rohrwerkstoff den belegbaren Beweis seiner Langlebigkeit angetreten hat.

Im Laufe der Jahre sind neben dem duktilen Gusswerkstoff eine Reihe anderer Werkstoffe für Rohre entwickelt worden, die Trink- und Abwasser transportieren, die aber bei näherer Betrachtung keine wesentlichen Vorteile gegenüber dem Traditionswerkstoff vorweisen können. Im Gegenteil, in punkto Zuverlässigkeit, Langlebigkeit, Schadensanfälligkeit und Nachhaltigkeit gibt es derzeit keinen Rohrwerkstoff, der eine höhere Leistungsfähigkeit besitzt als duktiles Gusseisen. Dies gilt für Rohre für Trinkwasser als Leitungsmedium, dessen höchste Qualität und Reinheit gewährleistet sein muss, ebenso wie für Abwasser, das sicher zu den Klär- und Reinigungsanlagen zu transportieren ist. Es gilt gleichermaßen für Formstücke und Armaturen aus duktilem Gusseisen, die durch ihre Zuverlässigkeit den Leitungsbau unterstützen und nachhaltig sicher machen.

Klare Kostenvorteile

Gerade in jüngster Vergangenheit wird seitens einiger Konkurrenzwerkstoffe das Argument eines preislichen Vorteils ins Feld geführt. Ein vermeintlicher Vorteil, der Kommunen und Versorgungsunternehmen in Zeiten knapper Budgets zu kurzfristigen Entscheidungen bewegt. Bei näherem Hinsehen erweist sich das Preisargument jedoch als Trugschluss, weil oftmals mittel- bis langfristige Effekte übersehen werden und dadurch die Verantwortung für kommende Generationen außer Acht gerät. Wie beispielsweise Untersuchungen zum Kostenvergleich zwischen Kunststoffrohren und Rohren aus duktilem Gusseisen über einen Nutzungszeitraum von 15 Jahren gezeigt haben, überwiegen spätestens ab der Nennweite DN 200 die Vorteile von duktilen Gussrohren ganz deutlich und heben sich bei größeren Nennweiten immer weiter ab. Bei DN 400 kann sich beim Einsatz von duktilen Gussrohren gegenüber Rohren aus Kunststoffen innerhalb dieses Zeitraums ein Kostenvorteil von mehr als 20 Prozent errechnen [1]. Dieser wird unter anderem durch eine höhere Einbauleistung erreicht. Gussrohrleitungen mit ihrer einfach zu handhabenden Verbindungstechnik können schnell und witterungsunabhängig eingebaut werden. PE-Rohre dagegen, deren Verbindungen geschweißt werden müssen, generieren einen deutlich höheren Aufwand u. a. für das dafür notwendige zertifizierte Fachpersonal. Zudem sind wegen der Schweißarbeiten trockene Wetterverhältnisse notwendig, was bei ungünstigen Bedingungen zu Mehraufwendungen bei den Schweißarbeiten führt und damit die Einbauleistung herabsetzt.

Das robuste Guss-Rohrsystem benötigt keine Sandbettung. Je nach Art des Außenschutzes kann der Grabenaushub sogar mit Korngrößen bis 100 mm zum Einbau wiederverwendet werden [2]. Bei den Kunststoffrohren ist diese Frage noch immer umstritten: Während laut Anhang G des DVGW-Arbeitsblattes W 400-2 für PE-Rohre > DN 200 die Korngröße auf 40 mm (Rundkorn) begrenzt wird, werden laut [3] „Kunststoffrohre entsprechend dem aktuellen Regelwerk zum Schutz vor mechanischen Beschädigungen in einem Sandbett verlegt. Ohne dieses Sandbett würden die Rohre durch äußere Belastungen oder Druckänderungen zum Teil sehr stark beansprucht [3]. Das Rohrumhüllungsmaterial muss hier also so beschaffen sein, dass das druckbeaufschlagte Medienrohr vor äußeren Beschädigungen geschützt ist. So entstehen zusätzliche Material- und Transportkosten, die bei Gussrohren entfallen.

