Die Brücke unter Beobachtung

Brückenmonitoring mit intelligenten Dehnfugen und Brückenlagern

Beim Forschungs- und Entwicklungsprojekt „IFuLa“ – Intelligente Fugen und Lager – werden Verkehrslasten und Brückenveränderungen mit innovativer Technik gemessen.

Mit zunehmendem Verkehr und steigenden Lkw-Achslasten erhöhen sich die Beanspruchungen von Brücken in unbekannter Weise. Um hier mehr Erkenntnisse zu gewinnen und Brücken besser überwachen zu können, hat Maurer im Förderprojekt „IFuLa“ (Intelligente Fugen und Lager) zusammen mit der Universität der Bundeswehr München eine intelligente
Schwenktraversen-Dehnfuge und ein intelligentes Kalotten-Gleitlager entwickelt. Deren integrierte Sensoren erfassen erstmals mit hoher Genauigkeit die Verkehrslasten und die Einwirkungen auf die Dehnfugen und Lager. Herzstück der Entwicklung sind die Algorithmen, die aus einer Vielzahl von Messwerten die wesentlichen Größen für das Brückenmonitoring extrahieren.

Intelligente Systeme

„Innovative Sensorik für Lager und Fahrbahnübergangskonstruktionen“ lautet der exakte Titel des mehrjährigen F+E-Projekts, das die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Rahmen des „Nationalen Innovationsprogramms Straße“, Förderschwerpunkt „Intelligente Brücken“ förderte. Es wurden zwei intelligente Systeme entwickelt:

eine Schwenktraversen-Dehnfuge zur Achslastermittlung, mit einer Genauigkeit von 10 % der Achslasten sowie

ein Kalotten-Gleitlager mit Auflast-, Gleitweg- und Rotationsmessung zur Identifikation von Lagereinwirkungen und -verschleiß und Bauwerksverän-derungen, mit einer Genauigkeit von 5 % der maximalen Last.

Dehnfuge misst Verkehrslast

Dehnfugen bieten sich als Messinstrument der Verkehrslast an, da sie unmittelbar von den Fahrzeugen überrollt werden und in jeder größeren Brücke vorhanden sind. Das wurde auch bisher für Messungen genutzt, aber nur indem Sensoren nachträglich im Bestand installiert wurden. Basis der intelligenten Fuge ist eine Schwenktraversen-Dehnfuge DS160. Damit die Achslast an einer (= 1) Lamelle gemessen werden kann, wurde diese auf 220 mm verbreitert: So wird diese Lamelle beim Überrollen vollständig vom Lkw-Reifen belastet.

Ausgeklügelte Sensorik für die Dehnfuge

Für die Messung wurden Sensoren im Auflager der Lamelle auf der Traverse integriert. Über Labortests mussten geeignete, robuste und austauschbare Sensoren ausgewählt werden, welche die impulsartigen Kräfte genau erfassen. Zudem wurde in Versuchsreihen im Labor und bei Überrollversuchen ermittelt, an welchen Stellen Messungen notwendig sind, um die Einwirkung vollständig zu erfassen. Dabei wurde auch beurteilt, wo die Einwirkung vernachlässigbar klein ist und deshalb im Projektfortschritt nicht mehr berücksichtigt werden muss. Aufwendig war der Kalibrierungsprozess. Kalibriert wurden zunächst die im Bauteil integrierten Sensoren. Hier wirken sich die Eigenschaften der Lager/Federelemente sowie die anliegende Vorspannung aus. Dann wurden die sensorenbestückten Bauteile in die Fuge eingebaut und es erfolgten dynamische Referenzmessungen an der Fuge.

Automatisierte Auswertung der Achslast

Die größte Herausforderung war die Auswertung der Achslasten. Das dynamische Verhalten der Lkws beim Überrollen der Dehnfuge bzw. die gegenseitige Beeinflussung von Lkw und Fuge müssen richtig interpretiert werden, so dass sich am Ende Daten ergeben, die Auskunft über die tatsächlichen Achslasten geben. Dies ist nur möglich, wenn die Fuge als numerisches Modell, mit hoher Genauigkeit zur realen Fuge, abgebildet wird. Neben üblichen Lkws wurde auch ein instrumentiertes Fahrzeug der Bundeswehr verwendet, das die vom Reifen übertragenen Kräfte misst. So war ein direkter Vergleich zwischen tatsächlichen und gemessenen Achslasten möglich.

