Erfahrungsaustausch zum Rohrvortrieb
Auch in diesem Frühjahr traf sich die Fachbranche beim
Nürnberger Informations- und Erfahrungsaustausch. Vertreter von Kommunalen Auftraggebern, Ingenieurbüros, Rohrvortriebsunternehmen, aber auch von Rohr- bzw. Vortriebsmaschinenhersteller diskutierten dort aktuelle Entwicklungen zu Regelwerken, technische Neuerungen, aktuelle Vortriebsthemen und über die Qualifizierung von Auftraggebern, Planern und ausführenden Unternehmen.
Bei der mittlerweile 9. Auflage der gemeinsamen Veranstaltung der Kooperationspartner TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH und Güteschutz Kanalbau e.V. referierten Fachleute in vier Themenblöcken über „Neue Regelwerke und Entwicklungen – Berechnungsgrundlagen“ (Themenblock 1), „Qualitätssicherung bei Rohrvortriebsmaßnahmen“ (Themenblock 2) sowie über Grundlagen für die Vortriebspraxis – Planung, Ausschreibung, Überwachung und Vortriebssystem“ (Themenblock 3). Mit dem Themenblock 4 „Praxisberichte und ein Ausblick auf neue Themenfelder“ endete die Veranstaltung. Moderatoren waren Dipl.-Ing. Dieter Walter (vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft Kanalbau beauftragter Prüfingenieur) und Prof. Dr.-Ing. Albert Hoch, (TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH). Eine begleitende Ausstellung der beteiligten Industrie gab Auftraggebern und Fachfirmen die Gelegenheit, den Erfahrungsaustausch zu intensivieren und das berufliche Netzwerk zu pflegen.
Der Erfolg von Vortriebsmaßnahmen hängt maßgeblich von der Qualifizierung von Auftraggebern, Planern und ausführenden Unternehmen ab. „Entscheidend ist, ob auf der Baustelle umgesetzt wird, was Statiker und Planer vorgeben“, erläutert Dipl.-Ing. Stephan Tolkmitt, einer der vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft Kanalbau beauftragten Prüfingenieure. In seinem Vortrag über „Herstellung und Rückbau von Start- und Zielbaugruben bei Vortriebsmaßnahmen“ stellte er anhand von Beispielen aus der Praxis anschaulich dar, dass sowohl bei der Planung und Ausschreibung als auch bei der baupraktischen Ausführung Fehler passieren können, die Mensch und Bauwerk in Gefahr bringen und – unter dem Strich das gewünschte Ausführungsergebnis gefährden.
Erfolgsfaktor Qualifikation
„Mit Blick auf dauerhaft intakte und dichte Kanäle und damit ein nachhaltiges Ausführungsergebnis ist eine zuverlässige Qualitätssicherung deshalb besonders wichtig“, so Tolkmitt. Auftraggeber berücksichtigen dies insbesondere durch Sicherstellung der Qualifikation der ausführenden Unternehmen. Dazu haben sie als gemeinsames Instrument die Gütegemeinschaft Kanalbau geschaffen. In den Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 finden sich detaillierte Anforderungen an die Fachkunde, technische Leistungsfähigkeit und technische Zuverlässigkeit der Bieter sowie die Dokumentation der Eigenüberwachung im Rohrvortrieb.
Gütegesicherte Bauüberwachung
Tolkmitt und die anderen vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft beauftragten Prüfingenieure prüfen die Umsetzung der einschlägigen Regelungen (so zum Beispiel im Arbeitsblatt DWA-A 125 „Rohrvortrieb und verwandte Verfahren“) bei unangemeldeten Baustellenbesuchen und halten das Ergebnis in einem Prüfbericht fest. Dieser Prüfbericht wird dann dem Güteausschuss zur Bewertung vorgelegt. Bei festgestellten und dokumentierten Mängeln steht dem Güteausschuss ein abgestuftes System von Ahndungen zur Verfügung. Die Baustellenbesuche der Prüfingenieure tragen zum gemeinsamen Ziel der fachgerechten Ausführung bei, doch sie ersetzen nicht die Bauüberwachung. Tolkmitt verweist in diesem Zusammenhang auf deren Bedeutung, die im Verantwortungsbereich von Auftraggeber und Planer liegt. „Planer und Bauüberwacher haben unter anderem dafür Sorge zu tragen, dass geeignete Bauverfahren nach den Regeln der Technik ein- und während der Ausführung umgesetzt werden“, stellt der Prüfingenieur der Gütegemeinschaft klar.
Vor diesem Hintergrund wurde auf Initiative der Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Kanalbau ein zusätzlicher Baustein zur Qualitätssicherung – Ausschreibung und Bauüberwachung – geschaffen: Es wurden in die Güte- und Prüfbestimmungen Anforderungen aufgenommen für Ingenieurleistung im Bereich Ausschreibung (A) und Bauüberwachung (B) beim grabenlosem Einbau (V) von Abwasserleitungen und -kanälen (Beurteilungsgruppe ABV).Entsprechende Gruppen existieren auch für den Kanalbau in offener Bauweise (ABAK) und die grabenlose Sanierung (ABS). Instrumente wie diese können die Vergabe entsprechender Aufträge an in diesem Bereich besonders kompetente Ingenieurbüros vereinfachen. Zusätzliche Hilfestellung bieten die von der Gütegemeinschaft angebotenen Unterlagen „Rohrvortrieb – Herstellung von Abwasserleitungen und -kanälen in grabenloser Bauweise“, „Leitfäden zur Eigenüberwachung bei Ausschreibung und Bauüberwachung“ und „Leitfäden zur Eigenüberwachung bei der Ausführung von Rohrvortriebsarbeiten (unterschieden nach Beurteilungsgruppen VP, VM/VMD, VO/VOD). Vor allem bei der Dokumentation der Eigenüberwachung bieten die Leitfäden eine hervorragende Arbeitsgrundlage.
Verantwortung übernehmen
Hiermit sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung einer Vortriebsmaßnahme gegeben. „Die Aufgabenstellung der Baupartner sollte sein, sich strikt an die entsprechenden Vorgaben zu halten, sich der möglichen Instrumente zu bedienen und Verantwortung zu übernehmen“, so der Appell von Tolkmitt am Ende seiner Ausführungen. Die Ermittlung der wichtigen statischen Nachweise ist Grundlage der Planung und Ausführung für den Rohrvortrieb. Darüber hinaus ist besonderes Augenmerk auf die statische Ausführung und besondere Maßnahmen beim Ausfahren aus der Startbaugrube sowie beim Einfahren in die Zielgrube zu richten. Von Planer und ausführenden Unternehmen ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass Herstellung und Rückbau der Start- und Zielgruben in allen Bauzuständen entsprechend der DIN 4124 zu erfolgen haben – so das Fazit von Tolkmitt.
RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau