Eine Chance für Unternehmen

Warum es sich für Bauunternehmen lohnt, die berufliche Anerkennung von ausländischen Fachkräften zu unterstützen.

Viele Unternehmen sind unsicher, über welche Fertigkeiten und Fähigkeiten Arbeitnehmer oder Arbeinehmerinnen mit ausländischem Berufsabschluss wirklich verfügen. Im Januar 2016 startete das Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Ziel des Projektes ist es, kleine und mittlere Unternehmen über die Möglichkeiten der beruflichen Anerkennung zu informieren.

Fachpersonal für Bauunternehmen

Zahlreiche Berufe der Bauwirtschaft können in Deutschland nur mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ausgeübt werden. Die Anzahl der verfügbaren Auszubildenden reicht aber oft nicht aus, um den Bedarf an Fachpersonal im Unternehmen zu decken. Deshalb stellen zunehmend auch ausländische Fachkräfte eine Alternative bei der Besetzung offener Stellen dar. Es besteht jedoch Informationsbedarf: Wie genau können Bauunternehmen ausländisches Fachpersonal einsetzen?

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Welche ausländischen Qualifikationen und Berufe im Handwerk überhaupt mit deutschen Berufsabschlüssen vergleichbar sind, stellen die 53 deutschen Handwerkskammern fest. Dilek Intepe von der Abteilung Berufsbildung der Handwerkskammer Berlin erläutert ein Beispiel: „Die Handwerkskammer Berlin arbeitet beim Verfahren der Berufsanerkennung eng mit dem Lehrbauhof Berlin zusammen. Dieser stellt die fachlichen Experten mit dem vorhandenen Know-how
zur Verfügung. Gemeinsam haben wir die Berufsanerkennung für unterschiedliche deutsche Bauberufe bearbeitet, z. B. für Maurer, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger oder auch für Tiefbaufacharbeiter mit Schwerpunkt Kanalbauarbeiten.“

Wenn ein Interessent gefunden ist

Alle 53 Handwerkskammern setzen das Berufsanerkennungsgesetz vor Ort in ihrer Region bzw. ihrem Kammerbezirk um. Darüber hinaus tauschen sie sich in einem internem Leit-
kammersystem inhaltlich aus, um ein einheitliches Verwaltungshandeln zu gewährleisten. Die Ergebnisse dokumentieren die Handwerkskammern im BQ-Portal, ein Onlineportal über ausländische Berufsabschlüsse. Dilek Intepe erklärt zum praktischen Ablauf: „Hat ein Bauunternehmen einen entsprechenden Bewerber mit ausländischem Berufsabschluss gefunden, ist in jedem Fall die Handwerkskammer vor Ort der erste Anlaufpunkt.“

Alle Kammern stehen sowohl den Betrieben, als auch den Anerkennungsinteressierten beim gesamten Verfahrensprozess zur Seite. Dies gilt von der Erstberatung, über die Antragsbearbeitung bis hin zum Ergebnis. Darüber hinaus helfen die Handwerkskammern auch bei der Planung zu Anpassungsqualifizierungen und bieten somit das Gesamtpaket aus einer Hand.

Indre Zetzsche, Projektleiterin „Unternehmen Berufsanerkennung“ der DIHK Service GmbH, erklärt, wie die praktische Hilfe des Unternehmens aussehen kann: „Beim Anerkennungsverfahren kann ein Unternehmen beispielsweise beim Ausfüllen von Formularen helfen. Auch eine Beteiligung an den Verfahrenskosten ist ein Weg der betrieblichen Anerkennungsförderung.“

Vorteile für das Unternehmen

Auf den ersten Blick stellt das gesetzliche Verfahren vor allem für Fachkräfte mit ausländischen Berufsabschlüssen eine Chance dar. Indre Zetzsche erklärt jedoch: „Neben diesem „ersten Blick“ ergänzt das Projekt das Thema berufliche Anerkennung um den Unternehmensblick. Warum verbessert die berufliche Anerkennung denn die Perspektive von Fachkräften mit ausländischen Berufsabschlüssen? Eben weil sie auch handfeste Mehrwerte für Arbeitgeber bietet.“

Stichwort Mitarbeitergewinnung: Immer wieder entscheiden sich Unternehmen gegen Bewerber mit ausländischem Berufsabschluss, weil sie nicht einordnen können, welche Kenntnisse und Fertigkeiten diese tatsächlich mitbringen.

Ein Anerkennungsbescheid macht sichtbar, ob und inwieweit der ausländische Abschluss mit dem deutschen Vergleichsberuf übereinstimmt.

Berufsanerkennung spart Kosten

Es lohnt sich auch finanziell für Bauunternehmen, Beschäftigte mit ausländischen Berufsabschlüssen bei der Anerkennung zu unterstützen. Als anerkannte Fachkraft können sie offene Stellen besetzen, die andernfalls neu ausgeschrieben werden müssten.

Das spart Geld: Die Kosten für die Nach- oder Neubesetzung einer Stelle in mittleren Einkommensklassen liegt bei durchschnittlich rund 23.000 Euro. Die Kosten für eine Anerkennung liegen selbst dann nur im höheren vierstelligen Bereich, wenn eine Nachqualifizierung nötig ist, um die volle Gleichwertigkeit zu erlangen.

Wenn dies nicht notwendig ist, fallen lediglich Kosten bei der Umsetzung des Anerkennungsgesetzes an. Hierfür erheben die Handwerkskammern eine Bearbeitungsgebühr zwischen 100 und 600 Euro. Die genaue Gebühr können Betriebe bei der örtlichen Handwerkskammer in Erfahrung bringen.

Loyale Mitarbeiter

Ein weiterer Grund für Unternehmen, Bewerber oder bereits Beschäftigte bei der Anerkennung zu unterstützen, ist die dadurch erreichte Mitarbeiterbinding. Denn: Loyale Mitarbeiter zu finden, ist schwer. Indre Zetzsche sieht in der aktiven Unterstützung von Bewerbern genau diesen Mehrwert für Unternehmen: „Es ist ein Zeichen großer Wertschätzung, wenn Sie Ihre Beschäftigen dabei unterstützen, ihre Fähigkeiten anerkennen zu lassen. Für viele eröffnet dies neue berufliche Perspektiven. Wenn der Arbeitgeber bei diesem wichtigen Schritt eine Hilfestellung leistet, hat das ganz wesentlichen Einfluss auf die Loyalität der Mitarbeiter.“

Mehr Qualität

Für Dilek Intepe liegt auch das Qualitäts-Kriterium auf der Hand: „Mit einer Berufsanerkennung können die Betriebe besser einschätzen, welches Qualifikationspotential hinter einem ausländischen Berufsabschluss steckt – denn ausländische Arbeitnehmer könnten ja auch ohne einen Anerkennungsbescheid eingesetzt werden. Mit dem Bescheid aber lassen sich Potentiale bedarfsgerechter und effizienter einsetzen.“

www.dihk.de

www.bq-portal.de

„Die berufliche Anerkennung bietet handfeste Mehrwerte für Arbeitgeber.“
Indre Zetzsche, Projektleiterin „Unternehmen Berufsanerkennung“, DIHK Service GmbH
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