Güterichtlinie Rohre, Rohrleitungsteile, Schächte
und Bauteile in Deponien
Gemeinsame Richtlinie von SKZ/TÜV-LGA
und Bauteile in Deponien
Gemäß den Anforderungen der neuen Deponieverordnung (DepV) müssen für Bauteile in Deponien die Materialien, die Herstellung der Systemkomponenten und deren Einbau sowie die Eigenschaften dieser Komponenten im Einbauzustand so gewählt werden, dass die Funktionserfüllung der einzelnen Komponenten und des Gesamtsystems über einen Zeitraum von mindestens 100 Jahren sicher gestellt ist. Produkte müssen hierfür einem Qualitätsstandard entsprechen, der bundeseinheitlich gewährleistet ist. Eine ausreichende Funktionserfüllung setzt neben der Auswahl hierfür geeigneter Produkte auch eine auf den Anwendungsfall abgestimmte Planung sowie ein umfassendes Qualitätsmanagement voraus. In der SKZ/TÜV-LGA Güterichtlinie „Rohre, Rohrleitungsteile, Schächte und Bauteile in Deponien“ wird ein solcher einheitlicher Standard von der Herstellung bis zur Wartung beschrieben.
Um den Forderungen der Deponieverordnung Rechnung zu tragen, haben Hersteller, Bauausführende, Planer, Überwacher und Behördenvertreter einen Arbeitskreis gebildet und in den Jahren 2009 / 2010 die Güterichtlinie „Rohre, Rohrleitungsteile, Schächte und Bauteile in Deponien“ ausgearbeitet, deren erste Version mit Stand Juni 2010 nun vorliegt.
Der Inhalt der Güterichtlinie wird im Folgenden in einer Übersicht der Kapitel sowie an Hand von ausgewählten Punkten dargestellt. Die Gliederung der Güterichtlinie wird beibehalten. Die Inhalte werden beschrieben, wobei die Schwerpunkte dieses Artikels in den Arbeitsbereichen des Verfassers Konstruktion, statische Berechnung und Bauüberwachung liegen. Der Umfang der Ausführungen auf den insgesamt 60 Seiten der Güterichtlinie kann hier nur in stark gekürzter Form angedeutet werden.
Neben dem eigentlichen Textteil enthält die Güterichtlinie als Anhänge für den Anwender in Tabellenform Fragebögen, in denen Angaben zur statischen Berechnung von Rohren und Schächten, zur Ausführung von Sanierungen im Berstliningverfahren und zu erforderlichen Prüfungen an Materialien und Produkten enthalten sind. Als weiterer Anhang ist der Standardqualitätssicherungsplan „Herstellen und Einbauen der Rohre, Rohrleitungsteile, Schächte und Bauteile aus PE“ des AKGWS enthalten. Die Güterichtlinie ermöglicht so Planern und Überwachenden aber auch den Bearbeitern einer Ausschreibung einheitliche Vorgehens- und Beurteilungskriterien für die Bauwerke einer Deponie. Erreicht werden soll neben der Sicherstellung einer hohen Ausführungsqualität die Vergleichbarkeit der Produkte und Leistungen, insbesondere im Hinblick auf die geforderte Mindestgebrauchsdauer von 100 Jahren. Diese Forderung wirft bei den Kunststoffmaterialien Fragen auf, die noch nicht abschließend geklärt sind. Die Güterichtlinie muss dem entsprechend Gegenstand weiterer Fortschreibungen bleiben.