Lager überwachen Brücke

Lager sind elementare Bauteile der Brücke. Viele Zustandsänderungen des Bauwerks wirken sich unmittelbar auf sie aus. Daher sind sie bestens geeignet für ein laufendes Brückenmonitoring. Dieses Monitoring ist angesichts der zunehmenden Verkehrslast dringend notwendig. Entwickelt wurde ein Kalottenlager. Es liefert sehr genaue Werte, da die verwendeten Materialien Stahl und MSM (Gleitmaterial) nicht temperatur- und alterungsabhängig sind und nur geringe Lagerwiderstände entstehen.

Das intelligente Kalottenlager erfasst Auflast, Verdrehung und Verschiebung. Auch hier ging es darum, Sensoren und einen Lageraufbau zu entwickeln, die im Zusammenspiel die angestrebte Genauigkeit der Messsignale und eine hohe Wiederholgenauigkeit und Reproduzierbarkeit erreichen.

Komplexer Aufbau zur Auflastmessung

Herkömmliche Maurer-Kalottenlager bestehen aus zwei Gleitplatten und dazwischenliegender Kalotte. In den Kontaktflächen liegen Gleitpaarungen aus MSM und austenitischem Gleitblech bzw. hartverchromter Kalotte. Für die Auflastmessung wurde eine gekammerte Elastomerfolie unter das MSM eingebaut. Druck versetzt die Folie in einen quasi-hydrostatischen Fließzustand. Punktuelle Drucksensoren messen diese gleichmäßig verteilte Lagerbelastung. Insbesondere mussten dabei die Materialeigenschaften des Gleitmaterials und der mit Fett gefüllten Schmiertaschen und deren Einfluss auf das Drucksignal untersucht werden. Das erfolgte in einer Vielzahl von zeitintensiven Vorversuchen.

Ergänzende Messung von Verdrehung und Verschiebung

Zudem werden am intelligenten Gleitlager Verdrehung und Verschiebung erfasst. Die entsprechenden Sensoren müssen individuell für die jeweiligen Lager angepasst werden. Im IFuLa-Projekt wurden hierfür Konfigurationen von möglichen Lagern entwickelt und die Kosten und Genauigkeit der Sensoren recherchiert. Beim intelligenten Lager geht es nicht um kurzfristige Bauteilveränderungen. Das Projekt fokussierte vielmehr darauf, aus der Fülle der Messdaten die zu identifizieren, die langfristige Veränderungen anzeigen. Eine Verdrehung kann hier eine Steifigkeitsveränderung der Brücke, eine Neigung oder Senkung signalisieren. Eine Verschiebung deutet darauf hin, dass sich am Brückendeck etwas verändert haben muss.

Erfolg und Praktische Umsetzung

Prototypen der intelligenten Kalottenlager wurden im Labor des Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau der Universität der Bundeswehr München getestet. Gemessen wurden Druck‚ Verschiebung und Verdrehung und wie sich diese Werte gegenseitig beeinflussen. Der wichtigste Erfolg im Projekt ist die Genauigkeit nicht nur der Messwerte, sondern auch der letztlichen Aussagen über Achslasten und Auflasten. Die intelligenten Schwenktraversen-Dehnfugen und Kalotten-Gleitlager können sowohl Einwirkungen auf Brücken als auch ihre Zustandsentwicklung erfassen und überwachen. Sie geben den Straßenbauverwaltungen wertvolle Informationen zum Bauwerkszustand und für Restlebensdauerprognosen.

Eine neu entwickelten Dehnfuge (Maurer DS 320GOi) und zwei instrumentierte Kalottenlager (KGAi) wurden bereits bei einer Ersatzneubaubrücke am Autobahnkreuz Nürnberg (Bauwerk BW402e) eingebaut. Diese musste erneuert werden, weil die hohe Verkehrsbelastung die Brücke aus den 70er Jahren beschädigt hatte. Der Neubau wurde Mitte Oktober dem Verkehr übergeben. Die intelligenten Fugen und Lager werden im regellosen Verkehr angewendet und sollen Aufschlüsse über die weitere Entwicklung der Lasten geben. Das Projekt IFuLa kostete rund 550.000 €. Die BASt förderte mit 355.000 €.

Maurer SE

www.maurer.eu

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