Eine außergewöhnliche Kombination
Mit einem auf den ersten Blick außergewöhnlichen Lastzug zielt DAF auf die Entsorgungs- und Recycling-Branche, insbesondere aber auch auf die immer wichtiger werdende Baustellenentsorgung.
Eine Achse vorne, drei Achsen hinten, dazu ein Zweiachsanhänger – das ergibt sechs Achsen und ein technisch mögliches Gesamtzuggewicht weit jenseits von 50 Tonnen. Aber nur 40 Tonnen sind auf deutschen Straßen möglich – ein Gewicht, das sich trefflich und ohne Probleme auch auf fünf Achsen verteilen lässt.
Warum Sechs?
Warum also deren sechs? Hier muss Uwe Müller, bei DAF Trucks in Deutschland für die Technik zuständig, erst mal länger ausholen, weil die Antwort so einfach gar nicht ist. „Mit dem Vierachser FAQ CF 85 wollen wir einen Lkw auf die Räder stellen, der im Recycling- und Entsorgungsbereich flexibel einsetzbar ist. Er kann – beispielsweise als Solofahrzeug im Nahverkehr - sehr schwere Behälter aufnehmen, die ein Dreiachser nicht mehr tragen kann. Und er ist darüber hinaus als Lastzug für den Fernverkehr tauglich“.
Im Grunde handelt es sich bei diesem FAQ um einen Dreiachser mit einer elektrohydraulisch angesteuerten Nachlaufachse, der in der DAF-Terminologie FAN heißt und als Basis für den Vierachser mit gleichem Radstand (5.050 Millimeter von Lenkachse bis Antriebsachse) dient. Als vierte Achse kommt eine schubstangengelenkte Vorlaufachse zum Einsatz. Diese modulare Bauweise hat unter anderem den Vorteil, dass die Wendigkeit des Dreiachsers erhalten bleibt, was an den oft engen Lade- und Abladestellen durchaus von Nutzen ist. Und erhalten bleibt natürlich auch die Länge des Dreiachsers, was den Betrieb als Lastzug mit einem 7.200 Millimeter langen Zweiachsanhänger innerhalb der gesetzlichen Längenbestimmungen möglich macht. Zwei sieben Meter lange Behälter lassen sich somit transportieren.
Der Blick auf die Straße zeigt ohnehin, dass der Vierachser sehr populär ist, zumeist allerdings in der klassischen Bauweise mit zwei plus zwei Achsen und als Kipper, Betonmischer oder – immer mehr – auch als Müllsammelfahrzeug. Der wichtigste Grund: Er trägt auf öffentlichen Straßen sechs Tonnen mehr Gesamtgewicht als ein Dreiachser, die gut vier Tonnen mehr Nutzlast möglich machen. Für den Einsatz mit Abrollgerät und Hänger kommt ein solcher klassischer Vierachser aus mehreren Gründen nicht immer in Frage. Ihm fehlen die Wendigkeit, die für einen Abroller mitunter nötige Tragfähigkeit und Standsicherheit. Uwe Müller fasst die Vorteile folgendermaßen zusammen: „Wir haben im FAQ alle Vorteile vom 6x2-Dreiachser und vom klassischen Vierachser kombiniert.“
Ganz ohne Nachteile gibt es die Flexibilität des FAQ allerdings nicht. Die vierte Achse, welche die Tragfähigkeit des Solo-Fahrzeugs auf 32 Tonnen erhöht kostet Geld und Gewicht. Um 1.800 Kilogramm reduziert sich die Nutzlast, wozu auch das Meiller-Abrollgerät 30.67 TSK seinen Teil beiträgt. Rund 3.600 Kilogramm wiegt es beim Vierachser, 2.400 Kilogramm beim Dreiachser.