Gussrohrleitungen kommen bei normalen Einbaubedingungen und mit schubgesicherten Verbindungen ohne Betonwiderlager aus – ein weiterer Kostenvorteil, der sich auf die Wirtschaftlichkeit der Rohrleitung auswirkt. Langfristig, wie die oben genannten Untersuchungen und auch die Schadenstatistik des DVGW ausweisen, haben Gussrohre zudem erheblich niedrigere Fehler- und Schadensquoten. Die DVGW-Schadensstatistik Wasser [4] (Erhebungsjahr 1997 bis 2004, Bundesrepublik Deutschland gesamt) gibt eine Schadensrate (Anzahl Schäden pro 100 km) von 4 bei duktilen Gussrohren im Jahr 2004 an. Bei PE-HD liegt die Rate um 50 Prozent höher, nämlich bei 6. Der Anteil Beschädigungen durch Fremdeinwirkung liegt bei Gussrohren lediglich bei etwa 5 Prozent, während er bei PE-HD bei ungefähr 18 Prozent liegt. Deutlicher können die Vorteile von Gussrohrleitungen kaum beschrieben werden. Die Entscheidung für duktile Gussrohr-Systeme liefert daher ein nachhaltiges Investitionsergebnis, da auch Kosten für Wartung und Reparaturen langfristig eingespart werden. Hinzu kommen „nicht rechenbare“ Vorteile in ökologischer und hygienischer Hinsicht, die das Gussrohr auch in den kleinsten Nennweiten zur überlegenen Investitionsalternative werden lassen.

Sicherheit im Untergrund. Verantwortung für die Umwelt

Der Grundstoff für duktiles Gusseisen ist recycelter, vorsortierter Stahlschrott. Anders als bei Rohren aus Kunststoffen müssen dafür praktisch keine originären oder fossilen Rohstoffe eingesetzt werden, sodass die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen und CO2-Emissionen gesenkt werden. Duktile Gussrohre leisten einen positiven Beitrag zur Ökobilanz.

Von Wichtigkeit bei der ökologischen und hygienischen Betrachtung ist die Diffusionsdichtigkeit des duktilen Gusseisens. Dies ist für den Trinkwasserschutz und für Abwasserleitungen ein unschlagbares Argument. PE-Rohre sind z. B. bei der Diffusion gegenüber Chlorkohlenwasserstoffen etwa 1000-mal durchlässiger als duktiles Gusseisen [5].

Duktile Gussrohre geben darüber hinaus durch ihre Auskleidungen (Polyurethan nach EN 15655 [6] sowie Mörtel auf Basis Hochofenzement für die Trinkwasserversorgung [7] bzw. Tonerdezement [8] für die Abwasserentsorgung) eine Garantie für hygienisch-ökologische Betriebsweise.

Lange Lebensdauer. Vermiedene Aufwendungen in der Zukunft

Wie kein anderer Rohrwerkstoff kann duktiles Gusseisen seine Langlebigkeit und damit seine über Generationen andauernde Sicherheit praktisch beweisen. Die technische Nutzungsdauer für duktile Gussrohre beträgt bis zu 140 Jahren. Legt man duktile Gussrohre mit ihren hochwertigen Umhüllungen

n Zementmörtel-Umhüllung (ZM-U) nach EN 15542 [9] und
n Polyurethan (PUR) nach EN 15189 [10] zugrunde, wird diese Lebensdauer besonders eindrücklich unterstrichen.

So wurden in einer systematischen Untersuchung die äußeren Oberflächen von Rohren nach bis zu 32 Jahren Betriebsdauer untersucht und Proben des jeweils anstehenden Bodens und des verwendeten Umhüllungsmaterials zur Untersuchung nach DIN 50929, Teil 3 entnommen. Bei allen Ausgrabungen zeigte sich, dass die mit Zementmörtel umhüllten Rohre nach 25 bis 32 Jahren Nutzungsdauer dem Neuzustand entsprachen und keinerlei Korrosionsschäden aufwiesen [11].

Ähnliche Untersuchungen zum praktischen Nachweis der Langzeitbeständigkeit der PUR-Umhüllung laufen in der Schweiz. Seit über 20 Jahren werden in Zürich zwei Versuchsstrecken betrieben. Sie stehen kontinuierlich unter Überwachung durch die Schweizerische Gesellschaft für Korrosionsschutz SGK. Dabei werden die Schutzpotenziale und die Erdübergangswiderstände der mit PUR umhüllten Rohre in verschiedenen Böden gemessen. Diese Felduntersuchungen zeigen in allen untersuchten Bettungen ein konstant gutes Verhalten der mit Polyurethan umhüllten duktilen Gussrohre [12].