Die Güterichtlinie enthält im Wesentlichen Angaben zu Polyethylen-(PE-)Werkstoffen und den erforderlichen Nachweisen und Prüfungen. Der Werkstoff hat sich durch seine Medienbeständigkeit und seine Schweißeignung als Material im Deponiebau durchgesetzt. Beton und Polypropylen (PP) werden kurz behandelt. Beide Materialien sind in ihren Bereichen ebenfalls hochwertige Deponiebaustoffe, deren Eignung vielfach nachgewiesen ist. Beton muss bei Deponieanwendungen vor Sickerwasser- und Deponiegasberührungen dauerhaft geschützt werden. Sein Einsatzgebiet liegt insbesondere in der Herstellung tiefer Schächte im Deponiekörper. In der DIN 1045 sind, sofern die deponiespezifischen Besonderheiten zusätzlich berücksichtigt werden, alle erforderlichen Vorgaben enthalten. PP ist wie PE gegen deponiespezifische Medien beständig. Bei hohen Temperaturen kann der Einsatzbereich von PP den von PE übertreffen. Die Art der Ausführung und der Bemessung erfolgt analog zu PE-Bauteilen.
PE-Werkstoffe unterliegen Einflüssen aus Alterung, Medienangriffen sowie mechanischen und Temperatureinwirkungen. Die korrekte Erfassung des Langzeitverhaltens der Materialien ist für die Auslegung der Bauteile erforderlich. Da die Eigenschaften von PE-Materialien variieren, werden in der Güterichtlinie Anforderungen an PE-Werkstoffe definiert. Hierfür enthält der Anhang ausführliche Tabellen zu den erforderlichen Prüfungen an Materialien und Produkten. Neben der Prüfungsart sind Angaben zu Häufigkeit und Zuständigkeiten enthalten. Der für Bauteile im Deponiebau verwendete PE-Werkstoff muss im Herstellungszeugnis dokumentiert sein. Seine Eignung wird durch Fremdprüfung /-überwachung sowie Prüfstatik nachgewiesen. Besonderes Augenmerk ist auf die Auswahl des PE-Werkstoffes für spezielle Anforderungen wie elektrische Leitfähigkeit bei Entgasungsbauwerken oder hohe Rissbeständigkeit für Berstliningmaßnahmen zu legen.
Die im Deponiebereich eingesetzten Produkte müssen Anforderungen erfüllen, die sich von anderen Bereichen unterscheiden. Hausmüll verhält sich aus statischer Sicht nicht wie üblicher Baugrund. Es entstehen Einwirkungen aus Temperatur und Medien. Durch die Einbauart sowie durch chemische und biologische Prozesse treten Setzungen auf. Die Einsatztiefen und damit die Größenordnung der Einwirkungen im Ablagerungsbereich einer Deponie übertreffen die im kommunalen Bereich auftretenden Tiefen deutlich. Anforderungen von Monodeponien müssen speziell für den bearbeiteten Einzelfall definiert und berücksichtigt werden.
Eingesetzte Rohre müssen der DIN 4266 entsprechen. Sie sind nach den statischen Erfordernissen gemäß ATV M 127, alternativ durch Nachweise mit der Methode der Finiten Elemente (FEM) zu dimensionieren. Für in großer Tiefe eingebaute Sonderbauteile wie Abzweige und Krümmer ist die Berechnung mittels FEM die einzige zutreffende Berechnungsart.
Zum Sammeln des Deponiesickerwassers werden die Rohre perforiert. Hierbei ist eine Wassereintrittsfläche von mindestens 100 cm²/m vorzusehen. Die Geometrie der Perforation muss auf die Körnung des Überdeckungsmaterials abgestimmt werden. Aus statischer Sicht ist dabei im Allgemeinen die Schwächung der Rohre durch Lochung geringer als durch Schlitzung. Bei Schlitzen müssen Schlitzecken zur Vermeidung von Spannungsspitzen ausgerundet ausgeführt werden.
