Dämmen muss „sexy“ werden …
Nürnberg war Ende Juni Schauplatz der Jahrestagung des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme (FV WDVS). Rund 120 Teilnehmer beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit der Strategie bis 2015, mit den politischen Rahmenbedingungen der Energiewende hierzulande und auf europäischer Ebene sowie mit technischen Themen aus den Gremien des Verbandes.
Höhepunkt war die Präsentation des neuen „Energiesparkompasses 2012“. Wenige Tage zuvor hatte Verbandsgeschäftsführer Dr. Wolfgang Setzler im Rahmen des Wärmeschutztages in München eines der ersten Exemplare an Dr. Peter Ramsauer übergeben. Der Bundesbauminister unterstrich dazu in seiner Rede: „Ohne WDVS keine Energiewende, denn im Gebäudebestand liegen nach wie vor die größten Chancen.“ Die Vorstellung des 60-Seiten-Werkes erntete bei den Mitgliedern des Fachverbands viel Beifall, denn darin wird durch Fachbeiträge namhafter Experten, aber auch durch Untersuchungen u.a. von Infratest Dimap die Branchensituation mit ihren Chancen analysiert und neutral bewertet. Dr. Andreas Enseling vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU) weist nach, dass und wie sich Effizienzmaßnahmen im Bestand rechnen. „Sachwert schlägt Geldwert“ heißt das Plädoyer von Prof. Max Otte (FH Worms) für den monetären Nutzen der energetischen Gebäudesanierung und für die „Energiesparrente“. Und Dr. Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KfW-Bank, erläutert den hohen volkswirtschaftlichen Nutzen durch energiesparende Modernisierungsmaßnahmen. Der Energiesparkompass liefert zudem konkrete Handlungsoptionen für Wohnungseigentümer, Vermieter und die Politik; er steht ab sofort zum kostenfreien Download unter www.heizkosten-einsparen.de zur Verfügung.
Verabschiedet wurde bei der Jahrestagung nach achtjähriger Vorstandstätigkeit Dr. Clemens von Trott, dem Vorstandsvorsitzender Lothar Bombös für seine erfolgreiche Arbeit im FV WDVS herzlich dankte. Zum neuen Vorstand Öffentlichkeitsarbeit wählten die Delegierten einstimmig den Vorsitzenden der Caparol-Geschäftsführung, Elmar Schmidt.
Im weiteren Tagungsverlauf ging es um die Grundzüge der Verbandsstrategie bis 2015. Mit Blick auf die öffentliche Diskussion und die Medienberichte über WDVS will der FV ebenso sachliche wie deutliche Gegenakzente setzen, die positiven Botschaften intensiver, emotionaler und weniger technisch an größere Zielgruppen kommunizieren: „Dämmen muss sexy werden“ – lautet die Botschaft vor allem an Endkunden und Anwenderzielgruppen. Dr. Setzler „Das Markenguthaben von WDVS und Innendämmung muss deutlich erhöht werden. Wir müssen raus aus der Rechtfertigungsecke hin zum Sprungbrett der positiven Kommunikation mit der Kernbotschaft: Dämmen lohnt sich – finanziell, materiell und kulturell.“
Parallel will sich der FV WDVS stärker in Richtung Politik und branchenbegleitende Institutionen vernetzen und dort Botschaften platzieren. Koordiniert und konzipiert werden diese Aktivitäten durch den Arbeitskreis 5 „Kommunikationsstrategie“. Mitglieder dieses Gremiums sind u.a. Bernd Frey (Baumit), Martin Sassning (quick-mix), Heiko Trimpel (DAW Gruppe), Jochen Wenzel (Knauf Gruppe), Rolf Wohllaib (Sto AG) und Dr. Hartmut Schönell (Industrieverband Hartschaum, IVH). Derzeit arbeiten Vorstand und Geschäftsführung auch an einem Finanzierungskonzept für die verschiedenen zusätzlichen Aktivitäten.
Für die in der Diskussion stehenden WDVS-Aspekte strebt der Verband technisch belastbare Lösungen an, die in die Image-Kampagne einfließen und vorhandene Zweifelpotenziale abbauen. Hierbei geht es vorrangig um Brandschutz (vor allem bei EPS-basierten Systemen), Recycling und um das Thema Algen. Die Reihe der erfolgreichen Brandschutzforen des FV wird fortgesetzt mit Veranstaltungen in Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hamburg und Leipzig. Hier wird das Brandverhalten von WDVS in allen Aspekten technisch und wissenschaftlich aufbereitet unter Einbeziehung der örtlichen Brandbehörden und Vertretern von Bauämtern.
Das zum Thema Recycling gemeinsam mit dem IVH initiierte Forschungsprojekt „Möglichkeiten der Wiederverwertung von Bestandteilen des Wärmedämm-Verbundsystems nach dessen Rückbau durch Zuführung in den Produktkreislauf der Dämmstoffe bzw. Downcycling in die Produktion minderwertiger Güter bis hin zur thermischen Verwertung“ steht kurz vor der Mit-Finanzierungszusage durch den Bund. Es wird konkrete Antworten liefern über bestmögliche Aufbereitungswege von in WDVS genutzten Baustoffen und Materialien.
Nachhaltigkeit bestimmt auch die WDVS-Themen auf europäischer Ebene. „Hier hat sich die European Association of ETICS (EAE) als Sprachrohr der Branche etabliert und ist in die Kommunikationswege der wichtigsten Gremien einschließlich der EU-Kommission eingebunden“, berichtete EAE-Präsident Lothar Bombös. Man arbeitet mit den internationalen Mitgliedern in verschiedenen Gremien u.a. am europäischen Normungsprozess für WDV-Systeme und an den Auswirkungen der 2013 geltenden Bauproduktenverordnung, die einige gravierende Veränderungen mit sich bringt und den Stellenwert der Nachhaltigkeit und Ökologie deutlich erhöht. Entsprechende Bedeutung hat daher das 2. Europäische ETICS-Forum, das am 25. Oktober 2012 am Sitz des Europaparlaments in Straßburg stattfindet.
Im Vortragsteil der Jahrestagung stand die energetische Sanierung mit WDVS im Mittelpunkt. ARD-Wetterexperte Sven Plöger beleuchtete dieses Thema vor dem Hintergrund spürbarer Klimaveränderungen auf der einen und der Energiewende-Vorgaben auf der anderen Seite in einem ebenso spannenden wie informativen Vortrag. Dass sich Dämmen tatsächlich lohnt, zeigte abschließend Peter H. Richter, der als langjähriger Geschäftsführer der wbg Nürnberg GmbH zahlreiche energetische Sanierungsmaßnahmen im Geschosswohnungsbau unter Einbeziehung von WDV-Systemen erfolgreich abgeschlossen hat.