Alle Untersuchungen erlauben den Schluss, dass diese hochwertig umhüllten Guss-Rohrsysteme eine technische Nutzungsdauer von 100 bis 140 Jahren mit Sicherheit erreichen werden.

Ein Blick in die vorindustrielle Zeit fördert ein weiteres beachtliches Ergebnis zu Tage: Im Jahre 1783 veranlasste Clemens Wenzeslaus, Erzbischof und Kurfürst von Trier, den Bau einer Wasserleitung zur Versorgung der öffentlichen Brunnen für die Stadt Koblenz. Die so genannte Metternicher Wasserleitung bestand aus gusseisernen Muffenrohren in Baulängen von 1,5 m mit einem Durchmesser von 80 Millimetern. Als diese Leitung nach mehr als 150 Jahren 1934 freigelegt wurde, stellte sich heraus, dass das Rohrmaterial nach der langen Betriebszeit noch in bestem Zustand war. Der damalige Oberbürgermeister bestätigte dies in einem offiziellen Schreiben an den „Deutschen Gußrohr-Verband“ (heute: die europäische Fachgemeinschaft Guss-Rohrsysteme EADIPS®, www.eadips.org) [13].

PE-Rohren wird eine Nutzungsdauer von rund 60 Jahren unterstellt. Das ist weniger als die Hälfte der beweisbaren Lebensdauer von duktilen Gussrohren. Reinvestitions- und Sanierungsbudgets können beim Einsatz von Gussrohren demnach deutlich geringer angesetzt werden.

Grabenlose Einbautechniken und Leitun­gen mit hoher Beanspruchung

Grabenlose Einbautechniken haben europaweit mittlerweile eine große Bedeutung erlangt. Zur Vermeidung von Baulärm und Verkehrsbehinderungen in innerstädtischen Bereichen und bei der Unterquerung von Hindernissen wie Straßen oder Flüssen sind grabenlose Bauweisen bei der Erneuerung von Druckrohrleitungen nicht mehr wegzudenken. Sie sind kostengünstig und umweltschonend. Ihre Entwicklung ist untrennbar mit dem duktilen Gussrohr und dessen Verbindungen und Außenschutzarten verbunden. Aufgrund ihrer hohen mechanischen Belastbarkeit sind duktile Gussrohre mit längskraftschlüssigen Verbindungen beim grabenlosen Einbau jedem anderen Werkstoff deutlich überlegen, was sich auch in der zulässigen Zugkraft zeigt. Diese Überlegenheit zeigt sich auch bei anderen Hochleistungsanwendungen. Da die Druckstabilität bei Kunststoffrohren limitiert ist, können sie beispielsweise für Turbinenleitungen, die hohen Drücken standhalten müssen und meist in topografisch schwierigem Gelände eingebaut werden, nur sehr bedingt oder gar nicht eingesetzt werden. Duktile Gussrohre dagegen sind aufgrund ihrer Werkstoffeigenschaften und der zur Verfügung stehenden Außenschutzvarianten selbst in felsigem Gelände problemlos einbaubar und für Betriebsdrücke von bis zu über 100 bar geeignet. Diese Vorteile werden nicht nur bei Leitungen für Beschneiungsanlagen, die sich meist im alpinen Gelände befinden, und bei Feuerlöschleitungen, die ein feuerfestes Rohrmaterial voraussetzen, deutlich, sondern gelten im Grundsatz für die Sicherheitsreserven jeder Druckleitung aus duktilem Gusseisen in der kommunalen Wasserwirtschaft.

Fazit

Duktiles Gusseisen ist ein in allen Anwendungen der Rohrleitungstechnik und der Wasserwirtschaft einsetzbarer Werkstoff und kann aufgrund seiner überlegenen technischen Eigenschaften, der kostensparenden Beschichtungs- und Verbindungstechnik sowie des zur Verfügung stehenden kompletten Formstück- und Armaturensortiments in allen Bereichen langfristige Sicherheit garantieren.

Der Traditionswerkstoff Guss ist moderner denn je, weil er den Anforderungen der Zukunft auf Ressourcenschonung und auf langfristige Kostenvorteile und damit echter Nachhaltigkeit entspricht.n

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