Schächte sollen im Deponiekörper vermieden werden. Ist dies nicht möglich werden Beton- oder PE-Schächte eingebaut. Sie sind nach den statischen Erfordernissen in Anlehnung an ATV A 127, alternativ durch Nachweise mit baustatischen Methoden zu dimensionieren. Zu beachten ist, dass PE-Schächte für große Einbautiefen als Teleskopschächte ausgebildet werden. Diese Schächte müssen so eingebaut werden, dass ihre Teleskopierbarkeit nicht durch Bewegungen des Abfalls, die dann zu Verkantungen führen, behindert werden kann. Betonschächte müssen bewehrt ausgeführt werden. Werden Stahlbetonfertigteile eingesetzt, müssen diese zugfest verbunden werden. Alle Schächte müssen auf ausreichend dimensionierten Fundamenten gegründet werden. Alle Bauteile auf der Oberfläche von Deponien sind Einwirkungen aus Setzungen des Deponiekörpers ausgesetzt. Sie müssen dem entsprechend flexibel ausgeführt werden.
Bauteile der Entgasung müssen zudem den Anforderungen aus dem Explosionsschutz genügen. Der Anhang der Güterichtlinie enthält Fragebögen, in denen die für die Auswahl und Ausführung der Produkte entscheidenden Anforderungen beschrieben werden können. Die ausgefüllten Fragebögen bilden zusammen mit den Ausschreibungs- und Ausführungsunterlagen die Grundlage der Bemessung, der Herstellung und der Fremdüberwachung.
Der Einbau von Rohren und Schächten muss nach planerischen und statischen Vorgaben ausgeführt werden und Bestandteil einer Fremdprüfung sein. Ein Ausführungsbeispiel für die Leitungszone bei der Rohrverlegung ist in der DIN 19667 enthalten. Alternativ zur dort enthaltenen Darstellung können als Auflagermaterial geeignete Gemische eingesetzt werden. Vielfach eingesetzt wurde im Deponiebau die „Mischung Nr. 9 der TU München“. In dieser Mischung wird neben der abdichtenden Funktion auch Zement als Komponente für das Erreichen einer Auflagerfestigkeit eingesetzt. Hierbei ist zu beachten, dass für Kunststoffrohre ein starres Rohrauflager nicht zulässig ist. Die Mischung muss daher so ausgeführt werden, dass trotz einer ausreichenden Festigkeit ein bodenähnliches Verhalten verbleibt.
Anschlüsse von Rohren an Schächte sind so auszubilden, dass unterschiedliche Setzungen von Fundament, Schachtummantelung und Abfall keine Schäden hervorrufen können. Die Ausführungsart des Schachtes, der Schachtummantelung sowie bei einem Schachtbau in einer Baugrube auch die Art der Baugrubensicherung haben Einfluss auf die zu erwartenden Setzungen und insbesondere Setzungsdifferenzen der einzelnen Bereiche. Sie müssen bei der Festlegung der Anschlusskonstruktion gemeinsam betrachtet werden.
Bei der Sanierung von vorhandenen Deponiesickerwasserrohren (z.B. durch Berstlining) ist der Durchmesser in Abhängigkeit vom zu sanierenden Leitungssystem zu wählen. Hierbei sind wesentlich kleinere Durchmesser des Neurohres im Vergleich zum Bestandsrohr zu vermeiden. Größere Durchmesser sind möglich, werden jedoch durch die Ausführbarkeit begrenzt. Zur statischen Auslegung ist zusätzlich zur Berechnung für den eingebauten Zustand ein Interaktionsnachweis unter Berücksichtigung der Längszugkräfte und des Biegeradius zu führen. Rohre für das Berstliningverfahren werden über den gesamten Rohrumfang gelocht ausgeführt, da ein Verdrehen des Stranges während des Einziehvorganges nicht auszuschließen ist. Die Löcher müssen versetzt angeordnet sein.