Trotzdem – der FAQ-Vierachser trägt als Solowagen fast 18 Tonnen, was allemal reicht, um auch mit Stahlspänen oder Papier beladene Behälter zu meistern. Dank der Bauweise mit Vorlaufachse verteilt sich das Landungsgewicht bei voller Ausladung so günstig auf die vier Achsen, dass vorne und hinten noch reichlich Reserven bleiben. Was natürlich auch daran liegt, dass die hinteren drei Achsen insgesamt 27 Tonnen tragen dürfen, weil die Vorlaufachse aufgrund des 1.410 großen Abstands zur Antriebsachse als Einzelachse zählt. Mit etwas weniger Radstand würden die drei Achsen als Tridem-Aggregat zusammengefasst. Dann ist bei 24 Tonnen Schluss.
Fahren und arbeiten
Viel Wert hat DAF bei der Spezifikation und Ausrüstung des FAQ darauf gelegt, dass er als Solofahrzeug nicht nur wendig ist, sondern auch schnell arbeiten kann. Die permanent per Riemen angetriebene Verstellpumpe zum Betrieb des Abrollgeräts (mit zuschaltbarem Arbeitskreis) macht es möglich, dass das Gerät auch während des Rangierens arbeiten kann und unhängig von der Motordrehzahl bleibt. Der Behälter wird hydraulisch verriegelt, ein Rückfenster in der Spacecab-Kabine ermöglicht den Blick auf das Geschehen hinter dem Fahrerhaus, ein elektrohydraulisch verstellbarer Unterfahrschutz garantiert die nötige Sicherheit auch bei jenen Behältern, die über das Fahrzeugheck hinausragen. Und ausreichende Traktion ist für den 8x2 in aller Regel auch kein Problem, weil sich Vor- und Nachlaufachse liften lassen, die Antriebsachse mit einer Differenzialsperre ausgerüstet ist. Einen 8x4 ersetzt dies allerdings nicht.
Beim Fahren gibt sich der Vierachser äußerst kommod. Auch bei Leerfahrt ist die Vorderachse mit neun Tonnen Tragfähigkeit so weit (mit fast sechs Tonnen) belastet, dass die Blattfedern sanfte Wirkung zeigen können, die übrigen Achsen sind luftgefedert und erweisen sich mit und ohne Belastung als komfortabel. Gleichfalls auf Luftfedern ruht das CF-Fahrerhaus, dessen Neigung sich auch in schnellen Kurven trotz hohem Schwerpunkt in engen Grenzen hält. Überhaupt glänzt dieser Lastzug mit einem stoischen Geradeauslauf und gutem Fahrverhalten.
Der Arbeitsplatz im DAF CF stimmt weitgehend mit der Einrichtung der Fernverkehrfahrzeuge der Baureihe XF 105 überein, die Innenbreite misst allerdings rund 150 Millimeter weniger. Dies führt beim CF-Kipperfahrzeugen beispielsweise dazu, dass das Kippventil zwischen Sitz und Türverkleidung eingeklemmt ist, die Sitzverstellung sich kaum erreichen lässt. Eine gerade angekündigte Modellpflege macht mit diesem Problem Schluss. Denn eine neue Türverkleidung lässt deutlich mehr Platz zum Fahrersitz. Zu dieser Modellpflege gehören auch neue Sitze mit größeren Verstellmöglichkeiten und Sicherheitsgurte mit höhenverstellbarem Schultergurt.
Antrieb
Über die Antriebstechnik des DAF CF85 noch allzu viele Worte zu verlieren ist so wenig nötig, wie Käse nach Holland zu rollen. Das Wichtigste hier noch einmal zusammengefasst: Der 12,9 Liter große MX Motor gilt als kräftiger, sparsamer und nicht immer ganz kultivierter Geselle. In der gefahrenen 462 PS-Version (340 kW) liefert er 2.300 Nm Drehmoment von 1.000 bis 1.410 U/min, was für reichlich (mitunter mehr als beim Wettbewerb) Leistung im unteren und mittleren Drehzahlbereich sorgt. Die Achsübersetzung von 2,93 zu 1 diktiert auf der Autobahn Drehzahlen von knapp 1.300 U/min, passt aber auch zum Rollen über Bundes- und Landstraßen, wenn bei Tempo 65 bis 70 nur rund 1.000 U/min im größten (direkten) Gang anliegen.
Alle vier Motorvarianten des MX mit 360 bis 510 PS (265 bis 375 kW) stehen im CF-Vierachser zur Wahl. Grundsätzlich kombiniert werden alle Varianten mit manuell zu schaltenden Zwölfgang-Getrieben von ZF. Als Alternative stehen automatisierte AS-Getriebe von ZF mit gleichfalls zwölf Gängen zur Verfügung. In allen Fällen ist die Spreizung der Getriebe so bemessen, dass sich der Lastzug auch mit hohen Gesamtgewichten sanft anfahren und rangieren lässt. Mittlerweile überzeugt auch die Schaltstrategie der AS-Getriebe. Es hat einige Jahre gedauert, bis DAF den richtigen Mittelweg zwischen Fahrdynamik und Sparsamkeit gefunden hat. Von der etwas antiquierten Bedienung (Drehschalter im Armaturenbrett) der Fahrprogramme abgesehen, macht die Automatik heute genau das, was ein guter Fahrer macht: Niedrige Drehzahlen gekonnt nutzen, zum richtigen Zeitpunkt schalten. Als Dauerbremse bietet DAF eine verstärkte Motorbremse mit bis zu 320 kW oder den ZF-Hochtriebretarder (bei ZF Intarder genannt) mit 500 kW Bremsleistung. Eine Kombination beider Systeme ist auch möglich.
Versionen
Vierachser mit Vorlaufachse liefert DAF seit vergangenem Jahr und zwar in zwei Versionen. Einmal, wie hier beschrieben als FAQ oder als FAK. Der wesentliche Unterschied: Statt einer gelenkten und einzelbereiften Nachlaufachse rollt der FAK auf einer zwillingsbereiften, starren Nachlaufachse. Beide Versionen sind grundsätzlich als Lastzug einsetzbar, aber – und das ist ihre Stärke – auch als enorm tragfähiges und flexibles Solofahrzeug.
Motor
Reihensechszylinder (Paccar MX 340) mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung; einteiliger Zylinderkopf, vier Ventile pro Zylinder, nasse (auswechselbare) Laufrohre; elektronisch gesteuerte Einspritzung mit Einzelsteckpumpen und bis zu 2.000 bar Einspritzdruck; Euro 5/EEV
Hubraum 12.900 ccm
Bohrung/Hub 130/162 mm
Verdichtung 17,7 : 1
Nennleistung 340 kW (462 PS) bei 1500 bis 1900 U/min
Max. Drehmoment 2.300 Nm bei 1000 bis 1410 U/min
Kraftübertragung
Einscheiben-Trockenkupplung, ZF-Zwölfganggetriebe 12AS2330 in Direktgangausführung; Spreizung 15,86, automatische Schaltung; einfach übersetzte Antriebsachse (DAF SR 1347) mit Differenzialsperre, Übersetzung 2,93 zu 1.
Gewichte
Leergewicht 14.175 kg einschließlich Abrollgerät
Technisches Gesamtgewicht 36.000 kg Zul. Gesamtgewicht 32.000 kg
Achslast vorn 9.000 kg
Achslast Vorlaufachse 8.000 kg
Achslast Antriebsachse 11.500 kg
Achslast Nachlaufachse 7.500 kg
Fahrerhaus
Langes Ganzstahl-Fahrerhaus mit Hochdach (Spacecab); Innenhöhe vor Fahrersitz 2.230 mm, Innenbreite 2.110 mm; BBC-Maß (Stoßstange bis Rückwand) 2.200 mm; wahlweise kurzes Fahrerhaus (BBC-Maß: 1.770 mm) oder langes Fahrerhaus ohne Hochdach (Innenhöhe 1.600 mm).
www.daftrucks.de