Das Qualitätsmanagement im Deponiebau besteht grundsätzlich aus den voneinander unabhängigen Elementen Eigen- und Fremdüberwachung bei der Herstellung der Produkte sowie bei der Bauausführung aus Eigenprüfung durch die bauausführende Firma, Fremdprüfung durch einen unabhängigen Dritten und behördliche Überwachung. Die Aufgaben der Beteiligten und der Umfang ihrer Tätigkeiten werden im Qualitätsmanagementplan einer Maßnahme geregelt. Die Durchführung muss in zeitnahen Einzelschritten erfolgen, um den Baufortschritt nicht zu behindern. Ergebnisse werden in Einzelfreigaben und als Gesamtbewertung in einem Abschlussbericht dokumentiert. In der Güterichtlinie ist als Anhang ein Musterqualitätssicherungsplan enthalten. Entscheidend für einen reibungslosen Ablauf einer Baumaßnahme ist das frühzeitige Einbeziehen der Beteiligten des Qualitätsmanagements. Bereits in der Planungsphase sollen die Anforderungen abgesprochen und festgelegt werden. Dies soll auch eine einheitliche Auslegung der Ausschreibung für die Anbieter ermöglichen. Die Güterichtlinie enthält detaillierte Aufzählungen der Aufgaben der Fremdüberwachung und der Fremdprüfung. Durch die Einhaltung der Vorgaben wird eine von der Materialauswahl über Herstellung des Produktes und Einbau bis zur Abnahme nachvollziehbare Erstellung eines Deponiebauwerkes erreicht. Eine vollständige und nachvollziehbare Dokumentation ermöglicht es den Bestand in der Zeit der Nachsorge genau zu beurteilen und gegebenenfalls Maßnahmen für Veränderungen in den Anforderungen zu treffen.
Entwässerungsleitungen in Deponien neigen zur Bildung von Inkrustationen. Diese müssen regelmäßig entfernt werden. Da bei der Dimensionierung von Sickerwasserleitungen in Deponien Temperatureinwirkungen berücksichtigt werden müssen, sind Sickerwassertemperaturen für die Beurteilung der langfristigen Standsicherheit der Rohre von Bedeutung. Sie sollen bei den Wartungen gemessen werden. Treten höhere Temperaturen auf als die der Bemessung zu Grunde liegenden auf, kann sich die Standzeit gegenüber den Annahmen verringern.
Durch die Auflast des Deponiekörpers treten Setzungen des Untergrundes auf, die in den Rohren gemessen werden können. Gemäß Deponieverordnung sind die Ergebnisse der Messungen und Kontrollen auszuwerten. Sie werden somit Bestandteil des Deponiejahresberichtes. Die Messwerte für Temperatur und Verformung müssen mit den Vorgaben der statischen Berechnung verglichen werden. Die Neigungsmessung muss die Einhaltung des Mindestgefälles nachweisen. Bei Überschreitungen oder wesentlichen Veränderungen gegenüber den Vorjahresmessungen müssen Statiker bzw. Baugrundgutachter hinzugezogen werden. Möglichkeiten und Anforderungen für Wartung und Untersuchung im Deponiebereich werden in der GSTT Information Nr. 9 „Instandhaltung von Entwässerungsleitungen in Deponien“ ausführlich dargestellt.
Hinweise zu Benutzung und Bezug der Güterichtlinie
Die Güterichtlinie kann als Grundlage für die Herstellung von Deponiebauwerken, der Deponiesanierung und der Wartung herangezogen werden. Ihre Beachtung definiert einen einheitlichen Qualitätsstandard sowohl für den Bauherrn als auch für den Auftragnehmer. Die Richtlinie ist Gegenstand der Fortschreibung, da insbesondere neben technischen Weiterentwicklungen die Prüfungen von Kunststoffprodukten für die Gebrauchsdauer von hundert und mehr Jahren noch nicht endgültig ausgearbeitet sind.
Die Güterichtlinie steht als PDF-Datei zur Verfügung und kann per Email vom Autor dieses Artikels bezogen werden. Eine Druckversion ist in Vorbereitung. Voraussichtlich wird die Güterichtlinie nach Annahme durch die LAGA auf deren Webseite ebenfalls als PDF-Version zur Verfügung stehen.n